Beiträge von Basti

    Die Oper heißt nicht La-Boheme, und die Schauspielerin heißt nicht Romy-Schneider, daher müsste es korrekt (eigentlich) heißen:


    La Boheme-Vorstellung und Romy Schneider-Film.


    Aber "La" und "Bohéme" gehören genauso zusammen wie "Romy" und "Schneider" ;)


    :hello:

    Ich muss jetzt hier mal auf einen Missstand aufmerksam machen, der mich schon seit längerem aufregt: Der "Deppenapostroph" ist mittlerweile abgelöst durch das sogenannte "Deppenleerzeichen". Dies bezeichnet den Missstand, dass kaum noch jemand in der Lage ist, zwischen Wörtern Bindestriche zu setzen (die fast überall hin gehören). Ich möchte ein paar Beispiele bringen ohne Nennung der Quellen; die jeweiligen Autoren werden eh meinen, dass sie gemeint sind, möchten sich aber bitte nicht beleidigt fühlen:


    - La Boheme Vorstellung
    - Verdi Opern
    - Rienzi Neuproduktion
    - Studio Produktion
    - Osmin Interpreten
    - Anna Bolena Vorstellungen
    - Anna Bolena Wahn
    - Romy Schneider Film


    etc. pp.


    Bei all diesen Beispielen gehört zwischen JEDES Wort ein Bindestrich. Wie so oft handelt es sich bei der Unsitte, dort keinen zu setzen, um einen Anglizismus - in der englischen Zeichensetzung existieren Bindestriche nur unter bestimmten Vorraussetzungen, in der deutschen sind sie zwingend erforderlich.
    Das Deppenleerzeichen greift sowieso überall um sich: So bekommt man zum Beispiel Joghurt angeboten - und unter der Anzeige steht "125 g Becher". Das bedeutet also, dass man 125g kleingeschredderten Pappbecher in einem Gefäß bekommt. Gleiches gilt für Marmelade ("350 g Glas") oder Saft ("2l Packung").
    Eines der lustigsten Deppenleerzeichen, die ich bisher sah, war jenes:



    Die arme Frau...



    Man mag mir jetzt Korinthenkackerei vorwerfen; ich wollte aber einfach mal meinem Ärger Luft machen (der genauso groß ist wie der darüber, dass kaum noch jemand vernünftige Nebensätze mit "weil" bilden kann). Und das Traurige ist, dass wahrscheinlich alle Schreiber der oben genannten Wörter diese früher mit Bindestrich geschrieben haben - und das jetzt nur nicht mehr tun, weil sie denken, die Schreibung ohne Strich wäre richtig. Aber: DAS IST SIE NICHT!



    :hello:

    Zitat

    Original von Theophilus

    ...


    Dir scheint entgangen zu sein, dass es sich hier um das Satire-Forum handelt. Du solltest den Text noch einmal unter diesem Aspekt lesen!


    Auch als regelmäßiger "Titanic"-Leser habe ich hier wenig Satire erkennen können. Aber vielleicht war das ja der Witz


    Zitat

    Original von Engelbert
    Aber, um Dir eine Freude zu machen, werde ich in absehbarer Zeit den 'Tannhäuser' beschreiben. Du wirst mir doch zustimmen: Der dramaturgische Aufbau des ersten Aktes ist eine Katastrophe, die ans Licht gezerrt gehört.


    Ja, da hast du Recht. Meines Erachtens ist der Plot des ganzen Werkes eine Katastrophe

    Conte: Simon Keenlyside
    Contessa: Patrizia Ciofi
    Susanna: Diana Damrau
    Figaro: Cesare Siepi (wer sonst?)
    Cherubino: Anna Bonitatibus
    Bartolo: Fernando Corena
    Basilio: Ulrich Reß
    Marcellina: ? (wirklich keine Ahnung)


    Dirigent: Jacobs


    Teils live erlebt, Rest aus Aufnahmen zusammengekleistert :thumbsup:


    :hello:

    Nein, muss es nicht, aber man kann's doch machen. Außerdem schreib ich nicht, wie toll ich doch gekontert hätte, noch mache ich mich darüber lustig. Ich habe mich eben über diesen Beitrag geärgert und Luft gemacht .

    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt




    Also dieses Statement halte ich gelinde gesagt für eine Frechheit - Selbstverständlich kann jedes Mitglied Vorlieben für und Abneigungen gegen Richard Wagner posten und in entsprechender Fprm artikulieren


    Ja, natürlich darf man das. Ich habe nur etwas dagegen, wenn man dafür Threads eröffnet, in denen man dann auch noch lang und breit ausbreitet, dass man das Werk respektive den Komponisten ja eigentlich nicht mag, aber dennoch einen Beitrag im Opernführer geschrieben hat etc. pp., bei dem der Diskussionsstoff dann doch sehr überschaubar ist.


    Zitat

    Original von Alfred
    Irgendwie verwundert mich, daß jemand von einem Operführer Neutralität fordert, der die Enstellungen des Regietheaters öffentlich verteidigt. ...


    Deutung entspringt aus der Beschäftigung mit der unkommentierten Handlung



    Nichts für ungut, aber schreiben musste ich das:

    Zitat

    Alle Originale von Engelbert
    Der Geisterfahrer hat die vielen Leute im Parkett, auf Balkonen und Rängen wahrgenommen und empfindet bei aller Wehleidigkeit Genugtuung, dass es Menschen gibt, die sich für seine Geschichte interessieren.


    Das halte ich indes sehr wohl für eine Interpretation.


    Zitat


    „Den fliegenden Holländer nennt man mich!“ als ob Senta diesen Tatbestand von Anfang an nicht gewusst hätte.


    Das auch...



    Zitat

    Nun, das sollte nur eine weitere kleine Kostprobe sein, um festzuhalten, dass Herr Wagner nicht nur vortrefflich orchestriert, sondern auch schön dichten kann. „So weckt die Mannschaft ja nicht auf, Gespenster sind’s, wir schwören drauf."


    Und das erst recht. Wenn deine Missgunst für Richard Wagner bereits aus dem Opernführer-Beitrag spricht, hättest du ihn nicht verfassen sollen. Der gehört ins Satire-Forum, und nicht in den meiner Meinung nach der Neutralität verpflichteten Opernführer.


    Warum soll die Wagner-Qualität an kleinen Theatern gering sein? Theater wie Detmold, Lübeck oder Enschede bringen hervorragende "Ringe". Soll es ein Wagner-Ensemble aus großen Namen geben, das durch die Welt tingelt und angeblich qualitätsvolle Aufführungen liefert? Und was ist eine "gültige Wagner-Aufführung"? Was ist überhaupt eine "gültige Aufführung"? Alles Fragen, die du offen lässt.


    Wenn du Wagner verabscheust, behalte das bitte für dich und erstelle keine Threads dazu, die vor allem deiner Selbstreflexion und vor allem -darstellung dienen und wenig intelektuelle Substanz haben.


    Zitat

    Selbst in Bayreuth wird nur mit Leitungswasser gekocht.


    Mit Weihwasser wird das Essen auch nicht gerade schmackhaft.

    Kap der Angst: „Hoffmanns Erzählungen“ in Osnabrück (Premiere, 15. Januar 2011)


    „Hoffmann“ in Osnabrück ist vieles – nur nie langweilig. Die Spannung hält den ganzen Abend über an, und am Ende gibt es für alle Beteiligten großen Beifall, auch für das Regieteam, die jede Sekunde in Offenbachs Oper nachvollziehbar und teilweise befremdend gedeutet haben.




    Genadijus Bergorulko, Hans Hermann Ehrich




    Bernardo Kim, Tadeusz Jedras, Natalia Atamanchuk, Genadijus Bergorulko


    Alle Fotos (C) Theater


    Kommen wir zunächst zum musikalischen Teil. Hermann Bäumer ließ es im Graben oft ordentlich krachen, ohne aber jemals die Sänger zu gefährden. Er leitete den Abend in bester kapellmeisterlicher Manier – was ja heute auch schon viel wert ist. Der von Holger Krause einstudierte Chor zog sich gut aus der Affäre und zeichnete sich zudem durch große Spielfreude aus. Auch alle kleinen Partien waren rollendeckend besetzt – besondere Erwähnung verdienen hier Tadeusz Jedras als Crespel und Mark Hamman, der jedem der Diener ein eigenes, herrlich überdrehtes Profil gab. Von Daniel Moon, der Schlemihl und Hermann seinen Luxusbariton leiht, ganz zu schweigen.
    Als Hoffmann debütierte Bernardo Kim. Dem 35-jährigen Koreaner hörte man im vierten Akt dann doch einige Ermüdungserscheinungen an, aber das ist bei der Partie kein Wunder, und er ist ja noch jung – er wird sie sich bestimmt bald besser einteilen können. Im Großen und Ganzen aber war das ein tolles Debüt: Sein strahlender Tenor zeigt allenfalls in der Höhe ein kleines Flattern, und auch darstellerisch steigt er voll in die Produktion ein.
    Die Muse, die hier raumspraysprühend im Takt zu Olympias Arie über die Bühne flirrt und auch noch weitere Rollen übernimmt, gibt Eva Schneidereit mit hoher Bühnenpräsenz und veritablem Mezzo. In die Rollen der vier Bösewichte schlüpfte Genadijus Bergorulko, der stimmlich leider einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte. Viele Töne wurden nur markiert, und auch sonst fiel er eher durch Mut zur Hässlichkeit auf. Doch seine phänomenale Bühnenpräsenz und -beherrschung machten da alles wieder wett. Die Olympia war mit Ani Taniguchi besetzt. Gesanglich kann man nicht mehr erwarten, und schauspielerisch wurde ihre Arie ein großer Spaß – sie ist kein Roboter, aber Alkohol und Drogen haben sie zur Maschine gemacht. Ob sie da nun in sich zusammensackt, Hoffmann angrabbelt oder über den Balkon kotzt – das hat was. Natalia Atamanchuk stand als Antonia auf der Bühne. Was macht diese Frau mit der großen, facettenreichen, gut geführten Stimme in Osnabrück? Die gehört an alle großen Häuser der Welt! Zudem schaffte sie es, durch hohe Präsenz den Zuschauer für sich einzunehmen, doch dazu später mehr. Allenfalls ein paar kleine Schärfen ließ Sabine Ritterbusch als Giulietta hören. Da auch am Tag der Aufführung noch nichts im Internet stand und die Partie auch im Programmheft fehlt, habe ich keine Ahnung, wer die Stella gesungen hat – eventuell wurde sie von Frau Schneidereit übernommen. Die Dame war aber mehr als gut.


    Zum szenischen Teil: Regisseur Lorenzo Fioroni hatte sich Ende Dezember mit dem Fahrrad lang gelegt (am Ende kam er mit Krücken auf die Bühne und hatte sichtliche Schmerzen) und musste als Co-Regisseur Jan-Richard Kehl engagieren, der laut eigener Aussage „die meisten Szenen nach der Pause“ inszeniert hat. Das Bühnenbild stammt von Paul Zoller, die Kostüme von Annette Braun, für die sparsam eingesetzten Videoprojektionen zeichnete Xavier Ballester verantwortlich, und mit Atef Vogel wurde gar ein Kampfchoreograf engagiert.


    Die ersten drei Akte spielen im Einheitsdrehbühnenbild einer fast leeren Etage einer Mietskaserne. Hoffmann beschließt, auszuziehen – aus dem Leben zu gehen. Der Chor packt fleißig mit an, und zur Ballade von Kleinzack (die Bäumer sehr langsam nimmt) hält sich Hoffmann den Spiegel vors Gesicht. Im zweiten Akt sehen wir in Spalanzanis Haus eine steile, alberne, lustige, aber auch verstörende Karnevalsparty – jeder ist besoffen. Fioroni zeigt das radikal, aber nie übertrieben. Coppelius ersticht Olympia im Exzess (passt ja – er singt „Ich werde jemanden töten“, wen und wie, das lässt er offen). Der dritte Akt sorgt für unfassbare Gänsehaut, für Atemnot, ja: für Angst. Fioroni ersetzt weite Teile durch gesprochene deutsche Dialoge (auch Frantz singt sein Liedchen auf Deutsch), die teilweise bis an die Schmerzgrenze mit Echo unterlegt oder verstärkt werden. Das hat einen kaum zu beschreibenden Effekt. Ich jedenfalls konnte, als während der Pausenzigarette meine Mutter anrief, kaum sprechen, nachdem ich gesehen hatte, wie Antonia sich mit Tabletten vollstopft und am Ende merkwürdig verrenkt vom Schnürboden gelassen wird. Das war mitreißend, man war Teil der Handlung.
    Vierter Akt: Weniger Venedig geht nicht. Es gibt einen Rückvorhang mit Tür, zwei Absperrseile und im hinteren Bühnenmittelfeld eine Pfütze, in der Hoffmann Schlemihl ertränkt und an der er erkennt, dass er sein Spiegelbild verloren hat (was am Premierenabend nicht ganz funktionierte, da man Bernardo Kims Hände noch aufblitzen sah – das muss noch besser werden). Spaßig die Szene, in der Hoffmann den Wein in die Pfütze gießt und wieder herausnimmt (!). Im Exzess verprügelt er Giulietta. Leider wird die Spiegelarie nicht gespielt.
    Der fünfte Akt schließlich setzt dem Ganzen die Krone auf. Hoffmann geht die Treppe hoch und verschwindet, nachdem der Chor einen Trauerkranz vor seine Tür gehängt hat. Und am Ende – einer der genialsten coupes d'theatre, die mir je untergekommen sind – geht der Hausmeister in Hoffmanns leerstehende Wohnung. Musik vom Band setzt ein, aber nicht Offenbachs, sondern die Komturszene aus „Don Giovanni“. Da klingelt das Telefon, der Hausmeister nimmt ab: „Hoffmann? Kenn ich nicht. Gibt’s hier nicht.“ Giovanni fährt zur Hölle, der Vorhang fährt herunter, und es endet die Premiere einer der wohl spannendsten und durchdachtesten Produktionen, die derzeit auf deutschen Bühnen zu erleben sind und deren Besuch ich jedem wärmstens empfehle. In den großen Beifall für alle Beteiligten mischten sich nur ein, zwei Buhs für die Regie.
    Völlig verstört, mit zerrissenen Nerven, Atemnot und Herzrasen verließ ich das Theater, im Bewusstsein, eine der beeindruckendsten Opernabend meines Lebens gehabt zu haben, den ich so schnell nicht vergessen werde.



    THEATER AM DOMHOF, OSNABRÜCK
    Jacques Offenbach: Hoffmanns Erzählungen. Premiere am 15. Januar 2011. Solisten: Bernardo Kim (Hoffmann), Eva Schneidereit (Muse/Bibliothekarin/Haushälterin/Nachbarin/Prostituierte/Bestattungsunternehmerin), Genadijus Bergorulko (Lindorf/Coppelius/Dr. Miracle/Dapertutto), Mark Hamman (Cochenille/Frantz/Pitichinaccio), Ani Taniguchi (Olympia), Natalia Atamanchuk (Antonia), Sabine Ritterbusch (Giulietta), ? (Stella), Sang-Eun Shim (Nathanael), Hans Hermann Ehrich (Spalanzani), Daniel Moon (Schlemihl/Hermann), Marcin Tlalka (Luther), Tadeusz Jedras (Crespel), Irina Neznamova (Die Stimme). Inszenierung: Lorenzo Fioroni, Co-Regie: Jan-Richard Kehl, Bühne: Paul Zoller, Kostüme: Annette Braun, Video: Xavier Ballerster, Dramaturgie: Stefan Klawitter. Chöre: Holger Krause. Musikalische Leitung: Hermann Bäumer.

    In einigen Minuten beginnt in München die Premiere von Beethovens "Fidelio". Mitgehört wird hier.


    Stab und Besetzung:


    Musikalische Leitung: Daniele Gatti
    Inszenierung: Calixto Bieito
    Bühne: Rebecca Ringst
    Kostüme: Ingo Krügler
    Licht: Reinhard Traub
    Choreographische Mitarbeit: Heidi Aemisegger
    Produktionsdramaturgie: Andrea Schönhofer
    Chöre: Sören Eckhoff


    Don Fernando: Steven Humes
    Don Pizarro: Wolfgang Koch
    Florestan: Jonas Kaufmann
    Leonore: Anja Kampe
    Rocco: Franz-Josef Selig
    Marzelline: Laura Tatulescu
    Jaquino: Jussi Myllys
    1. Gefangener: Dean Power
    2. Gefangener: Tareq Nazmi


    Bayerisches Staatsorchester
    Chor der Bayerischen Staatsoper

    Dass er den Grafen gesungen hat, finde ich interessant - da kann ich ihn mir nun gar nicht vorstellen.
    Albert Dohmen wurde am 17. Juni 1956 in Krefeld geboren. Seinen Durchbruch hatte er 1997 als Wozzeck, an der Met debütierte er 2004 als Jochanaan und singt mittlerweile an allen großen Opernhäusern der Welt.


    Dohmens Stimme ist dunkel, machtvoll, imposant, der satten Tiefe steht allerdings eine nicht immer mühelose Höhe gegenüber. Er ist ein exzellenter, etwas grober Wotan, der allerdings am Ende eines langen Abends doch deutliche Ermüdungserscheinungen zeigt.


    Dieses Jahr sang er in Genf seinen ersten Gurnemanz, im neuen "Don Giovanni" der Wiener Staatsoper wird er den Komtur übernehmen. Mal sehen, was aus ihm wird. Steht er vor einem Wechsel ins Bassfach?




    LG

    Original von Figarooo


    Ich denke Boykott ist nicht wirklich effektiv. Das würde noch am ehesten bei so unbekannten Opern wie Medea in Corintho Erfolg haben.
    Welcher normale Opernbesucher aber rechnet bei so populären wie Don Giovanni oder Aida mit dem was einen in München so erwartet. Die Leute glauben richtigerweise Aida sei eine pompöse Oper sie im alten Ägypten spielt, mit Pyramiden, Elefanten, Kamelen und Statistenheeren. dann steht die Oper auf dem Spielplan und siehe da - ausverkauft. Wenn der Vorhang auf geht sieht man einen grauen Klotz der sich dreht (soooo originell), und die wunderbaren Kreationen der untalentierten Kostümbildnerin Madame Ilse Welter-Fuchs. Erst da begreifen die Leute in welch einer Aufführung sie sitzen, aber leider zu spät. Das Geld ist weg- ob es gefällt oder nicht.
    Und dies, denke ich ist einer der Gründe warum trotz übelster Regietheater-Aufführungen die Opernhäuser teilweise immer noch voll werden...

    Sich vorher über eine Inszenierung zu informieren, ist natürlich zu viel verlangt.



    :hello:

    Denn so kehrt die Spannung sich dir ab: „Die Walküre“ in Enschede
    Ein enttäuschender Abend in Holland: „Die Walküre“ in Enschede kann das hohe Niveau, das das „Rheingold“ bot, nicht halten.



    Walküren, Judith Nemeth (Brünnhilde), Harry Peeters (Wotan), Statisten



    Beim Vorspiel stößt Wotan das Schwert Nothung durch ein Modell von Hundings Haus. Das ist kein besonders spannender und auch kein neuer Einfall. Und so geht es munter weiter. Der erste Akt läuft in einem Haus ab, Hunding sieht aus wie ein blauer Dragoner, es gibt munteres Herumsteh- und Herumgehtheater. Das wird im zweiten Akt nicht besser. Wotan sitzt an einem Schreibtisch, links steht ein Bett, der Gott rasiert sich, in einen Spiegel blickend (den er später – Höhepunkt aller Emotionen – zerdeppert). Als Wald fungiert eine schräge Spielfläche, davor zweidimensionale Bäume. Schlichtweg lächerlich Brünnhildes Auftritt zur Todesverkündigung, bei der Judith Nemeth einmal um die Spielfläche herumgehen muss, um hinaufsteigen zu können. Gipfel aller Albernheit dann das Duell Hunding-Siegmund, bei dem die Protagonisten hin und her und aneinander vorbei rennen. Der dritte Akt spielt in einer Turnhalle (beeindruckend das Video galoppierender Pferde im Hintergrund). Zum Walkürenritt fechten Turner, munter über die Spielfläche springend (das Geklapper geht einem irgendwann auf die Nerven), bis sie sich irgendwann gegenseitig totgestochen haben, um später von den Walküren wieder zum Leben erweckt zu werden. Da Antony McDonald offenbar kein plausibler Moment eingefallen ist, an der die Herren wieder abgehen könnten, fallen sie irgendwann einfach um. Ein ganz netter Einfall ist, dass Wotan zu „Der Augen leuchtendes Paar“ mit Brünnhilde auf einer Decke Platz nimmt und sie ihm den Kopf in den Schoß legt. Merkwürdig, dass Wotan ihr die Decke unterlegt, die einst Siegmund von Hunding zum Schlafen bekam – soll das heißen, dass Hundings alter Lumpen für Wotans Lieblingstochter gerade gut genug ist? Beim Feuerzauber steckt Wotan die Schwerter der Walküren in die Spielfläche, und diese beginnen zu brennen (der Gasbrenner ist schön deutlich hörbar). Naja.
    Auch musikalisch gefällt die Aufführung nur eingeschränkt. Das Walküren-Oktett bietet eine solide Leistung, doch Anne-Marie Owens als Fricka ist schlicht unerträglich mit dem starken Glottisschluss, ihrem Vibrato und dem Gekeife, dass sie in die Gestaltung der Partie legt. Kelly God als Sieglinde verfügt über eine Bombenhöhe, doch die Tiefe ist mehr gesprochen als gesungen. Judith Nemeth ist eine ordentliche Brünnhilde, die zwar zum Anfang des dritten Aktes etwas abbaut, sich dann aber schnell wieder fängt. Und Michael Weinius singt als Siegmund zwar wunderbar, doch das Talent, den Zuhörer mitzureißen, ihn in die Dramatik der Geschichte des Wälsungs hineinzuziehen, das besitzt er nicht. Die Inszenierung lässt ihn zudem allein mit seinem Problem, ein äußerst limitierter Darsteller zu sein. Dieses Problem hat Gregory Frank (Hunding) nicht, doch sein Bass wird schnell knarzig, und ich weiß nicht, ob ihm der Hagen (den er ja wahrscheinlich singen wird) zuzumuten ist. Etwas irritiert war ich von Harry Peeters als Wotan. Gesanglich bewältigte er die Partie ordentlich, das war nichts Großartiges, aber grundsolide (auch wenn er im dritten Akt merklich der Erschöpfung Rechnung tragen musste) und wurde zu Recht mit freundlichem Applaus belohnt. Doch darstellerisch wirkte er, als hätte er andere Dinge im Kopf. So rannte er im zweiten Akt stracks an dem Spiegel vorbei, den er von der Wand reißen sollte, prüfte im dritten mehrmals, ob denn der Speer auch richtig steht, und ging vor Wotans Abschied auffällig herum, um sich die Markierungen zu merken, in die er die Schwerter stoßen musste. Da stand nicht Wotan auf der Bühne, da stand immer Harry Peeters.
    Uneingeschränkt begeistern konnte aber das Dirigat von Ed Spanjaard. So einen Wagner wird man schwerlich ein zweites Mal finden können, voller Farben, Dynamik und Emotion. Kleinere Patzer gab's trotzdem: Michael Weinius war in den „Winterstürmen“ kurz mit dem Orchester auseinander, in „War es so schmählich, was ich verbrach“ gab es munteres Gegeneinander in den Holzbläsern und Harry Peeters setzte „[dem unseligen] Ew'gen muss es scheidend sich schließen“ einen Schlag zu spät und einen Ton zu hoch an.
    „Die Walküre“ in Enschede ist kein großer Wurf, und man kann in Sachen „Siegfried“ nur auf Besserung hoffen.
    NATIONALE REISOPERA, ENSCHEDE
    Richard Wagner: Die Walküre. Premiere am 26. September, besuchte Vorstellung am 12. Oktober 2010. Solisten: Michael Weinius (Siegmund), Gregory Frank (Hunding), Harry Peeters (Wotan), Kelly God (Sieglinde), Judith Nemeth (Brünnhilde), Anne-Marie Owens (Fricka), Machteld Baumans (Gerhilde), Claudia Patacca (Ortlinde), Frances Bourne (Waltraute), Ceri Williams (Schwertleite), Janny Zomer (Helmwige), Marjolein Niels (Siegrune), Esther Chayes (Grimgerde), Annelies Lamm (Roßweisse). Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme: Antony McDonald, Kostümmitarbeit: Gabrielle Dalton, Licht: Mimi Jordan Sherin, Choreographie: Lucy Burge, Video: William Reynolds, Dramaturgie: Helen Cooper. Musikalische Leitung: Ed Spanjaard.