Beiträge von Frank Pronath

    Nicht nur bei Tamino wird über Potts gesprochen. Auch in einem anderen Forum, das eigentlich überhaupt nichts mit Musik zu tun hat, hat man Potts mit einem eigenen Thread bedacht:


    h**p://www.philippinenforum.net/thread.php?threadid=19290


    Auffallend ist doch, dass Potts es trotz seines eher mittelmäßigen Gesangs es irgendwie schafft, an die Menschen heranzukommen. Die zahlreichen Äußerungen (auch in diesem Thread), wonach er seine Zuhörer gerührt hat, sind ja sicherlich ernst gemeint.


    Das ist doch ein sehr interessantes Phänomen.


    Was denkt Ihr darüber? Schlichtweg Manipulation? Oder steckt doch mehr dahinter?


    Viele Grüße
    Frank

    Gestern machte das San Francisco Symphony Youth Orchestra unter der Leitung von Benjamin Schwartz auf seiner Europatournee Station in der Berliner Philharmonie. Bei dem populären Programm


    Adams, Lollapalooza
    Sibelius, Violinkonzert
    Dvorak, Symphonie Nr. 9 "Aus der Neuen Welt"


    konnte von vornherein nichts schiefgehen.


    Das kurze Stück mit dem skurillen Titel "Lollapalooza" von John Adams war mir bis jetzt unbekannt. Laut Programmheft hat Adams es im Jahre 1995 zu Simon Rattles 40. Geburtstag komponiert. Es baut auf einem anfangs harmlosen Ostinato-Thema auf, steigert sich sogleich aber sehr schnell, wird zunehmend rhythmisch vertrackter und endet schließlich mit einem großen Knall. Bei diesem effektvollen und technisch anspruchsvollen Werk hatte das Orchester Gelegenheit, seine außerordentliche Virtuosität unter Beweis zu stellen. Hätte man an diesem Abend einen Zuhörer mit verbundenen Augen in den großen Saal der Philharmonie geführt, so hätte dieser niemals geglaubt, hier "nur" ein Schüler- und Studentenorchester zu hören. Die äußerst diszipliniert und präzise spielenden jungen Musiker machten sofort deutlich, dass sie es ohne weiteres mit jedem Profiorchester aufnehmen können. Bereits nach dem Eröffnungsstück erntete das Orchester einen ehrlich gemeinten jubelnden Applaus (lediglich eine ältere Dame in meiner Umgebung hielt das moderne Werk wieder einmal für "fürchterlich").


    Höhepunkt des Abends war für mich das Violinkonzert in d-moll von Jean Sibelius mit dem Solisten Julian Rachlin. Bereits zum Anfang des ersten Satzes war zu erkennen, wie gefühlvoll Orchester und Solist mit dieser Musik umgehen. Die filigranen Anfangstakte kamen im Pianissimo wie aus dem Nichts. So schön musiziert habe ich dies selten gehört. Insgesamt hat mich die Interpretation des Sibelius-Konzerts sehr überzeugt und beglückt. Rachlin und das Orchester spielten kraftvoll in den virtuosen Passagen, die lyrischen Stellen - besonders der zweite Satz - wurden äußerst sensibel dargeboten. Amüsant empfand ich, wie Rachlin, wenn er als Solist längere Pausen hatte, das Orchester mit Gesten anfeuerte und quasi mitdirigierte. Wunderbar!


    Dvoraks Symphonie "Aus der Neuen Welt" konnte da kaum noch Überraschungen bringen. Auch dieses Werk wurde überzeugend dargeboten. Das Orchester war wunderbar vorbereitet. Jede einzelne Phrase und jeder Übergang erschienen perfekt und liebevoll ausmodelliert. Auch hier erhielt das Orchester einen lange anhaltenden Beifall mit vielen Bravo-Rufen.


    Als Zugaben gab es Gershwins Cuban-Overture, Tschaikowskis Polonaise aus Eugen Onegin und einen indischen Raga, der ohne (!) Instrumente zu Gehör gebracht wurde (was ich Euch beim besten Willen nicht mit Worten beschreiben kann). Selbst hingehen und anhören!


    Weitere Konzerttermine:
    04. Juli: Passau,
    06. Juli: Ingolstadt,
    07. Juli: München,
    10. Juli: Prag


    Nähere Informationen hier: h**p://www.sfsymphony.org/about/pressroom/FullRelease.aspx?pressReleaseID=30218


    Viele Grüße
    Frank

    Zitat

    Original von Joseph II.
    Wirkt reichlich angestrengt, der Herr. :hahahaha:


    Lasst Euch bitte nicht von den Covern irritieren. Guido Schiefen ist ein hervorragender Cellist, der es nicht verdient, wegen Äußerlichkeiten unterschätzt zu werden. Leider hat er offensichtlich kein Glück mit seinen Coverdesignern.


    Ich kenne seine Aufnahme der Cellosonaten von Beethoven mit Alfredo Perl.



    Eine durchaus gelungene, vitale Einspielung, die zweifelsohne konkurrenzfähig und empfehlenswert ist. Auch vom Klang her ist die Aufnahme sehr schön. Nur das Cover leider eben...


    Viele Grüße
    Frank

    Noch nicht genügend gelobt wurde hier die folgende Aufnahme



    von Martha Argerich und Charles Dutoit. Das muss ich nachholen.


    Leider habe ich keine Vergleichsaufnahme, so dass ich diese CD nicht wirklich einordnen kann. Jedenfalls gefällt mir diese Einspielung sehr gut. Ich habe den Eindruck, dass man Prokofievs 3. Klavierkonzert nicht besser spielen könnte (gilt auch für die anderen Konzerte auf dieser CD). Das Nebenthema im dritten Satz ist wirklich herzerweichend. Auch vom Klangbild halte ich die Aufnahme für sehr gelungen.


    Viele Grüße
    Frank

    Dienstag, 01.07.2008, 20.00 Uhr, Philharmonie Berlin


    San Francisco Symphony Youth Orchestra
    Dirigent: Benjamin Shwartz, Solist: Julian Rachlin, Violine


    John Adams, Lollapaloza (1995)
    Jean Sibelius, Violinkonzert d-moll
    Antonin Dvorak, Symphonie Nr. 9 e-moll "Aus der neuen Welt"


    Weitere Konzerttermine:
    28. Juni: Rostock,
    04. Juli: Passau,
    06. Juli: Ingolstadt,
    07. Juli: München,
    10. Juli: Prag


    Weitere Informationen hier: h**p://www.sfsymphony.org/about/pressroom/FullRelease.aspx?pressReleaseID=30218


    Viele Grüße
    Frank

    Wer kennt die Filmversion bzw. was haltet Ihr davon?



    Ich muss gestehen, dass mich der Film sowohl musikalisch als auch filmisch sehr enttäuscht hat. Sehenswert ist er eher wegen der Stunts und der Trickaufnahmen.
    Das Stück ist sehr stark gekürzt, die Nebenhandlung mit Tommy und Winnie ist weggelassen, damit fehlen auch einige wunderbare Songs. Ein dummer Schnittfehler vermasselt den Genuß in "You Can't Get a Man with a Gun". Witz und Ironie fehlen, das Indianerballett "I'm an Indian too" ist nur peinlich. Für mich ist es einer von den schwächsten Musicalfilmen, die ich kenne.


    Viele Grüße
    Frank


    PS. Hat jemand "Annie Get Your Gun" schon einmal live auf der Bühne gesehen? Wie werden da die Zirkus-Stunts dargestellt?

    Hallo,


    ich bin glücklich, dass in meinem CD-Regal diese fulminante Aufnahme mit Kim Kriswell und Thomas Hampson steht, die bei Am...on offensichtlich nur noch zu "Sammlerpreisen" zu haben ist:



    Diese CD kann ich nur empfehlen. Den beiden Protagonisten zuzuhören, Kim Criswell als rotzfreche Göre und Thomas Hampson als arroganter Macho, bereitet mir immer wieder größtes Vergnügen. Beide bieten großartige musikalische und komödiantische Leistungen. Und bei den temporeichen Nummern "There's no Business..." und "I got The Sun in The Morning..." gerät man selbst beim Zuhören außer Atem. Mein Favorit ist jedoch der bitterböse Geschlechterkampf "Anything You can do". Die Aufnahme ist jedoch auch vom Klangbild her hervorragend gelungen.


    Viele Grüße
    Frank

    Ich möchte Euch gerne dieses Konzert an's Herz legen, auf das ich mich auch persönlich sehr freue:


    Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Berlin, SA 31.05.08 | 19:00 Uhr | Kleiner Saal
    Veranstalter: Philippine Community - Berlin


    Liederabend
    "Kundiman"
    Jonathan de la Paz Zaens, Baßbariton
    Abelardo Galang II, Klavier


    Werke von Johannes Brahms, Richard Strauss und Hugo Wolf sowie von philippinischen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts


    Über die "Kundiman"-Lieder habe ich bereits hier geschrieben.


    Viele Grüße
    Frank

    Ergänzung zum vorherigen Beitrag:


    Gidon Kremers Aufnahme des Violinkonzerts von Kara Karajew ist in dieser bei Brillant erschienenen Box mit älteren Aufnahmen des Geigers enthalten:



    Edition Historical Russian Archives - Gidon Kremer


    Hätte nicht gedacht, dass dieses exotische Konzert doch noch auf CD zu haben ist.


    Viele Grüße
    Frank

    Schön. dass diesem Klavierkonzert die Ehre eines eigenen Threads zuteil wird. Der zweite Satz mit dem Flexaton ist natürlich der Clou, aber auch ohne diesen wäre das Konzert zweifelsohne hörenswert.


    Ich habe eine Aufnahme aus dem Jahre 1987 mit der aus Südafrika stammenden Pianistin Annette Servadei und dem London Philharmonic Orchestra, dirigiert von Joseph Giunta. Die CD ist damals bei Hyperion erschienen und heute offensichtlich nicht mehr erhältlich.


    Das Flexaton ist in dieser Einspielung diskret in den Hintergrund gerückt worden, es klingt also nicht allzu aufdringlich. Auch sonst gefällt mir die Aufnahme recht gut. Aber ich denke, bei dieser publikumswirksamen Musik können die Interpreten nicht viel falsch machen...


    Viele Grüße
    Frank

    Zitat

    Original von Pius


    Guck mal zwei Beiträge über Deinen! :rolleyes:


    Hallo,
    sorry - ich habe wohl ein wenig zu schnell den Thread "gescrollt"...


    Aber einen hab' ich noch:
    "Las Campanas del Amanecer" (Die Glocken der Dämmerung) aus "El amor brujo" von Manuel de Falla:
    "Ya está despuntando el dia!
    Cantad, campanas, cantad!
    que vuelve la loria mia!"


    Viele Grüße
    Frank

    Gestern hatte ich Gelegenheit, in einem Konzert des Staatlichen Symphonieorchesters Aserbaidschan das Violinkonzert von Kara Karajew zu hören. Weder das Werk noch der Komponist waren mir bisher ein Begriff.


    Der Schostakowitsch-Schüler Kara Karajew (Aserbaischanische Schreibweise: Qara Qarayev) wurde 1918 in Baku geboren, wo er auch 1982 starb. Er leitete die Philharmonie in Baku und wirkte am dortigen Konservatorium als Professor. Karajew schrieb mehrere Opern, Ballette, symphonische Musik und Filmmusik.
    Das Violinkonzert wurde 1968 von Leonid Kogan in Moskau uraufgeführt. Es besteht aus drei verhältnismäßig kurzen Sätzen (Allegro moderato, Andante, Allegro ben ritmico).


    Obwohl das Orchester sehr aufwändig besetzt ist (u.a. mit Harfe, Klavier, großes Schlagwerk), wirkt das Konzert nicht lärmend, sondern eher lyrisch und introvertiert. Der Solist bekommt - zumindest in den ersten beiden Sätzen - keine Chance zur virtuosen Selbstdarstellung. Im Vordergrund stehen eher weit ausschweifende gesangliche Momente. Ich habe die Musik als sehr hell und freundlich empfunden. Selbst der marschartige dritte Satz (mit herrlichen "Dialogen" zwischen Solovioline und Schlagzeug) wirkte auf mich entspannt und undramatisch. Als verblüffend empfand ich den originellen und völlig unprätentiösen Schluss. Die Musik kommt auf eine völlig simple und natürliche Weise zum Ende, indem ein schneller Lauf der Geige plötzlich abbricht. Keine Schlussakkorde, keine aufgesetzten Effekte - einfach vorbei.


    Laut van Rossums hilfreicher Violinkonzert-Anthologe hat Gidon Kremer dieses Konzert bereits eingespielt, doch die Aufnahme ist offensichtlich nicht mehr erhältlich. Eine Neuaufnahme wäre wünschenwert. Die Helden der Violinszene mögen bitte vor den Mikrofonen antreten...


    Viele Grüße
    Frank


    Bach, Konzerte BWV 1052 - 1058, Murray Perahia, Academy of St. Martin in the Fields


    Bachs "Klavier"-Konzerte auf dem modernen Steinway-Flügel!? Da kommt so manchem das kalte Grausen! Keine Bange, hier kann man bei jedem einzelnen Ton Perahias Respekt und seine Liebe zu Bachs Musik heraushören. Diese beiden CDs werden mich sicher für längere Zeit nicht loslassen.


    Eines irritiert mich: Warum steht auf dem Cover "Keyboard Concertos? Seit rund 45 Jahren lebe ich in dem Glauben, der Plural lautet Concerti? Wer kann mich aufklären?


    Viele Grüße
    Frank

    Zitat

    Original von Ralf_Hamburg
    - und natürlich der unvermeidliche Leroy Anderson mit seinem Konzertstück für Schreibmaschine und Orchester - muß man nicht gehört, aber mal gesehen haben ;)


    Hier ist die Version von Jerry Lewis zu finden (für all die jüngeren Musikfreunde, die es noch nicht kennen sollten):
    w*w.youtube.com/watch?v=a7ySmnxy29Q


    Viele Grüße
    Frank

    Hallo,


    ich freue mich bereits jetzt auf ein etwas exotisches Konzert am kommenden Donnerstag, 27.03.08 im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt:


    Staatliches Symphonieorchester Aserbaidschan


    Rauf Abdullayev, Dirigent
    Togrul Ganiyev, Violine
    Shükür Samadov, Klarinette
    Müzaffar Agamalizade, Flöte


    Nuraddin Guliyev, Rezitation
    Saskia Valencia, Rezitation


    Das folgende Programm ist angekündigt:


    Üseyir Hadschibäyov (1885-1948 ) – Ouvertüre zur Oper „Köroglu“ (Der Sohn des blinden Mannes) (1937)


    Nuraddin Guliyev (Aserbaidschan) und Saskia Valencia (Deutschland) lesen literarische Texte auf Aserbaidschanisch und Deutsch


    Fikret Amirov (1922-1984) – „Aserbaidschanisches Capriccio“ für symphonisches Orchester (1963)


    Arif Melikov (*1933) – 6. Symphonie „Kontraste“ für Orchester (1985)


    Kara Karayev (1918-1982) – Konzert für Violine und Orchester (1967)


    Kara Karayev (1918-1982) – Ausschnitte aus der Ballettsuite „Auf dem Pfade des Donners“ (1958 )


    Das Konzert ist zugleich die Eröffnungsveranstaltung für das Kulturjahr Aserbaidschan in Deutschland 2008. Mehrere Veranstaltungen folgen noch in diesem Jahr. Mehr Informationen findet Ihr inter w*w.kulturjahr-aserbaidschan.de


    Viele Grüße
    Frank

    Zitat

    Original von Hildebrandt
    Aida singt doch vom Nil.


    Und gabs zu dem Gewässer nicht auch noch was anderes? "Spaziergang am Nil" oder so? Vielleicht Roussel?


    Hallo,
    angeblich soll der dritte Satz aus dem Klavierkonzert Nr. 5 von Camille Saint-Saens eine Dampferfahrt auf dem Nil beschreiben. Eine verlässliche Quelle hierzu kann ich Euch aber leider nicht nennen.


    Viele Grüße
    Frank

    Gibt es eigentlich Hornisten hier im Forum oder unter den Mitlesern? Zwar spiele ich selbst kein Blasinstrument, kann mir aber bereits beim Hören sehr gut vorstellen, dass der Solopart höchst anspruchsvoll ist.


    Im Prolog und im Epilog tauchen ein paar merkwürdig "unsaubere" Töne auf. Dadurch wirkt die Musik auf mich irgendwie fremd und "archaisch". Da ich davon ausgehe, dass die bei den Aufnahmen beteiligten Hornisten keine totalen Stümper sind, muss dies offensichtlich von Britten absichtlich so komponiert worden sein. Oder lassen sich diese Töne auf dem Horn nicht anders spielen?


    Viele Grüße
    Frank

    @Johannes: Wieder etwas gelernt. Auf die Verbindung Mond - Artemis wäre ich nicht so schnell gekommen.


    @Peter: Vielen Dank für Deine Nachtarbeit. Allerdings findet Ihr die vollständigen Texte auch hier: h**p://en.wikipedia.org/wiki/Serenade_for_Tenor,_Horn_and_Strings


    Außerdem gibt es eine ausführliche Analyse des Textes von Dirge an dieser Stelle:
    h**p://www.duntemann.com/likewakepage.htm


    Viele Grüße
    Frank

    "The day's grown old; the fainting sun
    Has but a little way to run,
    And yet his steeds with all his skill,
    Scarce lug the chariot down the hill..."


    Es lange Zeit gedauert bis ich mich mit Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streichorchester einigermaßen anfreunden konnte. Ich empfand diese Musik als zu deprimierend, woran besonders die beiden mittleren Sätze Elegy und Dirge nicht ganz schuldlos waren. Denn Britten konfrontiert darin den Zuhörer schonungslos und direkt mit den Themen Vergänglichkeit und Tod. Andererseits ist es eine wunderschöne, genial ersonnene Musik, die selbst eingefleischte Skeptiker in Bezug auf die Klänge des 20. Jahrhunderts für sich einnehmen dürfte. Auch ich habe nach mehrfachem Wiederhören zwischenzeitlich die Qualität und die Schönheit dieses Werks kennen und schätzen gelernt.


    Britten schrieb diese Serenade im Jahr 1943 für den Tenor Peter Pears und den Hornisten Dennis Brain. Das Werk setzt sich aus sechs Liedern nach Texten englischer Dichter zusammen. Umrahmt wird es von einem unbegleiteten Prolog und einem Epilog des Solohorns, wobei der Epilog nichts anderes als eine Reprise des Prologs ist.


    "...The shadows now so long do grow,
    That brambles like tall cedars show;
    Mole hills seem mountains, and the ant
    Appears a monstrous elephant..."


    Das erste Lied Pastoral (Text von Charles Cotton, 1630-1687) malt die Stimmung eines Abends auf dem Lande. Es ist eine recht schlichte Komposition; auf mich wirkt sie heiter und sehr zärtlich und ruft Bilder einer anmutigen Landschaft in den satten Farben des Abendlichts hervor. Das Orchester hält sich hier noch zurück. Es lässt den beiden Solisten den Vortritt und beschränkt sich auf warme Streicherakkorde.
    Etwas mehr Bewegung kommt im Nocturne (Text von Alfred Lord Tennyson, 1809-1892) auf, das für mich ebenfalls die musikalische Darstellung einer nächtlichen Landschaft ist. Die Streichinstrumente sollen mit ihren quirligen Motiven wohl die Seen und Wasserfälle imitieren:


    "...the long night shakes across the lakes,
    And the wild cataract leaps in glory..."


    Sehr schön komponiert hat hier Britten die Übergänge von Bewegung und Stillstand, sowie die immer zu Beginn der einzelnen Strophen wiederkehrenden Impulse, die erneut die Musik zum Fließen bringen:


    "...Blow, bugle, blow, set the wild echoes flying,
    Bugle, blow; answer echoes, answer, dying,
    dying, dying..."


    Mit dem nächsten Lied Elegy (Text von William Blake, 1757-1827) ist es mit dieser heiteren und gelösten Stimmung zunächst einmal vorbei.


    "O Rose, thou are sick!"


    Das abwärts gerichtete Sekundmotiv und die von den Streichern gespielten Synkopen lassen bereits in den ersten Takten keinen Zweifel, dass es für die Rose keine Hoffnung mehr gibt. Während Elegy noch vom Vergehen handelt, befasst sich das darauf folgende Dirge (Text: Anonym,15. Jahrhundert) bereits mit dem Tod:


    "This ae nighte, this ae nighte, Every nighte and alle,
    Fire and fleete and candle-lighte,
    And Christe receive thy saule..."


    Unerbittlich wiederholt der Tenor die kurze Melodie. Die Streicher beginnen zaghaft - zunächst nur die Bässe - den Gesang kommentierend zu begleiten. Der Kontrapunkt erweckt den Eindruck als würde das Orchester gegen die Botschaft rebellieren. Der Tenor lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken. Sänger und Orchester scheinen sich gegenseitig hochzuschaukeln. Auch das Horn bemüht sich, Einspruch zu erheben, vergeblich. Zum Ende des Liedes hat das Orchester seinen Kontrapunkt und seinen Protest aufgegeben, als hätte es sich nunmehr mit dem Schicksal abgefunden.


    Glücklicherweise zeigt sich Benjamin Britten gnädig mit uns und erlöst uns im folgenden Hymn (Text von Ben Jonson, 1572-1637) von der morbiden Stimmung. Heitere und lebhafte Jagdtöne erklingen in diesem fast volksliedhaft anmutenden Lied:


    "Queen and huntress, chaste and fair,
    Now the sun is laid to sleep,
    Seated in thy silver chair,
    State in wonted manner keep:
    Hesperus entreats the light,
    Goddes excellently bright..."

    (Da ich trotz bayerischen humanistischen Abiturs nicht mehr so sattelfest in der griechischen Mythologie bin, wäre ich hier für jede Hilfe zum Verständnis des Textes dankbar.)


    Unterdessen ist es Nacht geworden. Im abschließenden Sonett (Text von John Keats, 1795-1821) wird der Schlaf besungen:


    "...O soothest Sleep! If so it please thee, close
    In midst of this thine hymm my willing eyes..."


    Britten schenkt uns zum Schluss ein wahrhaft inniges, eindringliches und im wahrsten Sinne des Wortes "traumhaftes" Musikstück. Das Horn schweigt. Der Tenor wird allein von den Streichern diskret begleitet. Was für eine Lyrik:


    "...Save me from curious Conscience, that still lords
    Its strenght for darkness, burrowing like a mole;
    Turn the key deftly in the oiled wards,
    And seal the hushed Casket of my soul."


    Unsichtbar hinter der Bühne spielt der Hornist den Epilog.


    Wie wird der Morgen sein?

    Am vergangenen Dienstag gab es im großen Saal der Berliner Philharmomie ein Konzert der Jungen Deutschen Philharmonie (Dirigent: Lothar Zagrosek) mit den folgenden Werken:


    Claude Debussy, »Ibéria« aus Images
    Maurice Ravel, Klavierkonzert G-Dur
    Igor Strawinsky, Capriccio für Klavier und Orchester
    Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93


    Mit diesem publikumswirksamen Programm konnte eigentlich gar nichts schiefgehen. Und in der Tat haben sich alle meine hohen Erwartungen zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Unter der Leitung des offensichtlich sehr gut gelaunten Lothar Zagrosek spielte das Orchester alle vier Werke des Abends virtuos und energiegeladen.
    Debussys Iberia habe ich noch nie so spritzig und voller Temperament gehört. Lediglich den zweiten Satz "Les parfums de la nuit" hätte ich mir doch noch ein wenig duftiger vorstellen können.
    Olli Mustonens kraftvolle Interpretationen der beiden Werke für Klavier und Orchester von Ravel und Strawinsky fügten sich ausgeszeichnet dazu ein. Es bereitet übrigens eine wahre Freude, Mustonen beim Klavierspiel zuzusehen. Sein stets verzücktes Lächeln erweckt den Eindruck, als würde er sich über jeden einzelnen Akkord im höchsten Maße freuen.
    Den krönenden Höhepunkt bildete Beethovens 8. Symphonie in einer ebenfalls sehr lebhaften Darbietung, mit welcher das Orchester nochmals in Bestform auftrumpfen konnte.
    Für mich war es ein sehr schöner Konzertabend. Das lange Anstehen an der Kasse (1 1/2 Stunden nur für das Abholen der vorbestellten Karten) hat sich gelohnt. Bei mir hat die Junge Deutsche Philharmonie wieder zahlreiche Sympathiepunkte gewonnen.


    Viele Grüße
    Frank

    Hallo,


    soeben habe ich mir ebenfalls den Ausschnit aus Fazil Says Violinkonzert angesehen. Mir gefällt diese Musik sehr gut. Effekthascherei kann ich nicht erkennen. Aber um die Komposition richtig einschätzen zu können, müsste man natürlich das vollständige Stück hören. Hoffentlich wird es bald auf CD erscheinen.


    Allerdings habe ich den Eindruck, dass Fazil Say beim Komponieren es nicht vermeiden kann, sich selbst zu wiederholen. Ich glaube, so manche Stelle aus seinen früheren Werken wiederzuerkennen. Eigentlich schade.


    Viele Grüße
    Frank


    P.S: Falls weiterer Diskussionsbedarf hierzu besteht erlaube ich mir, auf die folgenden Threads hinzuweisen:
    Fazil Say - der Pianist des 21. Jahrhunderts?
    Violinkonzerte im 21. Jahrhundert

    Hallo,


    ich habe ebenfalls damals eine Aufführung in Leipzig gesehen und bin davon noch immer sehr begeistert. Allerdings kann ich zu den musikalischen Eindrücken nach 10 Jahren nicht mehr viel sagen. Unvergesslich sind mir jedoch die gewaltigen Dimensionen des Werkes und die kongeniale Inszenierung. Schon damals war mir klar, dass ich mir von dieser Oper niemals eine Aufnahme anschaffen werde. Ich denke, dass keine CD oder DVD dem vielschichtigen Werk jemals gerecht werden kann. Man muss es einfach live erleben.


    Viele Grüße
    Frank

    Nach langer Zeit krame ich diesen Thread wieder einmal hervor, um Euch auf eine Crossover-Musik aufmerksam zu machen, die ich sehr mag und Euch gerne ans Herz legen möchte:



    "Luz Y Norte" Lucas Ruiz de Ribayaz, Madrid 1677
    The Harp Consort, Andrew Lawrence King


    Das Harp-Consort hat für diese CD von 1995 Stücke aus der Sammlung "Luz Y Norte" mit spanischer, italienischer, südamerikanischer und afrikanischer Tanzmusik des 17. Jahrhunderts eingespielt. Die Aufnahme ist ohnehin sehr empfehlenswert.


    Als besondere Überraschung enthält die CD jedoch noch zwei besondere Zugaben. Es handelt sich um spanische Lieder, die der Rockmusiker John Paul Jones (Led Zeppelin) beigesteuert hat. Jones hat, wie es im Booklet so schön formuliert ist, seinen E-Bass zur Seite gelegt, "um neue Stücke für die typischen akustischen Instrumente einer Band des 17. Jahrhunderts - Barockharfe, Chitarrone und Viola da Gamba - zu schreiben". Herausgekommen ist dabei eine sehr stimmungsvolle und "farbenfrohe" Musik, die - noch dazu wenn sie von Musikern wie Andrew Lawrence King, Hille Perl und Thomas Ihlenfeldt interpretiert wird - einfach Freude macht.


    Viele Grüße
    Frank