@Johannes & @All:
ich will mir hier keinesfall anmaßen Spitzers Forschungen grundsätzlich anzuzweifeln. In seinem Vortrag, im Buch sicher noch viel detaillierter, legt er ja auch Versuchsergebnisse vor welche seine Thesen untermauern. Ergebnisse aus Experimenten lassen aber immer auch einen gewissen Interpretationsspielraum offen sobald vom Experiment auf allgemein geschlossen wird. Vermutlich insbesondere bei Psychologie und Verhaltensforschung, scharfe Abgrenzungen und Vorhersagen sind hier ja eh mit Vorsicht zu genießen.
Anscheinend wurde im 18/19 Jahrhundert vor einem seinerzeit neuen Massenmedium gewarnt:
"Johann Adam Bergk etwa, Privatgelehrter, Übersetzer und kantianischer Philosoph, lieferte 1799 das Leitmotiv aller Kassandrarufe: Aus "geschmack- und gedankenloser Lektüre" folge "unsinnige Verschwendung, unüberwindliche Scheu vor jeder Anstrengung, grenzenloser Hang zum Luxus, Unterdrückung der Stimme des Gewissens, Lebensüberdruss und ein früher Tod", rief er aus Leipzig herüber."
https://www.welt.de/kultur/his…enschen-krank-machte.html
Heute gilt Lesen dagegen als (fast schon) elitäre, in jedem Fall bildende Freizeitbeschäftigung, und als das kognitive Training schlechthin. Auch hier bin ich zumindest erstaunt, dass man scheinbar komplett auf das Lesen an sich abstrahiert hat, der Inhalt scheint auch hier quasi keine Rolle zu spielen....
Klar ist, wenn ich mir selbst Dinge aneigne hat dass eine ganz andere Qualität im Vergleich zum Konsum einer Terra X- Folge. Das eine ist meines Erachtens nicht Ersatz für das andere, das ist dann aber eine Frage des Konsumverhaltens. Mehr oder weniger bewusst geht der Mensch ja von sich selbst aus, so geht es selbstredend auch mir. Ich hatte wohl das Szenario im Kopf, dass ich nach 9 1/2 Stunden außer Haus (8 Stunden Arbeit, 1 Stunde Pause, 30 Minuten Wege) zuhause bin und nach sonstigen Erledigungen und Haushalt noch 1 1/2 Stunden freie Zeit habe. Mein Arbeitsalltag besteht aus Email lesen und schreiben, Telefonieren und ab und an Diskussionen im Rahmen einer Besprechung. Da ist die konzentrierte Lektüre am Abend ein eher seltenes Ereignis. Da will man meistens einfach nur entspannen. Geht bei mir mit Lesch deutlich besser als mit Bohlen.
Aber Spitzer bezieht sich ja auf Jugendliche und Kinder. Damit werde ich demnächst ganz praktisch konfrontiert werden. Meine Tochter ist jetzt 12 Wochen alt, bald geht es los :-).....