Beiträge von Wolfram

    Haydn, die Trias Nr. 27 - 29. Hier können sich Pianisten bei Haydn austoben! Besser als in den Konzerten und Sonaten.


    Mozart, KV502 und KV542 - man höre die preiswerte Einspieliung mit Andras Schiff (Fortepiano!), Shiokawa und Perenyi, dazu gibt es das Kegelstatt-Trio - zählt das hier mit?


    Beethoven, Geistertrio, z. B. mit dem Abegg-Trio


    Schubert, beide Klaviertrios, z. B. mit Fontenay


    Unangefochten auf Platz 1 steht bei mir:
    Brahms, Klaviertrio Nr. 1 H-Dur op. 8, z. B. mit Fontenay (preiswerte GA)


    Schostakowitsch, Klaviertrio Nr. 2 e-moll op. 67, z. B. mit Elisabeth Leonskaja und Mitgliedern des Borodin Quartetts (zusammen mit dem Klavierquintett op. 57 eingspielt)

    Die zehn letzten Quartette gibt es in empfehlenswerten Einspielungen preiswert mit dem Alban-Berg-Quarett (frühe Aufnahmen bei Teldec) und mit dem Quatuor Mosaiques (HIP).


    Leider kenne ich weder die ganz alten Aufnahmen mit Talich Quartett und Quartetto Italiano noch die Aufnahmen mit dem Hagen Quartett.

    Kommen wir auf den Sinn dieses Threads zurück.


    Ich werfe in den Ring:


    - Beethoven: op. 59, Nr. 1 oder 3 (Emerson oder Alban Berg)
    - Schubert Streichquartett Nr. 15 G-Dur (Auryn Quartett)
    - Schönberg Streichquartett Nr. 1 d-moll op. 7 (Neues Leipziger StrQu)
    - Schostakowitsch Streichquartett Nr. 15 es-moll op. 144 (Kremer, Phillips, Kashkashian, Ma)


    Leider bleiben das Quatuor Mosaiques ebenso wie das Kronos Quartett damit auf der Strecke ... seufz ... man sollte viel mehr Kammermusik hören.

    Zu dem Thema "Klassikkrise" empfehle ich das Buch "Ausgespielt - Aufstieg und Fall der Klassikindustrie" von Norman Lebrecht. In seiner finalen apokalyptischen Beschreibung (Kapitelüberschrift: "Kernschmelze") ist es sicher überzeichnet, ansonsten sehr lesenswert.


    Es wird in locker erzählender Form ein Überblick über die Geschichte der Tonaufzeichnung und deren Vermarktung gegeben. Ferner gibt es eine kommentierte Liste mit "100 Meilensteinen eines Jahrhunderts der Klassikindustrie" - sprich: 100 exemplarische Aufnahmen und eine Liste mit "20 Aufnahmen, die nie hätten gemacht werden sollen".

    Die Aufnahme mit Böhm ist angekommen, ich habe sie zweimal gehört. Fantastisch Janowitz und Schreier, gewöhnungsbedürftig für meine Ohren ist Talvela, für meinen Geschmack ist die Stimme zu schwer, mehr König Marke, Amfortas oder Großinquisitor denn als Simon. (Wer den Messias mit Pinnock kennt: Hier habe ich mit der Wotan-Stimme von John Tomlinson dasselbe Problem.)


    Erfrischend und zupackend ist Böhms Dirigat. Keine Spur von Betulichkeit. Es wird schon nach ein paar Takten klar, warum diese Aufnahme lange Zeit DIE Aufnahme des Werkes schlechthin war.


    Über die anderen "konventionellen" Aufnahmen des Werkes (Karajan, Marriner u. a.) haben meine Vorredner schon genug gesagt. Ich meine daher, dass man mit Böhm und einer HIP-Einspielung (Gardiner, Jacobs, Harnoncourt II) sicher sehr gut in Sachen "Jahreszeiten" bedient ist.

    Ja, genau so ist das: Ein Fass ohne Boden.


    Anfangs ging ich nach dem dtv-Atlas für Musik vor und war froh, die prominentesten Werke nach und nach in die Sammlung zu bekommen. Dann fiel mir ein Buch von Nikolaus Harnoncourt in die Hand, und ich kaufte mir die erste Zweiteinspielung: Bachs Matthäuspassion in der ersten Aufnahme mit Harnoncourt, also mit Knabenchören, Knabensolisten und Concentus musicus Wien. Die Aufnahme der Mt-Passion mit Schreier am Pult und als Evangelist hatte ich schon vorher. Da ging das Vergleichen dann los.


    Mittlerweile ist die CD-Zahl im mittleren vierstelligen Bereich und es ist kein Ende abzusehen. Momentan lockt mich die Einspielung der Streichquartette von L. v. Beethoven mit dem Takacs-Quartet. Ja, es stehen schon die Aufnahmen mit dem Amadeus-Qu, dem Alban-Berg-Qu (erste Aufnahme, Studio) und mit dem Emerson Quartett im Regal, dazu die späten Quartette mit dem Busch-Qu. Na und?


    Ich frage mich: Wann will man das alles hören? Wer montags bis freitags je zwei CDs hört und am Wochenende fünf CDs pro Tag, kommt auf 20 CDs pro Woche oder 1.040 pro Jahr. - Vielleicht ist das auch nicht realistisch.


    Es lockt immer wieder die neue Facette einer Interpretation, vorher nicht gehörte Valeurs, neue Ansätze, ... auch die Bruckner-Sinfonien mit Tintner locken mich oder die Mahler-Sinfonien mit Chailly. Der Ring mit Keilberth (Testament) soll ja auch zu den allerbesten Aufnahmen der Tetralogie gehören ... wen störts, dass schon vier Ringe und etliche Aufnahmen einzelner Abende nebst Querschnitten im Regal stehen?

    Hallo Hammel,


    danke für die Info zu Jahreszeiten mit Sir Neville Marriner!


    Die Aufnahme mit Jacobs findet man z. B. bei jpc durch Eingabe von "Jahreszeiten Jacobs" in der Suchmaske. Petersen, Güra, Henschel, RIAS Kammerchor, Freiburger Barockorchester, René Jacobs am Pult.


    Gibt es sowohl als SACD-Hybrid (teuer) und als "nur" CD

    Wie es der Zufall will ... gestern kam bei mir das neue Merkheft von 2001 an. Jahreszeiten mit Böhm für €10,- - zugreifen!


    Auch die Schöpfung mit McCreesh ist unschlagbar günstig für €20,- zu haben. Wem's gefällt "The creation" in großer Besetzung zu hören ... ich poste auch nochmal bei "Sonderangebote".

    Was wäre schöner als die Darstellung der projektiven Ebene der Ordnung 2 ... ?


    Für nicht-Geometer: Durch je zwei Punkte geht genau eine Gerade (der Kreis ist auch eine Gerade), je zwei Geraden schneiden sich in genau einem Punkt.


    Auf jeder Geraden liegen drei Punkte, durch jeden Punkt gehen genau drei Geraden. Schön, nicht? Und wenn man in geeigneter Form Punkte und Geraden vertauscht, sieht das Bild genauso aus.


    (Die nächste Möglichkeit braucht 13 Punkte und 13 Geraden, auf jeder Geraden liegen vier Punkte usw.)

    Meine liebsten Aufnahmen mit Bruno Walter?


    Brahms: Sinfonien 1-4 u. a. NYPO, 1951/52 derzeit bei Urania.


    Wagner: Die Walküre, 1. Akt, Lotte Lehmann, Lauritz Melchior, Emanuel List


    Mahler: z. B. The Original Jacket Collection. (Es gab mal bei Sony eine 5-CD-Box mit der 1., 2., 4., 5. und 9. Sinfonie - auch sehr gut)

    Hallo zusammen,


    ich habe die beiden Aufnahmen mit Nikolaus Harnoncourt und diejenige mit René Jacobs. Böhm steht auf der nach unten immer offenen Wunschliste.


    Mit der späteren Harnoncourt-Aufnahme habe ich das Stück schätzen gelernt. Mittlerweile meine ich, dass es die bessere "Schöpfung" ist. Haydn erreicht hier den Gipfel seines Schaffens. Das für unsere Ohren gewöhnungsbedürftige Libretto ändert daran nichts. Ich gebe zu bedenken: Die Texte mancher Arien der Matthäus-Passion von J. S. Bach sind mindestens genauso gewöhnungsbedürftig, ohne, dass dies der Größe des Werkes irgendeinen Abbruch täte. Und wie lange hat man das Libretto von "Cosi fan tutte" völlig verworfen ...


    Das bösartige Gerede von einem schlechten zweiten Aufguss der "Schöpfung" ist jedenfalls völlig abwegig.


    Die erste Harnoncourt-Aufnahme ist gut, verblasst jedoch gegenüber der Neuaufnahme und der Aufnahme mit Jacobs. Die beiden letzteren ergänzen sich gut. Jacobs ist erwartungsgemäß lustvoller, extrovertierter, knalliger einschließlich eines Gewehrschusses. Harnoncourt ist deutlich intimer, kammermusikalischer, differenzierter und weniger plakativ zugunsten einer weitaus größeren Zahl von Valeurs. Nochmal: Ich mag beide Aufnahmen.


    Trotzdem bin ich an der Böhm-Einspielung interessiert. Kennt jemand noch die Einspielung mit Marriner?

    Hallo,


    kurios ist sicher auch die Aufnahme des Verdi-Requiems mit Gergiev. Drei Solisten können singen, einer nicht.


    Man könnte es auch bei "Wer wird Millionär" als 50-Euro-Frage verwenden:


    Welche der folgenden Solisten in Gergievs Aufnahme des Requiems von Giuseppe Verdi ist kein Sänger:


    A - Renée Fleming
    B - Olga Borodina
    C - Andrea Bocelli
    D - Ildebrando d'Arcangelo

    Schwieriges Thema! Ich fand es immer hilfreich, wenn ein Rezensent "seine" Referenzaufnahmen des fraglichen Werkes genannt hat. Zum einen, weil ich damit Hinweise auf interessante Aufnahmen erhalte, zum anderen, weil er so ein Stück weit das Koordinatensystem benennt, in dem er seine Bewertung vornimmt.


    Beispiel: Angenommen, die Aufnahme von Beethovens Eroica mit Paavo Järvi würde besprochen. Dann wäre es für mich durchaus hilfreich zu wissen, ob der Rezensent die Aufnahme mit Klemperer oder diejenige mit Jordi Savall für maßstäblich hält.


    Ich gebe zu, dass die andere Sichtweise auch etwas für sich hat: Die eine Interpretation steht dann eben alleine im Mittelpunkt der Besprechung, absolut, ohne Bezug zu anderen, ohne Einordnung schneller - langsamer, hochemotional - quasi-objektiv, spontan - durchgeplant, ...


    Vielleicht kommt es auch darauf an, wie die zu besprechende Einspielung geartet ist. Wenn es sich um die 150. Einspielung von Mahlers erster Sinfonie ohne bemerkenswerte neue Ansätze handelt, ist eine "einordnende" Besprechung mit Nennung von Referenzen vielleicht angemessener, als wenn Pogorelichs extreme Einspielung der Préludes op. 28 von F. Chopin zu rezensieren ist. Im letzteren Fall helfen Vergleiche wohl nicht weiter, im ersteren schon eher.


    Mit anderen Worten: Eine Interpretation "sui generis" kann man mit dem Versuch einer Einordnung sicher nicht besser beschreiben als ohne. Hingegen kann man eine gewöhnliche Interpretation in vielen Fällen mit Referenzen wohl besser beschreiben als ohne.

    Meine liebsten Aufnahmen mit Harnoncourt sind:


    J. S. Bach, Matthäus-Passion (seine dritte Aufnahme mit Arnold-Schönberg-Chor und Concentus musicus)
    J. Haydn, Die Jahreszeiten (seine zweite Aufnahme mit Arnold-Schönberg-Chor und Concentus musicus)
    J. Haydn, Pariser Sinfonien (Concentus musicus)
    W. A. Mozart, Klavierkonzerte 23 und 26 (mit F. Gulda)
    L. v. Beethoven, Sinfonien Nr. 1-9 (mit Chamber Orchestra of Europe)
    L. v. Beethoven, Violinkonzert (mit Gidon Kremer)
    R. Schumann, Klavierkonzert und Violinkonzert (mit M. Argerich und G. Kremer)


    Leider kenne ich noch nicht seine neue Aufnahme der Schöpfung sowie die Aufnahme der Klavierkonzerte Beethovens mit Aimard. - Es gibt eigentlich keine Aufnahme Harnoncourts, die mir nicht gefällt oder zumindest interessant ist. Es gäbe vieles aufzuzählen: Händel Concerti Grossi, Mozart Sinfonien (mit Concertgebouw Orkest), Freischütz, Schumann (Sinfonien) ,Bruckner (Sinfonien 5+7+8+9), Brahms (Sinfonien + Klavierkonzerte + Violinkonzert - wo bleibt das Dt. Requiem?), Dvorak (Sinfonien + Klavierkonzert - wo bleiben das Cellokonzert und Stabat mater?), Bartok ,...


    Seine Wichtigkeit für die Geschichte der Interpretation kann wohl kaum überschätzt werden. Wie würde man ohne ihn heute Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, ... spielen?

    Hallo zusammen,


    ich möchte versuchen, diesen Thread über eines der mir wichtigsten Kapitel des sinfonischen Repertoires wiederzubeleben. Anlass ist der Artikel in FonoForum 6/2008 mit der Überschrift "Einsturz in die Innerlichkeit", in dem die Stellung der Brahms-Sinfonien in der Musikgeschichte skizziert wird und zentrale Aufnahmen empfohlen werden.


    Zu meiner Brahms-Historie: Meine erste Gesamteinspielung war diejenige mit Leonard Bernstein und den Wiener Philharmonikern (DG, live), gekauft Ende der 80er Jahre. Man mag daher nachvollziehen, dass ich mit dieser Musik zunächst Probleme hatte.


    Einer Offenbarung gleich kamen dann die Einzelaufnahmen mit Furtwängler (1. Sinfonie, Berliner Philharmoniker, 10. Februar 1952) und Carlos Kleiber (4. Sinfonie, Wiener Philharmoniker, 1980/81?). Ferner die erste Gesamtaufnahme mit Günter Wand und dem NDR SO, entstanden in den 80er Jahren, von denen mir vor allem die erste Sinfonie gefiel.


    Klemperer erweiterte dann mein Brahmsbild um jene "alttestamentarische Wucht" (FonoForum), jene Unerbittlichkeit, die seiner Interpretationen so oft kennzeichnet. Im Laufe der Zeit kamen die Zyklen mit Toscanini (NBC SO), Karajan (BPO, 70er Jahre), Celibidache (SDR SO und Münchner Phiharmoniker), Harnoncourt, Norrington und Mackerras hinzu.


    FonoForum hebt nun vier Gesamtaufnahmen heraus:


    - Toscanini, Philharmonia Orchestra, 1952
    - Bruno Walter, NY Philharmoniker, 1952/53
    - Klemperer, Philharmonia Orchestra, 1956/57
    - Harnoncourt, Berliner Philharmoniker, 1996


    Wer kennt diese Aufnahme mit Toscanini und kann dazu etwas sagen?


    Die Aufnahmen mit Walter fand ich ganz ausgezeichnet. Vor allem die zweite Sinfonie: Sie erfährt eine fast ekstatische Wiedergabe des Finales. Harnoncourt hat mich ein wenig enttäuscht. Vor allem die erste: Zu statisch, an der Grenze zur Pedanterie. Die anderen Sinfonien mit in der Tat unerhörten Valeurs, mit interessanten Mischungen der Orchesterfarben. Dennoch: Zu wenig, um in der ersten Reihe mitzuspielen. Am besten fand ich die Haydn-Variationen: Eine meiner Lieblingsaufnahmen. (Abbado und Furtwängler wären dafür noch zu nennen.)


    Was haltet Ihr von der Auswahl in FonoForum?


    Meine Auswahl wäre übrigens:


    - Bruno Walter, NY Philharmoniker, 1952/53
    - Klemperer, Philharmonia Orchestra, 1956/57
    - Celibidache, SDR SO, 1974-76
    - Mackerras, Scottish Chamber Orchestra, 1996/97


    Noch ein bedenkenswerter Satz: Brahms schrieb an seinen Verleger Simrock über die zweite (sic!) Sinfonie: "Die neue Sinfonie ist so melancholisch, dass Sie es nicht aushalten. Ich habe noch nie etwas so Trauriges, Molliges geschrieben: Die Partitur muss mit Trauerrand erscheinen." - Wer kennt eine Aufnahme, die das hörend erfahrbar macht?

    Hallo zusammen,


    ich bin jetzt mit dem Durchhören der Gesamteinspielung mit Simon Preston durch und finde sie sehr gut.


    Die gewählten Tempi sind meist auf der schnelleren Seite. "Rasend schnell", wie hier geschrieben wurde, finde ich sei allerdings nicht. Auch "Virtuosengeklingel" beschreibt nicht meinen Höreindruck.


    Dass Prestons Spiel schnell wirkt, widerspricht zumindest mal nicht dem, was uns von Bachs eigener Musikwiedergabe berichtet wird. Der Nekrolog schreibt: "Im Dirigieren war er sehr accurat, und im Zeitmaß, welches er gemeiniglich sehr lebhaft nahm, überaus sicher". Es mag nicht unproblematisch sein, aus dieser Beschreibung seines Dirigates auf den Orgelspieler zurückzuschließen; wer aber mittlere oder gar langsame Tempi favorisiert, hat jedoch die Beweislast gegen sich. Und war Bach nicht gerade als Orgel- und Cembalovirtuose berühmt, viel mehr jedenfalls denn als Komponist?


    Sehr angenehm finde ich, dass Preston keine Zeigefingerartikulation oder -agogik verwendet. Wie oft finde ich bei HIP-nahen Organisten und Cembalisten jede Eins, jede Betonung, wie mit dem Vergrößerungsglas hervorgehoben - leider zu Lasten des Flusses! Preston geht hier ungleich subtiler vor. Sehr wohl weiß er artikulatorisch und agogisch zu differenzieren - man höre etwa die Sonaten oder das Orgelbüchlein -, doch dies geschieht in einem für meine Begriffe unaufdringlichen Rahmen. Agogik verwendet er, um die Architektur zu zeigen - meist an Übergängen zwischen verschiedenen formalen Abschnitten. Wer hinhört, bemerkt sehr wohl eine sehr reich differenzierte Artikulation; aber der Interpret stellt sich damit nicht vor den Komponisten. Die einzige Ausnahme davon fand ich in der F-Dur-Toccata, in der die vielstimmigen Akkordschläge für meinen Geschmack zu kurz, zu scharf abgerissen klangen.


    Ich finde diese Gesamtaufnahme ausgezeichnet, um die Werke quasi in Reinschrift kennenzulernen. Man mag sein Bachbild gerne erweitern durch Koopman und Vogel einerseits, Rübsam und Bowyer andererseits, ferner Walcha und Richter oder Aufnahmen französischer Provenienz. Preston ist jedoch in jedem Falle ein gut geeigneter Ausgangspunkt.

    Hallo zusammen,


    nach den Einspielungen von Walcha (DG), Stockmeier, Fagius (Brillant) und Koopman (Teldec) habe ich mir noch die Gesamteinspielung mit Simon Preston besorgt. Das ist die beste! Sehr lebendig, was Tempi und Artikulation angeht, aber nie so betont individualisitisch wie Koopman.


    Habe bis jetzt nur die ersten beiden CDs gehört (Triosonaten und einige Präludien und Fugen), aber das war vom Feinsten.


    Nach vollständiger Hörlektüre schreibe ich hier nochmal was.


    Im Übrigen gefällt mir die 3CD-Box mit Karl Richter sehr gut. Artikulation und Aufzeigen der Architektur sind modellhaft; lediglich über seine Manualwechsel kann man streiten. Die sind nicht mehr Stand der Zeit. Da ich seine Aufnahmen der großen Bachschen Vokalwerke nicht so sehr mag (Ausnahme: Wihnachtsoratorium wegen der Solisten), war ich hier doch positiv überrascht.


    Viele Grüße,
    Wolfram

    Oje, diese Ranglisten sind immer schwierig ...


    ... also Stand heute würde ich so antworten:


    1. Mozart, Le nozze die Figaro
    2. Wagner, Der Ring des Nibelungen
    3. Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg
    4. Wagner, Tristan und Isolde
    5. Verdi, Don Carlos
    6. Verdi, Aida
    7. Verdi, Otello
    8. Verdi, Falstaff
    9. Strauss, Salome
    10. Strauss, Elektra


    Auf den Rängen folgenden Puccini (Tosca, Boheme, Trittico), der Rest von Wagner, Mozart (Zauberflöte, Don Giovanni, Cosi fan tutte), Strauss: Rosenkavalier, Strauss: Die Frau ohne Schatten, Donizetti: Lucia di Lammermoor und natürlich Mussorgsky: Boris Godunow und Pelléas et Mélisande von Débussy.

    Hallo,


    das meiste von Frescobaldi lässt sich manualiter spielen. Ebenso andere frühitaliensche Orgelmusik wie die beiden Gabrielis, Mayone, Antegnati. Froberger ist sowohl von diesen als auch französisch beeinflußt, auch das geht.


    Von Muffat gibt es eine leicht spielbare Ciacona.


    Dazu die niederländisch-norddeutsche Ecke mit Sweelinck, Scheidt, manchem von Scheidemann. Auch die Canzonen und Canzonetten von Buxtehude gehen sicher gut, es gibt von Buxtehude auch ein Praeludium in G (manualiter) und eine Fuge in C (ebenfalls manualiter).


    Mindestens zwei der Choralpartiten von J. S. Bach sind manualiter, dazu vieles aus dem III. Teil der Klavierübung. Es ist natürlich ferner legitim, z. B. das Wohltemperierte Klavier auf der Orgel zu spielen.


    Von Langlais gibt es einiges, was manualiter gespielt werden kann. Dazu das Holsteinische Orgelbüchlein von Micheelsen - eine tolle und nicht schwere Toccata in D am Anfang.

    Hallo zusammen,


    ich habe gerade die Gesamtaufnahme der Schumann-Sinfonien mit Herbert von Karajan nochmal gehört. Also: Die zweite macht Karajan sehr, sehr gut. Der Aufbau von Spannung am Beginn des Kopfsatzes, die Finalwirkung am Ende des letzten Satzes, das ist schon großartig disponiert. Hier ist er richtig gut. (Wer seine Berliner Aufnahme mit Brahms' zweiter Sinfonie - Ende der 1970er Jahre kennt: Selbes Niveau). Diese Aufnahme gehört sicher mit zu den besten, die erhältlich sind. - Leider kenne ich nicht die Aufnahme mit Sinopoli, die soll ebenfalls sehr gut sein.


    Auch die vierte ist sehr hörenswert, kann aber vielleicht nicht mit Bernstein und Furtwängler mithalten.

    Lieber Walter,


    oh, entschuldige - ich wollte nicht Dein Anliegen karikieren. Ich wollte durch die Überzeichnung nur deutlich machen, dass ich Abweichungen von der Partitur durchaus für legitim halte.


    Das gilt z. B. für Mahler - bestimmt kein schlechter Musiker und ein hocherfahrener Praktiker. Er hat kräftig in Schumanns Sinfonien eingegriffen und auch bei Beethoven. Die Frage ist halt, was als Ergebnis dabei rauskommt. Ich finde auch Eingriffe in die Instrumentation grundsätzlich legitim.


    Mir ist klar, dass mein Ansatz zunächst mal ein egoisitischer ist: Ich will durch die Aufführung etwas erleben, das mag in bestmöglicher Übereinstimmung mit der Partitur geschehen oder in bewusster Abweichug von derselben - egal.


    Ich möchte auch wissen, was der Komponist gemeint haben könnte. Sozusagen das Stück hinter der Notation. Die Realisierung, die Inkarnation der Idee vom Stück in der notierten Partitur könnte ja von der Idee abweichen oder sie zumindest mangelhaft wiedergeben. Oder technische Gründe mögen den Komponisten zu einer konkreten Niederschrift bewogen haben. Ein berühmtes Beispiel ist der Übergang zum zweiten Thema im ersten Satz von Beethovens 5. Sinfonie. In der Exposition wird das von den Hörnern gespielt. In der Reprise ist dieselbe Stelle den Fagotten zugewiesen, weil die damaligen ventillosen Hörner das nicht gescheit spielen konnten (nur mit Stopftönen mit ganz anderer Wirkung). Manche Dirigenten lassen diese Stelle heute auch in der Reprise von Ventilhörnern spielen. Ich finde es legitim. Mir ist allerdings klar, dass Beethoven dies bei der Komposition der Exposition berücksichtigt hat.


    Ein ähnlicher Fall ist der Beginn von Schumanns 1. Sinfonie. Schumann hatte keine große Instrumentationserfahrung. Darum hatte er die anfängliche Fanfare des Kopfsatzes zunächst so gesetzt, wie es auch im ersten Thema erklingt: b - b - b - b - b - g - a - b. Bei der ersten Probe war er dann mit den Stopftönen "g" und "a" von Hörnern und Trompeten unzufrieden und setzte diese Stelle eine Terz höher, so dass nur Naturtöne (ohen Stopfen) zum Einsatz kamen. Hier wäre es m. E. legitim, diese Stelle heute in der originalen Fassung spielen zu lassen.


    By the way: Ist die Aufführung von Bachs Kunst der Fuge mit Streichquartett gesetzeskonform? Ist es auch eine Aufführung mit Cembalo oder Orgel? Oder Klavier? Oder Chor a cappella auf Vokalise ... ?
    Was meint Ihr?


    Die Diskussion zur Besetzung der Kunst der Fuge habe ich in den entsprechenden thread verschoben und bitte darum, dort ggff. weiterzudiskutieren.


    JR

    Hallo zusammen,


    hier wurde mehrmals der Komponist Schumann als Ganzer in Frage gestellt bzw. dessen Ehrenrettung versucht.


    Schumann hat als Sinfoniker sicher Bleibendes geschaffen, keine Frage. Wohl die wichtigste Etappe auf dem Weg von Beethoven zu Brahms.


    Auch die Kammermusik hat Schumann sehr bereichert, ich nenne vor allem das Klavierquintett und die drei Streichquartette. Was wären die Bratschisten ohne seine "Märchenbilder"? Sein Klavierkonzert gehört ebenfalls zur Zierde der Gattung. (Die Konzerte für Violine und Violoncello können hieran nicht ganz anknüpfen.) Unter seinen zahlreichen Liederzyklen gehören die Dichterliebe und die Eichendorff-Lieder op. 39 zu den absoluten Publikumsmagneten und werden diesbezüglich wohl nur von der "Winterreise" und der "Schönen Müllerin" getoppt.


    Vielleicht gebührt innerhalb seines Gesamtwerkes aber dem Klavierwerk die Krone. Nicht nur rein numerisch. Schumann geht technisch wie ausdrucksmäßig neue Wege. Man nehme nur die Sinfonischen Etüden für technische Innovation und die Kinderszenen für unsagbare Verdichtung im Ausdruck ohne Abstriche an der Poesie - Webern scheint nicht mehr weit. By the way: Schumann ist auf dem Klavier fast immer VIEL schwieriger zu spielen, als er sich anhört. (Als Organist darf ich die Fugen über B-A-C-H op. 60 als wesentlichen Beitrag zur Literatur aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für absolut unverzichtbar erklären. Schumann selbst meinte zu diesen Fugen: "Vielleicht das Einzige, was von meinen Werken Bestand haben wird.")


    Nun aber zum Thema des Threads:


    Ich liebe die Live-Aufnahme mit Bernstein und den Wiener Philharmonikern! Emotional tief durchlebt mag ich diesen Werken hier keine Schwächen anhören. Der erste Satz der ersten Sinfonie ist hart an der Grenze, tempomäßig überzogen zu werden, aber Bernstein bewältigt auch diese Gratwanderung.


    Emotional wenige Grade kühler, dadurch objektiver wirkend, hat Sawallisch eine Lesart vorgelegt, bei der ich das Gefühl von Richtigkeit und Stimmigkeit habe. Nichts ist zuviel, nichts fehlt, alles passt. Zum Kennenlernen sicher eine der besten Einspielungen.


    Gardiner ist auf jeden Fall das Reinhören wert, aber vielleicht nicht erste Wahl für das Kennenlernen. Harnoncourt finde ich - ausnahmsweise - nicht besonders interessant bei Schumann. (Die Aufnahme des Klavier- und Violinkonzertes mit Argerich und Gidon Kremer ist hingegen ein Muss!) Auch Norrington hat mich bei der 3. und 4. Sinfonie nicht vom Hocker gerissen. Karajan hat mir gefallen, korrekte Aufnahme, aber solange es die o. g. Einspielungen gibt, sehe ich keinen Grund, diese Aufnahme zu kaufen. Auch mit der legendären Szell-Einspielung konnte ich bisher nicht richtig warm werden. Furtwänglers Aufnahme der 4. Sinfonie mit den Berlinern ist genauso ein Muss wie Giulinis Aufnahme der 3. aus Los Angeles.


    Also bleiben unterm Strich Sawallisch als stimmige Interpretation, Bernstein als emotionaler Turbolader und Gardiner fürs Fetzige, Tempolustbetonte. Porsche fahren soll ja auch Spaß machen.


    Leider kenne ich weder die Aufnahmen mit Kubelik noch mit Klemperer. Auch die Mahler-Fassung mit Chailly fehlt mir noch ...

    Hallo zusammen,


    kompliziertes Thema, das hier verhandelt wird. Ich nenne mal ein paar Beispiele, die gut als Gegenbeispiele für allzu einfache Antworten verwendet werden können.


    - Orgelwerke von J. S. Bach. In der Regel ist weder eine Lautstärke noch ein Tempo angegeben. Was ist denn nun Gesetz und was ist gesetzeskonform? Wäre jedes beliebige (also auch jedes extrem schnelle oder extrem langsame) Tempo "richtig" im Sinne von: Gesetz?


    - Aufführungen eigener Werke durch Komponisten. Bernstein wurde hier schon genannt. Auch Bartok, Rachmaninow und Prokofieff haben sich teilweise einen feuchten Kehricht um ihren eigenen, von ihnen vor Jahrzehnten für richtig gehaltenen Vortragsbezeichnungen geschert.


    - Ungenauigkeit der notierten Angaben. Wenn "crescendo" in der Partitur steht: Wie ist der Verlauf des Crescendo? Gleichmäßig? Oder nur ganz allmählich und erst am Ende stark zunehmend? Was ist hier das Gesetz und was ist gesetzeskonform? Oder: In einer Orchesterpartitur des späten 18. Jhds. steht "forte" für alle Instrumente. Der Praktiker weiß, dass die Trompeten also ungefähr mezzoforte spielen müssen, die Holzbläser aber eher an der Grenze zu fortissimo. Ist das noch gesetzeskonform?

    - Glenn Gould sagte sinngemäß: "Wenn sforzato in den Noten steht, und jeder schon auf das Sforzato wartet, dann kann der vom Komponisten beabsichtigte Schock nur erreicht werden, wenn man das Sforzato NICHT spielt." Also: Der Wunsch des Komponisten kann auf höherer Ebene nur unter Missachtung seiner Vorschriften erreicht werden.


    - Prägung des Hörers. Wenn jemand zwanzig Einspielungen der Eroica kennt, hat er bestimmte Hörerwartungen. Es mag sein, dass er dann die Großartigkeit der Savall'schen Einspielungen nicht erkennen mag. (Ähnliches gab es bei den ersten Bach-Einspielungen von Harnoncourt)


    Ich meine, grundsätzlich ist alles erlaubt. Wenn jemand Beethovens Neunte mit Mundharmonika und Waschbrett derart aufführt, dass es mich vom Sessel haut - warum nicht?


    Wir stellen doch hier implizit die Frage nach dem Sinn von Aufführungen. Ich erwarte, dass eine Saite von mir zum Klingen kommt, die ansonsten stumm geblieben wäre. (Ist nicht von mir; ist die bestmögliche Formulierung, die ich dazu kennen.) In diesem Sinne gebe ich dem Interpreten gerne alle Freiheiten.


    Wäre der Sinn von Aufführungen, einen Wettstreit um die genaueste Realisierung der (immer unvollständigen und ungenauen) Angaben des Komponisten auszutragen, wäre die Antwort sicher eine andere. Aber ich gehe ja nicht ins Konzert, um eine Prüfungsnote zu geben.

    Ach ja ... beinahe hätte ich ihn vergessen: Julius Reubke hat sich durch seine Sonate c-moll "Der 94. Psalm" auf ewig in den Orgelhimmel komponiert. Leider gibt es von ihm nur ein einziges weiteres Stück für Orgel - soweit ich weiß, ein kurzes Trio.


    In seiner Orgelsonate überträgt er der Lisztschen Ansatz der "Sonate in einem Satz", wobei der langsame Abschnitt sowohl den langsamen Satz ersetzt als auch Durchführungscharakter hat. Ein Vergleich mit Liszt's h-moll-Sonate für Klavier wäre vielleicht etwas zu weit hergeholt, aber Rreubke ist formal viel dichter an Liszt h-moll als etwa an den Mendelssohnschen Sonaten für Orgel. Reubkes Sonate ist im wesentlichen monothematisch, bei Liszt haben wir einige klar erkennbare Themen.


    Hermann Keller meinte, dass Reubke Sonate alles überträfe, was im 19. Jhd. für Orgel komponiert wurde, Cesar Franck nicht ausgenommen. Nun ja, Werturteile sind zeitgebunden. Ich würde vielleicht nicht soweit gehen wie Keller. Es ist jammerschade, dass Reubke nicht lange genug lebte, um Schule zu machen und viele weitere Orgelwerke zu kompnieren und Orgel- und Kompositionsschüler um sich zu scharen.


    Aus quantitativen Gründen ist Reubke kein Kandidat für Platz 5. Ansonsten wäre er schon ganz vorne mit dabei.

    Hallo zusammen,


    die ersten vier in der 5er-Liste sind wohl klar (jedenfalls für mich): J. S. Bach, C. Franck, M. Reger, O. Messiaen.


    Dann wird' s schwieriger. Man könnte die Frage verfeinern nach


    1) Komponisten, die im wesentlichen "nur" durch ihre Orgelwerke bekannt sind:
    z. B. Frescobaldi, Muffat, beide Lübecks (trotz "Willkommen süßer Bräutigam"), Vierne (trotz Kammermusik), Widor (trotz Messe), Dupré, Duruflé (trotz der Motetten + Messe cum jubilo), Alain, ...


    2) Komponisten, die im wesentlichen NICHT durch ihre Orgelwerke bekannt sind, trotzdem auch hier Bleibendes geschaffen haben:
    z. B. Mozart (Kirchensonaten und die drei großen Fantasien für ein Orgelwerk in einer Uhr), Schumann (6 Fugen über B-A-C-H), Liszt (der auf der Orgel zeigte, wie gut er Klavier spielen kann), Brahms, Schönberg (Variationen über ein Rezitativ op. 40), Honegger (Choral), Ligeti (Ètudes, Volumina), ...


    Meine Kandidaten für Platz 5 sind:


    Sweelinck
    Frescobaldi
    Scheidt
    Muffat
    Buxtehude
    Mendelssohn
    Brahms
    Vierne
    Dupré


    Ich kann keinem davon den Vorrang einräumen ...

    Hallo zusammen,


    Vorsätze für 2008?


    Weniger Musik "so nebenbei" hören. Mehr Musik aufmerksam hören. Weniger CDs kaufen.


    Schwerpunkt: Slawische Oper von Glinka bis Shostakowitsch, französische Oper von Rossini (Guillaume Tell) bis Débussy.


    Mehr Orgel üben.

    Hallo zusammen,


    gerne ziehe ich noch das Buch "Die großen Stimmen" von Jens Malte Fischer zu Rate, bevor ich mir eine Opern-Gesamtaufnahme zulege. Ein wichtiges Korrektiv zu FonoForum und Penguin Guide.


    Natürlich ist das Buch nicht nach Komponisten oder gar Werken geordnet, sondern nach Sängern.


    Dieses Buch hat bei mir schon erhebliche Folgekosten in Form von Operngesamtaufnahmen verursacht, aber meistens hat es sich wirklich gelohnt.

    Hallo musicophil,


    danke für Dein Feedback!


    Ich habe nicht gesagt:


    "Ohne Karajan und Bernstein wären weniger gute Menschen in Berührung mit unbekannter Musik gekommen",


    sondern:


    "Ohne Karajan und Bernstein wären weniger Menschen in Berührung mit guter Musik gekommen"


    Beide haben Menschen veranlassst, sich z. B. eine Gesamtaufnahme der Beethoven-Sinfonien zu kaufen. Und zwar, weil "Karajan" oder "Bernstein" draufstand, und nicht nur, weil Beethoven draufstand.