Beiträge von Misha

    .......Die "Tosca" hatte an der Berliner Staatsoper ihre Premiere am 3. März 1976. Es war eine in allem stimmige, wunderbare, werkgetreue Inszenierung.
    Sie lief dort 37 Jahre (!!!) lang unverändert bis 2014.
    CHRISSY


    "Es war eben doch nicht alles schlecht in der DDR" :untertauch:
    Die Homoki Traviata läuft in Leipzig übrigens - fast immer vor ausverkauftem Haus - auch schon seit über 20 Jahren. Ob die werktreu ist, wage ich im Hinblick auf die doch sehr unterschiedlichen Standpunkte der entsprechenden Autoritäten im Forum nicht zu beurteilen ;).

    Die wichtigste Frage bleibt in dem Artikel indes unbeantwortet: welche zeitgenössischen Werke sollen denn bitte, an Qualität Verdi, Mozart, Puccini, Wagner usw. ebenbürtig, gespielt werden?


    Bzgl.Leipzig ist m.E. die Kritik etwas unfair.


    Leipzig hat vor Jahren den "Freitag aus Licht" uraufgeführt. Ein schönes Happening, zu dem "Experten" aus aller Welt angereist waren. Sogar normale Opernbesucher waren da. Ich auch. Ein Ereignis. Aber irgendwie auch ein bisschen "Hurz". Ich bezweifle doch sehr, dass das Stück repertoiretauglich ist.


    Letzte Spielzeit: Uraufführung von Gettys Canterville Ghost, 21. Jhd., also ganz doll zeitgenössisch. Tonal und ausserdem als Kostümschinken mit realistischem Bühnenbild inszeniert (in der online Mediathek der Oper kann man mal reinschauen)- Begeisterung null. Ein banale Angelegenheit, die schnell in der Versenkung verschwunden ist (so schlecht ist der Geschmack des mainstream Publikums offensichtlich nicht ;) )
    Übrigens gab es in jener Spielzeit mit "Trouble in Tahiti" neben dererwähnten Uraufführung des Schinkens aus dem 21. Jhd. noch ein weiteres "modernes" Stück in der Oper.


    Diese Spielzeit "Cinq Mars" Dem Stück kann man ja nun wirklich nicht vorwerfen, überspielt zu sein. Ist es schlecht, weil es 19.Jhd. ist?


    Nächste Spielzeit: Lulu. Auch nicht unbedingt "zeitgenössisch" und sicher trotzdem für den Intendanten, der ja immer auf die Quote schielen muss, ein Wagnis.


    Ich war gestern in einer Repertoirevorstellung von Nabucco. Ging um 17.00 los, also habe ich im Opernhaus gesessen, während meine Frau die Boutiquen abklapperte. Mangels Gesprächspartnerin habe ich einiges von den Besuchergesprächen aufgeschnappt. Viele Touristen; viel älteres Publikum. Etliche haben offensichtllich ihre gut 2 Stunden abgesessen, um den Va pensiero Chor mal live zu hören. Den Gesprächsfetzen war teilweise eine stupende Ahnungslosigkeit bzgl. der Oper allgemein und bzgl. des aufgeführten Werks zu entnehmen. Na und? Die Leute hatten ihren Spass an Verdis Musik und werden evtl. wiederkommen. Ob allerdings für Berg oder gar für Reimann wage ich zu bezweifeln.


    Übrigens: Die Oper gestern war hervorragend besetzt; die Inszenierung war grottenschlecht.

    Seit meinem Ausgangsbeitrag ist noch diese Aufnahme bei mir im Regal:



    Und da bleibt sie auch. Eine völlige Fehlbesetzung (Kollo, Lemper, Milva, Adorf u.a.) und musikalisch belanglos.

    Auch Kaufmann wird einsehen müssen, dass sein Traum von der eierlegenden Wollmilchsau unter den Tenören nur dazu führen wird, dass er alsbald kein Repertoire mehr überzeugend beherrscht und die Stimme ruiniert. Die wirklich "langlebigen" Tenöre (zB Gedda, Kraus, Bergonzi) haben ihre Stimme - neben exzellenter Technik - nicht zuletzt durch weise Beschränkung des Repertoires bis in hohes Alter bewahrt.

    Hier zunächst einmal ein Link, mit dessen Hilfe man sich einen besseren Eindruck von der Inszenierung verschaffen kann, als mit dem Trailer auf der Seite der Oper Leipzig:http://www.mdr.de/kultur/video…eischuetz-leipzig100.html


    Mein Eindruck ist zwiespältig.
    Sicherlich ein ganz schöner Opernabend, auf der anderen Seite aber sicherlich auch nicht der „ganz große Wurf“.
    Die Besetzung ist gut, aber nicht außergewöhnlich.
    Am besten gefallen hat mir, wie ich es auch erwartet hatte, Thomas Moor als Max. Er bewältigt die Partie so souverän, dass er, weil er nicht ständig mit den stimmlichen Anforderungen kämpfen muss, in der Lage ist auch gesanglich ein Porträt des Seelenzustandes des Max zu zeichnen. Und an den Stellen, an denen dramatischen Durchschlagskraft verlangt wird, verfügt er mühelos über die nötigen Reserven, um das rüberzubringen, ohne dass es irgendwie angestrengt klingt.


    Gut gefallen hat mir auch Tuomas Pursio als Kaspar, der weniger der schwarze Schurke als der neidische glücklose junge Nebenbuhler ist. Stimmlich sicher im Vergleich zum Beispiel zu dem von mir in dieser Rolle besonders geschätzten Peter Meven ein„leichteres Kaliber“, aber von seinen stimmlichen Möglichkeiten von der Anlage der Figur her in dieser Inszenierung durchaus rollendeckend(während ich ihn noch als Wotan im Rheingold zu leichtgewichtig fand).


    Erwähnen will ich bei den Herren noch Runi Brattaberg, der die kleine aber wichtige Rolle des Eremiten gesungen hat. Ich hatte mich ja schon über seinen Hagen kritisch geäußert. Er ist meiner Meinung nach auch für den Eremiten zu hell timbriert und hat Probleme in der Tiefe.


    Neu im Ensemble Gal James, die Agathe gesungen hat. Das war sicher ordentlich gesungen, ich kann aber nicht sagen, dass es bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Stimmlich sehr zaghaft und blass.


    Den meisten Beifall bekam Magdalena Hinterdobler als Ännchen, das mag insbesondere ihrer Spielfreude geschuldet gewesen sein. Man muss ihr allerdings attestieren, dass ihr die Rolle stimmlich gut liegt und sie keinerlei Probleme mit den Anforderungen hatte.


    Dem gesamten Ensemble muss man bescheinigen, dass ausgesprochen textverständlich gesungen wurde. Nun kenne ich zwar das Libretto recht gut, bin aber trotzdem davon überzeugt, dass man auch ohne Kenntnis des Textes nahezu jedes Wort gut verstanden hat.


    Auch schauspielerisch konnte das Ensemble überzeugen; auf diversen Tonkonserven werden die Texte ja von Doubles gesprochen, weil man Sängern zumindest früher unterstellt hat, dass sie das „ nicht können“; zumindest die Leipziger Truppe belehrt einen hier eines Besseren.


    Der Star der Aufführung war für mich einmal mehr der Chor der Leipziger Oper. Der Chor spielt in dem Stück ja eine sehr wichtige Rolle. Präzision und Fähigkeit zu dynamischen Abstufungen sind schon sehr beeindruckend.


    Das Gewandhausorchester war mal wieder in Bestform. Irgendwelche Ausfälle habe ich nicht gehört und auch die teils heiklen Soli der Bläser zeigten keinerlei Schwächen.


    Trotzdem kann ich nicht sagen, dass mich der musikalische Teil besonders berührt hat. Mein subjektiver Eindruck war eher so, dass das keine besondere musikalische Atmosphäre heraufbeschwor sondern zwar fehlerlos aber merkwürdig unbeteiligt exerziert wurde.


    Zur Inszenierung: Die gesprochenen Texte waren zum Teil behutsam gekürzt, was ich aber nicht für einen Fehler halte und was jemandem, der das Libretto nicht so wie ich kurz vor der Vorstellung noch einmal ganz durchgelesen hat, wohl auch kaum aufgefallen sein dürfte.


    Sicherlich ist der Freischütz nicht leicht zu inszenieren, da er anders als zum Beispiel die wagnerschen Musikdramen (Ausnahme Meistersinger) historisch ganz konkret in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg angesiedelt ist, wofür es ja auch zahlreiche Bezüge im Text gibt. Andererseits bezweifle ich natürlich, dass ein Großteil der Opernbesucher überhaupt mitbekommt, dass von Tilly und vom Altringer die Rede ist oder wissen, um wen es geht und welche Rolle diese Leute in der Geschichte gespielt haben. I
    ch glaube persönlich auch nicht, das es für das Verständnis des Werkes wichtig ist, dass diese zeitliche Verortung in einer Inszenierung beachtet wird.
    Das nächste Problem ist, dass der Freischütz ganz das ein Kind der Zeit seiner Entstehung ist und ein zeitgenössischer Opernbesucher, soweit er sich überhaupt mit diesen Themen befasst hat, nur noch wenig Verständnis für die Mentalität der Menschen hat, die von den Befreiungskriegen und von der nationalen Einigungsbewegung geprägt waren.


    Insoweit finde ich den Ansatz der Regie, den Schwerpunkt auf die zeitlosen inneren Konflikte der Personen zu legen, durchaus plausibel.
    Das Regieteam hat dies auch keineswegs dadurch getan, dass es mit den üblichen Versatzstücken des so genannten Regietheaters gearbeitet hat.
    Zwar wurde die Handlung, was man aus der Ausstattung, Kostümen und so weiter schließen kann, wohl etwa in der Zeit um 18./19. Jahrhundertwende angesiedelt, aber sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme waren durchaus der Handlung angemessen, so dass es nicht die oft albernen Widersprüche zwischen Text, Handlung und Ausstattung gab. D.h., die Jäger waren durchaus angezogen und bewaffnet, wie man es von Jägern in „historischer Zeit“ erwartet und auch das Interieur im Schlafzimmer der Agathe und im Wirtshaus entsprach dem, was man in einer derartigen Oper auch als konservativer Besucher nach meiner Auffassung als adäquat bezeichnen kann.
    Gut, es gab auf der Bühne keinen künstlichen Wald (und leider auch keinen tönenden Wald inm Orchester ;) ), aber zum einen halte ich das was die Wirtshausszene angeht, auch nicht für unbedingt nötig, weil man den Aufbau der Bühne auch als Blick aus dem Freien ins Wirtshaus deuten kann und jedenfalls das Bühnenbild nicht in Widerspruch zum Geschehen stand.
    Dass am Anfang auf ein Glas auf dem Kopf einer Kellnerin geschossen wurde und nicht auf eine Scheibe, und dass es auch sonst leicht alkoholisiert deftig zu ging – ich fand es sogar originell und plausibel; so geht es bei manchem Schützenfest auch heute zu vorgerückter Stunde zu (mit Ausnahme des Schusses á la Tell).
    Die Wolfsschlucht Szene (mit einem realistischen Feuer auf der Bühne) fand im Wesentlichen im Bühnenbild der Schenke statt, wobei allerdings nur der Quergang der ersten Etage und die Treppe als Ersatz für die verschiedenen Ebenen und den Weg nach unten herhalten mussten(das kann man schlecht beschreiben, ist aber in dem Video Ausschnitt oben zu sehen), was ich aber nicht als störend empfunden habe.
    Ansonsten gab es die märchenhafte Elemente wie Totenköpfe, Leichenhaufen und so weiter durchaus, wenn sich auch der Schauereffekt in Grenzen hielt.
    Auch hier sollte ja das Unheimliche, die „Wilde Jagd“, vor allem im Orchester stattfinden und da fehlte es dann allerdings doch etwas.


    Eine ungewöhnliche Idee war es, den Samiel mit einer Tänzerin zu besetzen, die praktisch während des ganzen Stückes präsent war.
    Damit wurde die Rolle natürlich im Vergleich zur Vorlage aufgewertet, das Ganze entspricht aber dem Konzept der Regie, die das Stück vor allen Dingen als Konflikt der handelnden Personen zwischen Gut und Böse, Rationalität und Aberglauben und der Macht der Versuchung, hier als Abwägung, welche Mittel der Zweck(hier die Heirat mit Agathe und der materielle Vorteil der Erbförsterei) heiligt, zeigt.
    Unterdrückte erotische Wünsche als ein Motiv der Handelnden? Wenn es so gemeint war, wurde die Idee nicht konsequent umgesetzt. Andeutungen finden sich in der Wirtshausszene am Anfang, wo es deftig (aber nicht plakativ vulgär!) zugeht, im Verhältnis Agathe/Kaspar, in Ännchens Fantasien vom „schlanken Burschen" (samt Poster eines nackten Adonis) und in den Kontakten der Samiel Tänzerin mit den Protagonisten.


    Ich fand es auch recht gelungen, dass Kaspar nicht nur als finstere Schurke dargestellt wurden, sondern als durchaus attraktiver Mann, der (das entspricht auch dem Libretto) bei Agathe abgeblitzt ist, die immer noch ein gewisses Faible für ihn hat.


    Der Schluss ist vordergründig so, wie ist das Libretto vorschreibt: Der Eremit erscheint als deus ex machina, der Fürst lässt nolens volens Gnade walten, aber so ganz sicher ist man als Zuschauer nicht, dass wirklich alles gut ausgeht:Abgesehen davon, dass der Fürst ein ausgesprochener Unsympath ist, der die Braut meistens so anschaut, als ob er sehr gerne vom ius primae noctis Gebrauch machen würde, und (deswegen?) seinen Zorn über die abgenötigte Milde nur schwer verbergen kann, ist das oder der/die Böse nach wie vor präsent. Max nimmt am Schluss Kaspars Dolch an sich und schaut ihn nachdenklich an.


    Fazit:Eine ordentliche aber keineswegs Herausragende Aufführung.
    Gut musiziert, aber ohne einen besonderen Eindruck zu hinterlassen.
    Eine gute Ensemble Leistung, wenn auch sicher keine Sternstunde.
    Ein herausragender Chor.
    Eine Inszenierung, die keinem wehtut und einige ungewöhnliche Ideen und interessante Ansätze hat.


    Müsste ich insgesamt eine Schulnote vergeben, wäre es ein glattes „befriedigend“.


    Zuletzt bitte ich um Entschuldigung für Fehler im Text: Ich habe (endlich) von Windows zu Mac gewechselt und die Spracherkennung lernt noch.

    Und keiner von euch hat dabei auch an Verdi gedacht?


    Es kommt natürlich auch darauf an, wie man das Thema versteht. Propaganda (ein böses Wort) seitens des Komponisten oder Instrumentalisierung des Werks durch Andere. Soweit ich mich an die Verdi Biografien erinnere, die ich gelesen habe, hatte er in seinem Werk keine politischen Ambitionen und wurde selbst in die Ämter, die er kurzzeitig und eher widerwillig ausübte, eher von der öffentlichen Erwartung gedrängt. Als prägender Komponist nationaler kultureller Identität (man stelle sich so etwas mal heute vor....)mag er im Risorgimento eine wichtige Rolle gespielt haben, ob er das beabsichtigte, halte ich für zweifelhaft.

    Da scheint tatsächlich die für jeden Blödsinn bis zu vulgären, beleidigenden Ausfälligkeiten reklamierte Freiheit der Kunst gegen die Veganisten oder jedenfalls omnipräsenten Naturschützer von eigenen Gnaden kraft selbst zuerkannten Sachverstandes mal den Kürzeren gezogen zu haben ;)


    Es ist immerin ertsaunlich, welche "Resonanz" eine Premiere, die noch gar nicht stattgefunden hat, hier im Forum hat.
    Ich selbst sehe mich inzwischen in der Rolle des tragischen Helden der klassischen Tragödie: Wie auch immer mein Bericht ausfällt - Häme und Zorn werden mein Lohn sein; schuldlos muss ich schuldig werden (zumindest in den Augen der jew. Fraktion..... ;) )

    Ich finde den Hirsch, den Holger dankenswerterweise hier eingestellt hat, recht hübsch und vor allem dem Anlass angemessen. Ich glaube kaum, dass er unter dem Gesichtspunkt künstlerischen Wertes zu beurteilen ist, da sich ja aus der Widmung der Anlass seiner Überreichung ergibt. Unter Jägern - ich gehöre auch dazu - wird Tradition hochgehalten, da würde man kaum die Überreichung eines noch so genial konzipierten unförmigen Metallstücks, mit dem der Künstler der Entfremdung zwischen Mensch und Natur zwingenden Ausdruck verliehen hat, zu solchem Anlass schätzen ;)

    ..Aber in der MuKo kommt doch eine sehr interessante Premiere: "Casanova" von Albert Lortzing!!!
    Und seinen "Zar und Zimmermann" kann man sich da auch ansehen! Da geht es Leipzig also diesbezüglich viel besser als vielen anderen Städten!


    Das ist richtig. Aber: Die MuKo wurde lange vernachlässigt, es gab sogar Pläne zur Schliessung. Das Niveau war entsprechend. Sie wird ja auch nicht vom Gewandhausorchester bespielt. Und die Sänger waren zumindest früher vor allem "vielseitig".....
    Möglicherweise hat sich das geändert, aber ich war aus den genannten Gründen lange nicht da. Letztendlich ist es ja bezeichnend, dass sich das große Haus offenbar für die Spieloper zu schade ist, obwohl die Vorstellungen früher gut besucht waren. Mit der, sagen wir mal, "sperrigen" Lulu lässt sich natürlich eher renommieren und das Feuilleton füllen.
    PS
    Bevor ich wieder alle Intellektuellen heftig errege: Ich habe nichts gegen die Lulu Ansetzung. Bergs Opern finde ich zwar recht ermüdend und öde, aber mir ist schon klar, dass das mein persönlicher Geschmack ist und ein Haus in dieser Liga an den Klassikern der Moderne nicht vorbeigehen kann.

    Bei KW war evtl der Name ausschlaggebend? Überzeugt hat mich bisher nichts , was ich von ihr gesehen habe: Grauenhaft (Meistersinger) bis erträglich (Tristan), wobei der Tristan ja relativ regietheaterresistent ist ;)
    Ansonsten: Meiner Meinung nach ein schönes Premierenprogramm. Da der Canterville Ghost (nachvollziehbar, ich kann mir die Inszenierung nur mit einer saftigen Spende des Herrn Getty erklären) in der Versenkung verschwunden ist, wird der Bajazzo jetzt mit einem neuen Blaubart gebündelt. Zwar nur eine halbe Premiere ;) aber der Bajazzo hat mir gut gefallen, so dass ich nicht nach der Pause gehen werde ;)
    Dann noch Rusalka, Don Carlo, Enoch Arden, Tannhäuser, Lulu. Werd ich mir wohl alles ansehen, anhören.
    Spieloper hat Leipzig ja schon lange nicht mehr im Programm (gab vor Jahren zuletzt einen sehr schönen, werkgetreuen "Zar und Zimmermann"), aber bei eingeschränktem Budget muss man wohl Schwerpunkte bei bedeutenderen Werken setzen. Mir persönlich wäre Lortzing natürlich lieber als A. Berg.....

    Wie die "Welt" soeben vermeldet wird Katharina Wagner in der kommenden Spielzeit den Tannhäuser in Leipzig inszenieren. Erste Premiere wird am 30.09.17 Don Carlo in der 1884er Fassung sein.

    Ich eröffne das Thema, obschon die Premiere erst in 3 Tagen ist: Zunächst als Selbstverpflichtung, dann hier auch zu berichten ;) und ausserdem mit der Frage, ob noch ein Tamino die Aufführung besuchen wird, damit evtl. dann ein Bericht aus anderer Sicht hier eingestellt wird.


    Die Besetzung lässt einiges erhoffen; insbesondere von Thomas Mohr, den ich ja schon als Siegfried in der Götterdämmerung gerühmt habe.

    .......... getanzt vom Ballett der Wiener Staatsoper, das ich als ein hervorragendes Ensemble kenne. In wien gibt es dazu auch noch live-Musik, während es heute häufig auch üblich ist, Ballett zu Schallplatte oder Bandmusik zu zeigen. Schon das hat mich an den Balletten von Pina Bausch, die ich hier im Rahmen meiner früheren Abonnements gesehen habe, abgestoßen, abgesehen von den Verrenkungen, die mir oftmals nichts sagten. Dass es aber ein Kunststück (und sicher manchmal auch eine Qual) ist, solche Verrenkungen zu machen, will ich nicht leugnen.


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Pina Bausch (die anfangs in meiner Heimatstadt sehr umstritten war, bevor ihr das Publikum zu Füßen lag) und ihr (mE sehr interesssantes) Tanztheater mit dem klassischen Ballett der WSO Wiener Staatsoper zu vergleichen ist aber schon arg schräg................

    Das ist eben die überbordende Leidenschaft der Opern Aficionados. Wenn ich ausserhalb der 2 einschlägigen Vereine von Opernliebhabern, in denen ich Mitglied bin, mal an meinen Freundes- und Bekannten- und meinethalben auch Mandantenkreis denke (in dem sich viele belesene und gebildete Leute befinden, die auch regelmäßig in Oper, Konzert gehen) fällt mir auf Anhieb kaum jemand ein, bei dem ich ohne weiteres die Kenntnis (ich rede nicht von "Name schon gehört")selbst des Kanons des FoFo unterstellen würde. Na gut, die müssen eben alle noch missioniert werden. Da sollte ein "umfassender Kanon" aber dann Rentner als Zielgruppe haben.

    Übrigens kann der "Sinn" eines solchen Projektes ja durchaus auch in der Selbstreflexion liegen.
    Wenn der "Kanon" wirklich regional und epochal umfassend verstanden wird, müsste man mE übrigens zB auch Glass, Adams, Balfe, Vaughan-Williams, Ginastera und Albeniz berücksichtigen. Allerdings sehe ich hier bei vielen Vorschlagenden eher einen enzyklopädischen Ansatz ;)

    Konwitschny und seine Jünger sind Geschichte (übrigens finde ich seine Bohéme, die Leipzig noch im Repertoire hat, sehr gelungen). Gut, es gibt - wie jüngst bei Turandot - noch gelegentlich das, was hier im Forum als "Regietheater light" bezeichnet wird, aber Schirmer und sein Team haben das Haus wieder am Publikumsgeschmack ausgerichtet. "Der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb?" Jedenfalls lässt sich mit schwindendem Publikum kaum die Forderung nach Steuergeldern untermauern ;) ; wobei ich Prof. Schirmer allerdings eine Orientierung am Publikum (auf hohem Niveau) aus Überzeugung unterstelle.
    Wie gesagt, die Leute standen nicht ohne Grund gestern noch für eventuelle Restkarten an der Abendkasse Schlange. Hätte nicht K. Thalbach inszeniert, wäre wahrscheinlich die Inszenierung vom linksgrünen Feuilleton gnadenlos verrissen worden; so beschränkt sich auch die "Opernwelt auf eine ganz zarte Andeutung von "Kitsch" Elementen ;)

    Es war dies die 5. von insgesamt sechs Vorstellungen in dieser Spielzeit. Die Lucia wurde diesmal von Eun Nee You gesungen, die sich in der Rolle mit Anna Virovlansky,die die Premiere gesungen hat, abwechselt.


    Als kurzfristiger Einspringer wurde die Rolle des Edgardo wegen einer Erkrankung von Antonio Polo durch Xavier Moreno übernommen.


    Wieder einmal mehr zeigt das Haus, dass es in der Lage ist, auch anspruchsvolle Stücke ohne weiteres adäquat zu besetzen. Eun Nee You gehört ja schon seit längerem zum Ensemble; Besucher der Leipziger Oper werden sie eventuell schon als Violetta in der Traviata erlebt haben.


    Mit den mörderischen Koloraturen der Rolle, insbesondere auch in der sogenannten „Wahnsinnsarier“ hat sie keinerlei Probleme; Das perlt und fließt nur so dahin, so dass es ein schieres Vergnügen ist zuzuhören. Allerdings ist Ihre Lucia sehr weit weg vom Damatischen, vom Stimmcharakter wirkt sie sehr jung, verletzlich, zart.


    Sehr gut gefallen hat mir auch Moreno, der sich trotz des kurzfristige Einspringens sehr gut in die Inszenierung eingefügt hat. Ich habe ja ohnehin ein gewisses Faible für Tenöre, die er einen baritonalen Stimmcharakter haben.
    Hausmann gab seinem Enrico, wenn erforderlich, mit robustem Bariton den nötigen stimmlichen Furor.


    Auch die übrigen Rollen waren gut besetzt; der Chor(wie ich in Leipzig nicht anders erwartet haben) präzise und wohltönend.
    Das Orchester unter Bramall (der wohl nach München geht) einmal mehr in Bestform. Ich habe jedenfalls keine Patzer gehört und die „Schmiegsamkeit" im Klang, die ich bei Donizetti erwarte, war jederzeit vorhanden.


    Die Vorstellung war seit langem ausverkauft, vermutlich auch, weil sich herumgesprochen hat, dass Katharina Thalbach durchaus die Erwartungen auch eines konservativen Opernpublikums erfüllt, ohne banal zu werden. Ein origineller Einfall, die drei Hexen(?) am Anfang, die auch später noch als personifiziertest Verhängnis der Lucia sowie am Schluss in der Friedhofsszene auftauchen. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass die ganze Geschichte von Anfang an vom Bösen, vom Verhängnis überschattet ist (an dem sie sichtliches Vergnügen haben), dem die Protagonisten ausweglos entgegen treiben und erinnert mich natürlich etwas an den Anfang von Macbeth, wie man auch Anklänge an Verdi natürlich in der Musik nicht überhören kann.


    Das Bühnenbild ist naturalistisch, mit schaurigem schottischem Hochland, Blitz und Donner und einem großen Mond. Effektvoll, am Ende die Verbrennung der Leiche Lucias, zu der sich der todwunde Edgardo ins Feuer stürzt.


    Die Premiere soll bereits ein rauschender Erfolg gewesen sein; auch gestern gab es begeisterte Ovationen. In dieser Spielzeit ist noch einer Vorstellung für den 6. Mai, diesmal wieder mit Virovlansky in der Titelrolle geplant.
    Wir sich diese unbedingt empfehlenswerte Inszenierung ansehen will, sollte sich besser mit der Kartenbestellung beeilen.

    .....Kein Rameau, kein Berlioz, kein Meyerbeer, kein Gounod, kein Massenet, kein Saint-Saens, kein Debussy, kein Poulenc. Die Russen fehlen ganz, also auch der "Boris Godunow", eine der bedeutendsten Opern überhaupt, auch auf Tschaikowski glaubte man verzichten zu können. Bei den Tschechen immerhin Janacek, aber kein Smetana, kein Dvorak? Der für die Operngeschichte höchst bedeutsame Gluck fehlt völlig. Bei Wagner der "Fliegende Holländer", aber nicht der "Ring"??? Bei den Italienern fehlt Bellini und damit eine der berühmtesten Opern überhaupt ("Norma"), dafür Leoncavallo, na ja. Strauss ist nur mit den Frühwerken vertreten usw. usw. Alles höchst fragwürdig. Das können wir besser!


    Wie gesagt, dass kommt darauf an, mit welchem Zweck und Anspruch und für wen ein solcher Kanon erstellt wird. Die von Dir zitierten Franzosen (wohlgemerkt, Debussy ist zB einer meiner Lieblingskomponisten!) würde ich schon nicht mehr zum Kernrepertoire zählen; ebenso Bellini. Bzgl. Boris Godunow könntest Du allerdings recht haben. Und der "Ring"? Sicherlich eines der bedeutendsten Meisterwerke abendländischer Kunst; aber wohl doch schon sehr "Fortgeschrittenenoper" ("Oper"?). Ich sehe das mehr unter dem Aspekt, welche Anschaffungs-/ Hörliste ich jemandem geben würde, der sich mal in die Gattung Oper einhören möchte. Und da finde ich die Liste des FoFo (wobei meine Auswahl bei einzelnen Komponisten/Werken evtl. eine andere wäre) als Handreichung geeignet. Vermutlich müsste man mehrere Listen je nach Kenntnis- Erfahrungsstand des Adressaten erarbeiten. Von einem Tamino erwarte ich natürlich, dass er alle Werke, die im hiesigen Opernführer aufgeführt sind, kennt. ;)

    Es kommt ja letztlich darauf an, wie man "Kanon" (ein hehres Wort mit hohem Anspruch) definiert und für welche Zielgruppe man ihn aufstellt. Für den an klassischer Musik nur durchschnittlich interessierten gleichwohl aber gbildeten Zeitgenossen, aber selbst für den Klassikfreund, der einen eindeutigen Interessenschwerpunkt in einem odere mehreren Bereichen der Instrumentalmusik hat, halte ich den oben zitierten Kanon von FonoForum für absolut ausreichend und die Auswahl für recht gelungen.

    Randbemerkung: FonoForum brachte früher gelegentlich einen Klassik CD Führer heraus (mE recht brauchbar, allerdings ist meine letzte Ausgabe von 95/96), dem eine Art Kanon von 200 "maßgeblichen Meisterwerken" gegliedert nach grob umrissenen Epochen vorangestellt war. In diesen haben es 30 Opern geschafft........
    Üblicherweise werden solche Verzeichnisse ja als "unabdingbarer Kernbestand, dessen, was man als gebildeter Mensch kennen muss", erstellt. Und, wenn man die Oper als Gattung schont hier meint berücksichtigen zu müssen, erscheint mir die Auswahl in der erwähnten Broschüre nach Zahl und Auswahl nicht einmal abwegig. Werke, "die man kennen sollte", oder "die zu kennen unbedingt lohnt", gehören nicht in ein solches Verzeichnis.


    Hier mal der FonoForum Kanon Oper:
    Barock
    Monteverdi: Orfeo, Die Krönung der Poppea
    Purcell: Dido u. Aeneas
    Händel: Julius Cäsar Gluck: Orpheus


    Klassik
    Mozart: Don Giovanni,Zauberflöte
    Beethoven: Fidelio


    Romantik und Moderne
    Weber: Freischütz
    Rossini: Barbier von Sevilla
    Donizetti: Lucia di Lammermoor
    Verdi: Rigoletto, La Traviata, Otello
    Wagner: Der fliegende Holländer, Lohengrin, Tristan
    Offenbach: Hoffmanns Erzählungen
    Strauß: Fledermaus
    Bizet: Camen
    Janecek: Jenufa
    Leoncavallo: Bajazzo
    Puccini: Bohème, Tosca, Butterfly
    Strauss: Salome, Electra, Rosenkavalier
    Berg: Wozzeck
    Briten: Peter Grimes

    .....Will ich Musik hören, stehe ich oft unschlüssig vor den Regalen, ja was denn nun. ......


    Das geht mir in der Tat häufig auch so: Plicht (die ungehörten Neuanschaffungen, das vernachlässigte Repertoire) oder Neigung (die Lieblingswerke in den Lieblingsinterpretationen)? Arbeit (Neues, evl. "Fremdes") oder Entspannung (das Vertraute, oft Gehörte)?

    .............
    Es gibt aber eine einfache Möglichkeit für CDs mit 2-3 Werken verschiedener Komponisten, die man nicht unter Künstler-Anthologien einordnen will. Man stelle die CD unter Bach ein, nehme zwei leere CD-Hüllen oder zwei Pappreste in etwa CD-Format oder steife Karteikarten o.ä., schreibe darauf "s. Bach Goldbergvariationen" und stelle diese "Pappkameraden" bei Beethoven und Rzewski ins Regal.
    ....


    Danke. So naheliegend und bin doch nicht drauf gekommen. Das löst mein diesbzgl. Problem!
    Ansonsten habe ich es mit eiserner Disziplin geschafft, in diesem Jahr noch keine Neuanschaffungen zu tätigen. Ich habe mir fest vorgenommen, mich erstmal durch die Erwerbe 2016 zu hören. Das sind einige Regalmeter.

    Musik, die mE auch gut zur nächtlichen Stunde passt: Das "Lied des indischen Gastes", das in der Interpretation Ivan Kozlovskis (ein leider viel zu wenig bekannter Tenor, was wohl dem "kalten Krieg" geschuldet ist, aber zB seinen "Lohengrin" muss man gehört haben) besonders schwermütig, fast elegisch, klingt.


    Nach einer Woche mit eher unangenehmen beruflichen Aufgaben in den Niederungen menschlicher Fehler und sozialer Missstände habe ich für den Beginn de Wochenendes mal "leichte Muse" gewählt und bin zZt bei Strauss Zigeunerbaron, der allerdings bei Harnoncourt für mein Empfinden etwas "schwerblütig" daherkommt. Die Besetzung ist - trotz der eher weniger prominenten Namen - sehr gelungen.