Beiträge von Basti

    Ich bin nicht "stolz" darauf, zu buhen, kann aber nicht leugnen, dass ich es, wenn ich es für angebracht halte, nicht gelegentlich gern tue :D. Aber mit meinem Satz wollte ich auch die Gleichgültigkeit des Publikums gegenüber den musikalischen Darbietungen zum Ausdruck bringen. Im 2. Rang war ich der Einzige, der bei den Vorhängen für die drei Hauptdarsteller "Bravo" rief, nach "Sempre libera" gar der Einzige im ganzen Saal! "Wir waren ja gestern abend in der Oper, ganz reizend..." ;)


    Zum Dirigenten: Im Programmheft stand noch, dass GMD Hermann Bäumer am Pult stünde, doch in der Pause entdeckte ich im Foyer des 1. Rangs Anschläge, auf denen Daniel Inbal als Leiter ausgewiesen war. Vermutlich haben deine Bekannten noch Herrn Bäumer dirigieren hören.


    :hello:

    Frauenliebe und -leben


    Verdis "La traviata" in Osnabrück krankt vor allem an der uninspierten Orchesterleitung. Auch die Regie von Nadja Loschky wirft mehr Schatten als Licht. Dafür entschädigt die grandiose Besetzung der drei Hauptpartien für einiges.





    Alle Fotos (C) Theater



    Am Ende ist alles Leere. Violetta stirbt auf dem bloßen, schwarz-weiß eingefärbten Drehbühnenboden. Germont, Alfredo und Grenvil stehen im Dunkel des Hintergrundes. Damit geht ein 150 Minuten langer Abend zu Ende, und man ist nicht schlauer als vorher.
    Zu den ersten Szenen hat Gabriele Jaenecke ein Rahmenkonstrukt auf die Drehbühne gestellt, das die Spielfläche dreiteilt. Links außen planetenartige Silberkugeln, in der Mitte (während des Vorspiels und zu "E strano!") Violetta und Grenvil, rechts außen der Chor, der eine – wenngleich recht züchtige – Orgie feiert. Dann passiert eigentlich nicht mehr viel. Regisseurin Nadja Loschky, Jahrgang 1983, scheint durchaus so manches eingefallen zu sein. Doch ob dieser Schein trügt oder ihr einfach noch das nötige Handwerk fehlt, wurde im Verlauf des Abends nicht recht klar. Die Personenführung bleibt konventionell, am ehesten überzeugt noch die Zeichnung der leidenschaftlichen Violetta, Germont ist gehbehindert, Alfredo ein nicht besonders interessanter, aber auch nicht abstoßender Typ. Der Sinn der Hinzuerfindung der Figur "Das Dunkle" (etwas unschlüssig gespielt von Aymeline Lenay-Ferrandis), die Violettas Seelenbefinden illustriert, bleibt unklar, und in zwei Szenen fühlt man sich - von Frau Loschky sicherlich nicht beabsichtigt - gar an ganz andere Opern erinnert: Die Bühne zu Alfredos "De' miei bollenti spiriti" ließ mich denken: "Da könnte man auch eine 'Butterfly' drauf machen", und wenn Das Dunkle zu Violettas letzter großer Arie "Addio, del passato" rund um die Spielfläche Teelichter aufstellt, dachte man an Wotans Feuerzauber. Violetta als Brünnhilde? Das befremdete. Die Szenen mit dem Chor (etwas grob, einstudiert von Peter Sommerer) gelingen Nadja Loschky überaus, das Voyeuristische dieser Gesellschaft kommt gut heraus, und der Einfall, Flora und den Marquis d'Obigny zu Beginn des 3. Bildes eine Pantomime mit Violetta- bzw. Alfredo-Maske aufführen zu lassen, ist geradezu ingeniös. Doch unterm Strich bleibt eine nur teilweise überzeugende Regiearbeit. Löblich immerhin, dass der zum Ende der nächsten Spielzeit leider scheidende Intendant Holger Schultze dem Regie-Nachwuchs eine Chance gibt.
    Zur musikalischen Seite: Solide bis befremdliche (Stefan Kreimer als Bote) Leistungen in den Nebenpartien. Doch Natalia Atamanchuk als Violetta, Bernardo Kim als Alfredo und Daniel Moon als Germont père sorgten für höchste Verdi-Seligkeit.
    Natalia Atamanchuk verfügt über eine volltönende, ausdrucksvolle, nie zwitscherige Sopranstimme, singt die Koloraturen mühelos und scheint nie an Kraft zu verlieren. Vom pianissimo bis zum exponierten forte reicht ihre Lautstärkenskala, und man fragt sich, warum nicht längst andere Häuser auf sie aufmerksam geworden sind. Und auch der Figur Violetta gibt sie ihre gesamte Körperlichkeit und Kraft.
    Bernardo Kims Tenor erinnert in seiner Färbung durchaus an den jungen Placido Domingo. Die wunderbar lyrische, mit schönem Legato geführte Tenorstimme spricht vor allem in der Mittellage gut an, wird in der Höhe aber häufig etwas eng und dünn, aber das wird sicher noch. Doch die engagierte und überzeugende schauspielerische Leistung des Koreaners machten eine bessere Verkörperung schwer vorstellbar.
    Noch übertroffen wurde er von seinem Bühnenvater und Landsmann Daniel Moon. Der 31-Jährige nennt einen Bariton wie aus Ebenholz sein Eigen, der in allen Lagen ausgeglichen klingt und Färbungen und Schattierungen en masse produzieren kann. Es mag abwegig klingen: Auch einen "Rheingold"-Wotan könnte ich mir für ihn vorstellen. Wenn dieser grandiose Sängerdarsteller im großen Duett des II. Aktes gemeinsam mit der grandiosen Sängerdarstellerin Natalia Atamanchuk auf der Bühne stand, vergaß man völlig, dass man "nur" in Osnabrück war. Aus dem Ensemble eine solch sagenhafte Besetzung für die drei Hauptpartien formen zu können, ist etwas, auf was das Theater Osnabrück stolz sein kann.
    Doch was aus dem Graben drang, sollte dringend einmal überdacht werden. Daniel Inbal dirigierte einen Verdi so hölzern wie der Bühnenboden, rührte einen vollkommen undifferenzierten und lieblos heruntergehudelten Klangbrei an (das Zwischenspiel nach dem 3. Bild misslang völlig: ein Kiekser der Flöte, schiefe Intonation der Violinen), überkrachte die Sänger, dehnte die Coda-Akkordschläge unnötig und nervend lang aus und brachte den bedauernswerten Daniel Moon in "Pura siccome un angelo" an die Grenzen seiner Atemtechnik – zum Abgewöhnen. Dass ich der Einzige war, der ihn bei seinen beiden Vorhängen genauso konsequent wie laut ausbuhte, überraschte mich doch sehr. Ich hatte mein Missfallen bereits bekundet, als er nach der Pause in den Graben zurückkehrte, und bekam dafür von einer zwei Plätze neben mir sitzenden Dame ein "Unverschämtheit!" zu hören. Das sehr undisziplinierte Publikum kam zu spät, saß auf den falschen Plätzen, hustete tuberkulös, schnaufte wie eine Dampflokomotive (mein Nebenmann), unterhielt sich angeregt (ein lautes "St!" meinerfalls schuf allenfalls kurze Abhilfe) oder fragte sich, wie man die piependen Hörgeräte zum Schweigen bringen könnte.
    Mit einer überzeugenderen Regie und einem guten Dirigenten hätte das durchaus eine Aufführung mit überregionalem Charakter werden können. Doch am Ende bleibt von dieser "Traviata" nicht viel mehr als die Summe der einzelnen Teile.



    THEATER OSNABRÜCK
    Giuseppe Verdi: La traviata. Premiere am 16. Januar, besuchte Vorstellung am 14. Mai 2010. Solisten: Natalia Atamanchuk (Violetta), Aymeline Lenay-Ferrandis (Das Dunkle), Bernardo Kim (Alfredo), Daniel Moon (Giorgio Germont), Eva Schneidereit (Flora Bervoix), Andreas Früh (Gaston), Marco Vassalli (Baron Douphol), Heikki Yrrtiaho (Marquis d'Obigny), Genadijus Bergorulko (Doktor Grenvil), Heike Hollenberg (Annina), Stefan Kreimer (Ein Diener), Marcin Tlalka (Ein Bote). Inszenierung: Nadja Loschky, Bühnenbild und Kostüme: Gabriele Jaenecke. Chor: Peter Sommerer. Musikalische Leitung: Daniel Inbal.


    Für ein Video zu dieser Produktion hierhttp://theater-osnabrueck.de/2…tml?stid=41&auid=0#player klicken.

    Ich kenne D'Arcangelo in Gesamtaufnahmen bislang als Figaro (DVD Salzburg 2006) und Leporello (Salzburg 2006). In beiden Rollen hat er mir gut gefallen.


    Eines vorweg: Herr D'Arcangelo ist gewiss ein Ausnahmesänger. Das männlich-bassige Timbre mit der gut ausgebildeten Höhe und der mittlerweile ebenfalls sehr guten Tiefe (auf frühen Aufnahmen hört man noch gelegentlich ein Wackeln) ist wunderbar.
    Aber: Ich habe heute ca. 45 Minuten damit verbracht, mir D'Arcangelo-Aufnahmen bei YouTube anzuhören. Und ich stelle fest: Er verlässt sich sehr auf seine herrliche Stimme, bietet mir aber zu wenig eigene Akzente. Vieles klingt gleich und in den Koloraturen oftmals auch nicht restlos sauber gesungen. Natürlich setzt er in Rollen, die ihm liegen (Figaro, Leporello meines Erachtens sogar noch einen Tacken mehr als Giovanni) gelegentlich eigene Akzente, aber der reine Gesang wirkt z.B. beim Escamillo auf Dauer steif und ermüdend. Sehr gefallen hat er mir dagegen als herrlich überzeichneter Dulcamara.
    Dennoch muss er eine fabelhafte Bühnenwirkung haben, und auch ich würde ihn gern mal live sehen (hoffentlich klappt's mit dem "Don Giovanni" in Baden-Baden...).


    Trotz dieser Kritik steht fest: Solche Sänger gibt es nicht alle Tage.


    :hello:


    P.S.: Ich erinnere mich da an das Titelbild der "Opernglas"-Ausgabe vom letzten September:



    (gab's nicht größer)


    Es brachte dem Magazin einen empörten Brief ein, in dem ein Leser bekundete, dass er, als er das neueste Heft in die Hand nahm, geglaubt habe, eine "Aufnahme aus dem Verbrecheralbum" zu sehen. "Herr D'Arcangelo ist zweifellos ein sonst attraktiver Mann, aber warum er gerade dieses Bild zur Veröffentlichung durchgelassen hat, ist mir schleierhaft."
    Man muss gestehen: So weit hergeholt ist die Assoziation gar nicht :hahahaha:...

    Gerade habe ich erstmals Josef Greindls Interpretation von Schuberts "Winterreise" gehört. Die Aufnahme entstand 1957, am Klavier Hertha Klust.



    Ich habe dieses Werk noch nie derart ergreifend und wunderbar gesungen gehört. Greindl beherrscht die Nuancen vom Pianissimo bis zum nicht gebellten Forte, ist exzeptionell textverständlich und bietet eine Gestaltung, die einem die Tränen in die Augen treibt. Fischer-Dieskau mag den Text deutlich auslegen, aber er bellt und schreit streckenweise auch in den frühen Aufnahmen - und ist eher Kommentator denn Teilnehmer. Greindl lässt einen tief in die Seele des Wanderers blicken. Das ist ganz große Interpretationskunst und dürfte eine der besten Aufnahmen dieses Zyklus überhaupt sein.


    :jubel:


    Orchester der Bayreuther Festspiele - Christian Thielemann 5
    Thielemann entfaltet Klangmassen und berauschende Tonwogen, die man so vorher nie (und vor allem nie in dieser Perfektion!) gehört hat. Diese Interpretation ist orchestral ganz groß - aber Thielemann nimmt zeitweise doch etwas wenig Rücksicht auf die Sänger.


    Wotan: Albert Dohmen 3
    ...und das mit gutem Willen. Dohmen ist kein Sängerdarsteller. Seine Interpretation wirkt streckenweise aufgesetzt, und seine Kurzatmigkeit und die Vokalfehler ("So grüß' ich die Börg!") tragen nicht unbedingt zum Hörvergnügen bei.


    Alberich: Andrew Shore 4
    Über weite Strecken krächzt und schreit er sich durch die Partie, aber er ist ein glänzender Gestalter, und irgendwie hat er was für sich.


    Loge: Arnold Bezuyen 5
    Dem Niederländer gelingt eine nahezu perfekte Symbiose aus herausragendem Gesang und einer interessanten Interpretation.


    Fricka: Michelle Breedt 4
    Ordentlich gesungen, nicht mehr und nicht weniger.


    Riesen:
    Fasolt: Kwangchul Youn 3,5
    Er artikuliert sehr deutlich - bisweilen zu deutlich, wie ich finde. Die gerollten Rs und gespuckten Ts fallen doch sehr unangenehm in die Gesangslinie. Auch stimmlich klingt er ab und zu hohl.


    Fafner: Hans-Peter König 5
    Muss man noch Worte über diesen exzellenten Sänger verlieren?

    (zusammen 4,25)


    Mime: Gerhard Siegel 3,5
    Siegel interpretiert das glänzend, das ist so herrlich "overacted", dass man es lieben muss. Aber leider klingt er oft eng und angestrengt. Ein Blick auf seine Homepage zeigte mir: Er hat auch Stolzing und Siegmund im Repertoire und erarbeitet sich die beiden Siegfriede und ist somit der einzige mir bekannte Sänger, der im "Siegfried" sowohl den Titelhelden als auch seinen Ziehvater singt. Nur: Wie mag er erst in den Heldentenorrollen klingen?


    Rest: 3,5
    Auch in seinem Alter immer noch hörenswert Clemens Bieber als Froh, etwas akademisch der Donner von Ralf Lukas, Christa Mayer gut als Erda, die Rheintöchter wissen zu gefallen.


    Tonqualität: -keine Wertung, da Radiomitschnitt-


    GESAMT 3,58


    Fazit: Das Dirigat von Thielemann macht die Aufnahme zu einer Kaufempfehlung. Sängerisch ist sie allenfalls mittelprächtig und macht deutlich, wie sehr Bayreuth seit einiger Zeit an einer in manchen Produktionen starken Sängermisere leidet. Die Kritik der "Opernwelt", Sänger wie Albert Dohmen seien sängerdarstellerisch "bestenfalls zweite" Wahl, ist zwar harsch, aber leider richtig. Wer mit diesen Gesangsleistungen leben kann und sein Hauptaugenmerk auf Thielemann richtet, wird die Aufnahme mögen.


    :hello:

    Eine Frage, die mir schon lange unter den Nägeln brennt: Sind denn Bewertungen von DVDs im TMOO weiterhin erlaubt, oder ist der nunmehr ausschließlich den CDs vorbehalten?


    :hello:

    Ich hatte mich so auf die Aufführung gefreut - und jetzt funktioniert das nicht. Beim Player auf liveweb.arte.tv kommen weder Ton noch Bild. Will heißen: Mein Live-Bericht muss leider ausfallen.


    Ich wünsche dem großen José van Dam alles, alles Gute für seinen hoffentlich noch langen weiteren Lebensverlauf. Wenn ein so verdienter Sänger von der Bühne abtritt, ist das schon ein Ereignis. Schade, dass ich nicht daran teilhaben kann.


    :hello:

    Am 5. Mai war Premiere, heute ist die dritte Aufführung der Neuinszenierung von Massenets "Don Quichotte" am Theatre La Monnaie in Brüssel. Laurent Pelly inszeniert erstmals am Haus, für einen anderen aber ist es ein Abschied: José van Dam tritt von der Bühne ab. Grund genug, auch mal über eine Oper zu berichten, die ich noch gar nicht kenne. arte überträgt ab 20:25 Uhr live, die Aufführung beginnt um 21 Uhr.


    Silvia Tro Santafé (La belle Dulcinée), José van Dam (Don Quichotte), Werner Van Mechelen (Sancho Panza), Julie Mossay (Pedro), Camille Merckx (Garcia), Gijs Van der Linden (Juan), Vincent Delhoume (Rodriguez) Et l'Orchestre symphonique et les choeurs de la Monnaie
    Inszenierung: Laurent Pelly
    Direction musicale : Marc Minkowski / Direction des choeurs : Martino Faggiani


    Wer eine ausreichende Internetanbindung hat, kann sich die Aufführung auch hier als Livestream ansehen, oder er schaltet einfach arte im Fernsehen ein.


    :hello:

    Den morgigen Abend sollte man sich vormerken: arte übertragt live aus Brüssel "Don Quichotte" von Jules Massenet. José van Dam gibt mit dieser Aufführung seinen Bühnenabschied. Ich werde berichten.


    :hello:


    Kennt jemand dieses Buch? Wenn nicht, dann sollte er es kennen lernen.


    Beschrieben wird das Leben des jungen Béla, der, 1913 als uneheliches Kind geboren, bei einer geizigen Pflegemutter aufwächst, bevor ihn seine junge Mutter zu sich nach Budapest holt. Die bettelarme Familie profitiert davon, dass Béla einen Job als Liftboy in einem Luxushotel bekommt. Eines Abends ruft ihn eine reiche Dame zu sich...


    Der ungarische Autor János Székely ( 1901-1958 ) entfaltet auf über 800 Seiten ein derart fesselndes Epos, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Es ist ein wahrhaft großer Roman - allerdings ohne die häufige Langeweile, die Büchern mit diesem Prädikat innewohnt. Und trotz des tragischen Endes hat man immer das Gefühl, dass es weitergeht, immer weiter, trotz allem... Ursprünglich hätte aus "Verlockung" eine Trilogie werden sollen; das scheiterte leider am frühen Tod des Autors. Doch auch für sich genommen ist das Buch bereits nach dem ersten Lesen zu einem meiner absoluten Lieblinge geworden.


    Also: Wer kennt es noch?


    :jubel:


    :hello:

    Zitat

    Original von Knusperhexe
    Zur Freude bastis wird diese Produktion ja nun leider verschrottet. Damit ist unsereins mal wieder ausgebotet.


    Wenn man sich aber die ersten Bilder des neuen "Rings" von Robert Lepage ansieht, dann scheint der sich auch nicht wirklich mit dem Werk auseinanderzusetzen...



    :hello:

    Zitat

    Original von WotanCB
    Nochmal Otto Schenk mit seinem höchst eindrucksvollen, von Bast verehrtem :baeh01: "Ring des Nibelungen"



    Wenn ich mich recht erinnere haben wir Günther Schneider-Simssen diese wundervollen Bühnebilder zu verdanken.


    Naja, Otto Schenk ist eigentlich Regietheater vom übelsten: Ein schlimmer Fall von Konzeptregie, aus dem "Ring" eine Revue zauseliger Zottelmonster in der Kulisse von "Familie Feuerstein" zu machen. Höhe- bzw. Tiefpunkt: Am Ende des II. Aufzuges der "Götterdämmerung", nachdem ein Mordkomplott geschmiedet und aller Verderben besiegelt wurde, lässt Schenk ein paar weißgekleidete Mädels Blumen streuen. Sehr sinnig.


    Aber was rege ich mich auf :beatnik:...


    :hello:

    Ich vermute ja eher, dass Titus umbesetzt wurde, weil er nicht in die Inszenierung passte. Glaubt man dem Berichten, glich er einem tapsigen Teddybären, der unbeholfen über die Bühne schlurfte. Das war gerade im Zusammenspiel mit dem fast 30 Jahre jüngeren Adrian Eröd kontraproduktiv. Der neue Sachs James Rutherford ist im selben Alter wie Eröd und wird das sicher besser hinbekommen. Man kann ja gegen Franz Hawlata sagen, was man will - aber wie er barfuß über die Bühne lief, Kette rauchte und am Ende zum Spießer wurde, das passte einfach. Auch wenn Titus besser sang.


    :hello:

    Zitat

    Original von Knusperhexe
    ... und schreib bitte eine richtige Rezension und kein Marketingkonzept für das Regietheater - wie "Opernglas" und co......


    Ich werde mir Mühe geben, deinem Weltbild gerecht zu werden. Darf ich auch meine Meinung einfließen lassen?


    :hello:

    Zitat

    Original von Engelbert


    Meine einstmals positive Einstellung zu Richard Wagner, bewegt sich langsam ins Nirwana. Erneut habe ich Ausschnitte aus der Valencia-Walküte gesehen und mir geht das Personarium wie die erkünstelte Sprache so richtig schön auf den Keks. Wotan mit Ziegenbärtchen sieht aus wie Konfuzius und die Fricka schaut aus ihrer Umhüllung wie eine Gans, die es donnern hört – bezogen auf den Valencia-Ring.


    Das stimmt - das war wirklich albern. Der Valencia-Ring hat mit Werktreue nichts zu tun. Aber: Konfuzius - :hahahaha:


    Zitat

    Original von Engelbert
    Wagners Texte sind formell wie inhaltlich nicht mehr zeitgemäß und werden von den meisten Besuchern - wenn es hoch kommt - auch nur noch phonetisch wahrgenommen. Ihr Aufwand an Geduld und Sitzvermögen ist extrem.


    Hier muss ich WotanCB zustimmen: Wagners Werke gehören zum Zeitlosesten, was es gibt. Kaum ein Komponist hat (unbewusst?) so tiefe menschliche Konflikte herausgebildet. Charaktere von einer solchen Tiefe wie den verzweifelten, dämonischen Holländer, den edlen Siegmund, den Gott-Menschen Wotan, den pedantischen Beckmesser und den selbstgefälligen Hans Sachs findet man nicht in jedem Bühnenwerk.
    Und was man inszenatorisch aus diesen Opern machen kann, ist enorm. Wie Wotan schon sagte: Der „Ring“ hat viel mit uns selbst zu tun. Das sollte eine Inszenierung herausbilden.
    Aber auch die „Meistersinger“ sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Ein buntes Kabinett an Gestalten. Eine mögliche Auseinandersetzung mit uns selbst und der deutschen Identität. Wie ist das nun mit Sachs? Ist er wirklich so weise und edelmütig? Nein! Er – selbst unter den Meistern nicht eben wohlgelitten – mobbt Beckmesser, wo er kann. Er macht sich Hoffnung auf Eva und gibt sie erst sehr spät auf. Er glaubt (meine ich) nicht, dass Walther ein vernünftiges Preislied hinbekommt – macht aber gute Miene zum bösen Spiel. Er passt sich am Ende dem Massengeschmack an, wird vom innovativen, der das Neue in Walthers Lied entdeckt, zum Opportunisten, der Stolzing zu einem „Meisterlied“, also zum Mainstream anstiftet. Wie gestaltet man z. B. die Schlussszene? Sachs, verbittert und gebrochen, inmitten der Volksmassen? Kurz vor „Heil Sachs, Nürnbergs teurem Sachs“ könnte man Statisten KZ-Häftlinge erschießen lassen. Schließlich gehört auch das zur deutschen Identität. Sachs erkennt, was er angerichtet hat, will einschreiten und bricht selbst im Kugelhagel zusammen. Ohne es zu wollen, hat er aus seiner eigenen Wandlung eine Wandlung des gesamten Volkes gemacht, das seinen Tod gar nicht bemerkt, sondern ausgelassen feiert: Endlich darf man wieder deutsch sein und deutsch denken! Die Toten sind als Kollateralschäden zu betrachten. Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte eben. Denn die hat Wagner und die Wagner-Reflektion natürlich geprägt.


    Aber ich schweife bereits zu sehr ab...


    :hello:

    Da werde ich mein Bestes tun. Eine Kritik im "Neuen Merker" darf ich auch schreiben :).


    Hier erstmal die Besetzung:


    Richard Wagner
    (1813 - 1883)


    TRISTAN UND ISOLDE
    Handlung in drei Aufzügen
    Dichtung vom Komponisten

    In Kooperation mit dem Opernhaus Zürich

    In deutscher Sprache mit Übertiteln


    Musikalische Leitung: Axel Kober
    Inszenierung: Claus Guth
    Bühne und Kostüm: Christian Schmidt
    Choreograf: Volker Michl
    Chor: Gerhard Michalski
    Dramaturgie: Ronny Dietrich

    Tristan: Ian Storey
    König Marke: Hans-Peter König
    Isolde: Janice Baird
    Kurwenal: Oleg Bryjak
    Melot: Dmitri Vargin
    Brangäne: Annette Seiltgen
    Ein Hirt: Markus Müller
    Steuermann: Rolf Broman
    Junger Seemann: Jussi Myllys


    Orchester: Düsseldorfer Symphoniker


    Samstag, 29. Mai 2010, 17 Uhr, Opernhaus Düsseldorf


    (Ich sitze 1. Rang Seite rechts, Reihe 2, Platz 93 - ist das ein guter Platz?)


    :hello:

    Zitat

    Original von musica
    Nachdem es in einem anderen Beitrag um Ochs von Lerchenau ging, um die tiefen Töne, wer ist der Beste, habe ich hier einen link von youtube, Bässe als Osmin.http://www.youtube.com/watch?v…om=PL&playnext=1&index=51


    In diesem Video ist ja pro Sänger nur die zum tiefen D führende Phrase "Denn nun hab ich vor euch Ruh'" wiedergegeben. Wenn ich nur den besten Sänger dafür beurteilen sollte, dann würde ich Ezio Pinza wählen.
    Geht es aber darum, wer der beste Gesamt-Osmin ist, würde ich auch Josef Greindl nennen. Stimmlich gefällt er mir besser als Gottlob Frick.
    Vokal auch sehr gut Peter Rose, Willard White weiß auch zu gefallen. Einen echten Belcanto-Osmin liefert Kurt Moll - in dieser Perfektion durchaus attraktiv. Rydl finde ich furchtbar, und Böhme leidet wieder an den gemogelten Tiefen.
    All diese Sänger singen die Partie allerdings in "klassischen" Aufnahmen. Und wenn man auch die Salzburger DVD von 2006 berücksichtigt, dann muss auch Franz Hawlata genannt werden - der freilich seine volle Wirkung nur erzielt, wenn man ihn auch schauspielern sieht. Und das macht er wie immer genial. Zu "Solche hergelauf'ne Laffen" muss er Statisten verstümmeln, bei "Marsch! Marsch! Marsch! Trollt euch fort!" mit Zylinder und Spazierstock tanzen, in "Ich gehe, doch rate ich dir" springt ihm Blonde auf den Rücken, während er singt, und zu "Oh, wie will ich triumphieren" bricht er aus einem Fernseher. Erwähnenswert natürlich auch die Dialoge. Klasse das Zusammenspiel mit Dietmar Kerschbaum. Nach dem Genuss von Wein versucht Osmin in Stefan Herheims Inszenierung, Pedrillo zu verführen. "Komm, küss mich endlich, mein Brüderchen!" Und auch die Videoprojektion im Hintergrund (Osmin und Pedrillo küssen sich!) verliert durch die beiden Sängerdarsteller im Keim jede Peinlichkeit. Die Bedrohlichkeit, die Hawlata erzeugt, wenn er wie ein Gespenst in die Szene Blonde-Pedrillo platzt und ruft: "Hier geht's ja richtig ab! Tritt ihm in die Eier, Blondchen!", soll ihm erstmal einer nachmachen. Hervorragend. Aber wie gesagt: Man muss ihn dabei sehen. Sängerisch ist er auch ordentlich - aber keine Referenz. Darstellerisch führt wenig an dieser DVD vorbei.


    :hello:

    Ich freue mich auf den 29. Mai: Dann sitze ich in der Düsseldorfer Premiere von Claus Guths für Zürich erarbeiteter Inszenierung von "Tristan und Isolde" :jubel:...


    :hello:

    Ja, das ist so ein Fall von "Keine Ahnung, also Pech gehabt". Meine Musiklehrerin war auch ganz begeistert (ich habe ihr die Scheibe geliehen, als wir "Carmen" durchnahmen) und versuchte, die für die Schule zu bestellen.


    Freilich könnte ich die DVD dann für 15€ via Amazon weiterverkaufen. Vermerk: "Top-Zustand, zweimal angesehen. Neupreis: 30€." :hahahaha:


    Wie hieß die olle Show mit Wolfgang Lippert? Genau: "Glück muss man haben" :D.



    :hello:

    Dass Edelmann den Baron 1960 zur Eröffnung des Großen Festspielhauses in Salzburg gesungen hat, ist sicher ein Verdienst. Aber ich finde nicht, dass ihn das unangreifbar macht (machen darf).


    Zitat

    Original von Herbert
    Die tiefen Noten der Partie können nicht so wichtig sein.


    Natürlich sind die wichtig. Deswegen muss der Ochs ja auch ein Bass sein. Allein einer seiner ersten Sätze "Hab ich nicht wahrhaftig seinerzeit unserer Fürstin Brioche meine Aufwartung gemacht, da sie im Bad gesessen ist, mit nichts als einem kleinen Wandschirm zwischen ihr und mir" reicht von einem piano in der höchsten Lage ("Brioche") bis zum tiefen F ("Bad"). Das muss der Sänger stimmlich alles überzeugend abdecken können.


    Und das kann Edelmann meines Erachtens nicht...


    :hello:

    Kann ich bestätigen. Die Inszenierung tut keinem weh, ist aber ganz nett (Kaufmanns Schlussgeste ist aber ziemlich überzeichnet). Der tollste Moment dürfte der sein, als Ildebrando D'Arcangelo (der natürlich großartig singt) auf einem Pferd hereingeritten kommt.


    (Anekdote in eigener Sache: Ich stöberte einst im Regal des Media-Markts in Papenburg und entdeckte diese damals noch nicht lang erhältliche "Carmen"-DVD. Preis: 3€. An der Information bekam ich auf meine Frage, ob da was nicht stimme, zur Antwort: "Nö, die is schon halt, haben wir verbilligt." So kam es, dass ich diese DVD zum Preis von 3€ erstanden habe :D.)


    :hello:

    Zitat

    Original von operus
    Lieber Basti,
    über Otto Edelmann sagte Elisabeth Schwarzkopf etwas völlig anderes.
    Sie hielt Edelmann für den überragenden Ochs und gerade diese Rolle für seine beste Partie. Im berühmten Rosenkavalier-Film überzeugt mich Edelmann ebenfalls. Ein ausgezeichneter Ochs war auch Oskar Czerwenka.
    Hast Du als Nordlicht etwa Schwierigkeiten mit dem Wiener Schäh, den besonders Edelmann und Czerwenka im Blut hatten?


    Nein, habe ich natürlich nicht. Auch ich finde, dass der Ochs Wienerisch können muss (man darf's freilich nicht übertreiben). Und dennoch...


    Zitat

    Original von hart
    Otto Edelmann stimmlich unzureichend?
    Da hast Du aber ganz sicher nicht richtig hingehört...


    ...bleibe ich bei meinem Urteil: Ich finde Otto Edelmann stimmlich unzureichend. Auf YouTube gibt es in voller Länge den "Rosenkavalier"-Film aus Salzburg von 1961 (Schwarzkopf, Jurinac, Edelmann, Rothenberger - Karajan). Hier kann man Edelmann nicht nur singen hören, sondern auch spielen sehen. Und beides gefällt mir nicht. Das Problem liegt darin, dass Edelmann ein (dazu noch relativ heller) Bassbariton war und kein echter Bass, wie es der Ochs meiner Meinung nach sein muss. Das führt dazu, das er manchen Ton in der tiefen Lage schlicht und einfach fingieren muss und nicht wirklich singen kann. Das tiefe C in "Euer Gnaden haben heut durch unversiegte Huld mich tiefst beschämt" ist ein ziemlich hässliches Grunzen. Wenn man dazu auch noch sieht, wie dieser kleine dicke Mann debil grinsend über die Bühne watschelt, dann fühlt man sich in seinem Urteil bestätigt. Meine Meinung...


    Zitat

    Original von Harald
    Greindl als Baron Ochs


    Lieber Joseph II,


    es gibt eine Aufnahme mit Greindl als Ochs aus der DOB:


    Danke, Harald. Die Aufnahme werde ich mir besorgen. Ich denke mal, dass Greindl ein relativ untypischer Ochs war.


    Unbedingt hören muss ich auch noch Alexander Kipnis.


    :hello:

    Zitat

    Original von WotanCB



    basti, warum magst du Puccini nicht? (allerdings mag ich längst nicht jedes Werk von ihm)
    Als wahrer Openfan kommt man gerade an der Tosca (und der Boheme) nicht vorbei. :jubel: :jubel: :jubel:


    Mir gefällt seine Musik einfach nicht. Die deckt sich nicht mit dem, was ich unter Musik verstehe :stumm:. Dieser spezielle Sound ist halt nicht meins. Und besonders bei der "Boheme" denke ich an Überzuckerung...


    Nix für unguat :D


    :hello:

    Toll, dass einer meine Anregung aufgreift :jubel:.


    Ich kommentiere heute Abend nicht, weil ich keines der Werke von Puccini länger als fünf Minuten (wenn's hochkommt) aushalte. Mein Bericht wäre daher nicht objektiv :untertauch:.


    Viel Spaß weiterhin!


    :hello: