Lieber Fiesco und musikwanderer,
bezüglich des von Fiesco gesetzten Links (Klassikblog) - manchen Leuten kann eben nichts recht gemacht werden. Die Rezension dort ist arrogant, herablassend, übrigens auch Rolando Villazón gegenüber, vielleicht Neid über den mehrfach Begabten. Der Rezensent hat nicht erkannt, dass Villazón sein Anliegen, nämlich aufzuzeigen, wie heute immer mehr auf Andersartigkeit, Andersdenken, sich nicht Anpassen, mit Mobbing reagiert wird. Dies hat er sehr gut mit vielfältigen Einfällen, kleinen Handlungen der agierenden Personen dargestellt. Die roten Pappnasen hatten übrigens die Tänzer dann auf, als sie als Begleitung der La Follie auftraten, in dem Zusammenhang also nicht so abwegig.
Sich über das Bühnenbild als „Beton-Brutalismus“ aufzuregen, ist nun völlig absurd angesichts dem Meisten, , was uns in den letzten Jahren so auf Opernbühnen geboten wurde, bei uns in Dresden, aber vielleicht noch mehr auf westlichen Bühnen (ich lese seit Jahren im Klassikforum mit).
Erstens ist klar gesagt, dass es sich um einen Unicampus handelt und die meisten großen Unikomplexe sind nunmal Neubauten, die Handlung ist nicht in alten ehrwürdigen Gebäuden wie Oxford oder Cambridge angesiedelt. Zweitens wurde das Bühnenbild in jedem Akt entsprechend den Anforderungen der Handlung abgewandelt. Der „Jahrmarkt mit Schießbude“ im letzten Akt, in dem die angebliche Hochzeit Platées mit Jupiter stattfinden soll, ordnet sich ebenfalls in die Inszenierung ein.
Wennn der Rezensent sich einmal die Mühe machen sollte, genauer in den Text der Oper einzudringen, wird er feststellen, dass in diesem Akt Platée mit verschiedenen Festlichkeiten und Tänzen unterhalten werden soll, hauptsächlich um Zeit „zu schinden“, da Juno noch nicht am Schauplatz der Handlung eingetroffen ist und damit das eigentliche Ziel der ganzen Posse mit Platée verfehlt werden würde. Diese bricht am Schluss völlig verzweifelt zusammen, als sie erkennen muss, wie ungeheuerlich mit ihr verfahren wurde.
Wo ich etwas enttäuscht war (und da stimme ich mit dem Blogger überein), waren die Choreographien der Tänze. Das war zu wenig. Als Vergleichsmöglichkeit hatte ich die von mir vorgestellte DVD und dort sind die Tänze wirklich genial choreographiert.
Seiner negativen Beurteilung der Sänger stimme ich ebenfalls nicht zu: Im Vergleich zu meiner DVD mit französischen Sängern waren die Soprane (La Follie, Thalie, nicht Juno) hier stimmlich besser, mit französischen Sopranen habe ich einige Schwierigkeiten, zu dünn, zu schrill in vielen Fällen die Stimmen.
Wie ich bereits geschrieben habe, bin ich eigentlich mehr konservativ eingestellt, was den Stil von Operninszenierungen anbelangt. Trotzdem war der Gesamteindruck der Oper gestern absolut positiv, und so dürfte es fast dem gesamten Publikum ergangen sein, wenn ich den begeisterten Beifall bedenke. Ich würde sagen, im Wesentlichen bestand es aus Leuten, die genau diese Oper sehen wollten und die das Inszenierungskonzept im Gegensatz zum Rezensenten verstanden hatten. Laufpublikum (die Touris, wie wir Dresdner sagen, die dann mit ihren Handys herumfuhrwerken), habe ich in unserem (großen) einsehbaren Bereich nicht erblickt.
„Einem Schlüsselwerk des französischen Barock wird diese Aufführung in keinem Augenblick gerecht“ (Zitat)
Völlig falsche Einschätzung: Es ist wichtig, die in Dresden bisher vernachlässigte französische Barockoper einem Publikum näher zu bringen. Und das kann mit einer solchen Inszenierung ein Stückchen weit gelingen, die weder „dröge“ daherkam, noch in irgeneiner Form „langweilig“ war, sondern die, wie ich bereits geschrieben habe, bunt, einfallsreich und unterhaltsam war, und das ist schon sehr viel, denn im Allgemeinen hat die französische Barockoper bei vielen Musikfreunden genau diesen Ruf der absoluten Langweiligkeit ( bei mir vor einigen Jahren übrigens auch). Und bei dem Ergebnis toleriere ich auch einige Diskrepanzen sowie Dinge, die vielleicht noch besser gemacht werden könnten.
Mit besten Grüßen
Ramona1956