Beiträge von Basti

    Zitat

    Original von WotanCB


    Also im Internet überträgt Arte das im Moment, ob es später noch zur Verfügung steht kann ich noch nicht sagen.



    Das ist eigentlich immer so - mal gucken. Auch die orchestrale Leistung ist beeindruckend, richtige Tempi, und ohnehin halte ich von HIP mittlerweile sehr viel...



    :hello:



    "Or sai chi l'onore" ist gerade vorbei. Das Wort "herzlicher Applaus" wäre für die drei klatschenden Leute und die einzelnen Buhs bei weitgehend schweigendem Saal eine höfliche Übertreibung. Lag wohl an der szenischen Gestaltung: Anna reißt Ottavio die Klamotten vom Leib.

    Ich habe gerade eingeschaltet und finde dieses karg-sozialistische Ambiente gar nicht schlecht und ganz spannend. Skovhus klingt tatsächlich furchtbar, Ketelsen gefällt mir gut, auch schauspielerisch.


    Sehr gut das Rezitativ vor "La ci darem la mano": Zerlina verängstigt, Giovanni sucht nach Worten. Wie sie ihm dann immer mehr nachgibt, das ist schon stark inszeniert.


    Ich werde leider nicht alles sehen können - ist die Sendung nachher auch auf arte+7 verfügbar?



    :hello:

    Mal sehen - mir ist bisher jedenfalls (außer Michael Bohnen, aber das ist wohl ein Sonderfall für die Ewigkeit) kein Sänger bekannt, der sowohl Hagen als auch Wotan gesungen hat (Josef Greindl hat nur den Wanderer gesungen). Zu Gerald Finley: Der gibt seinen ersten Sachs 2011 in Glyndebourne, dann ist er 51.



    :hello:

    In Interviews sagt Relyea, er suche nach etwas, das "Legato und Kantabilität" verlangt. Dementsprechend sind seine nächsten Rollen z.B. Attila und Don Quichotte, aber auch Hagen will er in einigen Jahren singen. "Wotan liegt etwas hoch", sagt er, und doch denke ich, dass das irgendwann kommen wird. Aber Zeit sollte er sich lassen - er ist schließlich erst 38...


    :hello:



    Mit 23000 CDs? Die Blumen solltest du aber ganz schnell gießen, sonst werden sie welk :baeh01:


    Aber in der Sache hat musikwanderer natürlich recht: Danke, Harald. Danke, dass du soviele Daten kennst und nennst. Danke, dass du Aufnahmen ausfindig machst, die mich interessieren, von denen ich aber nicht geahnt hätte, dass es sie überhaupt gibt und die ich ohne dich nie gefunden hätte. Danke, dass du das Forum bereicherst.


    :hello:

    Eigentlich wollte ich ja was über Michael Bohnen schreiben, doch auf Umwegen stieß ich auf ein Video mit dem Bassbariton John Relyea.



    Relyea wurde in Toronto geboren. Seine Eltern sind ebenfalls Sänger. Ursprünglich wollte er Rockgitarrist werden, machte jedoch 1998 seinen Abschluss am Curtis Institute of Music, wo er unter anderem bei Jerome Hines studierte. Sein Debüt an der Metropolitan Opera New York als Alidoro in "La Cenerentola" gab er im Februar 2000. Seither stand er 162-mal auf der Bühne im Lincoln Center, und auch alle anderen großen Opernhäuser der Welt sichern sich Relyeas Dienste - von den Salzburger Festspielen bis zur Bayerischen Staatsoper, der Wiener Staatsoper, dem Mariinsky-Theater, der Opera du Bastille etc., und auch bei den BBC Proms und in der Wigmore Hall tritt er auf. Sein Repertoire umfasst Rollen wie Aleko, Herzog Blaubart, Figaro, Don Basilio, Alidoro, König Marke, Colline, Kaspar, Banquo, Escamillo und die vier Bösewichte in "Les contes d'Hoffmann". John Relyea lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Rhode Island.


    Relyeas Stimme ist groß, schwarz und kraftvoll. Sie ist in allen Lagen ausgeglichen, wirkt nie forciert, und doch könnte sie zeitweise etwas beweglicher sein. Die Koloraturen des Alidoro bewältigt Relyea beachtlich, doch zeitweise bleibt ihm der Ton in der Kehle stecken. Als Kaspar kann er jedoch uneingeschränkt überzeugen: Er deklamiert den Text hervorragend, und auch die sängerischen wie singdarstellerischen Anforderungen des "Schweig, schweig" meistert er bravourös. Ohne Zweifel besitzt er ein gewaltiges Organ mit Reserven bis zum hohen fis oder sogar g, das mühelos jedes Auditorium füllen dürfte. Und er weiß das. Die Videos, die ich mir angesehen habe, zeugen von einem selbstbewussten Künstler, der auch mal seine Stimme in den Vordergrund stellt, ohne sein schauspielerisches Talent zu unterschätzen. Hätte er nicht so eine Prachtstimme, würde das die Gefahr bergen, arrogant zu erscheinen. Doch ich sehe das eher als kleine Eigenheit eines hervorragenden jungen Sängers, der, so er konsequent auf seinem guten Weg weitergeht, ein ganz Großer werden könnte.


    :hello:

    So, ich habe mir mal einen imaginären Spielplan für 2010/11 einfallen lassen...



    Themenabende:


    ROSSINI: Il barbiere di Siviglia
    Dirigent: Neville Marriner, mit Florez, Bartoli, Eröd, Ramey, Schrott


    ...und am nächsten Tag: MOZART: Le nozze di Figaro
    Dirigent: Markus Poschner, mit Röschmann, Bartoli/Ciofi, Schäfer, D'Arcangelo, Keenlyside


    MOZART: Don Giovanni
    Dirigent: Yannick Nézet-Séguin, mit Schrott, Stevens, Damrau, Dasch, Lloyd, Beczala, Lehner, Oliemans


    ...und am nächsten Tag: DARGOMIZHSKY: Kamennyj gost'
    mit einem Dirigenten und Ensemblemitgliedern des Mariinsky und Bolshoi


    STRAUSS: Der Rosenkavalier
    Dirigent: Christian Thielemann, mit Schwanewilms, Hawlata, Kirchschlager, Damrau, Grundheber


    WAGNER: Der Ring des Nibelungen
    Dirigent: Christian Thielemann, mit Kowaljow, Oliemans, Elsner, Herlitzius,
    Vogt, Caves, König, Zeppenfeld, Heppner


    WAGNER: Die Meistersinger von Nürnberg
    Dirigent: Axel Kober, mit Hawlata, König, Kaufmann, Ernst, Eröd, Schuster, Atamanchuk



    So, das soll erstmal reichen. Ist ja schließlich alles teuer genug :D


    :hello:

    Reiche Ernte bei Zweitausendeins:



    (leider kein größeres Bild gefunden)



    Große Sänger, Teil 1



    Ein Maria-Callas-Album mit Livemitschnitten, italienisches Label, nicht auffindbar




    Eine weitere Vertonung des Don-Juan-Stoffs - bin gespannt drauf



    Habe den "Blaubart" noch nicht auf CD, die Aufnahme soll ja sehr gut sein



    Große Sänger, Teil 2



    Bekanntes Werk, das noch nicht in meinem Besitz war




    Erfreut stelle ich fest, dass ich, die Callas-CD mal ausgenommen, gegenüber dem Vollpreis-Internetkauf über 30€ gespart habe :pfeif:.


    :hello:


    Hallo,
    mir geht es bestens - dass ich momentan etwas weniger schreibe, liegt daran, dass wir für unsere letzten Schultage noch ein volles Programm geplant haben (Zelten, Abschlussgag, Abschlussball) und ich weniger Zeit habe. Aber bald sind Ferien, da schreibe ich sicherlich wieder mehr :yes:.
    Ein weiterer Grund ist natürlich, dass die Fußball-WM einfach zu viele interessante Spiele bietet :D.


    :hello:

    Hallo Harald,


    vielen Dank für deine Mühen. Die WNO hat mittlerweile auf meine Anfrage geantwortet: Die morgige Premiere wird wohl nicht übertragen, dafür aber eine konzertante Aufführung im Rahmen der BBC Proms am 17. Juli. BBC Radio 3 sendet ab 16 Uhr deutscher Zeit, zeitversetzt gibt es auch eine Fernsehübertragung auf BBC 4 (ab 20 Uhr). Ein klarer Fall für "Heute in der Oper" :yes:.


    :hello:

    Auch ich freue mich auf die nächsten hundert Jahre Tamino. Ich habe hier viel gelernt, einige Freundschaften geschlossen und eigentlich immer Spaß gehabt. Dass Alfred häufig einen schweren Stand hatte und hat, glaube ich gern. Die Leitung eines großen Forums ist unter den Maximen, die er sich selbst stellt, sicher nicht einfach. Natürlich gibt es eine Fluktuation der Mitglieder, es gab so manchen großen Krach, doch Tamino hat das alles überstanden und tut es hoffentlich auch weiterhin.


    :hello:

    Hallo Harald,


    weißt du, ob die "Meistersinger"-Premiere aus Cardiff im (ausländischen?) Radio übertragen wird? Ich habe auch schon an die Welsh National Opera geschrieben, aber die antworten bestimmt nicht so schnell und gut wie du :jubel:.


    :hello:

    Zitat

    Original von Knusperhexe
    Doch was willste machen - auch wenn basti rät, dass sich unsereins heutzutage von der Oper fernhalten solle - ich höre einfach zu gerne die Musik live vor Ort.


    Das habe ich ja auch nicht gesagt, du kannst natürlich so viel in die Oper gehen, wie du willst ;). Mich wundert nur, dass du so es so oft tust, obwohl du genau weißt, dass dir die szenische Gestaltung nicht gefallen wird.


    (Und dass du zumindest meinen Namen groß schreibst, so viel Zeit muss sein :lips:.)



    :hello:

    Zitat

    Alle Originale von Knusperhexe
    Lieber Gustav,


    witzig, bei mir ist es genau anders herum: Regietheater empfinde ich als reinen Konsum.


    Da wird mir genau vorgekaut, was ich zu denken und zu fühlen habe. Das eigene Hirn kann man getrost an der Garderobe abgeben.


    Und danach am besten gar nicht erst wieder abholen - schließlich weißt du ja, dass es dir nicht gefallen wird, und gehst trotzdem immer wieder in moderne Inszenierungen.


    Zitat

    Ich langweile mich dabei jedesmal zu Tode - in besonders krassen Fällen kämpfe ich auch mal mit Wut- oder Ekelattacken.


    Wobei sich bei mir z.B. bei Schenks "Meistersingern" schlichte Ungläubigkeit einstellt: Die Meister sehen aus wie Obdachlose mit einem Müllsack als Mantel, und die Medaille könnte Sachs doch wirklich gebrauchen, um sich mal was Warmes zu essen leisten zu können.


    Zitat

    Besonders dann, wenn auch noch in die Partitur oder das Textbuch eingegriffen wurde oder wenn neckische Geräusche dazuerfunden werden.


    Welche Regie greift denn nicht ins Textbuch ein? Wie können Leute sich anmaßen, die absolute Wahrheit für Inszenierungen gepachtet zu haben? Es gibt da kein richtig oder falsch - nur mehr richtig und mehr falsch. Zu letzterem gehört das Traditionstheater, weil es zwar Unterhaltung (und das manchmal nicht mal auf dem Niveau des Ohnsorg-Theaters, zugegeben) bietet, aber nicht zeigt, was das Stück mit mir selbst zu tun hat und mir sagen kann.


    Zitat

    In Köln war eine Zeitlang das Tippen auf Schreibmaschinen ein Trend, der mich zur Weißglut gebracht hat: Ob Rodolfo, Hoffmann oder Don José. Alle bildeten sich plötzlich ein, ihren Gesang mit Tip und Tap untermalen zu müssen. Grausam.


    Gott, müsst ihr da schlechte Sänger haben 8o!



    Zitat

    Beim traditionellen Theater habe ich Spaß daran, eigene Bezüge herzustellen, zu abstrahieren, allgemeingültiges abzuleiten, umzudenken, das Stück zu zerhacken und wie ein Puzzle zusammenzusetzen, daneben mich dem schwelgerischen der Musik hinzugeben.


    Tja. Regisseure machen genau dasselbe. Sie denken über das Stück nach und stellen eigene Bezüge und Ideen her. Das ist dann also falsch. Gut zu wissen.


    Zitat

    Es ist doch auch komisch, dass diese Form der Inszenierungskunst jahrhundertelang ihre Gültigkeit hatte und erst unser Zeitalter sich anmaßt


    Neues auszuprobieren und sich von Dingen zu lösen, die angeblich alleingültig sind. Unfassbar sowas :no:...


    :hello:

    Ja, das tu ich tatsächlich. Schief angeguckt wurde ich deshalb zwar noch nie, aber in Düsseldorf, Dresden und Berlin fühlt man sich da schon ein bisschen underdressed :D. Andererseits: Wenn heutzutage in den meisten Inszenierungen Alltagskleidung getragen und sich gelegentlich gar auf der Bühne erleichtert wird, wieso soll ich dann feinen Zwirn (den ich gar nicht habe) anziehen ;)?


    :hello:

    Zitat

    Original von rodolfo39
    Mit Frau Baird konnte ich mich überhaupt nicht anfreunden, das sie unheimlich viele Worte und Vokale verschluckt hat oder überhaupt nicht gesungen hat. AUch Herr Storey hatt mich nicht vollends überzeugt, da ich immer noch Wolfgang Schmidt als Tristan im Ohr hab. Im 2. Akt kam er kaum über das Orchester hinweg. Und was mich noch gestört hat waren die Pausen von fast 50 Minuten. Hätte die Oper nicht schon um 16 Uhr anfangen können ? ICh habe auf meinem Stammplatz im 3 Rang an der Seite gesessen und konnte dich im 1. Rang sehen, du hattest wirklich einen sehr guten Platz.


    Frau Baird war bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss, doch ein Totalausfall war sie auch nicht. Bei Storey hatte ich eher den Eindruck, dass er sich für den III. Akt ein wenig schonen wollte.
    Die Pausen waren tatsächlich ziemlich lang, aber die Sänger brauchen nun mal gerade bei einem "Tristan" einige Zeit zur Regeneration. Ärgerlich, dass die Vorstellung erst gut 20 Minuten später als im Programmheft angekündigt war.
    Ich saß ja zunächst im 1. Rang seitlich, doch im II. Akt fiel mir auf, dass ein Platz zwei Reihen über der Mittelloge frei war - genau der in der Mitte! Ich habe mich dann einfach da hingesetzt. Wäre (wie das ja oft vorkommt) fünf Minuten nach Beginn noch jemand (also auch erst zum III. Akt) gekommen, hätte ich ihn mit der Begründung "Selber schuld" auf meinen Platz gesetzt :pfeif:.


    Herr Bryjak gefiel mir stimmlich gar nicht, kam als Typ aber gut rüber. Vielleicht ist seine Stimme besser bei einer Charakterpartie wie Alberich aufgehoben.



    Ich bleibe bei meinem Urteil zu diesem Abend: Ich fand es großartig. Einzelne Schwächen waren natürlich vorhanden (wer/was ist schon perfekt?), aber der Gesamteindruck stimmte. Und dass es an der praktischen Ausführung mangelt, kann ich auch nicht bestätigen.



    Zitat

    Original von Knusperhexe


    Offensichtlich setzt sich die neueste Masche des Regietheaters durch: Das Publikum blenden mittels opulenter Optik - auch wenn die nix mit dem Libretto zu tun hat. So kann wenigstens niemand mehr meckern, dass das Regietheater einem immer nur den grauen Einheitsbrei - wie zu Anfangzeiten - vorsetzt. Jetzt ist es ein mit Schleifen garnierter und mit Honig aufgeppter, bunter...Einheitsbrei. Wohl bekomm's. [/quote]


    Na, da sind wir ja auf dem besten Wege zum Traditionstheater auf leerer Bühne :D.


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    In der zweiten Pause wurde ich von einem Tamino-Mitleser erkannt. Wir haben uns gut unterhalten. Er sagte, er sei eigentlich auch gegen das Regietheater, könne sich mit Guths Lesart aber durchaus anfreunden, und auch die besserere Hälfte eines Ehepaares, mit dem ich in der Pause zuvor zusammengestanden hatte, sagte: "Das ist der beste 'Tristan', den ich je gehört habe!"


    Ihr zwei hättet ja auch mal vorbeikommen können ;).
    Zum ersten Mal kam ich mir in der Oper in Jeans und T-Shirt richtig deplatziert vor :wacky:...


    :hello:

    Ekstase im goldenen Käfig



    Eine grandiose Premiere von „Tristan und Isolde“ war das gestern Abend in Düsseldorf. Sängerisch und orchestral überragend, inszenatorisch phänomenal. Was will man mehr?







    Alle Fotos Copyright Deutsche Oper am Rhein


    Es ist offenkundig, an was Claus Guth bei seiner „Tristan“-Interpretation gedacht hat. „Hab acht, Richard! Botschaft von Mathilde!“ - so könnte die Überschrift dieser Rezension auch lauten. Guth siedelt das Stück in der Villa Wesendonck an, und das Konzept geht auf, komponierte der Meister sein Werk doch einst unter dem Eindruck der Liebe zu Mathilde Wesendonck. Christian Schmidt hat bei Bühne wie Kostüm ganze Arbeit geleistet, schafft im I. Akt rote, dann im II. und III. blaue, kalte Räume. König Marke ist in diesem goldenen Käfig also Otto Wesendonck. Das klingt erstmal simpel, ist aber enorm überzeugend und mitreißend.
    Wenn sich der Vorhang zum I. Akt öffnet, blicken wir in Isoldes Zimmer. Die Braut liegt in einem Doppelbett, ein Brautkleid hängt auf einem Torso an der Tür. Brangäne sitzt am Frisiertisch. Sie ist wie Isolde gekleidet, trifft ungern eigene Entscheidungen - deutlich wird das in ihrem Besuch bei Tristan, als sie sich abwimmeln lässt. Hier wechselt die Szene zu einem Flur mit sechs Stühlen, auf zweien sitzen Tristan und Kurwenal, letzterer liest Zeitung. Tristans Gefährte unterstreicht Nomen durch Gesten und ist recht karikativ gezeichnet. Als Tristan endlich zu Isolde tritt, folgt er ihr auf die mit hohen Pflanzen verstellte Terasse, die beiden müssen sich erst finden. Er folgt ihr schließlich in ein weiteres Zimmer, das wie Isoldes eingerichtet ist, doch auf dem Bett liegen blutige Kleidungsfetzen: Morold! Hier wird auch der Liebestrank eingenommen, und nachdem sich die Bühne nochmals gedreht hat, finden sich die nun Verliebten mitten zwischen den Hausbediensteten (Matrosen also) wieder, und in den letzten Takten tritt Marke in die Tür.
    Das erste Bühnenbild des II. Aktes stellt einen Flur mit drei Doppeltüren dar. Brangäne und Isolde diskutieren, bis diese schließlich die Lampen löscht und in einem Raum geht. Dort befindet sich im Freeze eine Festgesellschaft, unter den Gästen auch Tristan, der sich aus der Starre löst und Isolde erkennt. Und als dann Tristan „Oh sink hernieder, Nacht der Liebe“ anstimmt, als er und Isolde wieder an der Wand des Flures sitzen, und dazu ein Lichtspiel wie sich in der Dämmerung brechende Schatten von Blättern erscheint (Licht: Jürgen Hoffmann), da war man tatsächlich für einige Zeit dem „himmelhöchsten Weltentrücken“ verfallen und realisierte, was man hier gerade erlebte.
    Die Liebenden gehen nun in einen weiteren Raum, in dem sich ein gedeckter Banketttisch befindet. Nachdem sie zunächst an entgegengesetzten Enden Platz genommen haben, fegt Tristan Geschirr und Kerzenleuchter zur Seite, als Kurwenal hereinstürzt: „Rette dich, Tristan!“ In ihrer Not laufen die beiden genau in die Arme eines Tribunals aus dem grantelnden Marke und seinem Hofstaat, die an einem ungedeckten Banketttisch sitzen. Nach seiner Erzählung geht Marke allein auf dem Flur, ein starkes Bild. Tristan lässt sich von Melot eine Wunde mit dem Speisemesser schlagen.
    Der III. Akt beginnt vor der Fassade der Villa. Wir sehen nun erstmals, wie alt das Gebäude bereits ist: Aufgeplatzte Ziegelsteine zwischen dreckigem Naturstein. Wieder gibt es drei Türen, die mittlere ist nach hinten versetzt. Tristan sitzt reglos auf einem Stuhl, während Kurwenal Korken von Bierflaschen in seinen Stiefel zu werfen versucht. Der Hirt ist wie die beiden Helden ein Obdachloser. Tristan geht wieder in das Bankettzimmer, schließlich in Isoldes, wo ein Doppelgänger seiner auf dem Bett liegt. In Ohnmacht fällt er vor der Fassade, nun auf einer anderen Seite des Hauses. Der Kampf zwischen Kurwenal und Melot findet wieder vor dem ersten Bühnenbild statt. Das Ende, der Liebestod, begibt sich wieder im Bankettzimmer, Tristan liegt tot auf dem Tisch, der ihm und Isolde zur Erfüllung hätte dienen sollen. Isolde sinkt hin, Marke und Brangäne wenden sich zum Gehen.
    Claus Guth schafft berückende, beeindruckende Bilder, überzeugt mit ausgefeilter Personenregie und wird kongenial von Christian Schmidt unterstützt. Dass das Regietheater gefühllos sei oder gar den Komponisten verachte, diese Behauptung darf man nach dieser Inszenierung anzweifeln. Denn trotz aller Veränderungen respektiert Guth den Text: Das ist der „Tristan“. Und nicht ein „Tristan, wie ihn Guth gern hätte“.
    Auch musikalisch blieben keine Wünsche offen. Allem voran das phänomenale Dirigat von Axel Kober, der große Bögen spannt, Ekstase schafft, fast furtwänglersche dramaturgische Ausgefeiltheit erreicht. Freilich bringt er hin und wieder die Sänger leicht in Bedrängnis, die sich jedoch nicht zum Forcieren verleiten lassen, und auch die Balance zwischen Bühne und Graben wird in den Folgevorstellungen noch wachsen. Doch den orgiastischen Klängen, die Kober entfaltete, verzeiht man das gern.
    Unauffällig der Chor (Gerhard Michalski), aber der hat in dieser Oper ja eh nicht viel zu tun. Als schönstimmiger junger Seemann gefiel Jussi Myllys, gleiches gilt für den Hirten von Markus Müller und den Steuermann von Rolf Broman. Als Melot konnte Dmitri Vargin Akzente setzen. Annette Seiltgen verkörperte eine schauspielerisch untadelige, sängerisch überzeugende Brangänge. Skurill der Kurwenal von Oleg Bryjak: Mit näselndem Timbre, übertrieben weit vorn platzierten Vokalen (i!), indifferentem Kraftgebolze und Nichtbehandlung des Textes war sein Beitrag der schwächste des Abends, zudem sehr befremdlich. Dass der Mann auch den Sachs singt, nahm ich ungläubig zur Kenntnis (wie man das wohl aushalten soll?), ebenso wie seine im Programm erwähnten Auftritte in Chicago, Paris und London. Mein Nebenmann sagte bei seinem Vorhang: „Die Überraschung des Abends!“, und das ganze Haus feierte Bryjak. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Als König Marke war Hans-Peter König aufgeboten. Die Wochen an der Met haben sich ausgezahlt. Mit noch mehr Selbstbewusstsein, so scheint es, noch mehr Ausstrahlung steht dieser Hüne auf den Brettern, und sein ohne Registerbruch geführter, warmer, runder, voller Bass strahlt durchs ganze Haus, mit makelloser Diktion und berührendem Ausdruck. Auch darstellerisch verleiht König seiner Figur beeindruckendes Profil. Wie sagte meine Nebendame nach dem II. Aufzug? „Der König hat mich noch nie enttäuscht!“ Kann ich mir vorstellen. Die darstellerische Größe war auch Janice Baird als Isolde eigen, doch gerade im I. Akt musste man sich fragen, warum sie diese Rolle auch an der Met gesungen hat. Kloßiges, gaumiges Singen mit großem, waberndem Tremolo, unsicher angegangene Spitzentöne machten ihren Beitrag nicht immer zur reinen Freude. Im II. Akt fing sie sich, fand mehr Farben, verfiel im III. aber doch wieder in groteske Vokalverfärbungen – schlicht ärgerlich, dass sie „Unbewusst, höchste List!“ sang. Die Krone des Abends gebührt jedoch Ian Storey für seinen großartigen Tristan. Er verausgabt sich schauspielerisch vollkommen, stellt sich ganz in den Dienst der Inszenierung. Auch vokal bietet er ein beeindruckendes Porträt. Ohne größere Schwächen malt er ein Gemälde aus Piani, Kantilenen und beherrschten Ausbrüchen, beglückt den Zuhörer mit der Textbehandlung eines Liedsängers. Eine bessere Interpretation dieser Partie ist heutzutage nur schwer vorstellbar.
    Dass das Opernhaus Düsseldorf nur zu etwas mehr als drei Vierteln gefüllt war, stimmte nachdenklich. Die Ausgebliebenen haben auf jeden Fall etwas verpasst. Ich für meinen Teil habe noch nie so viel "Bravo" gerufen, zumal für das Regieteam. Zum Abschluss möchte ich eine Kritik zitieren, die einst John Amis zu einem Liederabend von Dietrich Fischer-Dieskau schrieb. Sie endet mit den Worten: „Nachdem man ein paar Superlative geschrieben und das Programm geschildert hat, bleibt einem als Kritiker nur noch, 'finis' unter die Kritik zu schreiben, nach Hause zu gehen und dem Himmel zu danken, dass man das erleben durfte.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.



    DEUTSCHE OPER AM RHEIN DÜSSELDORF/DUISBURG
    Richard Wagner: Tristan und Isolde. Düsseldorfer Premiere der Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich am 29. Mai 2010. Solisten: Ian Storey (Tristan), Hans-Peter König (König Marke), Janice Baird (Isolde), Oleg Bryjak (Kurwenal), Dmitri Vargin (Melot), Annette Seiltgen (Brangäne), Markus Müller (Ein Hirt), Rolf Broman (Ein Steuermann), Jussi Myllys (Stimme eines jungen Seemanns). Inszenierung: Claus Guth, Bühnenbild und Kostüme: Christian Schmidt. Chöre: Gerhard Michalski. Musikalische Leitung: Axel Kober.

    Auch nix Großartiges:
    "La traviata" vor 14 Tagen in Osnabrück. Vor mir saßen zwei Herren, offenbar zum ersten Mal in der Oper. Mittendrin begann des einen Hörgerät zu piepen. Nach der Pause hatten die beiden sich umgesetzt, und in eine leise Stelle sprach einer laut: "Die Husterei nervt, die sollten zu Hause bleiben!" Ich drehte mich um, machte "St!", und es war Ruhe. Der Mann hatte allerdings recht - zu rufen: "Nun hörnse doch mal mit der Husterei auf!", habe ich mich aber nicht getraut...

    Mich wundert ja am wenigsten, dass er den Boccanegra singt. Soll er doch, wenn's ihm Spaß macht. Mich hat vielmehr gewundert, dass er bereits vor seinem Debüt in der Rolle allen großen Opernhäusern zugesagt hatte, die Rolle zu verkörpern: von New York über Madrid bis London und Mailand. Das finde ich wesentlich erstaunlicher.


    :hello:


    Der junge ukrainische Bass Vitalij Kowaljow studierte am Theologischen Institut Moskau und setzte danach das Studium an der Hochschule für Musik in Bern bei Elisabeth Glauser und am Schweizerischen Opernstudio Biel fort. 1999 war er Preisträger der Placido Domingo Operalia Competition in Puerto Rico und des 39° Concorso per Voci Verdiane in Busseto. Am Theater Biel Solothurn trat er in diversen Partien in Erscheinung, so in der Titelrolle aus Verdis Attila.


    Während der Saison 2006/2007 sang er das Requiem von Giuseppe Verdi sowohl mit dem San Francisco Symphony Orchestra als auch mit dem Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von James Conlon. Es folgten König Philip II in Tokyo, Sarastro in Die Zauberflöte an der Oper Colorado, Pimen in Boris Godunow in San Diego und wieder Sarastro an der Metropolitan Opera. Bis zum Sommer 2007 folgten noch eine CD-Aufnahme als Colline in La Bohème mit Anna Netrebko und Rolando Villazon in München, Banquo in Macbeth bei Washington National Opera, Kaspar in Der Freischütz in Hamburg und eine CD-Aufnahme von Leoncavallos I Medici als Francesco Pazzi mit Placido Domingo.


    In der Saison 2007-2008 debütierte Vitalij Kowaljow an der Wiener Staatsoper als Raimondo in I puritani, an der Chicago Lyric Opera als Gremin in Eugen Onegin. Er kehrte zurück an die Metropolitan Opera als Ramfis in Aida und als Oroveso in Norma und an die Bayerische Staatsoper als Zaccaria in Nabucco. Auch 2008 nahm er an Robert Dornhelms Verfilmung von Puccinis La Bohème mit Anna Netrebko und Rolando Villazon als Colline teil.


    In der Saison 2008-2009 sang er an der San Francisco Opera den Fiesco in Simon Boccanegra und den Pimen in Boris Godunow.


    In der Saison 2008-2009 debütierte er außerdem mit der Partie des Wotan in Das Rheingold und Die Walküre in der Neuproduktion von Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner in der Regie von Achim Freyer an der Los Angeles Opera.


    Der Bass hat 40 große Opernpartien in seinem Repertoire, mit denen er weltweit an allen großen Opernhäusern gastiert. Darunter sind König Philip in Don Carlo (New National Theatre Tokio, September 2006), Zaccaria in Nabucco und Ramfis in Aida (Arena di Verona, 2005 und 2006), Procida in vespri siciliani (Opéra National de Paris, 2003 und Washington National Opera 2005), Padre Guardiano in La forza del destino (Metropolitan Opera und Bayerische Staatsoper 2006) und Walter in Luisa Miller (Metropolitan Opera 2006). Weitere Partien sind Kaspar in Der Freischütz (New York, Carnegie Hall, 2006), Raimondo in Lucia di Lammermoor (Los Angeles Opera, 2006), Sarastro in Die Zauberflöte (Metropolitan Opera 2007), Giorgio in I Puritani (Wiener Staatsoper, 2007), Pimen in Boris Godunow (San Diego Opera, 2006 und San Francisco Opera, 2008 ) und Gremin in Eugen Onegin (Chicago Lyric Opera, 2008 ).


    Er lebt mit seiner Frau, der Chorleiterin Dorien Wijn, in St. Gallen.


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    Ich habe mich entschlossen, einen Thread über diesen hervorragenden, vielversprechenden jungen Sänger zu eröffnen. Sein Name war mir bereits bekannt, bevor ich ihn Ende Februar an der Semperoper Dresden als Wotan in der "Walküre" erleben durfte. Ich erwartete nichts Großartiges, aber wurde mehr als nur überrascht. Kowaljow ist ein echter basso cantante mit einem wunderschön kernig-männlichen, aber dennoch gerundeten Timbre. Von den Tiefen bis zu den Höhen klingt alles ausgeglichen, und er beherrscht vom Piano bis zum Forte jede dynamische Facette. Die Partie des Wotan stattet er mit großer Autorität und Würde, in den Monologen aber mit ebensoviel Emotion auf. Über den ganzen Abend hinweg zeigt er keinerlei Ermüdungserscheinungen. Kowaljow ist sicherlich einer der besten Wotane der Gegenwart, und ich hoffe, dass ich ihn noch häufig auf der Bühne sehen kann.


    Eine Kritik zu seinem Wotan aus "Opera Today":


    „Kowaljow, a basso cantate, leaves little doubt that he is the first great Wotan of the post-Hotter Wagnerian world. His magnificently resonant voice, which he employs with total ease, is rich in colors and shadings and capable of every nuance."


    ("Kowaljow, ein basso cantante, lässt kaum Zweifel daran aufkommen, dass er der erste große Wotan nach Hans Hotter ist. Seine großartig resonante Stimme, die er ohne jede Anstrengung führt, ist reich an Farben und Schattierungen und zu jeder Nuancierung fähig.")


    Dem ist nichts hinzufügen. Wer hat ihn auch schon erleben dürfen, und was haltet ihr von ihm?


    :hello: