Beiträge von nemorino

    Wenn hier die Rede ist von den "unverzichtbaren Aufnahmen Herbert von Karajans", so sollten an erster Stelle seine frühen Londoner Aufnahmen mit dem von Walter Legge gegründeten Philharmonia Orchestra genannt werden. Mit diesem Orchester nahm Karajan zwischen 1951 und 1955 seinen ersten kompletten Zyklus der neun Beethoven-Sinfonien auf, die, abgesehen davon, daß sie noch (mit Ausnahme von Nr. 8 & 9) in Monotechnik entstanden, bis heute unter Kennern noch immer als seine bedeutendste angesehen wird.


    Sinfonien 1-9


    So schrieb Alfred Beaujean, damals Musikkritiker bei HiFi-Stereophonie, 1989 aus Anlaß von Karajans Tod in der FAZ folgendes: ".... so hört man hier einen von starken rhythmischen Energien durchpulsten Beethoven, der sich betont von dem Beethovenbild des 1954 verstorbenen Furtwängler abhob. Er läßt den Eindruck durchscheinen, den Toscanini auf Karajan gemacht hatte, ohne daß dessen spätere Starre Vorbild für ihn gewesen wäre.

    Die ungemein geschmeidige Artikulaton, die penible Genauigkeit in dynamischer Beziehung, vor allem was de untersten Stärkegrade angeht, die Deutlichkeit der Bläserstimmen, die eine superbe Qualität der damaligen Philharmonia-Bläser erkennen läßt, der so temperamentvolle, dabei stets genau kontrollierte Zugriff: All dies läßt noch nichts erkennen von jener selbstzweckhaft-luxuriösen Klanglichkeit, die dann das Signum von Karajans Arbeit mit den Berliner Philharmonikern werden sollte. Hier ist trotz der begrenzten Mono-Möglichkeiten der Klang noch ganz in den Dienst der sinfonischen Struktur gestellt. (...) es bleibt eine sachliche Sicht auf Beethovens sinfonisches Gebirgsmassiv. Er hütete sich vor Exzessen und ließ auch - etwa im Finale der Vierten - Virtuosität nie zum Selbstzweck ausarten. Manche Tempi sind sogar ruhiger als in späteren Aufnahmen."


    Alfred Beaujean war alles andere als ein blinder Karajan-Jünger, oft, für meinen Geschmack zu oft, hat er seine Aufnahmen mit den Berliner Philharmonikern einer harschen Kritik unterzogen.


    Doch zurück zu Karajans "unverzichtbaren Aufnahmen": Joseph II. hat in seinem Eingangsbeitrag bereits eine seiner Londoner Aufnahmen hoch gepriesen, und das zu Recht.


    Hier beispielhaft noch eine, die ich als herausragend einstufe:

    Karajan & The Philharmonia Orchestra - Sibelius: Symphony Nos.2,5 [Japan LTD HQCD] TOCE-91075 by Karajan & The Philharmonia Orchestra [Music CD]

    eine, auch sehr gut klingende, STEREO-Produktion aus dem Jahr 1960. Im gleichen Jahr beendete Karajan seine Zusammenarbeit mit dem Philharmonia Orchestra London. Es begann die Erfolgsserie mit der DGG und den Berliner Philharmonikern.


    LG Nemorino

    Meines Erachtens ist Karajan bei Mahler gescheitert, es gelingt ihm in keiner seiner Aufnahmen, auch nicht in der viel beachteten Live-Aufnahme der Neunten, das weit gefächerte Orchester in all seiner Disparatheit und Schönheit zugleich abzubilden. Die Violinen überlagern alles, auch hat er kein Gespür für die kleinen Rückungen der Musik und für ihre Zwischentöne, alles klingt mit breitem Pinsel geradezu flachgedrückt.

    Diesen Mahler halte ich für verzichtbar.

    Hallo Christian B.,


    weit davon entfernt, ein Mahler-Spezialist zu sein, möchte ich doch zur Ehrenrettung Karajans hier kurz seinen notorischen Kritiker Klaus Umbach, seinerzeit SPIEGEL-Kulturredakteur, zitieren, der in einem unglaublich langen Verriß schließlich eine Handvoll Karajan-Aufnahmen nennt, die er für unverzichtbar hält, darunter vor allem die Live-Aufnahme von Mahlers Neunter aus der Berliner Philharmonie:

    ".... unvergessen sind seine Bayreuther 'Meistersinger' von 1951 (...) oder der Berliner Mitschnitt von Mahlers Neunter Sinfonie, wo er die sinfonische Endzeit mit wahrlich erschütternder Radikalität ausmalte."


    Man sieht daran, wie unterschiedlich doch Höreindrücke wirken können.


    LG Nemorino

    Mozart, der deutsche Musikgott, strahlt auf das deutsche Haus ab, auch wenn er, außer deutsch zu sein

    Hallo, kurzstückmeister,


    das sah Mozart selber aber ganz anders! Ich zitiere nachstehend ein paar Sätze aus dem Büchlein "Mozart-ABC" von Eva Gesine Baur, erschienen im C.H. Beck Verlag, München, 2016:


    So schrieb Mozart seinem Vater Leopold am 1.5.1778 aus Paris: "Ich bete alle Tage zu Gott .... dass ich hier standhaft aushalten kann; dass ich mir und der ganzen deutschen Nation Ehre mache".

    Vier Wochen später heißt es in einem weiteren Brief an den Vater: "was mich aber am meisten aufrichtig und guten Muts erhält ist der Gedanke, dass ich ein ehrlicher Teutscher (sic!) bin".

    Und im gleichen Jahr schrieb er am 31. Juli: " ... will mich Deutschland, mein geliebtes Vatterland, worauf ich, wie Sie wissen, stolz bin, nicht aufnehmen, so muss in Gottes Namen Frankreich oder England wieder um einen geschickten Teutschen mehr reich werden und das zur Schande der teutschen Nation."


    Zu Mozarts Zeit war nicht die Staats-, sondern die Volkszugehörigkeit entscheidend. Leider hat Volkszugehörigkeit seit der Nazi-Zeit ein G'schmäckle", um es mal schwäbisch auszudrücken. Das wird leicht mit Volksgemeinschaft oder "völkisch" in Verbindung gebracht. Und diese Begriffe sind heutzutage nun mal verpönt, und das zu Recht. Bis 1918 galten im k.u.k. Österreich-Ungarn die heutigen österreichischen Bundesländer als die "deutschen Kronländer", eben weil die Bewohner als Deutsche galten, wie es im Vielvölkerstaat auch Ungarn, Slowaken, Tschechen, Kroaten, Galizier u.a. gab. Österreicher waren sie alle. Da waren nicht die Staats-, sondern die Volksgrenzen entscheidend.


    LG Nemorino

    Im Rahmen meiner intensiven Beschäftigung mit Mozarts Klavierkonzerten bin ich irgendwann bei der älteren GA mit Christian Zacharias gestoßen, von dem ich bisher nur die Konzerte Nr. 24 & 27 (mit dem NDR-Orchester unter Günter Wand hatte). Nun habe ich die restlichen in den letzten Wochen alle nach und nach in Einzel-CDs gekauft und bin erfreut über diese "Neuzuwächse".

    Ganz besonders ist mir seine Interpretation des Konzerts Nr. 26 KV 537 zu Herzen gegangen:

    Klavierkonzerte 25 und 26 von Christian Zacharias | CD | Zustand gut - Bild 1 von 1

    mit dem Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks, Dirigent: David Zinman

    (Aufnahme: 10/1986, Herkulessaal, München).


    Da Mozart für dieses Konzert (wie für alle von KV 466 bis 537, ausgenommen KV 488) keine eigenen Kadenzen hinterlassen hat, bleibt es hier den Pianisten freigestellt, entweder auf bekannte wie z.B. die von Hummel, Brahms oder Busoni zurückzugreifen, oder aber eigene zu verfassen.

    Christian Zacharias hat sich nach langem Zögern für letzteres entschieden und überrascht mit einer ganz wunderbaren, sehr originellen Kadenz im ersten Satz, zu der er, wie er im Beiheft schreibt, durch die Bekanntchaft mit einem neuartigen japanischen Synthesizer-Spielzeug inspiriert wurde. Stellenweise klingt die Kadenz tatsächlich wie eine Art Spieluhr-Reminiszenz aus Mozarts Zeiten. Ich muß gestehen, daß ich von diesem Stück ganz begeistert bin. Auch die Überleitung zum Wiedereinsatz des Orchesters ist ungewöhnlich, aber durchaus geglückt.

    Im übrigen bereichert Zacharias das Konzert mit etlichen "Zugaben", wie Eingänge und kleine Veränderungen, die ihm umso leichter fielen, da Mozart manche Passagen nur skizziert hat. Der Dirigent David Zinman hatte ihm ein paar Anregungen gegeben zu möglichen Auszierungen, die Zacharias nach eigener Bekundung "zu Veränderungen geronnen, Klavierfarben sich in denk- und hörbare Bläserfarben verwandelten", und so ist eine Aufnahme entstanden, die für mich etliche Überraschungen bot und an manchen Stellen meinen ließ, ein ganz neues Werk zu hören.


    Ich kenne die neueste Aufnahmereihe von Zacharias mit dem Kammerorchester Lausanne nicht, die er bei Dabringhaus & Grimm erstellt hat, so daß ich nicht sagen kann, ob er da zu neuen Experimenten angeregt wurde, doch für mich ist diese inzwischen über 30 Jahre alte EMI-CD eine echte Entdeckung, zumal ich das Konzert KV 537 ohnehin zu Mozarts größten Meisterwerken rechne.


    LG Nemorino

    es sollte erst nach dem Krieg, 1951 in Neubayreuth, dazu kommen

    .... um bereits im folgenden Jahr 1952 endgültig Adieu zu sagen. Erstens waren in Neubayeuth von zwei Göttern einer zuviel, und Wieland Wagner hatte natürlich als Enkel des Meisters die besseren Karten, und zweitens stand Karajan schon für Berlin im Startloch, während er bei Walter Legge in London für die "Wartezeit" ein festes Standbein beim Philharmonia Orchestra hatte. Und Wien war ja auch noch da, mit seinen Philharmonikern und dem Singverein der Musikfreunde.


    Natürlich war Karajan ein Karrierist, aber ist ihm das zu verübeln?


    LG Nemorino

    Eine wunderschöne Sammlung von Beethovens "Bagatellen" gibt es preiswert (gebraucht) auf dieser CD:

    Beethoven: Bagatelle In A Minor, WoO 59 -

    mit Wilhelm Kempff (1895-1991) am Klavier.


    Ohne Zweifel zählt Wilhelm Kempff zu den bedeutendsten Beethoven-Interpreten des 20. Jahrhunderts. Beethovens Klavierkonzerte und Sonaten hat er mindestens zweimal komplett für die DGG eingespielt.


    Auf obiger CD sind zu hören:

    1) 6 Bagatellen op. 126

    2) Ecossaise Es-dur WoO 83 Nr. 1

    3) Rondo a capriccio G-dur op. 129

    4) "Für Elise" WoO 59

    5) Andante favori F-dur WoO 57

    6) Rondo C-dur op. 51 Nr. 1

    7) Rondo G-dur op. 51 Nr. 2

    8) 6 Variationen über "Nel cor più" WoO 70

    9) Klaviersonate Nr. 19 g-moll op. 49/1


    Die Aufnahmen sind aus 1963-1965 und erklingen in guter Stereo-Qualität. Sehr zu empfehlen!


    LG Nemorino

    Es glaube doch keiner, so eine Büste würde hingestellt, weil einer ein großartiger Musiker war! Haha! Die ist da, weil es zu einer Zeit opportun war, sich mit bestimmten Leuten zu schmücken.

    Aus welchem anderen Grund sollte denn ein Theater oder Opernhaus eine Büste im Foyer aufstellen? Eben weil er ein großartiger Musiker und Förderer des Aachener Kulturlebens war, steht Karajans Büste dort. Bestimmt nicht, um sich mit "großen Leuten" zu schmücken!

    Die Mülheimer Grünen haben die Geschichtsbücher der Stadt durchforstet und stießen dabei auf 29 Straßen und Plätze, deren Namen nochmal überarbeitet werden sollen. Erst nach! der Überprüfung werden Änderungsanträg gestellt.

    Die Fraktionsvorsitzende der Grünen hat ausdrücklich erklärt, dass es nicht das Ziel der Untersuchung sei, alle genannten Straßen umzubenennen.

    Allein schon die Tatsache, daß man in Deutschland Platz- und Straßennamen auf ihre "Political Correctness" untersucht, ist in Zeiten, wo die Menschen ganz andere Probleme umtreiben, wie fortschreitende Inflation, Krieg in der Ukraine, Klimakatastrophen und Meeresverseuchung mit Plastik- und ähnlichem Müll, ein Skandal. Sind diese Leute eigentlich dazu da, um die Interessen ihrer Wähler zu vertreten, oder um eigene Befindlichkeiten zu pflegen und mit hohen Kosten verbundene Umnennungen von Schulen, Straßen oder Wegen für Radfahrer in "für Radfahrende" anzuleiern?

    Ich bin gespannt, wann die erste Büste von Claudia Roth (immerhin ist sie für Kultur zuständig) in einem Theater oder die erste Annalena-Baerbock-Straße in Betracht gezogen wird.

    die Grünen, die übrigens in Aachen die stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung bilden

    Endlich weiß man, aus welcher Ecke die Forderungen "immer lauter werden", die Karajan-Büste in Aachen zu entsorgen!

    Der letztere hat Deutschland geeint, die vorgenannten spalten es.

    Die vorgenannten spalten nicht nur das Land, sie nehmen es quasi in Geiselhaft!


    Ich möchte noch einmal darum bitten, diese sinnlose und völlig themenfremde Diskussion zu beenden. Jeder kann die Frage für sich selbst beantworten.

    Warum eigentlich? Hier ist bisher sachlich diskutiert worden, und es geht immerhin um eine Persönlichkeit, die die Musikwelt des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat! Darüber dürfte man in einem Klassik-Forum schon offen sprechen können.


    LG Nemorino

    Zitat

    Die Forderungen sind zuletzt immer lauter geworden, jetzt wird Elena Tzavara, Generalintendantin des Theaters Aachen, ihnen nachkommen..... schreibt die "Aachener Zeitung".


    Was sie nicht schreibt, ist, wer die "Forderungen" gestellt und warum und wieso sie "zuletzt immer lauter geworden sind".

    Ich bin mir sehr sicher, daß mindestens 90% der Aachener Bevölkerung es ziemlich wurscht ist, ob eine Büste von Karajan im Foyer des Stadttheaters Aachen steht. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß unter den Besuchern des Theaters eine Mehrheit zu finden ist, die Forderungen dieser Art gestellt und sie immer lauter hat werden lassen. Welche neuen Erkenntnisse haben denn dieses "Lauterwerden" veranlaßt? Karajans Biographie ist in diversen, durchaus ernstzunehmenden Publikationen immer wieder von Leuten ganz unterschiedlicher Provenienz dargelegt worden. Seine Mitgliedschaft in der NSDAP ist für jeden, der es wissen oder auch nicht wissen will, hinreichend bekannt, mit allen Imponderabilien unterschiedlichster Art. Was also gibt es Neues im "Fall Karajan"?

    Ja, natürlich ist das wichtig!

    Nein, es ist überhaupt nicht wichtig. Karajan war Musiker und, ziemlich unbestritten, einer der bedeutendsten Dirigenten klassischer Musik im 20. Jahrhundert. Politisch hat er sich zu keiner Zeit betätigt, doch er hat es glänzend verstanden, die Politik und Politiker, die ihm und seiner Karriere förderlich waren, vor seinen Karren zu spannen, und das mit großem Erfolg. Man kann das Opportunismus nennen, aber es ist legal und zeugt nicht von krimineller Energie, sondern von großer Geschäftstüchtigkeit. Das erweckt natürlich Neid, und der hat den Dirigenten schon zu seinen Lebzeiten verfolgt und ist scheinbar nicht totzukriegen.


    LG Nemorino

    Ich lese es mit Fassungslosigkeit. Mit wachsendem, Tempo ändert sich unsere Gesellschaft in eine solche, mit der ich nichts zu tun haben möchte. Widerwärtig.

    Ganz ohne Absicht, hier eine neue Karajan-Debatte loszutreten (davon hatten wir mehr als genug!), kann ich Deine Fassungslosigkeit nur teilen, lieber Thomas. Unser Land wird, wie mir scheint, von Gesinnungsschnüfflern und Geisteskranken in Geiselhaft genommen, und keiner wehrt sich. Mich erinnert das fatal immer öfter an die unseligen Bücherverbrennungen vom Jahr 1933.


    Man darf gespannt sein, ob die Bilderstürmerin von 2023 mit Namen Elena Tzavara (muß man die kennen?) sich um das Musikleben der Kaiserstadt Aachen in gleicher Weise verdient machen wird wie das Herbert von Karajan von 1934 bis 1940 getan hat:


    Er wird noch im Gedächnis bleiben, wenn die Brut, die sein Andenken schädigen will längst in Staub und Asche zerfallen - und vergessen ist

    Ich schließe mich den entgeisterten Grüßen von Thomas Pape an.


    Nemorino

    Was das Konzert Nr. 16 angeht, möchte ich die beschwingte, lebenssprühende, vorwärtsdrängende Aufnahme mit Christian Zacharias empfehlen

    Du hast mich neugierig gemacht.

    Lieber Don_Gaiferos,


    inzwischen habe ich mir das Konzert Nr.16 KV 451 mit Christian Zacharias zugelegt und angehört. Nochmals vielen Dank für Deine Empfehlung! Die Aufnahme ist eine echte Bereicherung, ich habe sie schon zweimal im Player gehabt. Ich frage mich wirklich, was manche dazu veranlaßt, hier von mittelmäßig oder gar langweilig zu sprechen. Ganz im Gegenteil: Zacharias' Spiel ist lebendig und immer wieder für Überraschungen gut. So z.B. im Konzert Nr. 8 KV 246: Seine eigene Kadenz im Mittelsatz finde ich originell und passend, und seine Einleitungskadenz zum Finale ist ein schöner, origineller Einfall.


    KV 451 wird sicher niemals bei mir eine Spitzenposition unter Mozarts Klavierkonzerten einnehmen, wie z.B. die Nrn. 21, 22, 23 oder gar 27, aber Zacharias hat es fertiggebracht, mir das Werk ein Stück näherzubringen. Es ist im Vergleich zu seinen Schwesterwerken vielleicht ein wenig spröde und melodisch nicht so einfallsreich, doch davon bleibt der künstlerische Wert des Stücks unberührt.


    LG Nemorino

    "Warum ?" - so dachte ich mir -"empfiehlt nemorino eine Koppelung einer antiquarischen Aufnahme - wo es doch so eine relativ preiswerte Gesamtaufnahme ALLER Mozart Klavierkonzerte (ausser Nr 3 und Nr 10) - mit Geza Anda gibt " - ABER - kaum zu glauben - aber wahr - die sind bereits gestrichen

    Lieber Alfred,


    Andas GA besitze ich nicht (aber diverse Einzel-CD). Das Konzert Nr. 14 habe ich auf der von mir abgebildeten CD aus der "Centenary Collection", die die DGG aus Anlaß ihres 100jährigen Bestehens 1998 auflegte.

    Gekauft habe ich sie seinerzeit aber vor allem wegen Andas herausragender Interpretation von Schumanns "Davidsbündlertänzen" (Erstausgabe auf CD) und dem "Waldesrauschen" von Liszt (bis dato unveröffentlichte Aufnahme) aus dem Mai 1966, aufgenommen in der Villa Rosenhügel in Wien. Letztgenannte hatte Anda nicht freigegeben. Es ist ein hochvirtuoses Stück, das in dreieinhalb Minuten vorüber"rauscht". Zum Kennenlernen bestens geeignet.

    Die Aufnahme des Mozart-Konzerts KV 449 entstand zwischen dem 12.u.16.4.1966. Im Begleitheft nennt der Kritiker Peter Cossé das Werk "bald kämpferisch, bald lyrisch versponnen". Es ist in mehr als einer Hinsicht ein Werk des Übergangs von den vorangegangenen konventionellen Konzerten zu den späten Meisterwerken (ab KV 450). Die Kadenz des Kopfsatzes weist mit seinen teils fast majestätischen Läufen schon weit in die Zukunft. Höhepunkt scheint mir der Mittelsatz "Andantino" zu sein, mit seinen innigen, farbenreichen Passagen und der erweiterten Form. Ein Stück, das mit der Vielfalt seiner Themen und seines Ausdrucks im Vergleich zu den Vorgängerkonzerten spürbar herausragt. Das abschließende Allegro bewegt sich allerdings wieder mehr in den überkommenen Konventionen. Das Konzert wird, wie die meisten der vorangegangenen, unter Wert gehandelt.


    LG Nemorino

    Von diesem zu Unrecht vernachlässigten Konzert möchte ich noch folgende Aufnahme empfehlen:


    Mozart: Klavierkonzerte Nr. 8 & 9

    Christian Zacharias mit dem Polnischen Kammerorchester, Dirigent: Jerzy Maksymiuk

    (Aufnahme: 4/1984, Neumarkt i.d. Oberpfalz, Historischer Reitstadl).


    Mit hörbarer Spielfreude und jugendlichem Schwung setzt Christian Zacharias im Kopfsatz "Allegro aperto" ein, sein frisches Spiel beherrscht das gesamte Stück. Schon in seiner frühen Karriere war Zacharias für seine Improvisationsfreude und seine spontanen Einfälle bekannt. Im vorliegenden Werk spielt er im 1. Satz die originale Mozart-Kadenz, bereichert aber den Mittelsatz und den Eingang zum Finale mit eigenen Kadenzen, die sich hübsch anhören und nahtlos einfügen. Eine schöne, gut klingende Version.


    LG Nemorino

    Mehr braucht's nicht, oder ?

    Deine Frage allein wirft aber die Vermtung auf, dass Du noch ein wenig neugierig bist

    Hallo, yrrepnadohr,


    den Eindruck von astewes habe ich auch. Deshalb auch von mir zwei Vorschläge:


    In den 1970er Jahren war Géza Anda für die Mozart-Klavierkonzerte praktisch das Maß aller Dinge. Er war der erste, der die Konzerte komplett eingespielt hat, mit der Camerata Academica des Salzburger Mozarteums. Daraus gibt es auf dem Gebrauchtmarkt folgende Einzel-CD in einer interessanten Koppelung:

    Centenary Collection 1966: Davidsbündlertänze etc.

    Aufnahme: 4/1966, Salzburg, Kleines Festspielhaus.


    Und dann noch eine neuere Einspielung, bereits digital aufgenommen:

    Mozart: Klavierkonzerte Nr. 12 A-dur KV 414 & Nr. 14 Es-dur KV 449

    Aufnahme: 1984, Neumarkt/Opf., Historischer Reitstadel.


    Das Konzert KV 449 ist bekanntlich ein Werk des Übergangs, mit Nr. 15 KV 450 beginnt die Reihe der letzten dreizehn, großsinfonisch angelegten Konzerte. Beide Aufnahmen können noch heute in vorderer Reihe mithalten.


    LG Nemorino

    Um die portugiesische Pianistin Maria Joao Pires (*1944) ist es in den letzten Jahren merklich ruhig geworden, vor allem, nachdem sie im Jahr 2018 offiziell ihre Konzertkarriere beendet hat.

    Trotzdem ist sie in diesem Jahr bei den Festspielen in Luzern noch einmal mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 KV 271 an die Öffentlichkeit getreten, der Dirigent war Paavo Järvi.


    Ab 1989 bis weit in die 2000er Jahre hinein machte sie Aufnahmen für die Deutsche Grammophon, u.a. sämtliche Klaviersonaten von Mozart, die sie in der Musikwelt weithin bekannt machten.


    In den frühen 1970er Jahren, noch vor Einführung der CD, nahm M.J. Pires zahlreiche Mozart-Konzerte für das Label ERATO auf, vornehmlich mit dem Orquestra Gulbenkian, Lissabon, und dem österreichischen Dirigenten Theodor Guschlbauer. dem unser Tamino-Mitglied Joseph II. unter dem Titel Theodor Guschlbauer – ein uneitler Großer im Jahr 2021 einen eigenen Thread gewidmet hat. Leider hat der bis heute nicht den Weg in die Rubrik "MAESTRO - Das Tamino Dirigenten-Porträt" gefunden.

    Aus dieser Reihe stammt die folgende CD:

    Piano Concerti 9 & 23

    Heute habe ich sie nach langer Pause wieder einmal gehört und war überrascht über das sorgfältige, farbenreiche Spiel der Pianistin, die von Th. Guschlbauer und dem Gulbenkian-Orchester mit viel Feingefühl begleitet wird. Es sind nicht immer die großen Namen und die Aufnahmen der Major-Labels, die Beachtung verdienen. Die Aufnahme von 1973 braucht keinen Vergleich zu scheuen.


    Unser Tamino-Mitglied "Joseph II." hat übrigens dem Dirigenten Theodor Guschlbauer 2021 einen eigenen Thread mit dem Titel "Theodor Guschlbauer - ein uneitler Großer" gewidmet, der nach anfänglichem lebhaften Zuspruch inzwischen in Vergessenheit geraten ist, zumal er bisher nicht Eingang ins THEMENVERZEICHNIS KLASSISCHE MUSIK gefunden hat.


    LG Nemorino


    Guschbauer Thread wurde im Thread Directory nachgetragen MOD 001 Alfred 24.11.2023

    Es verwundert mich ein wenig, daß das Konzert Nr. 8 KV 246 im Gegensatz zu Nr. 6 KV 238 hier praktisch kein Interesse erweckt hat.

    Heute bin ich in der Tiefe meiner Sammlung auf eine Aufnahme gestoßen, die vielleicht eine Empfehlung wäre für Leute, die eine kammermusikalische Besetzung mit alten Instrumenten lieben, sich jedoch mit den teilweise blutleeren heutigen HIP-Ensembles (wie z.B. Cristoferi mit Schoonderwoerd) nicht anfreunden können:


    Baroque Esprit - Mozart (Klavierkonzerte)

    Jörg Demus mit dem Collegium Aureum (Aufnahme: 1962).


    Der österreichische Pianist Jörg Demus, der hier auf einem historischen Hammerflügel spielt, wird den meisten Musikfreunden vor allem als Liedbegleiter von u.a. Dietrich Fischer-Dieskau, Elisabeth Schwarzkopf und Edith Mathis bekannt sein. So hat er mit dem Erstgenannten Anfang der 1960er Jahre eine bis heute hochgeschätzte Aufnahme von Schuberts WINTERREISE eingespielt. Es gibt sogar Kritiker, die diese für Fi-Di's beste halten.


    Das Collegium Aureum wurde 1962 gegründet. Demnach stammt obige Aufnahme aus der Pionierzeit des Ensembles. Ziel des "goldenen Kollegiums" war nach eigenem Anspruch ein "gerechtes Klangbild" für die Alte Musik (17.-19. Jhdt.) zu erzeugen. Damit zählt es zu den Wegbereitern der Historischen Aufführungspraxis, ging aber dabei längst nicht soweit wie später gegründete Ensembles. Ich persönlich stehe HIP skeptisch gegenüber, höre aber sehr gerne die alten Aufnahmen des Collegium Aureum, dem damalige prominente Musiker, wie z.B. der langjährige Leiter Franzjosef Maier, Reinhard Goebel (Violine), Gustav Leonhard (Cembalo) und Hans-Martin Linde (Flöte) angehörten. Nicht zuletzt war der bekannte Musikwissenschafter, Instrumentensammler und Organist Rudolf Ewerhart (1928-2022) mit dem Collegium Aureum eng verbunden.


    Obige Aufnahmen der Mozart-Konzerte KV 246, 488 und 537 sind ein schönes Beispiel für das wunderbare Musizieren des Ensembles, das bis weit in die 1990er Jahre bestand. Vielleicht ist es dazu angetan, das Interesse für das frühe Konzert Nr. 8, das hier zur Diskussion steht und sich hinter dem Vorgänger Nr. 6 KV 238 keineswegs verstecken muß, neu zu wecken.


    LG Nemorino

    Noch ein kurzer Beitrag zum Orquestra Gulbenkian.


    Bekannt wurde das Orchester vor allem durch Plattenaufnahmen mit den Dirigenten Michel Corboz und Theodor Guschlbauer.


    Mit ihm hat die portugiesische Pianistin Maria Juao Pires in den 1970er Jahren etliche Klavierkonzerte von Mozart aufgenommen, die auf verschiedenen Labels, u.a. Erato, Teldec und Apex auch auf CD veröffentlicht wurden:

    Klavierkonzerte 13,14+23

    Aus dieser Reihe, genannt "Bonsai Collection", ist folgende CD in meiner Sammlung:



    Mozart, Pires, Guschlbauer, Gul - Piano Concerti 9 & 23 - Amazon.com Music




    Und zum Schluß noch eine wichtige Aufnahme mit dem Gulbenkian Orchestra, die hierzulande ganz unverdient nur wenig Aufmerksamkeit bekommen hat:

    Klavierkonzert A-Moll

    Sequeira Costa (Klavier) und Stephen Gunzenhauser (Dirigent). Eine Einspielung aus 1985, von der es in einer Kritik heißt: " .... in ihr entfaltet sich das Klang- und Ausdrucksspektrum ausgewogen und in voller Breite; neben seiner spielerischen Leichtigkeit nicht minder seine kraftvoll-drängenden Impulse, aber auch seine reichen Momente lyrischer Versenkung und Gefühlsinnigkeit. Ein international unterschätzter Interpret."


    LG Nemorino

    Der Zyklus mit der kürzlich verstorbenen Haebler scheint generell sehr empfehlenswert

    Lieber Joseph II.,


    leider ist die liebenswerte Künstlerin Ingrid Haebler nie so gewürdigt worden, wie sie es verdient hätte. Das hatte verschiedene Gründe. Sie war zeitlebens eine bescheidene Person, die nie viel Wirbel um sich und ihre Kunst gemacht hat, und als die CD in den 1980er Jahren ihren Einzug hielt, waren zahlreiche jüngere Kolleginnen und Kollegen zur Stelle, die die ersten Plätze in der Gunst des Publikums einnahmen. Oder aber Klaviergiganten wie Svjatoslaw Richter oder Emil Gilels, die ein weltweites Renommee und daraus resultierend einen Bekanntheitsgrad, der alles andere überschattete. Ingrid Haeblers Einzugsbereich konzentrierte sich wohl eher uf ihr Heimatland Österreich und den westeuropäischen Markt.


    Ich besaß ihre GA der Mozart-Klavierkonzerte in dieser luxuriösen LP-Box:

    Wolfgang Amadeus Mozart, Ingrid Haebler – Mozart Edition 2 ○ Die 27  Klavierkonzerte (1979, Vinyl) - Discogs

    In den beiden Konzerten KV 242 und KV 365 war übrigens der heute fast vergessene Pianist Ludwig Hoffmann (1925-1999) ihr Partner. Leider hat die großzügig ausgestattete Kassette einen Wasserschaden in meinem Haus nicht überlebt. Immerhin habe ich daraus einige Konzerte auf CD ergattert.


    Noch eine CD möchte ich hier vorstellen, die es wert ist, beachtet zu werden:

    Mozart: Piano Concertos Nos. 6 & 13

    Murray Perahia (Klavier & Leitung) mit dem English Chamber Orchestra

    (Aufnahme: 1981, London).


    Hervorzuheben ist auch hier Perahias schier zärtlicher Anschlag, der aber von großartiger Perfektion zeugt. Leider scheint mir der Künstler, wie auch in den übrigen Konzerten dieser Reihe, das Orchester nicht ganz perfekt im Griff zu haben. Ansonsten eine Aufnahme, die eine echte Alternative zu Anda (DGG) und Barenboim (EMI) darstellt, wobei Letztgenannter mit demselben Ensemble arbeitet.


    LG Nemorino

    aber meine erste Assoziation mit dem Stück wäre eine andere, nämlich "Eleganz".

    dem Mozart ein elegantes, recht kurz vorbeieilendes Seitenthema gegenüberstellt.

    Hallo Symbol,


    Eleganz ist in der Tat eine Eigenschaft, die diesem Werk gut ansteht. Deshalb habe ich sie auch in meiner Einführung genannt, wenn auch nur im Zusammenhang mit dem Seitenthema des ersten Satzes.

    "Elan und Frische" bezog sich vornehmlich auf das Spiel von Christian Zacharias:

    Obwohl der 1950 geborene Künstler zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits 40 Jahre alt war, verpaßt er dem Jugendwerk Mozarts einen gehörigen Schuß jugendlichen Elan und Frische.

    Auch ich finde, daß Mozart durchaus in der Lage war, beides mühelos zu vereinen:

    ob er "elegant" oder "mit Elan und Frische" zu bezeichnen ist - Mozart vermochte eben sogar beides unter einen Hut zu bringen....

    LG Nemorino

    ich bin gerade über Deinen Einführungsbeitrag gestolpert und richte mich wieder auf. Berichtigen muss ich, dass Mozarts Mutter Anna Maria (geb. Pertl) nicht in Augsburg, sondern in St.Gilgen geboren wurde. Augsburg war die Geburtsstadt von Vater Leopold.

    Lieber musikwanderer,


    Du bist vollkommen zu Recht gestolpert, da ist mir tatsächlich ein Fauxpas unterlaufen. Werde ihn sofort berichtigen. Vielen Dank für den Hinweis. Man sollte immer vorher nachschauen, bevor man etwas aus dem Gedächtnis schreibt, zumal in meinem Alter!


    LG Nemorino

    Als einziges der "echten" Klavierkonzerte Mozarts (die Nrn. 1-4 sind Bearbeitungen diverser Komponisten) hat die Nr. 6 B-Dur, KV 238 bisher noch keinen eigenen Thread im Tamino-Klassikforum. Diese Lücke möchte ich mit meinem Beitrag schließen.


    Das Werk entstand im Januar 1776 in Salzburg, knapp zwei Jahre nach dem ersten eigenen Klavierkonzert KV 175. Die Erstaufführung durch den Komponisten erfolgte allerdings erst am 4. Oktober 1777 in München. Wenig später spielte Mozart es in Augsburg, der Geburtsstadt seines Vaters Leopold. Ob das Konzert bereits früher durch fremde Hand gespielt wurde, ist nicht sicher bekannt.


    Wie üblich, besteht es aus drei Sätzen:


    1. Allegro aperto

    2. Andante un poco adagio

    3. Rondeau: Allegro


    Das Werk entstand fast zu gleicher Zeit wie die beiden Violinkonzerte KV 218 und 219 und hat manches mit ihnen gemeinsam. Im Vergleich zu seinem unmittelbaren Vorgänger dieser Gattung, dem D-dur-Konzert KV 175, ist es deutlich bescheidener angelegt. Dem Streicherchor fügt der Komponist lediglich je 2 Flöten, 2 Hörner und 2 Oboen hinzu.

    Der erste Satz wird von einem betont dominanten Hauptthema eröffnet, dem Mozart ein elegantes, recht kurz vorbeieilendes Seitenthema gegenüberstellt. Die Durchführung ist kurz und bündig, kaum daß sie begonnen hat, ist sie auch schon vorbeigehuscht und mündet in die Reprise.

    Dagegen glänzt der Mittelsatz, "Andante un poco Adagio" überschrieben, mit einer bisher ungewohnten Ausdruckstiefe. Vor dem Hintergrund der Streichinstrumente entfaltet das Klavier eine empfindsame, weit ausgesponnene Kantilene, deren Poesie bereits ähnliche Sätze der späten Meisterwerke erahnen läßt. Das tänzerisch-trippelnde Finale, ein Rondo-Allegro, wird von einem fast kindlich-naiven Thema beherrscht, dem drei Couplets entgegen gestellt sind. Mit Witz und Spielfreude klingt der mitreißende Satz aus.


    Natürlich zählt das Werk zu den frühen, noch nicht ganz ausgereiften Konzerten des Meisters, aber es ist ein dankbares Stück für jeden Mozart-Liebhaber und wird sowohl auf Tonträger als auch im Konzertsaal zu Unrecht vernachlässigt. Auch in meiner Sammlung ist es nur spärlich vertreten, was vor allem daran liegt, daß ich über nur eine Gesamtaufnahme der Mozart-Konzerte verfüge, jedoch über eine große Zahl von Einzelaufnahmen, die dieses Konzert aber meist unberücksichtigt lassen.


    Da es ein Werk des jungen, zur Zeit der Entstehung erst 20jährigen Mozart ist, so ist diese Aufnahme an vorderster Stelle zu empfehlen:

    Mozart:Piano Concerten 5/6/11 by Christian Zacharias (2004-01-01)

    Christian Zacharias (Klavier) und das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Dirigent: Sir Neville Marriner

    (Aufnahme: 7/1990, Villa Berg, Stuttgart).


    Obwohl der 1950 geborene Künstler zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits 40 Jahre alt war, verpaßt er dem Jugendwerk Mozarts einen gehörigen Schuß jugendlichen Elan und Frische. Man spürt, mit welcher Leidenschaft und Spielfreude Zacharias zu Werke geht. Jede Note sitzt, und das Orchester unter Marriner (der später Alfred Brendel bei seiner GA für Philips erfolgreich zur Seite stand) spielt brillant und exakt. Eine gute Kombination.


    Des weiteren möchte ich noch folgende Aufnahmen nennen:

    Mozart, Academy Of St. Martin-in-the-Fields, Sir Neville Marriner, Alfred  Brendel – Piano Concertos No. 5 KV 175 & No. 6 KV 238 (1985, Vinyl) -  Discogs  Mozart: Piano Concertos Nos. 6, 17 & 21 / Géza Anda


    Die Namen der Ausführenden sprechen für sich selbst und bedürfen keiner besonderen Empfehlung.


    Schließlich noch eine meiner Lieblingsaufnahmen von KV 246:

    Klavierkonzerte 5&6

    Mitsuko Uchida (Klavier) und das English Chamber Orchestra, Dirigent: Jeffrey Tate

    (Aufnahme: 1987, London).


    Diese Aufnahme zu loben hieße Eulen nach Athen tragen. Das Zusammenspiel der beiden Künstler ist, wie in der kompletten GA, einzigartig und kaum zu überbieten. Und klangtechnisch kann die CD sich mit den neuesten und besten mühelos messen.


    LG Nemorino

    Wer Mozarts Klavierkonzert KV 246 in "modernem Gewande", sprich "HIP-gestylt" hören möchte, der sei auf diese Einspielung aufmerksam gemacht:


    Ich persönlich habe mir ein paar Takte angehört, es aber dabei belassen. Alles klingt dürftig, blutleer, ohne jede Brillanz. Doch das scheint der Intention der Ausführenden zu entsprechen.


    "Fluchtartig und schimpfend verlässt die Gesellschaft den Raum.

    So könnte es mit dieser Aufnahme passieren."

    .... schreibt "sagittarius", der uns hier im Forum früher als "Sagitt" begegnet ist, in einer Kritik an anderer Stelle. Ich schließe mich seiner Meinung an.


    LG Nemorino

    auch die Wiener Sträusse schrieben sich praktisch ausschließlich "Strauss". Dass sich "Strauß" eingebürgert hat, dürfte auf Nachlässigkeit oder Verwechslung von "ſs" mit "ß" beruhen.

    Lieber Joseph II.,


    vielen Dank für diese Aufklärung, das habe ich bisher nicht gewußt. Zur Unterscheidung der Walzerkönige von Richard Strauss ist die heute übliche Schreibweise vielleicht hilfreich, wenn auch verkehrt.


    LG Nemorino :hello:

    Wenn auch längst nicht so bedeutend wie Mozarts späte, in Wien entstandene Klavierkonzerte, so hat sein achtes Konzert KV 246 trotzdem einen eigenen Thread verdient. Da es bisher noch keinen gibt, will ich das hiermit nachholen. Künstlerisch betrachtet, ist das Werk wohl am ehesten mit den im Vorjahr 1775 entstandenen Violinkonzerten auf eine Stufe zu stellen.


    Entstanden ist das Konzert im April 1776 in Salzburg, der damaligen Wirkungsstätte des Komponisten, in zeitlicher Nähe von Nr. 9 KV 271 "Jenamy", und trotzdem liegen Welten zwischen den beiden Werken. Mozart hat das Konzert KV 246 für die Antonia von Lützow komponiert. Sie war die Ehefrau des damaligen Kommandanten der Festung Hohensalzburg. Vermutlich war Mozarts Vater Leopold der musikalische Lehrer der Gräfin. Sie wurde dadurch Namengeber des Konzerts.


    In vielerlei Hinsicht weist KV 246 auf die später entstandenen Meisterkonzerte dieser Gattung hin. Die Orchesterbesetzung hält sich im üblichen Rahmen, dem Streicherchor werden lediglich je zwei Oboen und Hörner beigesellt. Das Soloinstrument führt sich zwar im Kopfsatz (er ist "Allegro aperto" überschrieben und erinnert damit an das kurz vorher fertiggestellte Violinkonzert KV 219) auf traditionelle Weise ein, doch bei der Aufnahme des Seitenthemas stimmt es eine eigene, ausdrucksvolle Melodie an. Auffällig ist auch, daß die Klavierläufe keine bloßen Fingerübungen sind, sie gewinnen selbst eine melodische und auch emotionale Bedeutung. In der recht kurzen Durchführung kontrastieren elegische Moll-Färbungen mit der klaren Heiterkeit des ersten Teils. Auch der langsame Satz "Andante" ist dreiteilig angelegt und ist ein gesangvolles Stück von feiner Struktur, mit besinnlichen Momenten. Neben dem Klavier bekommen hier die Oboen reichlich zu tun. Daran schließt sich als Finale ein unbeschwertes, heiteres Menuett in Rondoform. Mehrere kontrastierende Couplets, eines davon nach Moll gerückt, entfalten eine Fülle von reizvollen Einfällen und rhythmischen Finessen. Die kurze Kadenz zum Schlußsatz schrieb Mozart gleich während der Komposition des Konzerts.


    Im Rahmen der inzwischen zahlreichen Gesamtaufnahmen durfte das Konzert KV 246 natürlich nicht fehlen, aber als Einzelstück ist es, seiner geringeren Popularität wegen, relativ selten aufgenommen worden. Da ich nur eine GA in meiner Sammlung habe, verfüge ich nur über insgesamt vier Einspielungen des KV 246. Es sind diese:

    Mozart: Klavierkonzerte Nr. 8 C-dur KV 246 & Nr. 25 C-dur KV 503 (Piano Concertos) [Vinyl LP] [Schallplatte]

    Géza Anda mit der Camerate Academica des Salzburger Mozarteums (DGG, 1969),

    die mir allerdings nur als LP vorliegt und deshalb nicht zum Vergleich herangezogen wurde.


    Weiter diese:

    Klavierkonz.8+9/Rondo KV 386   Klavierkonzerte 8+9   Mozart: Piano Concerto No. 24 in C Minor, K. 491 - III. (Allegretto)


    1) Vladimir Ashkenazy und das London Symphony Orchestra, Dirigent: István Kertész (Decca, 5/1966)

    2) Mitsuko Uchida und das English Chamber Orchestra, Dirigent: Jeffrey Tate (Philips, 10/1989)

    3) Wilhelm Kempff und die Bamberger Symphoniker, Dirigent: Ferdinand Leitner (DGG, 1/1962).


    Alle Aufnahmen sind künstlerisch hochwertig, auch klangtechnisch zufriedenstellend, wobei in diesem Fall Uchida/Tate am besten abschneiden. Kempff spielt mit weichem, rundem Ton, seine Interpretation ist voller Poesie, fast romantisch zu nennen. Vom Klang abgesehen, würde ich sie den anderen noch um eine Ecke vorziehen. Das Team Uchida/Tate liefert wieder eine großartige Leistung ab, wie denn Mitsuko Uchida überhaupt eine der herausragendsten Mozart-Spielerinnen unserer Zeit zu gelten hat. Auch Ashkenazy/Kertész sind ein ausgezeichnetes Team, der junge Ashkenasy bringt rechten Schwung und jugendlichen Elan mit. Seine Aufnahme enthält zwei Kadenzen (im 1. & 2. Satz), die im Mailänder Konservatorium aufgefunden wurden, aber ansonsten in keiner anderen Einspielung zu hören sind.


    Wie weiter oben schon gesagt, ist das Konzert KV 246 nicht den späten Konzerten von Mozarts Wiener Reifezeit gleichzustellen, aber es ist ein reizvolles, liebenswertes Werk, das anzuhören immer wieder Freude bereitet.


    LG Nemorino

    Ich sehe Dr. Goebbels nicht als "notorischen Lügenbold" sondern als "Lügner von Profession"

    Lieber Alfred,


    das ist natürlich noch besser formuliert. Sagen wir, er war ein diabolischer, infamer Lügner, der als überzeugter Nationalsozialst (vielleicht) zum Teil selber geglaubt hat, was er sagte. Zumindest gegen Ende, als er sich selber betäuben mußte, denn er war ja nicht dumm, sondern hochintelligent. Für die damalige Zeit war er jedenfalls ein Propagandist par excellence - Nachahmer hat er seitdem genug gefunden.

    Ich werde diesen Thread heute um Mitternacht schliessen - und voraussichtlich löschen- weil er nur am Rande mit klassischer Musik zu tun hat.

    Das ist Dein souveränes Recht als Foreninhaber, und dagegen ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Ich hätte aber einen Vorschlag: Statt Löschung Verschiebung in die Rubrik "Nebenthemen" zur "Tritsch-Tratsch-Plauderecke". Denn in gewisser Weise sind die Auslassungen typische Zeitelemente, und mit dem Wahnsinn der Umbenennungen und Wortverbiegungen werden wir tagtäglich konfrontiert. Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall ja immerhin um einen prominenten Komponisten des 20. Jahrhunderts, auch wenn seine Person umstritten ist. Und, last not least, mit immerhin fast 3000 Aufrufen innerhalb weniger Tage scheint das Thema doch von überdurchschnittlichen Interesse zu sein.


    LG Nemorino

    Hallo, ChKöhn,

    trotz allem schrieb Goebbels 1941, er sei "unser größter, wertvollster, repräsentativster Musiker".

    Für diese Lobhudelei aus unberufenem Munde kann man Richard Strauss nicht verantwortlich machen, im Gegensatz zu Goebbels' Tagebucheintrag vom 5.6.1935, der eine ganz andere Sprache spricht!

    Interessant finde ich aber, daß der notorische Lügenbold Goebbels mit seiner Einschätzung von 1941 zumindest einmal die Wahrheit gesagt hat.

    durfte er zur Eröffnung der olympischen Spiele seine Schwulst-Hymne dirigieren

    Sicher nicht sein bestes Werk, aber trotz allen Schwulstes keine Lobeshymne auf die Nazis. Der Text ist noch schrecklicher als die Musik, aber er wurde nicht von Strauss verfaßt.

    Ich habe sogar zwei Strauss-Biographien gelesen. Sympathischer ist er mir dadurch nicht geworden...

    Das ist eine andere Sache. Mir ist mancher Musiker, ob Komponist, Dirigent oder Solist, nicht sympathisch. Das hat aber nichts mit seiner Leistung zu tun. Oder soll ich die Aufnahmen von Toscanini, nur weil er ein hemmungsloser Choleriker war, deshalb nicht mehr hören?


    Im übrigen: Ist dieser Auftritt von Richard Strauss im Jahr 1908 der Anstoß gewesen, daß ihm die Stadt Wiesbaden eine Straße gewidmet hat? Sonstige direkte Bezüge des Komponisten zu Wiesbaden sind mir nicht bekannt:

    220px-KossuthKurhausWiesbadenStrauss1908.jpg


    Umso mehr verwundert es, daß man auf dem Straßenschild seinen Namen nicht korrekt geschrieben hat! Mit der Wiener Musikerfamilie Strauß war Richard Strauss weder verwandt noch verschwägert.


    LG Nemorino

    Richard Strauss "eingeschüchtert, verängstigt"? Das ist ja wohl nicht Dein Ernst.

    Doch, das ist mein Ernst! Seine Schwiegertochter Alice war Jüdin, was bedeutete, daß seine Enkelkinder von den Nazis als "jüdische Mischlinge" bezeichnet und behandelt wurden. Man muß sich nur § 3 des Reichsbürgergesetzes von 1935 ("Nürnberger Gesetze") anschauen, um zu wissen, was das zu bedeuten hatte. Strauss mußte sich ständig um seine Familie sorgen, der jederzeit Haft und KZ drohten.


    Auch er selbst war während der gesamten Nazizeit Drangsalierungen und verbalen wie schriftlichen Drohungen ausgesetzt, die - wie in der Medizin - tropfenweise verabreicht wurden. Besonders schlimm muß das in den Jahren 1938/39 gewesen sein. In seinem Haus in Garmisch-Partenkirchen bekam er mehrfach Besuch von der Gestapo, er war diversen Repressalien ausgesetzt, er lebte in ständiger Angst, festgenommen und verschleppt zu werden. Wahrscheinlich war er jedoch durch sein Wirken als Komponist und Dirigent so populär, daß man zu sehr Proteste seiner zahlreichen Freunde und Anhänger fürchtete. Doch an Drohungen dieser Art hat es nicht gefehlt. Seine Post wurde ständig überwacht und z.T. konfisziert.


    Welches "Ansehen" er in den höchsten Nazikreisen genoß, geht aus etlichen Tagebucheintragungen von Joseph Goebbels, dem mächtigen Reichspropagandaminister, hervor. So schrieb er z.B. am 5.6.1935 in sein Tagebuch: "Strauß (sic!) schreibt einen besonders gemeinen Brief an den Juden Stefan Zweig. Die Gestapo fängt ihn auf. Der Brief ist dreist und dazu saudumm. Jetzt muß Strauß auch weg (...) Diese Künstler sind doch politisch alle charakterlos. Weg damit! Strauß 'mimt den Musikkammerpräsidenten'. So schreibt er an einen Juden. Pfui Teufel!"


    Deine persönliche Einstellung zu Richard Strauss und seinen Werken bleibt Dir natürlich unbenommen. Doch aus Deinen Auslassungen ist leicht zu entnehmen, daß der Mann mitsamt seiner Musik Dir nicht liegt. Dazu hat La Roche schon das Passende gesagt, deshalb spare ich mir weitere Kommentare. Aber, ob man das nun will oder nicht, Strauss hat einige Meisterwerke geschaffen (ich nenne stellvertretend nur den Rosenkavalier und Salome, aber auch "Till Eulenspiegel" oder "Tod und Verklärung") die die Zeiten überdauern werden). Gegen Pauschalurteile bin ich immer ein bißchen allergisch, zumal wenn man merkt, daß es mehr darum geht, einen Menschen herabzusetzen und sich zu diesem Zweck an seinen Werken abarbeitet.


    Nemorino


       

    ich empfehle sehr, sich einmal die zahlreichen Interviews mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Film, Theater, Musik und Literatur aus dem Nachlass des Journalisten Harald von Troschke anzuhören

    Lieber Calatrava,


    vielen Dank für diesen Hinweis. Habe am Nachmittag schon mal reingeschaut und werde das in den kommenden Tagen fortsetzen. Höchst interessante Berichte von Zeitzeugen!


    LG Nemorino

    Zugegeben, ich kenne keinen dieser Namen. Das "Prof. Dr." beeindruckt mich allerdings wenig, denn bekanntlich schützt Intelligenz nicht vor Torheit. Wenn solche Kapazitäten sich nicht zu schade sind, in überflüssigen Kommissionen mitzuwirken, so sind sie entweder unterbeschäftigt oder mit politischer Blindheit geschlagen, und die gibt es bekanntlich sowohl rechts wie links.


    Und was Schuld und Unschuld in der Nazizeit betrifft, so lese ich zur Zeit ganz zufällig das Tagebuch von Erich Kästner "Notabene 45" (Fischer, Frankfurt a.M.), einem Schriftsteller, dessen Bücher bekanntlich im Mai 1933 auf dem Scheiterhaufen in Berlin gelandet sind. Kästner hatte während der ganzen Nazijahre Schreibverbot und mußte gegen Kriegsende aus Berlin fliehen, weil er auf der Schwarzen Liste der SS stand. Er landete in Mayrhofen in Tirol und schrieb dort unter dem Datum 8. Mai 1945 in sein Tagebuch:

    "Jodl hat die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet. In Reims. Der Rundfunk überträgt die Siegesfeiern und den Jubel, der draußen herrscht. Alle miteinander sind stolz darauf, was sie in fünf Kriegsjahren geleistet haben. Und sie haben Grund, sich zu rühmen. Aber sie werfen uns vor, daß es ihrer Anstrengungen bedurfte. Was sie getan hätten, sei unsere Aufgabe gewesen. Wir, die deutsche Minorität, hätten versagt. Das ist ein zweideutiger Vorwurf. Er enthält nur die halbe Wahrheit. Sie verschweigen die andere Hälfte. Sie ignorieren ihre Mitschuld. Was sie verschweigen, macht das, was sie aussprechen, zur Phrase, und wir sind im Laufe der Zeit gegen Phrasen sehr empfindlich geworden. Auch gegen liberale Phrasen. Die Sieger, die uns auf die Anklagebank verweisen, müssen sich neben uns setzen. Es ist noch Platz.

    Wer hat denn, als längst der Henker bei uns öffentlich umging, mit Hitler paktiert? Das waren nicht wir. Wer hat denn Konkordate abgeschlossen? Handelsverträge unterzeichnet? Diplomaten zur Gratulationscour und Athleten zur Olympiade nach Berlin geschickt? Wer hat den Verbrechern die Hand gedrückt statt den Opfern? Wir nicht, meine Herren Pharisäer!

    Sie nennen uns das >andere Deutschland<. Es soll ein Lob sein. Doch sie loben uns nur, damit sie uns desto besser tadeln können. Beliebt es ihnen, vergessen zu machen, daß dieses >andere Deutschland< das von Hitler zuerst und am längsten besetzte und gequälte Land gewesen ist? Wissen sie nicht, wie Macht und Ohnmacht im totalen Staat verteilt sind? Sie werfen uns vor, daß wir nicht zu Attentaten taugen? Daß noch die Trefflichsten unter uns dilettantische Einzelmörder unübertrefflicher Massenmörder waren? Sie haben recht. Doch das Recht, den ersten Stein gegen uns aufzuheben, das haben sie nicht!"


    Warum zitiere ich das in diesem Zusammenhang? Weil Richard Strauss, wie unzählige seiner Zeitgenossen, eingeschüchtert, verängstigt, von mir aus feige waren, in ihrer Ohnmacht. Wie hätten wir uns verhalten, wenn wir damals uns selbst, unsere Familien und Freunde, gegen einen Unrechtsstaat hätten schützen wollen?

    Bekanntlich war seine Schwiegertochter Jüdin, und damit seine sämtlichen Enkelkinder nach Naziauslegung "jüdische Mischlinge". Zu seinen Freunden zählten die Juden Max Reinhardt, Bruno Walter, Stefan Zweig und Hugo von Hofmannsthal. Strauss war an Politik nur interessiert, soweit es ihn persönlich betraf. Als im März 1933 Bruno Walter von den Nazis daran gehindert wurde, ein Konzert der Berliner Philharmoniker zu dirigieren, trat Strauss stellvertretend für ihn auf und überließ demonstrativ sein Honorar Walter und jüdischen Musikern. Er bestand zudem darauf, daß auf dem Programmzettel gedruckt wurde: "Dirigent: Anstelle von Bruno Walter Richard Strauss". Bei der Uraufführung seiner Oper "Die schweigsame Frau" 1935 gab es erneut Krach mit den Nazis, weil Strauss als Librettisten den Juden Stefan Zweig gewählt hatte und darauf bestand, daß dessen Name im Programm erschien. Daraufhin blieben Hitler und etliche seiner Paladine der Aufführung fern. Die Liste wäre noch viel weiter fortzusetzen.

    Aber nun will eine hohe "Fachkommission" seinen Namen für eine Straße in Wiesbaden streichen, weil er sich den Nazis unterworfen hat. Es ist unfaßbar. Richard Strauss steht - zu Recht - als Musiker auf dem Straßenschild und nicht als Politiker, der er nie war. Wer kommt als nächster dran? Die Pharisäer sterben nicht aus, sie sind mitten unter uns.


    LG Nemorino