Beiträge von Armin Diedrich

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    Original von Herbert Henn
    Hallo Dieter,
    ich will Dich ja nicht nerven,aber Seiffert ist ein typischer lyrischer Tenor.


    Damit unterschätzen Sie ihn meines Erachtens etwas. Seiffert begann zweifellos als lyrischer Tenor, hat sich aber inzwischen zu einem jugendlichen Heldentenor von hoher Qualität entwickelt. Als Siegmund finde ich ihn beispielsweise ausgezeichnet. Was von seinen Versuchen im schweren Heldenfach zu halten ist, bleibt abzuwarten - er hat sich an den Tristan ja schon gewagt, allerdings habe ich da noch nichts selbst gehört.


    Mit der Einschätzung in Sachen Lohengrin gebe ich Ihnen recht, allerdings sind die Genannten mit Ausnahme Schocks sämtlich Sänger gewesen, die sich das jugendliche Heldenfach im Lauf ihrer Karriere erarbeitet haben: Anders ging bis zum Othello, Thomas brachte es zum Siegfried und Tristan, King ließ von den ganz schweren Sachen zwar klugerweise die Finger, aber der Paul in der "Toten Stadt" ist auch nicht gerade leichtes Brot...

    Man könnte natürlich hier sehr hübsch wieder über die Frage streiten, ob sich stimmliche Charaktere an ihrer Herkunft begründen lassen. Singt der Schwede Björling kühler als der Italiener Gigli oder der Spanier/Mexikaner Domingo? Daß es sich um eine Stimme von anderem Charakter handelt, ist sicher unbestreitbar. Aber wenn man Liveaufnahmen mit ihm hört, sind Passion und Dramatik ebenso unüberhörbar. Ich kenne da eine "Cavalleria" aus dem Jahr 1959, wo er und Simionato die MET zum Toben bringen...

    Wobei man natürlich die Frage stellen muß, wie man den Heldentenor definiert. Wenn man eine schwerkalibrige Stimme mit baritonalem Fundament als unabdingbar betrachtet, sieht es heute in der Tat recht mager aus. Und nimmt man Melchioer als Maßstab, gab es seither eigentlich keinen einzigen... Aber dann fallen auch diverse aus Ihrer schon geposteten Liste heraus. Wie würden Sie die für dieses Fach geeignete Stimme denn beschreiben?

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    Original von Edwin Baumgartner
    - Tristan: Warum hat man Carlos Kleiber für seine Einspielung keine Sänger gegeben? Dennoch: Was sonst?


    Glücklicherweise gibt es von Kleiber ja mehrere Liveversionen, daher eine Alternative: der Bayreuther Mitschnitt mit Ligendza, Minton und Brilioth. Ein wenig kurios ist ein Stuttgarter Mitschnitt mit Ligendza, Windgassen und Frick - aufstrebende Sopranistin und Veteranen!

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    Original von Herbert Henn
    Hallo vitelozzo tamare(wer ist das eigentlich?)
    :hello:Herbert.


    Hallo Herbert,
    das ist der Schurke in Schrekers "Gezeichneten", der Carlotta vergewaltigt und dann von Alviano getötet wird. "Da liegt ja... ein Toter..." - einer der tollsten Opernschlüsse, die ich kenne!
    Ihre Aufzählung ist in gewissen Punkten aber schon ein wenig großzügig... Melchior beendete seine Karriere um diese Zeit gerade, Lorenz gab die schweren Partien so langsam ab, dagegen war Kozub erst am Anfang der "heldischen" Karriere. Insofern ließe sich über eine ganze Reihe der genannten Namen trefflich debattieren. Meine Lieblinge unter den Genannten (wenn man von Melchior einmal absieht, der einer anderen Generation angehört) sind sicher Hopf, Suthaus und Kozub. Ergänzen sollte man noxh Ramón Vinay.
    Gruß Arminius

    Hm - dann muß man doch noch auf die EMI-Ausgabe zurückgreifen. Wundert mich eigentlich, da es sich ja um eine der bedeutendsten Wagnereinspielungen Fortwänglers handelt - aber vielleicht haben die Erben den Daumen etwas drauf...

    Hallo!
    Traxel ist natürlich durchaus ein bekannter Name, allerdings hatte er das Pech, daß er "nur" der Haustenor der Stuttgarter Oper war. Seine Gastspiele an den musikalischen Zentren waren eher selten (die "Danae"-Uraufführung war sicherlich der Höhepunkt der Karriere), was dazu führte, daß sein diskographisches Erbe recht disparat blieb. Ein Doppelalbum mit Arien steht gelegentlich in den Antiquariaten, ein paar deutschsprachige Opernquerschnitte modern in den Archiven vor sich hin, Livemitschnitte existieren nur wenige... Das Problem dürfte wohl ein Mangel an Ehrgeiz und Temperament gewesen sein, der ihn behinderte. Allen Berichten zufolge war er ein sehr zurückhaltender und bescheidener Mensch, was sich auch in seinen Aufnahmen niederschlägt, und in der Hinsicht ist ihm Wunderlich, aber auch Schock sicherlich deutlich voraus.

    Insgeamt sind die beiden Lohengrin-Versionen von 1958 und 1959 wohl komplementär: im ersten Jahr ist Konya besser als im zweiten, dafür hat er im zweiten eine letztlich übezeugendere Partnerin /auch wenn ich gegen Rysanek damit nichts gesagt haben will...). 1959 singt obendrein auch noch Rita Gorr die Ortrud und Franz Crass den König. Im Endeffekt sollte man also beide Versionen haben.

    was bisher ja noch gar nicht zur Sprache kam, ist der Operndirigent Fritz Reiner. Es gibt von ihm aus seiner Zeit an der Met einige recht hörenswerte Einspielungen, unter anderem auch ein hervorragender "Figaro", eine sehr interessante "Carmen" und einen guten "Fliegenden Holländer" Bei der Wiedereröffnung der Wiener Oper dirigierte er die "Meistersinger" (in diesem Punkt ist die Kurzbiographie von Liebestraum zu korrigieren), deren Mitschnitt voriges Jahr bei Orfeo offiziell herauskam. Auch hier war er ein besonderer Spezialist für Richard Strauss, der ihn als Dresdner Opernchef ausgesprochen schätzte, wenn es auch aus verschiedenen Gründen in seiner Zeit keine Uraufführung gab.

    Meine Empfehlung in Sachen Solti habe ich ja explizit auf Studio-Einspielungen beschränkt... Das Problem mit Hotter ist mir durchaus bewußt ; seine gesundheitlichen Probleme waren allgemein bekannt (er hatte in München mal während einer Meistersinger-Aufführung einen schweren Zusammenbruch, der sich auch auf die Stimme auswirkte) und er spricht sie auch offen in seiner Autobiographie an. Um seine Bedeutung wirklich kennenzulernen, muß man schon auf die Aufnahmen vor 1945 zurückgehen. Der überzeugendste Wotan, der mir im Studio begegnet ist, ist mit Sicherheit George London : seine Londoner "Walküre" unter Leinsdorf stand immer als Einzelstück etwas im Schatten, stellt aber in meinen Augen ein Highlight der Diskographie dar. Wenn ich aus dem Gesamtbereich der Aufnahmen meinen Favoriten benenne, so greife ich (auch wenn ich ausgemachter Knappertsbusch-Liebhaber bin) als erstes immer zu Rudolf Kempes Bayreuther Mitschnitt von 1960: Wotan ist mit Uhde und Hines sehr überzeugend, Birgit Nilsson auf dem ersten Höhepunkt ihrer Karriere, Hopf aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg mein Lieblings-Siegfried, Frick eine Klasse für sich. Lediglich Windgassen hat beim Siegmund einen rabenschwarzen Abend erwischt...

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    Original von ulfk179
    Kaum zu glauben, aber wahr: EMI legt seinen "Ring" unter Haitink erneut auf. Rheingold und Walküre erscheinen in ein paar Tagen, Siegfried und Götterdämmerung folgen am Monatsende.


    Lohnt sich die Anschaffung ?


    Meiner Ansicht nach nicht wirklich ; es gibt deutlich besseres, auch im Midpricebereich. Wenn man bestimmte Sänger der Aufführung schätzt, sollte man zulangen, aber die Brünnhilde ist beispielsweise SEHR gewöhnungsbedürftig... Am ehesten würde ich von den Studioaufnahmen immer noch die von Solti eimpfehlen, auch wenn sie ein gutes Stück teurer ist (dafür ist sie auch antiquarisch jederzeit problemlos zu bekommen).

    Hallo!
    Mittlerweile ist die CD "Wunderlich privat" im Handel und nach einem ersten Höreindruck muß ich sagen: höchst empfehlenswert! Es handelt sich durchgängig um Aufnahmen, die Wunderlich zuhause für Arbeitszwecke gemacht hat (insofern hat musicophil mit seinen Vorbehalten Unrecht). Einige davon sind ungeschnitten, enthalten also auch Patzer, Kommentare, Zwischenrufe der Kinder und dergleichen. Nichtsdestotrotz sind sie auch Künstlerisch von höchstem Wert. Beispielsweise singt er "Cäcilie" von Strauss vom Blatt mit einer Souveränität, die Peter Anders selbst im Studio unter idealen Bedingungen nicht ganz erreichte. Auch darüber hinaus sind eine Reihe von Werken dabei, die er öffentlich niemals sang: Brahms, Wolf, ein stück aus Schuberts "Schwanengesang". Ich kann also nur zum Zugreifen raten.
    was die angesprochene DVD angeht: sie ist unter dem Titel "Leben und Legende" als 2-DVD-Set für den September angekündigt. Es wird sich um die erweiterte Fassung einer Dolumentation handeln, die arte im Laufe der nächsten Monate ausstrahlen wird.