Hallo zusammen,
Karajan gegen Bernstein also ... soso ... warum nicht h-moll-Messe gegen Missa solemnis? Warum nicht Mozart gegen Haydn? Warum nicht Mercedes gegen BMW? Warum nicht ... ach, was soll's ... warum nicht Schalke gegen Bayern?
Manchmal tröstet mich der Gedanke, dass man immer noch Karajans CDs, SACDs, DVD, Blue-Ray-Discs oder was auch immer kaufen wird, wenn viele dieser Beiträge nicht einmal mehr virtuell existieren. Dito Bernstein.
Für und gegen beide Dirigenten mag man viel sagen und argumentieren. An beiden mag man viel Polarisierendes entdecken. Jaja. Bei einem Ranking der bedeutendsten Komponisten, das im 18. Jhd. durchgeführt wurde, landete Telemann auf Platz 1, Händel auf Platz 2, die Plätze 3 bis 6 kennen wohl nur noch Barock-Fans, Platz 7 war J. S. Bach. Soviel zur Zeitgebundenheit von vergleichenden Wertungen. (Ich wäre dankbar für einen Quellennachweis! Wer weiß was?)
Natürlich kann man sagen, was einem besser gefällt. Das gilt für Karajan und Bernstein nicht anders als für Mercedes und BMW bzw. Schalke und Bayern. Vielleicht würde es ein wenig zur Versachlichung beitragen, zu sagen: "Die Steigerung im Trauermarsch der Eroica geriet in Karajans letzter Aufnahme des Werkes viel monumentaler als in Bernsteins Wiener Live-Mitschnitt" oder "Bernsteins Aufnahme der Frühlingssinfonie mit den Wienern hat deutlich mehr Drive als die von Karajan mit den Berlinern". Das wäre ja schon mal etwas mehr Sachlichkeit als irgendwelche Vermutungen (wie auch immer begründet) über vermeintliche Obsessionen und Idiosynkrasien. Wer hat denn Karajan oder Bernstein wirklich kennengelernt? Zitate Dritter mögen interessant sein. Letztlich geht es (mir) darum: Welche Aufnahme kaufe mit mit meinem (begrenzten) Etat? und: Welche Aufnahme höre ich mit meiner begrenzten Zeit?
Karajans Mozart höre ich nicht mehr, Bernsteins sehr wohl (Aufnahmen der letzten sechs Sinfonien mit WPO).
Bernsteins Aufnahmen der Brahms-Sinfonien mit den Wienern höre ich nicht mehr, wohl aber Karajans Aufnahme mit den Berlinern aus den 1970er Jahren.
Mahler lasse ich mal außen vor. Oder? Karajans Aufnahme der Sechsten finde ich noch immer grandios, obwohl es objektive Einwände dagegen gibt, die man mit einer Partitur sehr wohl verifizieren kann. (Das gilt aber erst recht für Bernstein, gerade bei Mahler ...)
Ich wünsche mir mehr Subjektivität bzgl. der Vorlieben der TaminoianerInnen und weniger Polemik und Anekdotenschieberei bzgl. Dirigenten, die das Musikverständnis ganzer Generationen verändert haben, in welcher Richtung auch immer. Ohne Karajan wären weniger Menschen in Berührung mit guter Musik gekommen, dito Bernstein.
Es grüßt Euch nachdenkllich
Wolfram