Beiträge von Swjatoslaw

    Wir bevorzugen eindeutig Jazz aus Europa, so kann uns das nicht passieren. :pfeif:


    Hallo, liebe romeo&julia,
    ich verstehe, was Ihr meint und da ist bestimmt auch etwas dran. Allerdings möchte ich keineswegs etwas gegen Amis "in general" gesagt haben. Ich habe überaus nette, geradezu reizende persönliche Begegnungen mit US-Staatsbürgern wie John Scofield, Pat Metheny, Steve Swallow, Randy Brecker, Rachel Z oder (ganz besonders!!!) Maria Schneider in den vergangenen 20 oder mehr Jahren gehabt. Maria Schneider grüßt mich sogar von der Bühne herunter, wenn sie mich irgendwo im Publikum sitzen sieht (so z.B. neulich bei "Jazz Baltica" in Salzau), nur weil ich mal mit ihr ein Bier im "Birdland" zusammen getrunken und mich dabei höchst angeregt mit ihr über Jazz unterhalten habe. John Scofield hat mich einmal über die Maßen beeindruckt, als ich ihn nach einem Konzert seines Trios in Essen zufällig später noch in der Fußgängerzone herumlaufen sah. Er hatte seinen Gitarrenkoffer wie einen Rucksack auf dem Rücken, wollte offenbar nach dem Konzert ein wenig die Stadt erkunden und ich sprach ihn an. Er sagte doch tatsächlich zu mir: "I know you! You're from Hamburg, right?" Und das in Essen, nicht etwa in Hamburg (wo es nicht schwer zu raten gewesen wäre, aus welcher Stadt ich komme). Zwar habe ich John Scofield schon was-weiß-ich-wie-oft gesehen, und das auch schon zu seinen absoluten Anfangszeiten (also als er noch bei enja unter Vertrag war - vor seiner Zeit bei Miles Davis). Wann immer er in Hamburg oder Umgebung ist, gehe ich hin, hole mir auch hin und wieder ein Autogramm. Aber ich erwarte nun beileibe nicht, dass er mich deswegen auf der Straße wiedererkennt. Aber so ist John nun mal: fanfreundlich und unkompliziert und einfach ein ganz, ganz toller Mensch.


    Das genaue Gegenteil davon ist Paul Motian. Die hanseatische Zurückhaltung verbietet es mir, ihn mit einem Wort zu belegen, das eigentlich angemessen für ihn wäre (es fängt mit A an). Ich war mal nach einem Konzert von Joe Lovano, Bill Frisell und Paul Motian im Studio 10 des NDR im Künstlerzimmer - in welches ich nur deswegen geraten bin, weil Joe Lovano sich mit mir nett unterhielt. Und da er nun mal auf dem Weg in das Künstlerzimmer des Trios war und mit mir sprach, ging ich logischerweise einfach mit. Im Künstlerzimmer angekommen, sprach Joe Lovano freundlich weiter mit mir. Dann kam Paul Motian angeschossen, pflaumte mich an, ich solle sofort abhauen ("Get out of here!!! Immediately! Get off!!!"), und zwar in einer Weise, dass selbst Joe Lovano fassungslos war. Offenbar meinte er, ich sei in ein Revier eingedrungen, welches seines war. Dabei teilte er sich dieses Künstlerzimmer mit Frisell und Lovano, die gegen meine (ja auch nur kurze) Anwesenheit nichts einzuwenden hatten. Während Frisell und Lovano sich so verhielten, dass ich (kurz) bleiben darf, entschied Motian, ich sei ein Fremdkörper, ein Störenfried, ein zu entfernendes Subjekt. Und ordnete mir im Stile eines Militärs an, was ich zu tun habe. Das habe ich mir gemerkt.


    So, das war jetzt ein wenig off topic. Zum Thema "Was hörst Du gerade jetzt?" kann ich eine CD anführen, von welcher ich es nicht geglaubt habe, dass es sie gibt. Es ist diese hier:

    Die CD ist von 1973 und entstand unter Mitwirkung von John Scofield. Im Jahre 1973!!! Das war noch zu seinen Studentenzeiten in Berklee. Und schon möchte ich die Brücke schlagen zu meiner Diskussion mit moderato von heute nachmittag: zunächst einmal muss ich mich dahin gehend korrigieren, dass John Scofield nichtminderjährig war, als er 1974 gemeinsam mit Gerry Mulligan, Chet Baker und Bob James in der Carnegie Hall in New York City auftrat. Er ist am 26. Dezember 1951 geboren, war also bereits 22. Gleichwohl dachte ich immer, dass diese Mulligan/Baker-CD die allererste John Scofield-Aufnahme sei. Mein Bruder wettete mit mir, dass das nicht stimmt. Und gewann diese Wette: er schenkte mir nämlich zu Weihnachten besagte Gary Marks-CD, bei welcher John Scofield erst 21 war. Wie gut nun diese Gary Marks-CD ist, lassen wir mal dahingestellt (Scofield ist gitarristisch hoffnungslos unterfordert). Aber immerhin ist das wohl tatsächlich der früheste Scofield, den man hören kann. Und ich gebe zu: je öfter ich dieses Werk eines singer-songwriters höre (er erinnert mich stark an Nick Drake, aber auch an James Taylor, nur ist alles eben "jazziger" durch das Vibraphon von Dave Samuels, das Saxophon von Larry Schneider und das E-Piano von Michael Cochrane), umso besser gefällt es mir.


    Ich verstehe übrigens langsam, was Du meinst, lieber moderato. Ich erzähle tatsächlich, wie Du gesagt hast, Geschichten zu meinen Jazz-CDs, die ich mit ihnen verbinde. Und ich könnte es nicht in vergleichbarer Weise zu meinen (sehr, sehr vielen) Klassik-CDs tun. Woran liegt das bloß?


    Herzliche Grüße an Euch
    Euer Swjatoslaw

    Hallo, lieber moderato,
    die Mulligan/Desmond-CD ist klasse, gar keine Frage! Wenngleich meine Lieblings-CD von Mulligan diese hier ist, die ich noch einen Tick besser finde:

    Übrigens mit dem noch minderjährigen John Scofield an der Gitarre (bei einem seiner allerersten öffentlichen Auftritte)!


    Schön, dass Du meinen Ärger von gestern über das Gebaren von Lee Konitz verstehen kannst...
    Herzliche Grüße
    Dein Swjatoslaw

    Hier mal eine aktualisierte Liste der bei mir in nächster Zeit anstehenden Klassik-Konzerte:


    3.4. London Symphony Orchestra, Xian Zhang (Dirigentin)
    Leila Josefowicz (Violine)
    London Symphony Chorus
    Prokofiew: Violinkonzert Nr. 1
    Prokofiew: Oratorium "Iwan der Schreckliche"
    London, Barbican Hall


    7.4. Berliner Philharmoniker, Sir Simon Rattle (Dirigent)
    RIAS Kammerchor
    Purcell: Funeral Music for Queen Mary
    Mahler: Sinfonie Nr. 5 cis-moll
    Berlin, Philharmonie


    16.5. Hamburger Philharmoniker, Christopher Hogwood (Dirigent)
    Weber/Mahler: Zwischenmusik aus "Die drei Pintos"
    Schubert/Mahler: Streichquartett Nr. 14 d-moll "Der Tod und das Mädchen" D 810 (Orchesterfassung von Gustav Mahler)
    Mendelssohn-Bartholdy: Sinfonie Nr. 5 d-moll op. 107 "Reformations-Sinfonie"
    Hamburg, Laeiszhalle


    26.5. NDR-Sinfonieorchester, Esa-Pekka Salonen (Dirigent)
    David Fray (Klavier)
    Bartók: Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
    Mozart: Klavierkonzert Nr. 20 d-moll KV 466
    Bartók: Konzert für Orchester
    Hamburg, Laeiszhalle

    Mein Bruder und ich haben uns schon seit Wochen auf das heutige Gastspiel des US-Stars Lee Konitz im Hamburger "Birdland" gefreut. Ein Jazzclub, den ich allmonatlich mit meinen Mitgliedsbeiträgen unterstütze. Was mir immerhin das Recht verleiht, dort telefonisch Sitzplätze vorreservieren zu dürfen. Bei meinem diesbezüglichen Anruf hörte ich heute, dass Reservieren völlig zwecklos sei - denn der Club werde aus den Nähten platzen. Okay, das kann man ja verstehen. Deshalb kamen wir heute bewusst erst zum zweiten Set ins "Birdland": denn unter der Woche gehen viele Leute um 22.30 Uhr, nachdem sie den ersten Set gehört haben, nach Hause. Aber was bekamen wir vor Ort zu hören? Lee Konitz hätte vertrags- und absprachewidrig (!) beschlossen, nur einen einzigen Set zu spielen. Unfassbar. Wir mussten, ohne einen einzigen Ton aus dem Altsaxofon des Altstars gehört zu haben, wieder nach Hause gehen.


    Lee Konitz, der neuerdings in Frankfurt/Main lebt, wird meine Worte sicherlich nicht lesen. Und noch nicht einmal lesen können (US-Drummer Alvin Queen lebt seit über 20 Jahren in der Schweiz und spricht immer noch kein Wort Deutsch). Aber solch ein Benehmen gegenüber den Fans mag man sich vielleicht in New York erlauben können. Hier in Deutschland geht das nicht. Wenn er weiterhin mit solch einer unglaublichen Arroganz deutsche Bühnen betritt (und fette Gagen dafür kassiert), wird er hier eine Bauchlandung hinlegen. Und das sei ihm herzlich gegönnt. Bei mir landen heute abend all meine elf Lee Konitz-CDs im Amazon Marketplace. Meine kleine Form des Protests gegen bestimmte (wohlgemerkt: bestimmte) Amis, die glauben, sich alles erlauben zu können.


    Derweil höre ich einen anderen Ami, der so etwas niemals machen würde. Den unglaublich unkomplizierten und freundlichen Gitarristen John Scofield mit

    Lieber s. bummer,
    was meinst du denn mit "Freunden modernder Tempi" bzw. was meinst du mit "modernen" Tempi? "Schnell" kann es doch wohl nicht sein, denn Toscanini war doch nicht modern, oder?
    Sind denn grundsätzlich die "schnellen Dirigenten" modern und die "langsamen" unmodern oder ist es eine Frage von HIP oder NON-HIP? Toscanini war, wenn ich mich recht entsinne, NON-HIP.


    Wohl gesprochen, lieber Willi. Und wieder mal ist irgendein schlagwortartiges Argumentieren in puncto "modernes" oder "unmodernes" Beethoven-Dirigat als ebensolches entlarvt worden. Wie sagte Otto Rehhagel, als er nach Griechenlands Gewinn der Europameisterschaft auf seine angebliche "unmoderne" Auffassung von Fußball angesprochen wurde? "Modern ist, wenn man gewinnt". Rummms, das hat gesessen. Und ebenso ist es bei Beethoven.

    Hallo Swjatoslaw,
    diese CD habe ich schon seit Jahren im Auge. Weil mir die Sinfonien Nr.1-6 mit Henze am Pult (DG, 1966/72, ADD) aber nicht ganz soooo 100% überzeugt haben, habe ich diese Sinfonie Nr. 7 dann auch erstmal als nicht so wichtig angesehen.
    Ist das ein Fehler ? Was zeichnet diese Sinfonie Nr.7 für Dich besonders aus ? Ist sie noch geniessbar ?
    Und meine Lieblingsfrage: Ist da auch was gebacken ? (Du weist was ich meine ! Dass erst gar keine Langeweile aufkommt. )


    Bei mir war der Weg genau andersherum, lieber Wolfgang: ich hatte viele Jahre lang von allen Henze-Sinfonien nur die 7. im Regal stehen - und das zugegebenermaßen auch nur deswegen, weil ich sie in einer Simon Rattle-Aufnahme kaufen konnte (dessen Fan ich ja nun mal bekanntlich bin). Weil ich nun jüngst - man traut es sich kaum zu sagen - auf dem Grabbeltisch eines CD-Discounters die ersten sechs Henze-Sinfonien mit dem Komponisten am Pult für schlappe 2,99 € (!) gefunden habe, gingen diese Werke auch mit in meine Sammlung und waren der Anlass dafür, mir Henzes 7. Sinfonie mit Rattle wieder einmal anzuhören. Und als ich damit anfing, kam ich gar nicht mehr davon los.


    Nach den von Henze selbst verfassten liner notes der von mir oben abgebildeten EMI-CD handelt es sich bei der Sinfonie Nr. 7 um dasjenige Werk, welches dem Modell der klassischen Sinfonie in Henzes Orchesterschaffen am nähesten kommt. Und da ist was dran: viersätzig, Sonatenhauptsatzform im ersten Satz. Erster Satz elfminütig, zweiter (langsamer) Satz 13-minütig. Dann ein ziemlich fetziger dritter Satz (gut 5 Minuten) und ein eher ruhiger Abschlusssatz (9 1/2-minütig).


    Rattle lässt es krachen, lieber Wolfgang, darauf kannst Du Dich verlassen, und die Tontechniker der EMI haben ganze Arbeit geleistet. Sonderlich eingängliche Musik ist das natürlich nicht, aber das erwarte ich auch nicht, wenn Henze draufsteht. Mir gefällt's jedenfalls.


    Wenn ich die Rattle-Aufnahme nicht schon vor Jahren als Einzel-CD gekauft hätte, würde ich heute eher zu dieser Doppel-CD (Rattles Einspielung der Sinfonie Nr. 7 kombiniert mit der Sinfonie Nr. 9 mit Ingo Metzmacher, und das für weit weniger Geld, als mich damals die Einzel-CD gekostet hat) greifen:

    Diese Box habe ich gerade hereinbekommen (24,99):


    Wow! Ich habe seinerzeit weit mehr als das Doppelte bezahlt. Auf den Hörgenuss kannst Du Dich freuen, lieber Willi!


    Seit heute in meiner Sammlung

    ... und weil die CD so dermaßen gut ist (die Kombination Nikita Magaloff - Günter Wand bei Haydns Klavierkonzert Nr. 11 begeistert ebenso wie bei der gemeinsamen Strawinsky-Aufnahme, aber auch Haydns Sinfonie Nr. 76 ist prachtvoll eingespielt), habe ich gleich nachgelegt:

    Sinopoli empfinde ich dagegen als pures Sacharin. Genau in die Tretmühle, voll rein in die Klischees über Tschaikowski, immer mit dem Alibi des Dr. med. Sinopoli, des großen Pschychaters. Wer das mag, gerne! Nicht mit mir! Für mich ist das an der Grenze zur Geschmacksverirrung. wie das meiste von Sinopoli, aber das ist "my humble opinion".


    Was ist ein "Pschychater"?


    Aber jetzt mal im Ernst, s.bummer: wenn Du wirklich Sinopolis Tschaikowsky als "an der Grenze zur Geschmacksverirrung" bezeichnest, frage ich mich, ob Du diese CDs wirklich gehört hast. Falls ja, sei Dir Deine - in meinen Augen befremdliche - Meinung gegönnt. Ich vermute aber mal, Du willst hier nur mal wieder einen "flotten Spruch" loslassen. So nach dem Motto: wenn sich alle Musikkenner (wie in vielen anderen Fällen zuvor, z.B. bei Tennstedts Zweiter von Mahler oder Barbirollis Neunter von Mahler) mal so selten einig sind, muss ich einfach mal dazwischen hauen und irgendeinen Gegenpol (in markigen Worten) aufbauen. Dabei bemühst Du dann immer ziemlich fragwürdige Worte wie "Geschmacksverirrung", welche in Bezug auf Britney Spears vielleicht einen Sinn ergeben mögen, hier aber - in fundierten Klassikdiskussionen über höchst angesehene Klassikinterpreten wie Giuseppe Sinopoli - nur dann angebracht sind, wenn einer Aufnahme wirklich begründbare Makel anhaften. Und solche gibt es bei Sinopolis Tschaikowsky nun mal nicht. Das einzige, was es hier gibt, ist ein s.bummer, der mal wieder provozieren will.

    Lieber Swjatoslaw, ich habe es in diesem Zusammenhang ja schon in einigen anderen Threads und in anderen Foren gesagt, dass Künstler angesichts des von ihnen gleichwohl nicht so wahrgenommenen nahen Todes zu unerklärlichen, außergewöhnlichen Leistungen fähig sind.


    Damit hast Du absolut Recht. Dinu Lipattis letztes Konzert in Besancon am 16. September 1950 - das ist fast schon transzendent. Ebenso wie Wilhelm Backhaus' letztes Konzert in Ossiach am 28. Juni 1969. Bei Horowitz' letztem Konzert war ich übrigens ebenso im Saal zugegen wie bei Arturo Benedetti Michelangelis letztem Konzert (beide fanden in der Hamburger Musikhalle statt). Auch das waren fast schon unwirkliche Momente. Die Abschiedstournee von Wilhelm Kempff oder die allerletzten Konzerte von Miles Davis und von Stan Getz (auch das durfte ich alles in Hamburg miterleben): man spürte stets, dass ein großer Künstler seine ganze Kraft zusammennahm, um von seinen Bewunderern Abschied zu nehmen. Leonard Bernsteins allerletztes Konzert ist zum Glück auf CD greifbar: auch bei diesem Abschiedskonzert meine ich, wenn ich mir die Tonaufzeichnung anhöre, fast schon Übermenschliches an Kraft, die der Todgeweihte aufbringen musste, wahrzunehmen.

    Aus dieser schönen Haydn-Box mit dem Concentus musicus Wien unter Leitung von Nikolaus Harnoncourt

    höre ich gerade die Sinfonien Nr. 45 ("Abschieds-Sinfonie") und Nr. 60 ("Per la commedia intitolata Il distratto") in grandiosen Interpretationen. Haydn ist für mich persönlich (ich weiß, viele sehen das anders und ich will hier auch absolut gar keine Diskussion vom Zaun brechen) der chronologisch gesehen letzte Komponist, bei dessen Werken das Musizieren auf Originalinstrumenten in historischer Aufführungspraxis wunderbare Ergebnisse zeitigt. Bei Händel, Purcell, Cavalli, Blow oder Bach höre ich sowieso kaum etwas anderes als das, was in jüngster Zeit irgendwelche Leute "HIP" getauft haben (und was ich immer noch historische Aufführungspraxis nenne). Ab Mozart - und erst Recht bei Beethoven, Bruckner oder Brahms - hört für mich persönlich dann aber nun wirklich der Spaß auf mit "HIP". Dann müssen die wunderbaren Sinfonieorcherster ran, die wir heute haben.

    2. Berlioz: Symphonie-fantastique op. 14

    Die Symphonie fantastique von Berlioz - ein Gassenhauer unseres Konzertbetriebs, wird gefühlt dreimal pro Saison in jeder größeren Stadt aufgeführt - soll eine alternative Sinfonie abseits des Mainstreams sein? Für mich ist das Mainstream pur. Und deswegen hat Norbert mit Recht bereits im Posting Nr. 2 dieses Threads zu den Ausschlusskriterien der in diesem Thread erwähnbaren Sinfonien angemerkt:

    Mit Sicherheit wurden vergessen u.a. Dvorak und Brahms und die eine des Herrn Berlioz, aber sei's drum.

    Vielleicht sollten wir uns - Norbert folgend - darauf einigen, dass hier keine Sinfonien von Dvorák, Brahms und Berlioz genannt werden sollten.


    Ich nominiere (nach meinem Posting Nr. 34) meine zweite "alternative" Lieblings-Sinfonie, die mir in der letzten Zeit immer besser gefällt: die 1984 vollendete Sinfonie Nr. 7 von Hans Werner Henze, die ich in einer grandiosen Aufnahme von Sir Simon Rattle in meiner Sammlung habe:

    Ich will mich nicht in eure Wein-Fachsimpeleien einmischen , lieber Hans und lieber Wolfram, wenn dann würde ich auch eher an eine Auslese denken, dies schoss mir eben durch den Kopf, als ich die von Swjatoslaw und dir, lieber Wolfram, hochgelobte Zweite Tennstedts von 1989 zu Ende gehört hatte.


    Ich würde das eher mit einem wirklich guten Single Malt vergleichen, vielleicht den von mir sehr geschätzten Glenfarclas 1980, Christmas Edition, kräftig (50%), aber mit einer Fülle von Aromen, auch süßen, aber äußerst edlen.


    Ich kann bei alledem nicht mitdiskutieren, bin ich doch - obwohl ich sehr gute Freunde in Schottland habe - weder ein Whisky-Kenner, noch - obwohl ich sehr, sehr gute Freunde in Baden-Württemberg habe - ein Kenner deutscher Weine. Weinkenner bin ich allerdings durchaus, wobei meine Schwerpunkte in erster Linie auf österreichischen und italienischen Gewächsen und in zweiter Linie auf Überseegewächsen (Australien, Kalifornien, Chile, Südafrika) liegen. Also sage ich mal: Tennstedt mit Mahler, das ist ein Penfolds Grange. Mit eben diesem spektakulären Abgang, der diesen besten jemals in der Neuen Welt gemachten Rotwein auszeichnet :thumbsup:

    Kann es wirklich sein, dass Reinhard fast zwei Jahre lang keine Antwort auf seine Frage nach der DG-CD mit dem Klavierkonzert von Salonen in der Eigenaufnahme des Komponisten mit Yefim Bronfman erhalten hat?


    "Es hat noch nie geschadet, in der Kunst den richtigen Riecher zu haben. In diesem Falle hatten weltweit gleich vier Institutionen die spürsinnige Nase: Das New York Philharmonic, die Londoner BBC, Radio Paris und der NDR. Mit vereinten Kräften erteilten sie dem Dirigenten Esa-Pekka Salonen den Auftrag zu einem Klavierkonzert. Yefim Bronfman wurde zu seinem Solisten erkoren. Salonen hat ihm das Werk prompt dankbar gewidmet. Nun kam es in Hamburgs Laeiszhalle mit dem NDR-Sinfonieorchester unter Salonens Leitung mit Bronfman am Klavier erstmals in Deutschland zu Gehör. Es erspielte sich, selten bei einem Werk der Moderne, einen geradezu ohrenbetäubenden Erfolg.


    Salonen wies eindrucksvoll nach, dass das immer erneute Nachbeten des längst herkömmlich gewordenen Neuen ans Ende gelangt ist. Der Verschiebebahnhof hoch angesehener musikalischer Formalismen hat damit ein für allemal ausgedient. Salonen geht mit seinem Klavierkonzert stürmisch aufs Ganze: die Vulkanisierung des Ausdrucks, die verschwenderische Attacke, den eleganten Wahnsinn. Er zeigte Musik als Kunst der offenen Türen für jedermann und riss sie mit den drei Sätzen seines über halbstündigen Konzerts sperrangelweit auf.


    Salonen hat sich stets als Komponisten gesehen, nicht als Dirigenten. Das haben vor ihm schon viele getan, wenn auch meist mit desaströsem Gelingen, von Gustav Mahler und Richard Strauss einmal abgesehen. Das Überraschende nun: der Komponist Salonen erwies sich dem großartigen Dirigenten durchaus ebenbürtig: ein temperamentgeladener, unternehmungslustiger Feuerkopf.


    Die drei Sätze seines Konzerts zischen mit unaufhaltsamer Energie vorüber. Es hagelt Herausforderungen an das Orchester wie an den Solisten. Man beginnt sich alsbald insgeheim zu fragen, wer außer Bronfman das Konzert in seiner gewaltigen Überschwänglichkeit spielen könnte. Es jagt schlankweg und furchtlos in den Jubel hinein. Es macht geradezu sprachlos.


    Mitten im 1. Satz erhebt sich plötzlich der Solo-Bratscher von seinem Stuhl und beginnt ein intensives Duett mit dem Pianisten. Dem wiederum fällt zur Eröffnung des 2. Satzes eine monumentale Kadenz zu, die das Orchester geradezu nachhaltig kuschen macht. Erinnerungen an Music Hall-Folklore schieben sich ein, es summt und brummt wie aus Messiaens Vogelnestern, nur dass es sich um ungeflügelte, künstliche Piepser handelt. Nachzuhören ist das alles auf der gerade erschienenen triumphalen CD (DG 477 8103)."
    Quelle: http://www.welt.de/welt_print/…onens-Klavierkonzert.html

    Die konkret angesprochene 8. von Beethoven, war das zufällig die mit dem NDR-SO von 1960?


    Ich meinte die Aufnahme der Achten von Beethoven mit den Münchener Philharmonikern in dieser Box hier:

    Mit Horenstein als "Vergleichsobjekt" hast Du völlig Recht: wäre mir als erstes seine Siebte von Mahler über den Weg gelaufen (die ein einziges orchestrales Desaster ist), hätte ich mich nie wieder auch nur eine Minute mit diesem Dirigenten befasst. Glücklicherweise war mein erster Kontakt mit diesem Dirigenten die Tragische Ouvertüre von Brahms - die eine Offenbarung ist, eine schlichtweg geniale Deutung. Wie zum Beispiel auch die Dritte von Mahler (Studioversion) oder das Violinkonzert von Samuel Barber mit Horenstein grandios sind.


    Möglicherweise habe ich bei "Kna" einfach nur die falschen Aufnahmen gehört. Gleichwohl: bevor meine Behauptung, er reiche nicht an Furtwängler heran, falsifiziert wird, lasse ich sie erst einmal so stehen. Belehre mich in den kommenden Wochen gern eines Besseren ;)
    Herzliche Grüße
    Dein Swjatoslaw

    Interpretatorisch ist sie m. E. absolut in der TOP-Gruppe anzusiedeln, neben, nicht hinter Furtwängler.


    Das bezweifele ich - bei allem Respekt vor Deiner großen Kennerschaft, lieber Joseph - nun doch ein wenig. Ich habe mir zweimal in meinem Leben eine Knappertsbusch-CD gekauft (das erste Mal gezielt, das zweite Mal "notgedrungen" im Rahmen des Kaufs einer 10 CD-Box, von welcher eine der CDs nun mal von Knappertsbusch dirigiert wurde). Beim ersten Mal habe ich die CD nach mehrmaligem Hören schlichtweg weggeschmissen, so grauenvoll war das, was ich hörte. Beim zweiten Mal das gleiche Bild: nur habe ich dieses Mal die CD (u.a. mit Beethovens Achter) an Willi geschickt mit der Maßgabe "Entweder gefällt sie Dir im Gegensatz zu mir, dann ist fein, oder sie gefällt Dir nicht: dann Mülleimer". Seine Antwort war vermittelnd: "Gefällt mir ebenfalls nicht, aber wegschmeißen? Das macht man doch mit CDs nicht". Oder erinnere ich das falsch, lieber Willi?


    Ein und dieselbe Stufe mit Furtwängler - das mag man vielleicht bei Wagner so sagen, von dessen Musik ich nullkommanichts verstehe. Aber sonst? Eher nicht.


    Sorry for that, dear Joseph :)

    Klemperer ist das Stichwort, an das ich gleich anknüpfen kann. Bei meinem heutigen Fischzug durch die Sonderangebote von Zweitausendeins landete u.a. eine 4 CD-Box von Klemperer in meinem Netz - für schlappe 2,99 € -, die ich hier leider nicht verlinken kann, weil sie hoffnungslos ausverkauft zu sein scheint. Mahlers "Lied von der Erde" mit Anton Dermota (!!) in einer Aufnahme mit den Wiener Sinfonikern von 1951. Ferner, ebenfalls mit den Wiener Sinfonikern in 1951er-Aufnahmen, die Sinfonie Nr. 4 von Bruckner sowie das Klavierkonzert von Schumann. Außerdem die Sinfonie Nr. 7 von Beethoven mit dem Concertgebouworkest Amsterdam (aufgenommen 1951), die Ouvertüre zur "Zauberflöte" in einer Budapester Aufnahme von 1949 und zuguterletzt noch ein komplettes Live-Konzert mit dem RIAS-Orchester Berlin aus dem Jahr 1950 ausschließlich mit Mozart-Werken (u.a. den Sinfonien KV 183 und KV 504). Na, das ist doch was für meines Vaters Sohn :P


    Außerdem landeten - ebenfalls zu Spottpreisen - in meinem Einkaufskorb:

    Die Idee zu diesem Thread kam allerdings nicht nur aus solchen Hörerlebnissen, sondern speist sich mindestens genau so aus der Rubrik „The trial – iconic recordings reassessed“ im britischen „Gramophone“. Dort wird eine wohlbekannte Aufnahme zweimal besprochen, und zwar im Stile von Plädoyers einer Gerichtsverhandlung: Ein Artikel richtet sich gegen die Aufnahme („Prosecution – the case against“) und zeigt die Schwächen auf, ein anderer Artikel singt das Lob der Einspielung („Defence – the case for“). Gegenstand der letzten „Trials“ waren beispielsweise (...) Beethovens 9. unter Furtwängler (Bayreuth1951) (...)
    Ich würde gerne mal einige Aufnahmen auf ihren Legenden-Status überprüfen, z. B.:
    (...) L. v. Beethoven, Sinfonie Nr. 9, Furtwängler, Bayreuth 1951


    Lieber Wolfram,
    eine Superidee, dieser Thread! Einen einzigen Einwand hätte ich: die legendäre Furtwängler-Aufnahme der Neunten von Beethoven dürfte, auch wenn "The Grammophone" etwas anderes meint, definitiv die Kriegsaufnahme vom März 1942 sein. Nicht die einen Monat später entstandene Aufnahme vom April 1942 und schon überhaupt nicht die Bayreuther Aufnahme vom Juli 1951. Wo bei den Berliner Philharmonikern im März 1942 ein Orkan tobte, wehte in Bayreuth 1951 allenfalls ein laues Lüftchen. Konkurrieren mit März 1942 kann allenfalls die Luzerner Aufnahme vom 22.8.1954.


    Ich werde jetzt mal ganz böse: wenn "The Grammophone" allen Ernstes Bayreuth 1951 "Legendenstatus" einräumt, dann wohl nur, damit den Furtwängler-Gegnern die Argumentation erleichert wird. Gegen Berlin März 1942 stünden nämlich alle Leute, die den "Prosecution – the case against“-Part übernehmen sollen, mit völlig entblößten Händen da.

    Eine der wundervollsten Live-CDs der Jazzgeschichte ist für meinen Geschmack Paul Desmonds CD "Live", welche 1975 in einem kleinen Club in Toronto (Kanada) mitgeschnitten wurde: überaus intim, geradezu kammermusikalisch kommt das Quartett daher.

    Dieses unfassbar kluge Altsaxophonspiel Desmonds macht geradezu süchtig - zumal Desmond hier mit dem Gitarristen Ed Bickert einen wunderbaren Gegenpol hatte, der endlich einmal nicht Dave Brubeck hieß. Auch Don Thompson am Bass lieferte schöne Soli, während sich Jerry Fuller an den drums (wohl der winzigen Größe des Clubs geschuldet) extrem zurückhielt und sich auf Rhythmustupfer beschränkte. Hervorheben möchte ich eine absolut grandiose Version des Standards "My funny valentine", aber auch Desmonds Komposition "Take five" (welche immer wieder für eine Brubeck-Komposition gehalten wird) oder das herrliche "Line for Lyons" von Gerry Mulligan sind wahre Highlights.


    Ich war nach dem ersten Hören dieser CD, weil ich so sehr begeistert war von Ed Bickerts Spiel, sogleich auf der Suche nach eigenen Aufnahmen dieses Kanadiers. Und wurde fündig. Ebenfalls sehr schöne CDs:

    Herrlich ist, wie Paul Desmond in seinen liner notes zu dieser Verve-CD den Gitarristen Ed Bickert beschreibt (ich schreibe nur mal einen kleinen Auszug aus dem ziemlich langen Text ab): "Ed Bickert is unique. A picture of him would look a lot like the Marlboro Man. He smokes more than I do, which is impossible, and he lives much healthier, which is easy. Unless you have a motor-driven Nikon, it would be unlikely to find him without a cigarette heading towards either his face or his guitar."
    Herzliche Grüße
    Euer Swjatoslaw
    ... and don't miss that record!

    Ich habe diese RCA-Aufnahme in einer wiederum anderen Kopplung auf einer RCA-VICS-LP mit dem Totentanz (mit Janis/Reiner) und der Rachmaninow-Toteninsel gekoppelt - das Cover dieser wunderbaren Reiner-LP ist das Böcklin-Gemälde der Toteninsel, das mein Avatar ziert und das ich auch in Öl im Wohnzimmer hängen habe (eine weitere Version des Gemäldes von meiner Mutter, die Malerin ist).


    Freut mich das Du auch die fabelhafte Qualität der Aufnahme Cherkassky/Karajan (DG) der Ungantischen Fantasie für Klavier und Orchester*Fantasie über ungarische Volksmelodien mit meiner Einschätzung teilst.


    Lieber Wolfgang,
    durch diese bravouröse Liszt-Aufnahme mit Karajan bin ich vor Jahrzehnten zum Shura Cherkassky-Fan geworden. Ich sammele alles, was ich von diesem Wunderpianisten bekommen kann (habe ihn zum Glück auch noch live erleben dürfen). Damit stehe ich bei Tamino aber wohl weitgehend allein - oder gibt es vielleicht doch noch mehr beinharte Cherkassky-Fans hier?


    Das Böcklin-Gemälde "Die Toteninsel", welches die Sinfonische Dichtung von Rachmaninow inspirierte, habe ich mir ehrfurchtsvoll in Leipzig angesehen, als die dortige Gemäldegalerie noch im rechten Flügel des ehemaligen Reichsgerichtsgebäudes untergebracht war. Für mich als Jurist war das ein besonderer Moment: im ehemaligen Reichsgericht zu sein - und dort dann noch ein Gemälde vorzufinden (ich wusste vorher nicht, dass es zum Leipziger Sammlungsbestand gehört), welches einen meiner Lieblingskomponisten so sehr faszinierte, dass er Musik daraus machte.


    Weil Du den Totentanz für Klavier und Orchester erwähnst: die grandiose Living Stereo-Aufnahme mit Byron Janis und Fritz Reiner habe ich natürlich auch, allerdings in einer anderen Kopplung als Du:

    Die "Toteninsel" von Rachmaninow ist auf dieser CD übrigens ebenfalls enthalten. Eine tolle CD!
    Herzliche Grüße
    Swjatoslaw

    Inzwischen wurde mir die oben abgebildete ungarische Cziffra-CD geliefert, auf welcher auch die "Rhapsody in blue" von Gershwin enthalten ist

    Welch eine Enttäuschung! Dieser Gershwin ist ein einziges Jammertal. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals eine jämmerlichere Orchesterbegleitung gehört zu haben - und zwar schlechthin, also nicht nur bei der "Rhapsody in blue". Da stimmt ja nun wirklich überhaupt nichts. Klingt wie der Spielmannszug aus Castrop-Rauxel an einem Tag, an welchem die meisten regulären Mitglieder krank ausfielen und notdürftig ersetzt werden mussten durch Leute, die erst seit drei Tagen Noten lesen können. Ich habe überdies den Verdacht, dass da Gershwins Partitur massiv uminstrumentiert wurde, weil man ständig überdeutlich ein Zupfinstrument hört (vielleicht eine Zither? Eine miserabel gestimmte Gitarre? Oder haben die Ungarn möglicherweise das durch Kodálys "Háry János-Suite" bekanntgewordene Instrument Cimbalom verwendet?). Auch Cziffras Spiel reißt da nichts raus. Ihm "liegt" das Werk ebenfalls nicht. Es gibt das geflügelte Wort von der Kuh, die nichts vom Eistanzen versteht. Cziffra versteht definitiv nichts von Gershwin. Das swingt in etwa so wie eine Rede von Rudolf Scharping.

    Mein Dank an Swjatoslaw, daß er mich da für sich hinzuzählt. Lustigerweise wäre mir neben ihm auch Teleton sofort eingefallen, dem auch besonders die Pauken und Blechbläser wichtig sind. Anderen sind womöglich die Streicher wichtiger und sie brauchen keine "ultrapräsenten" Pauken.


    Ob Du es glaubst oder nicht: gerade heute mittag saß ich mit meiner Freundin in einem Restaurant und wir diskutierten darüber, was für uns im Bereich Orchestermusik am Wichtigsten ist. Meine Freundin vertrat die Auffassung, dies seien die Streicher (sie spielt übrigens selbst Geige). Von mir kam vehement die Gegenrede: mir sind die Blechbläser und das Schlagzeug am Wichtigsten. Witzig, dass Du und ich auch in dieser Frage mal wieder "ein Herz und eine Seele" sind, lieber Joseph :)

    Vor kurzem saß ich auch in einer solchen "Falle". Es war ein richtiger Scheidepunkt, soll ich jetzt wirklich alle früheren Brendel, Kleiber, Walter und ander sammeln, nur um "mitreden" zu können? Die Sammlung quasi aufblähen, mit Stücken, die ich dann nur einmal höre und dann für immer unter dem Stapel verschwinden?


    Damit berührst Du einen interessanten Punkt. Wenn man bei Tamino ziemlich aktiv ist und hier immer wieder Diskussionen um eine bestimmte Aufnahme liest, dann wird man irgendwann so neugierig, dass man sie sich bestellt. Die Enttäuschung ist dann vorprogrammiert. Weil das, was Bernward toll findet, nicht unbedingt auch novecento toll finden muss. Und umgekehrt (ich habe jetzt mal willkürlich zwei Benutzernamen gewählt). "Mitreden" können wollen führt also zu einem gewissen Prozentsatz (der um die 50 liegen dürfte) zu Fehlkäufen. Und da wir alle nicht im Geld schwimmen, sollte man Fehlkäufe vermeiden. Wie geht man also mit Empfehlungen bei Tamino um? Ich meine, dass man für sich analysieren sollte, mit welchen Tamino-Mitgliedern man auf einer Linie liegt, auf einer Wellenlänge schwimmt. Wenn mir Joseph II. eine historische Aufnahme empfiehlt oder teleton eine Swetlanow-Aufnahme, dann weiß ich, dass da was dran sein wird. Was dran für mich, wohlgemerkt. Für Dich wird es andere Leute geben, auf deren Empfehlungen Du Dich verlassen kannst. Misslich hingegen wird es, wenn man Empfehlungen ohne eine solche Analyse folgt, nur weil sie mit einem gewissen Nachdruck abgegeben werden. Ich habe mich neulich mal - wie andere auch - sehr begeistert für eine neu erschienene Live-Aufnahme der Zweiten von Mahler mit Klaus Tennstedt ausgesprochen. s.bummer, der zuvor noch Tennstedt als "Heulsuse" kritisiert hatte, kaufte sich sodann diese Aufnahme wegen des großen Lobs hier im Forum. Und was passierte natürlich prompt? Er wetterte anschließend gegen diese Aufnahme, die ja wohl völlig unerträglich und rausgeschmissenes Geld sei (ich weiß nicht, ob das jetzt seine Worte waren, aber dem Sinn nach stimmt es). Warum hat er sie sich dann aber überhaupt gekauft? Es war doch von vornherein klar, dass das nichts für ihn ist. Umgekehrt stornierte ich meine jpc-Bestellung einer anderen, von s.bummer massiv empfohlenen Mahler-CD, nachdem Willi (der sie sich auch wegen der s.bummer-Empfehlung gekauft hatte) sie geliefert bekam, sogleich durchhörte und diese große Begeisterung nicht zu teilen vermochte. Ich hätte es mir gleich denken können: wenn man bei Mahler so unterschiedlich denkt wie s.bummer und ich, dann sind die Empfehlungen des einen für den anderen eher Kontraindikatoren (also in dem Sinne: von dieser CD lässt Du, wenn er sie empfiehlt, lieber die Finger). Und auf Willis Meinung lege ich nun mal großen Wert.


    "Mitreden" zu wollen, ist jedenfalls kein gutes Motiv für eine Kaufentscheidung. Ich gebe zu, dass ich auch schon oft an diesem Punkt angelangt war (s.o.: man wird einfach neugierig und es zuckt der Finger auf der "Bestellen"-Taste). Im Moment wird z.B. im Thread über die Beethoven-Sinfonien viel über die Charles Mackerras-Gesamtaufnahme aus Liverpool diskutiert (während ich die Mackerras-Gesamtaufnahme aus Edinburgh besitze). Tendenz der Diskussion: Liverpool soll etwas besser sein als Edinburgh. Aber soll ich mir nun, nur um dieses Urteil überprüfen und mitdiskutieren zu können, etwa noch eine Mackerras-Gesamtaufnahme für viel Geld zulegen? Nein, das lasse ich lieber. Irgendwo hört es auch mal auf. Und außerdem - damit nehme ich die Spitze am Ende Deines Postings, auf das ich gerade antworte, gern und dankend auf - weiß ich ja von vornherein, dass ich die besten aller je gemachten Beethoven-Aufnahmen ohnehin längst im Regal habe :D

    Gerne werbe ich bei der "Pathétique" nochmals für (...) Sinopoli (letztere ist leider derzeit nicht verfügbar - DG)

    Diese Meinung von Wolfram teile ich hundertprozentig. Es gibt von der Pathétique zahlreiche herausragende Aufnahmen, wobei insbesondere Mrawinsky und Reiner genannt werden müssen. Aber die allerbeste, nur noch mit dem Prädikat "Eine Wahnsinnsaufnahme!" zu bezeichnende Einspielung ist diejenige von Giuseppe Sinopoli

    welche von der DG später noch einmal in dieser Reihe



    veröffentlicht wurde.


    Ähnliche Lobeshymnen rechtfertigt übrigens auch Sinopolis Einspielung der Fünften


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