Hallo!
Ich möchte besonders auf die beiden Sinfonietten des polnisch-sowjetischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg (1919-1996) hinweisen, die auf den folgenden beiden CDs erhältlich sind (auch wenn jpc angibt, auf der ersten CD seien die Sinfonien Nr1&5 enthalten, was nicht stimmt - es handelt sich um die Sinfonie Nr.5 und die Sinfonietta Nr.1):
Die Werke sind recht verschieden, aber beide sehr reizvoll.
Sinfonietta Nr.1 d-moll op.41 (1948 )
Dieses Werk hat vier Sätze, dauert etwa 22 Minuten und ist für volles Orchester komponiert. Die Musik ist eindeutig von jüdischer Folklore inspiriert, daneben tritt Schostakowitschs Einfluss zu Tage. Der Kopfsatz exponiert (nach einer Einleitung, die durch markante Triller aufhorchen lässt) ein kraftvolles, forsches Thema, das sich besonders durch den Einsatz übermäßiger Sekunden auszeichnet. Der zweite Satz ist lyrischer Natur - ausgedehnte, rezitativisch erscheinende Hornsoli umrahmen eine ausdrucksstarke, leicht rhapsodisch wirkende Melodie. Das an dritter Stelle stehende Scherzo umspielt ein einfaches, volkstümlich wirkendes Thema; der Tonfall ist eher gedämpft. Das (D-Dur-) Finale ist dann von sprühender Ekstase erfüllt. Insgesamt ein sehr lebhaftes, effektvolles und spritziges Stück, das einfach Laune macht.
Sinfonietta Nr.2 g-moll op.74 (1960)
Zunächst muss ich bemerken, dass die Tonart, die auf der Chandos-CD angegeben ist (a-moll) einfach falsch ist; die Sinfonietta steht klar in g-moll. Der Kontrast zum Vorgängerwerk ist sehr groß: an Stelle des vollen Orchesters setzt Weinberg hier nur ein Streichorchester ein, das in den Ecksätzen durch Pauken erweitert wird. Der Tonfall ist sehr introvertiert und persönlich, Melancholie und Retrospektion dominieren die Atmosphäre. Das Eingangsthema des ersten Satzes ist neobarock geprägt, aber Weinberg entwickelt daraus einen dunkel getönten Satz nicht ohne dramatische Untertöne. An zweiter Stelle steht eine Art Scherzo, das wiederum ein einfaches, volkstümliches Thema in eher lyrisch-melancholischem Tonfall präsentiert. Der langsame Satz ist ernst und nachdenklich, und bei dem sich unmittelbar anschließenden letzten Satz handelt es sich um ein Andantino, das auf einem Lied aus Weinbergs Zyklus "Erinnerungen" aufbaut. Ein stilles, resignativ zurückblickendes Finale, das schließlich vor dem Hintergrund leiser Paukenwirbel in der Einsamkeit verschwindet.
Beide Sinfonietten höre ich ausgesprochen gerne und empfehle sie (wie den Komponisten Weinberg überhaupt - vielleicht werde ich an anderer Stelle näher auf ihn eingehen) nachdrücklich weiter.
Viele Grüße
Holger