Hallo Ben,
im Zuge der Diskussion um das Finale der Sinfonie stellt sich für mich noch eine andere Frage, die Frage bezüglich der Satzfolge.
Die Mittelsätze der neunten Sinfonie sind ja (gegenüber der Konvention) "vertauscht", wie dies z.B. auch bei der Achten oder bei Beethovens Neunter der Fall ist. Gibt es eindeutige Hinweise vom Komponisten bezüglich dieser "vertauschten" Satzfolge? Oder hat sich diese Satzfolge nur eingebürgert, weil das Finale fehlt?
Der langsame Satz hat zugegebenermaßen eine großartige Schlußwirkung, nur stimmt diese Schlußwirkung vielleicht nicht mit dem Gedanken hinter dem Werk überein. Die Aufführung eines Torsos Kopfsatz-Adagio-Scherzo würde aber keinen Sinn ergeben, während sich bei vertauschter Satzfolge so etwas wie ein Sinn zu ergeben vermag.
Es gibt bekanntlich die Äußerung von Bruckner (gegenüber seinem Arzt, also unter nicht optimalen gesundheitlichen Bedingungen), daß er im Finale das Halleluja des 2. Satzes (!) mit aller Macht wiederbringen wolle. Im Scherzo ist es aber so gut wie unmöglich, ein "Halleluja" zu finden, während sich im Adagio ganz bequem ein wichtiges, den Satz beherrschendes Viertonmotiv findet, wo "Halleluja" bestens paßt. Dieses Viertonmotiv eignet sich auch sehr gut, um kontrapunktisch mit dem Viertonmotiv aus dem Te Deum verbunden zu werden. Demnach wäre womöglich das Adagio der 2. Satz, wie es nach der Konvention zu erwarten ist.
Die Sinfonie ist fraglos positiv gedacht, wenn das Te Deum als Finale vom Komponisten vorgeschlagen werden kann. Sie sollte daher nicht negativ enden, wie es heute meist der Fall ist. Auch unter diesem Aspekt begrüße ich alle Bemühungen, eine spielbare Fassung des Finales herzustellen. Von Tonaufnahmem her kenne ich nur die Samale/Mazucca/Philips-Version in einer Darbietung unter Leitung von Kurt Eichhorn, die mich mit Ausnahme der ganz verfehlt wirkenden Coda zu überzeugen vermag. Ich bedauere sehr, daß es Eichhorn nicht vergönnt war, alle Sinfonien aufzunehmen, sein Musizieren kommt meiner Vorstellung von diesen Sinfonien sehr nah.
Gruß
Andreas