Beiträge von salisburgensis

    Alfred schrieb:

    Zitat

    Ich gehe mal davon aus, daß wer die "Wiener Klassik" mag, auch die Mannheimer Schule", mag, die heute der Frühklassiki oder Vorklassik zugerechnet wird


    Bei mir ist´s umgekehrt, Mannheimer Schule höre ich ganz gerne, Wiener Klassik nur bedingt.


    Mein Beitrag zur Mozart-in-moll-Statistik:


    Ulli zählt 40 Werke auf, macht bei knapp 630 Einträgen im KV grade mal 6,4% in moll.
    2 von über 40 Sinfonien macht sagenhafte 5 %
    Von den 81 Sätzen der 27 Klavierkonzerte stehen 9 in moll (wenn ich richtig gezählt habe), macht immerhin 11%


    Das ließe sich genauso mit anderen Kategorien machen. Was rauskommt dürfte sich in diesem Rahmen bewegen.


    Zum Vergleich die Bach´schen Orgelwerke zwischen BWV 525 und 771. Da gibt es knapp 140 in moll und etwas über 100 in dur.


    Thomas

    Ich empfinde Musik als schön, wenn sie Emotionen in mir weckt. Das tut eigentlich fast jede Art von Musik. ABER, das Wichtigste für mich ist, dass Emotionen wie Agression, Hass, Wut, tiefe Trauer (mit Einschränkungen), Todessehnsucht, Nervosität, Hektik ect. wohldosiert vorkommen, um Spannung zu erzeugen, jedoch nicht stehen gelassen werden sondern aufgelöst werden. Musik mit happy end sozusagen oder zumindest mit Ausblick auf ein solches. Auch habe ich gern etwas zum Festhalten, rhythmisch oder harmonisch, was ich aber bei vielen zeitgenössischen Werken nicht finde. Das mag ja noch so durchkonstruiert sein, wenn man´s ohne die Partitur zu sehen nicht mitbekommt, nützt mir das nichts.


    Thomas

    Lieber Lullist! Du bist wirklich und unermüdlich sprudelnder Quell an musikalischen Kostbarkeiten! Komm an meine Brust! Vor allem für die Hinweise zu Hugo Reyne und seinem Ensemble bin ich dir dankbar. Der ist mir bisher komischerweise völlig durch die Lappen gegangen, eine schändliche Unterlassung meinerseits. Es wird Zeit das zu ändern!


    Thomas

    Zitat

    Man behauptet zu mindest diese Haltung würde den Musiker zu einem viel leichteren Spiel zwingen.


    Vor allem aber ist es eine für den Spieler viel entspanntere Haltung, was die Gefahr von irgendwelchen Schäden an der Wirbelsäule stark vermindert. Viele Profigeiger haben im Alter Rückenprobleme, die auf die angestrengte Klemm-Haltung zurückgehen.


    Thomas

    Ich möchte hier einige weitere Organisten in die Runde werfen. Da wäre zum einen Matthias Eisenberg. Zur Zeit im sächsischen Zwickau als Kantor angestellt, aber wohl mehr auf Konzertreisen unterwegs. Er ist ein typisches Beispiel für die Verquickung von Genie und Wahnsinn. Brilliant, wenn er Tasten unter seinen Fingern hat, als Mensch aber eine Katastrophe. Er hat Anfang der 90er Jahre eine umfangreiche Reihe mit Bach´schen Orgelwerken vorgelegt (12 CDs, RAM).


    Weiters möchte ich die Organisten nennen, die im Freiberger Dom an den beiden Silbermann-Orgeln wirkten. Diese Stelle wird schon traditionell mit herausragenden Künstlern besetzt. In jüngerer Vergangenheit waren dies Hans Otto und Dietrich Wagler. Ersterer hat u.a. bei mehreren CDs der Reihe "Orgelwerke an Silbermann-Orgeln" mitgewirkt (erschienen bei Berlin Classics), die sich ausschließlich mit Bach beschaftigen (Vol. 3, 7 & 8 ). Nicht ganz so umfangreich ist die Diskographie von Herrn Wagler, was aber seine Qualität als Organist nicht schmälert. Mit etwas Glück kann man ihn noch live erleben. Nach seiner Pensionierung vor ein paar Jahren nutzt er die freigewordene Zeit zu Konzertreisen und ist nebenbei Präsident der Silbermann-Gesellschaft.


    Thomas

    Murray Perahia ist für mich der Inbegriff von Langeweile. Ich habe die Bach´schen Werke noch nie so einschläfernd gehört. Aber insofern erreicht er ja das Ziel, wofür die Goldbergvariationen ursprünglich geschrieben wurden. DAS ist doch historische Aufführungspraxis! Wenn da nur nicht dieser unsägliche Steinway wäre....


    Thomas

    Eine der gelungensten Instrumenten-Neuerschaffung des auch in dieser Hinsicht sehr experimentierfreudigen P.D.Q. Bach ist zweifelsohne das Lasso d´amore. Diesem schrieb er sogleich einen hochvirtuosen Part in seinen Erotica Variationen. Nur wenige Künstler sind heutzutage noch in der Lage, dieses Instrument technisch und künstlerisch einwandfrei zu spielen, obwohl es seinerzeit wohl eine größere Verbreitung hatte, als das heute bekannt sein mag.


    :D :D :D :D :D :D :D :D :D


    Thomas

    Zitat

    Rene Jacobs mit seiner Academie für alte Musik, Berlin.


    Sorry reklov29, aber das ist Blödsinn! Die Akamus wurde noch zu DDR-Zeiten Anfang der 80er Jahre in Ost-Berlin gegründet. Jacobs macht gerne Projekte mit denen, wie übrigens auch mit anderen Ensemble, zB. dem Freiburger Barockorchester oder Concerto Köln. Aber SEIN Ensemble ist die Akamus beim besten Willen NICHT.


    Thomas

    Alfred schrieb:


    Zitat

    gut riechendes Eau de Cologne


    Also ich finde, dass Echt Kölnisch Wasser unglaublich stinkt und zwar nach einer Mischung aus billigster Seife und einem ungepflegten Urinal! Ich hab das mal ein ganzes Konzert lang in der Semperoper in Dresden ertragen müssen. Mein werter Nachbar muß das Zeug literweise verwendet haben.


    Grundsätzlich kleide ich mich im Konzert auch gerne etwas gehobener, weil ich Spaß daran habe, mich in Schale zu werfen. Das variiert allerdings je nach Anlaß. Gehe ich in ein Opernhaus oder einen Konzertsaal, dann darf´s ruhig der Schwarze mit Fliege sein. Konzerte in Kirchen sind für mich jedoch kein Anlaß, den aus dem Schrank zu holen. Da ist seltsamerweise die Athmosphäre nicht so "gehoben". Geht euch das auch so?


    Thomas

    Das Metzmacher-Zitat:


    Zitat

    Wer Lust verspürt, sich auf Unerhörtes einzulassen, wer neugierig ist, wer Aufbruch will, wer daran glaubt, dass es hinter der Fassade des täglichen Lebens eine tiefere, wildere und größere Wahrheit gibt, der liegt richtig bei der in diesem Buch beschriebenen Musik. Sie erzählt unentwegt von mutigen Unternehmungen, von Tollkühnheit und Tapferkeit, von Selbstüberwindung und der Erfüllung langgehegter Träume.


    gilt meines Erachtens beileibe nicht nur für die von ihm favorisierte zeitgenössische Musik. Ich empfinde genau dieses, wenn ich Musik entdecke, Stücke höre, die ich bisher nicht kannte. Egal aus welcher Zeit sie stammen.


    Thomas

    Buxtehude: Kantate Wie wird erneuet, wie wird erfreuet, Koopman
    M. Praetorius: das 5-chörige In dulci jubilo aus Polyhymnia Caduceatrix & Panegyrica, kann mich nicht zwischen Wilson und McCreesh entscheiden
    Stefano Landi: Superbe colli, van der Kamp & Tragicomedia
    Rameau: Les Indes galantes, Christie
    Telemann: das Passionsoratorium Das Selige Erwägen des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi, L´Arpa festante, Freiburger Vokalensemble unter Wolfgang Schäfer
    Händel: Aci, Galatea et Polifemo, Concert d´Astree, Haim


    Grüße von
    Thomas

    ja, harmonia mundi hat einen wichtigen und entscheidenden Beitrag geleistet bei der Wiederentdeckung alter Musik. Ich kann nur hoffen, dass die so weitermachen und weitere Perlen herausbringen werden. Z.B. finde ich es wünschenswert, an die Veröffentlichungen in den 80er und 90er mit französischem Barock anzuschließen und Opern abseits von Rameau und Lully auf Tonträger zu bannen.


    Thomas

    Hallo,


    ich möchte euch ein Instrument, besser eine Instrumentenfamilie vorstellen, die im 18 Jahrhundert in Vergessenheit gerieten und so langsam wiederentdeckt werden: die Gamben.


    Die Ursprünge gehen zurück nach Spanien ins 15. Jahrhundert. Dort kam jemand auf die Idee, man könne die Vihuela da mano, eine fünf- bis sechssaitige Gitarre, ein klein wenig umzubauen und mit einem Bogen die Saiten zum klingen zu bringen. Anfangs wurde sie noch wie eine Gitarre gehalten. Es dauerte nicht lange und die Italiener fanden Gefallen in daran, hauptsächlich als Bassinstrument, führten aber die Haltung zwischen den Knien ein, was viel bequemer ist. Bald wurde der Korpus den Formen die Violine angeglichen. Boden und Deckel wurden gewölbt und schließlich verschwand die zierende und oftmals kunstvoll ausgearbeitete Rose als Schallöffnung zugunsten der f-förmigen Löcher.



    Am Ende des 15. Jahrhunderts hatten den Gamben, vom Diskant bis zum Baß, die dominierende Stellung in der ernsten kontrapunktischen Musik inne. Abhandlungen über Spieltechniker wurden verfasst, zB. vom Spanier Diego Ortiz der Tratado de glosas sobre cláusulas y otros géneros de puntos en la música de violines von 1553.



    Bedeutend für die Entwicklung der Musik für die Gamben war deren „Sprung“ über den Ärmelkanal an den Hof Heinrichs VIII. Komponisten wie William Lawes, Anthony Holborne, John Jenkins, Matthew Locke und John Dowland führten die Gamben zu einer Blüte. Man denke nur an Dowlands Lachrimae or seven tears oder an die Consort setts von Lawes. Purcell war der letzte in dieser Reihe, wenngleich sein Beitrag, seine 15 Fantasien, zum Bedeutendsten zählt.


    Michael Praetorius beschreibt 1619 in seinem Syntagma musicum die Gamben wie folgt: ''"... Und haben den Namen daher/ daß die ersten (Viole de Gamba) zwischen den Beinen gehalten werden: Denn da gamba ist ein Italienisch Wort/ und heist ein Bein/ le gambe, die Beine. Unnd dieweil diese viel grössere corpora, und wegen des Kragens lenge/ die Saiten auch ein lengern Zug haben/ so geben sie weit ein lieblichen Resonanz/ Als die anderen de bracio, welche uff dem Arm gehalten werden. ... Die Violen de Gamba haben 6.Saiten/ werden durch Quarten, und in der Mitten eine Terz gestimmet/ gleich wie die sechsChörichte Lautten. Die Engländer/ wen sie alleine darmit etwas musiciren, so machen sie alles bisweilen umb ein Quart, bisweilen auch eine Quint tieffer/ also/ daß sie die untersten Saiten im kleine Baß vors D; im Tenor und Alt vors A; Im Cant vors e rechnen und halten ... Die groß Viol de Gamba (Italis Violono, oder Contrabasso da gamba, ... wird von den meisten per quartam durch und durch gestimmet; ...''



    Ab etwa 1680 wurden die Gamben in Italien und England größtenteils nur noch als Bassinstrument gebraucht, die Diskantgamben wurden von den Violinen verdrängt. In Frankreich und Deutschland allerdings lebte das von den Engländern gelegte Fundament weiter, wurde entwickelt und erweitert. Während die Werke von Le Jeune und du Caurroy oder Dumont noch deutlich in der Tradition verwurzelt sind, so sind die Werke von Forqueroy und dem Großmeister Marais eigenständig. In dieser Zeit wurde dem Instrument noch eine tiefe siebente Saite hinzugefügt. Man höre nur aus Marais´ 4ème livre de pièces de viole die 31 Stücke umfassende Suitte d´un goût étranger.


    Der letzte große Virtuose auf der Gambe war Carl Friedrich Abel, die Ende des 18. Jahrhunderts in London wirkte. Mit ihm starb das Instrument aus. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erschienene Ableger wie das Baryton oder der Arpeggione konnten sich nicht durchsetzen, obwohl Haydn bzw. Schubert für diese Instrumente schrieben.


    Wir sind heute in der glücklichen Lage, dass die Gambenfamilie aus der Versenkung geholt wurde und wieder im Gebrauch ist, wenn auch in einem Nischendasein. Jordi Savall ist hier einer der Protagonisten, ich möchte aber das Augenmerk auch auf weniger bekannte Ensembles und Gambisten lenken, die großartige Einspielungen vorgelegt haben. Wer die englische Consortmusik von Lawes bis Purcell hören möchte, dem sei das Ensemble Fretwork wärmstens empfohlen. Jean-Louis Charbonnier legte hervorragende Gesamteinspielungen vom Marais 4. und 5. Buch vor. Und schließlich sei das Ensemble Les voix humaines genannt mit ihrer Enspielung von Johannes Schenck´s op. 8 mit dem Titel Le Nymphe di Rheno, 12 Sonaten für 2 Gamben.


    Thomas

    Hallo,


    Wie stark prägt es euch eine Interpretation, wenn ihr ein Werk zum ersten Mal hört? Ist das dann die persönliche Referenz, die den Zugang zum Werk eröffnet hat und deswegen als besonders gelungen gilt? Oder wird diese Aufnahme gleich bei der nächst gehörten in die Tonne getreten, weil ihr bestimmt kleine Eigenheiten der ersten Aufnahme vermisst?


    Ich hatte schon beide Varianten. Fall 1: Telemann´s Suite burleque de Quichotte (TWV 55: G10) in einem live-Mitschnitt mit der Akademie für Alte Musik Berlin. Die haben den Galopp des Rossinante so genial gespielt, mit Verzögerungen, holprigen Temposchwankungen. Seitdem will ich nichts anderes mehr hören an dieser Stelle.


    Fall 2: Die h-Moll Messe mit Karajan. Als ich das Stück zum ersten Mal gesungen habe, war ich noch nicht so Alte-Musik-spezialisiert. Ich bin in einen Plattenladen gegangen und hab mir einfach eine Aufnahme, die nicht allzu viel kostete gegriffen, weil ich schon vorab wissen wollte, wie´s mit Instrumenten klingen wird. Heute kriege ich von dieser Aufnahme Ohrenbluten und Gehörgangkrebs. :D


    Thomas

    Hallo,


    bei Werken von Monteverdi ist das Ensemble Elyma unter Gabriel Garrido ein absoluter Geheimtipp (auf dem Label K617). Das gilt für die Einspielung der Marienvesper:



    und in noch stärkerem Maße für den Orfeo. Ich habe noch keinen besseren Orfeo (die Rolle) gehört, als in dieser Aufnahme. Es singt Victor Torres.




    Wer auf Endeckungstour gehen möchte in Richtung Barock in der Neuen Welt, dem sei dieses Ensemble ans Herz gelegt. Garrido holt dabei immer andere Ensembles in´s Boot. Sein Fundus scheint da unerschöpflich. Und fast immer kommt Großartiges dabei heraus.


    Thomas

    Hallo,


    all die von sagitt genannten Ensembles würde ich nicht als Chor bezeichen. Meiner Meinung nach sind cantus cölln, das Huelgas Ensemble, die Hilliards, die King´s Singers und auch Cordes´ Weserrenaissance Solistenensembles, die zugegebenermaßen sehr gut aufeinander abgestimmt sind. Aber in den allermeisten Fällen singt bei denen jeder eine Stimme für sich. Meine Definition von Chor ist demzufolge, dass mehrere Leute eine Stimme singen.


    Die verlangten Empfehlungen möchte ich auch noch geben; wenn sagitt anderer Meinung ist, kann er´s ja noch nachholen:


    cantus cölln:
    Monteverdi: Selva morale e spirituale, Gesamtaufnahme auf 3 CD
    diverse "Bäche": Altbachisches Archiv, Gesamtaufnahme auf 2 CD
    Buxtehude: geistliche Kantaten


    Huelgas Ensemble:
    siehe meine Empfehlung im Thread Musik der Renaissance


    Hilliard Ensemble:
    hier schon genannt, Gesualdos Tenebrae
    Desprez: Missa "Hercules Dux Ferrariae


    Weserrenaissance Bremen, Manfred Cordes:
    Friedens-Seufftzer und Jubel-Geschrey, Musik zum Westfälischen Frieden 1648
    Schütz: Kleine Geistliche Konzerte, Gesamtaufnahme auf 3 CD
    Stoltzer: Missa duplex per totum annum


    Thomas


    PS. bei der großen Anzahl an CDs verzichte ich mal darauf, die Cover mit zu zeigen.

    Hallo,


    ich möchte nochmal auf die Musicalischen Exequien zurück kommen und auf die schon von BigBerlinBear empfohlene Aufnahme mit der Schütz Akademie unter Howard Arman.


    Den dritten Teil, das Canticum Simeonis mit dem Text "Herr, nun lässest du deinen Diener in Friede fahren", läßt Schütz von zwei getrennten Chören singen. Der erste Chor, 5stimmig, bestehend aus Sopran, Alt, 2 Tenören und Baß, singt: "Denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast für allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volks Israel." und symbolisiert die, die der Verstorbene zurückgelassen hat.


    Der zweite Chor, 2 Soprane und ein hoher Baß dagegen steht für das Überirdische, den Ort, an dem der Verstorbene seine ewige Ruhe findet. Der Text: "Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben, sie ruhen von ihrer Arbeit und ihre Werke folgen ihnen nach. Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie. Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben."


    Der Gegensatz zwischen dem tiefen ersten und dem hohen zweiten Chor stellt die Distanz zwischen Himmel und Erde dar. In der Aufnahme mit der Schütz Akademie wird nun diese Distanz auch räumlich vollzogen, mit einem überwältigenden Effekt. Der Engelchor steht weit entfernt und ist anfangs nur zu erahnen. Erst etwas später, wenn das Erdenvolk schweigt, kann man ganz sicher sein, dass da noch mehr ist. Erst dann hört man die Engel deutlich heraus, die mit ihrer Botschaft die Hinterblieben trösten: "Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie".


    Thomas

    Hallo,


    mein Maßstab für die Güte einer Aufnahme von Purcells King Arthur ist die Frostszene. Wenn mir die nicht gefällt, mag ich die ganze Aufnahme nicht. In der schon empfohlenen Aufnahme mit Christie ist sie außerordentlich gut gelungen. Ein großartiger Petteri Salomaa gibt hier den Cold Genius. Man spürt hautnah, wie alles zu Eis erstarrt. Da kann Harnoncourts Version mMn nicht mithalten.


    Thomas

    Hallo!


    Vielleicht haben schon einige drauf gewartet, dass ich einen Thread eröffne, in dem es u.a. um meinen Benutzername geht, bzw. um das Werk, auf welches sich das bezieht. Wenn nicht, ist es auch recht. ;)


    Die Zeit zwischen 1680 und 1704 ist in Salzburg eng mit dem Namen Heinrich Ignaz Franz Biber verbunden. Geboren wurde er am 12. August 1644 in Wattenberg in Böhmen. Zunachst finden wir ihn in der erzbischöflichen Hofkapelle von Olmütz wieder. 1670 wurde er nach Salzburg berufen, wo er ab 1679 zunächst Vizekapellmeister war. 1684 wurde er, nachdem Vorgänger Andreas Hofer gestorben war, zum Kapellmeister befördert und 1690 sogar geadelt. Bis zu seinem Tod am 3. Mai 1704 hatte er diese Stellung inne.


    Er war einer der herausragenden Virtuosen auf der Violine zu seiner Zeit. Eine Ahnung seines Könnens und seiner virtuosen Behandlung dieses Instrumenten können wir heute noch bekommen, zB. beim Hören der Rosenkranzsonaten (1674), der Harmonia artificiosa oder der Sonatae Violino Solo von 1681. Wie vollständig er sein Instrument beherrschte, zeigt sich auch im häufigen Gebrauch von Scordaturen, d.h. die Saiten des Instrumentes anders zu stimmen als im sonst üblichen Quintabstand. Das ermöglicht andere Klangfarben und vor allem sonst unmögliche Doppelgriffe. Biber wußte aber nicht nur mit der Violine virtuos umzugehen, auch seine Kammermusik für die Trompete stellt einen Meilenstein für dieses Instrument dar. Dazu zählen teilweise die Sonatae tam aris quam aulis servientes, in noch stärkerem Maße aber die 12 Duette für 2 Trompeten und die Sonatae Sancti Polycarpi.


    Nun aber zum eigentlichen Thema, den prachtvollen Messen, die Biber für repräsentative Feierlichkeiten komponierte und die im Salzburger Dom zur Aufführung kamen. Herausragend, aber nicht die einzig Komposition dieser Art, ist die Missa salisburgensis. Dieses monumentale Werk wurde anläßlich des 1100jährigen Bestehens des Salzburger Erzstiftes am 18. Oktober 1682 aufgeführt. Lange wurde das Werk dem Italiener Orazio Benevoli zugeschrieben, allerdings sprechen stilistische, sowie äußere Umstände sehr für die Urheberschaft Bibers.


    Die Missa salisburgensis ist ein in der Musikgeschichte einmaliges Werk. Biber schreibt 16 Vokal-, 35 Instrumentalstimmen, 2 Orgeln und ein reich besetztes Basso continuo vor, alles in allem 53 Stimmen. Diese teilt er in kleine Gruppen auf und plaziert sie an verschiedenen Stellen im Dom und führt sie in verschiedensten Varianten musikalisch wieder zusammen. Das Ergebnis ist eine äußerst abwechlungsreiche und prachtvolle Messkomposition, die auch den Raum, für den sie komponiert wurde, mit einbezieht.



    Beide Aufnahmen sind durchweg empfehlenswert (es gibt noch eine dritte mit dem Collegium Aureum und dem Tölzer Knabenchor, die ich allerdings noch nicht kenne). Die Aufnahme unter McCreesh entstand in der Romsey Abbey, Südengland. In ihr kommt das Repräsentative und bombastisches sehr zum Tragen. Koopmans Aufnahme hingegen, am orginalen Ort aufgenommen, ist etwas feiner, streckenweise gradezu kammermusikalisch. Auch unterscheiden sich beide Aufnahmen leicht in ihrer Instrumentierung. Koopman verwendet beispielsweise auch Blockflöten, die bei McCreesh fehlen, bzw. dort wird der Part von Zinken gespielt.


    Weitere vergleichbare Kompositionen Bibers für ähnliche Anlässe haben sich erhalten, zB. die 23-stimmige Missa buxellensis, die ihren Namen nach dem Fund- bzw. Aufbewahrungsort erhielt, aber eindeutig für Salzburg komponiert wurde. Daneben wären noch zu nennen: Missa Alleluia zu 26 Stimmen, die Missa Christi resurgentis zu 19 oder Verspervertonungen zu 32 Stimmen. Aber auch andere Komponisten haben ähnliches geschaffen, wie zB. Georg Muffat die Missa In labore requies a 23 oder Francisco Valls´ (1665 -1747) Missa Scala aretina, die übrigens wegen einer unvorbereiteten Dissonanz, ein Sakrileg gegen damals gültige Kompositionsregeln, einen über 100 Jahre anhaltenden Disput verursachte und deswegen nicht ganz vergessen wurde. Dieses Werk gehört allerdings nicht zum Salzburger Dunstkreis, sondern nach Barcelona.


    Aufnahmen hierzu:


    Biber: Missa Bruxellensis
    La Capella Reial de Catalunya, Le Concert des Nations, Savall auf AliaVox


    Biber: Missa Alleluja
    Gradus ad Parnassum, Junghänel auf DHM


    Muffat: Missa In labore requies zusammen mit Bibers Litaniae de Sancto Josepho
    Concerto Palatino, Cantus Cölln, Junghänel auf harmonia mundi


    Valls: Missa Scala Aretina zusammen mit Bibers f-Moll Requiem
    Koor & Barokorkest van de Nederlandse Bachvereniging, Leonhardt auf DHM


    viel Vergnügen beim Hören wünscht
    Thomas

    Hallo,


    passend zur Passionszeit noch eine Passions-Empfehlung.


    Der 1712 gedichteten Text hat den Titel: Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus. Das Libretto von Barthold Heinrich Brockes (1680-1747) hat es, ebenso wie vorgenanntes " Der Tod Jesu" etlichen Komponisten angetan. Unter der Liste, die dieses Libretto vertont haben sind so illustre Namen wie Georg Friedrich Händel, wiederum Telemann, Gottfried Heinrich Stölzel, Johann Friedrich Fasch, der hauptsächlich als Musikkritiker in Erscheinung getretene Johann Mattheson und der Hamburger Opern-Spezialist Reinhard Keiser. Selbst der große Johann Sebastian Bach hat für seine Johannespassion einige Passagen aus diesem Libretto übernommen.


    Die Brockes-Passion ist eine freie Dichtung, die stärkeres Augenmerk auf die Personen am Rande des Geschehen wirft, wie z.B. Petrus und Judas. Mit etwa 100 Einzelnummern hat der Text eine beachtliche Länge, weshalb nicht alle Komponisten den kompletten Text vertonten, sondern eine Auswahl trafen.


    Hier noch einige der verfügbaren Aufnahmen:


    Händel: Klietmann, Gati, Zadori, Farkas, Mey, Bandi, Capella Savaria, McGegan auf Hungaroton


    nochmal Händel: Stader, Moser, Sommer, Scheidegger, Esswood, Haefliger, Jennings, Adam, Stämpfli, Regensburger Domchor, Schola Cantorum Basiliensis, Wenzinger auf DG


    Telemann: Zadori, Klietmann, Gati, Mey, Markert, Capella Savaria, McGegan auf Hungaroton


    Stölzel: Backes, Mields, Voß,Schoch, Post, Mertens, Mehltretter, Kammerchor Michaelstein,
    Telemann-Kammerorchester Michaelstein, Ludger Remy auf cpo


    Mattheson: Bach, Wolgemuth, Wessel, Jochens, Türk, Abele, Motettenchor Speyer, Accademia Filarmonica Köln, Brand auf Cavalli Records


    Wie man hört gab es auch von Keisers Version eine Aufnahme, die aber aufgund irgendwelcher rechtlicher Streitereien nicht veröffentlicht werden durfte und eingestampft wurde. Schade!


    Thomas

    Hallo,


    ich kaufe CDs in erster Linie, um mir unbekannte Werke zu entdecken. Dieser Kosmos ist unglaublich groß und trotz eines großen Haufens Scheiben, den ich bisher angehäuft habe, wartet immer noch eine Menge darauf, von mir entdeckt zu werden. Und das bei meiner Einschränkung auf das Repertoire von vor ca. 1770! Die Möglichkeiten zum Vergleich von Aufnahmen sind dabei recht begrenzt, weil eben vieles nur in dieser einen Aufnahme verfügbar ist.


    Trennen von einmal erworbenen Aufnahmen kann ich mich nicht, auch wenn´s mir eigentlich nicht so gefällt. Das ist dann reines Sammeln mit der (aussichtslosen) Absicht um Vollständigkeit. Wäre auch ganz schlecht, wenn Vollständigkeit erreichbar wäre, denn dann verliert ein Gebiet irgenwie seinen Reiz.


    Thomas

    Hallo!


    ooh, da gibt es so viel Schönes, aber ich will meine Empfehlungen mal auf den deutschen Barock beschränken (und auch hier nur auszugsweise :D ). Das Label cpo ist da eine riesige Fundgrube (nein, ich bekomme nichts dafür 8o )


    Sehr hörenswert sind die vergangenes Jahr erschienenen Osterkantaten von Pachelbel. Prachtvoll z.B. Halleluja! Lobet den Herrn, wenn bei der Textstelle Lobet ihn mit Pauken und Trompeten der Solist in edlen Wettstreit mit diesen Instrumenten tritt:




    Kurios diese CD mit Kantaten von Telemann. Hier gebraucht Telemann ein zu dieser Zeit schon längst überkommenes Bläserconsort von Zinken und Posauen. Mal behandelt er diese im alten Stil, und mal darf ein Zink mit konzertieren:



    Sehr interessant ist auch ein Passionslibretto von Carl Wilhelm Ramler, welches sehr beliebt gewesen sein muß, denn es gibt etliche Vertonungen davon, u.a. von Telemann, C.H. Graun & J.M. Kraus. Graun´s Version hat sich fast 100 Jahre lang auf dem Spielplan der Berliner Singakademie gehalten, und wurde zwischen 1798 bis 1884 jedes Jahr aufgeführt.




    Thomas