Beiträge von madize

    Andrei Gavrilov - ein Held meiner Jugend. Ich hatte damals eine Aufnahme von ihm, die mich mehr als begeistert hat: die Stücke aus Romeo und Julia von Prokofieff. Ein echter Heißsporn, hochvirtuos, maskulin - genau das, was mich damals als Jugendlicher "angetriggert" hat.


    Nun kam dieser Pianist zu einem Konzert des Kulturrings Heilbronn an einen Ort, der für mich leicht per 1.5-stündiger Fahrt zu erreichen war. Die Eintrittspreise sehr moderat. Die Hoffnungen auf einen unvergesslichen Klavierabend waren also groß. Leider wurde ich herbe enttäuscht.


    Das Programm bestand aus 4 Chopin Nocturnes, aus der h-moll Sonate von Liszt und auch - nach der Pause - den Bildern einer Ausstellung von Mussorgski - also einem romantischen Programm virtuosen Zuschnitts, wo ich mir erhofft, den Genius und die Fähigkeiten dieses Künstlers aufblitzen zu sehen. Die Nocturnes waren schön gespielt, zugegeben, wobei auch schon an dieser Stelle eine sehr eigene Art der Tempowahl, eine gewisse Manieriertheit, festzustellen war. Gerade bei den Nocturnes können klangsensible Künstler "musikalisch atmen", sie können die melodischen und harmonischen Schönheit dieser Werte zum Klingen bringen, da konnte mich Herr Gavrilov - vor allem angesichts des Levels, welches ich von ihm erwartet hätte - nicht vollends überzeugen.


    Die Lisztsche Sonate ist natürlich ein Paradestück, bei dem ein Künstler sowohl in seiner Virtuosität, aber auch in der Klangschönheit der kantablen Partien glänzen kann. Auch hier konnte Andrei Gavrilov nicht überzeugen. Natürlich ist die Konkurrenz, sowohl auf dem Plattenmarkt wie auch bei Live-Aufführungen groß. Junge Künstler, nicht zuletzt aus Fernost, treten mit unglaublichen manuellen Fähigkeiten auf, aber auch in Würde gealterte Pianisten unserer Kulturkreise sind immer noch in der Lage, klanglich zu zaubern und auch konzeptionell aus einem Guss zu spielen. Bei Herrn Gavrilov waren teilweise irrsinnige Rubati zu hören, Temposprünge, die ich mir nicht erklären konnte, wo man stets dachte: hoffentlich geht das gut. Und es ging häufig nicht gut. Nicht getroffene Töne, kaum durchhörbare Klanggewitter, eine sehr eingeschränkte Dynamik waren eher die Regel als die Ausnahme. Über den Abend hinweg hörte ich auf, die "Hänger" (wo er einfach nicht weiterwusste, und sich irgendwie zu behelfen versuchte) zu zählen, als er den zweistelligen Bereich erreicht hatte. Er tat mir insgesamt recht leid.


    Die Bilder einer Ausstellung nach der Pause setzten in Bezug auf die Hänger und die nicht getroffenen Töne die Situation des ersten Konzertteils fort. Wirklich sehr schade. Ich kann mir das Ganze nicht wirklich erklären. Aufnahmen von YouTube und bei Qobuz auch aus jüngerer Zeit lassen mich diese Dramatik nicht nachempfinden, entweder wurde dort ordentlich geschnitten, oder aber der Künstler war am gestrigen Abend einfach massiv außer Form.


    Als Zugabe ließ sich Herr Gavrilov die Suggestion Diabolique von Prokofieff entlocken - die einzige Zugabe an diesem Abend. Dieses Werk hatte er sehr gut drauf, sicher seine überzeugendste Darbietung an diesem Abend.

    Hallo die Herren,


    wenn ich da mal ein wenig einen technischen Aspekt mit einbringen darf, scheinen mir folgende Dinge relevant: ein Lautsprecher hat immer eine gewissen Frequenzcharakterstik. D. h. ein hoffentlich gut ausgebildete Toningenieur mischt eine Aufnahme so ab, dass sie seinem ästhetischen Empfinden und dem Empfinden des oder der Künstler entspricht. Die Umgebungen im Studio sind weitestgehend normiert, man sollte also davon ausgehen, dass dort die wenigsten Fehler passerieren (wobei dies nicht absolut richtig ist, man hört immer wieder von Toningenieren, die Hördefizite haben und von daher auch die Aufnahmen negativ beeinflussen).


    Nun liegt die Aufnahme in digitaler Form vor mit all ihren Grund- und Obertönen und soll nun auf der Seite des Kunden bestmöglich wiedergegeben werden. Erfahrungsgemäß (und messbar) macht die Verstärkerelektronik da am wenigsten aus (die dort auch vorhandenen Fehler sind außerhalb des Überlastbereichs verschwindend gering). Auch wenn hier nun der ein oder andere aufschreien wird, auch die Kabel machen für den Höreindruck der Wiedergabe eines Aufnahme nichts reproduzierbares aus (wenn man nicht gerade Klingeldrähte verwendet).


    Den allergrößten Anteil des Klangs haben die Lautsprecher selbst und - das vernachlässigen die meisten Hörer in sträflicher Art und Weise - der Raum! Die Lautsprecher haben - meistens gewollt - eine gewissen Frequenzcharakteristik, was nichts naderes heißt als dass bestimmte Teile des Frequenzspektrums lauter wiedergegeben werden als andere. Dies führt natürlich automatisch zu einer Verschiebung des Klangeindrucks, weil manche Frequenzen - egal ob Grund- oder Obertöne - dann im Verhältnis zu den anderen Frequenzen stärker oder weniger stark wiedergegeben werden. Ein Studiofanatiker würde sich vehement dafür einsetzen, dass alle Frequenzen gleich laut wiedergegeben werden müssen, um möglichst nah am Original (nicht am Original im Aufnahmeraum, sondern am Original dessen, was der Toningenieur auf dem Tonträger hinterlassen hat) zu sein. Da das Hören von Musik aber bei den allermeisten Musikliebhabern eine Form des Genusses sein soll, ist es meiner Meinung nach absolut legitim, wenn man sagt, dass ein Lautsprecher, der nicht alle Frequenzen absolut linear wiedergibt, einen höheren Genuss bereitet. Diese Entscheidung ist sehr individuell.


    Was ich jedoch sehr seltsam finde ist diese Äußerung:

    LEIDER mischen ALLE Lautsprecher - auch die allerteuersten - aus physikalischen Gründen ihre eigenen Obertöne bei, was EINEN Teil der Verfärbungen ausmacht.

    Wenn die Hörer wüssten, welche Fehler ein Lautdsprechersystem produziert und WARUM - sie würden sich wundern, dass es so gut klingt wie es klingt,

    Wenn ein Lautsprecher aus eigenem Antrieb eigene Obertöne hinzufügen würde, dann würde ich diesen als defekt bezeichnen. Wohl ist es - wie zuvor beschrieben - so, dass durch die Wiedergabecharakteristik des Lautsprechers einzelne bereits vorhandene Obertöne stärker oder schwächer wiedergegeben werden. Auch ist es so, dass die Richtchrakteristik eines Lautsprechers Einfluss auf den Höreindruck hat. Hohe Frequenzen werden meist gerichteter abgestrahle, tiefe eher kugelförmig. Das heißt automatisch, dass man, je nachdem, wo man die Musik in Bezug auf den Lautsprecher hört, einen anderen Klangeindruck erfährt, weil nicht unter jedem Raumwinkel die Lautstärke einzelner Frequenzen gleich ist.


    Zum Schluss noch der extrem wichtige Teil des Raumeinflusses. Wer schon mal im großen Konzert- oder auch Kinosaal saß weiß, dass dort Musik ein ganz anderes Volumen entwickeln kann als zu Hause auf den heimischen 20 qm. Der Grund dafür ist einfach der, dass zu Hause im Wohnzimmer verschiedene Frequenzbereiche verschiedene Verstärkungen, Auslöschungen und auch Dämpfungen erfahren. Gerade im Bereich tiefer Frequenzen, wo die Wellenlänge schnell im Meterbereich liegt, kommt es in Abhängigkeit der Raumdimensionen zu Auschlöschung und Verstärkungen, die dazu führen, dass in Abhängig von der Sitzposition der akustische Eindruck ein anderer ist. Typische Erfahrungswerte hierzu sind Dröhnfrequenzen im Bassbereich oder umgekehrt auch komplett fehlende Frequenzen, wenn man gerade in einem Frequenzloch sitzt. Diese Effekte kann man ein wenig durch einen Equalizer in der Vorstufe kompensieren, auch bringt die Positionierung der Lautsprecher etwas, aber eigentlich ist dieser Effekt einfach eine Eigenschaft des Raums, die man nur sehr schwer beeinflussen kann. Verschiedene Lautsprecher unterschiedlicher Charakteristik würden in diesem Raum sehr ähnlich klingen (zumindest im Bassbereich). Diese Effekte würden im großen Konzert- oder Kinosaal nicht auftreten, weil dort die Dimensionen erheblich größer sind. Zwar gibt es dort auch Auslöschungen und Verstärkungen, dies aber in für uns unhörbaren Frequenzbreichen.


    Kommt man nun in den Mittel- und Hochtonbereich, dann werden die Wellenlängen so klein (Zentimeterbereich), dass die Raumdimensionen selbst kaum mehr einen Einfluss auf das Hörerlebnis haben. Hier kommen dann allenfalls Dämpfungseingeschaften ins Spiel, ob man also viele schallharte Wände hat oder aber ob es Dämpfungselemente in Form von Sitzmöbeln, Teppichen oder auch Gardinen gibt. Ein absolut "trockener" Raum mit nahezu keinen Reflexionen fühlt sich unangenehm an, ebenso aber auch ein extrem halliger Raum, wo die Reflexionen tendenziell einen höheren Anteil als der Direktschall haben. ideal ist ein Mittelding zwischen beiden Extremen (für den Hörgenuss, im Studio sieht das wieder anders aus).

    Vielen Dank für diesen Hinweis auf sehr mitreißende Musik (virtuos, schwierig und, wie Du schriebst, klezmer-beeinflusst). Diese Komponist - mir ebenfalls bisher unbekannt - lohnt es sich entdeckt zu werden! Ich mache mich auf den Weg...

    Oh, vielen Dank für diesen tollen Tipp! Dieser Künstler war bisher nicht auf meinem Schirm, werde mich intensiver mit ihm beschäftigen müssen.


    Bei Qobuz bin ich gerade dabei, in seine "Boundless" Aufnahme einzuhören. Die Poulenc-Sonate ist mir natürlich bekannt, ebenso die Sonate von Bernstein, die ich aus eigener (spielerischerer) Erfahrung sehr gut kenne. Äußerst reizvoll empfinde ich auch die beiden anderen Werke, vor allem die Transkription der Flötensonate von Poulenc, die mir bisher komplett unbekannt war.


    Auch die Begleitung durch die mir ebenfalls unbekannte Sophie Pacini passt sehr gut zum bewussten und sehr klangschönen Spiel des Klarinettisten...ein sehr guter Einstieg ins neue Jahr. Danke dafür!

    Als regelmäßiger Konservenhörer bin ich leider viel zu selten in Konzerten, gestern war es aber wieder mal soweit: ich hatte eine Karte für das Konzert von Yuja Wang & Víkingur Ólafsson in der Isarphilharmonie in München. Ich liebe und verehrte die Kunst von Yuja Wang, auch von Víkingur Ólafsson habe ich schon zahlreiche Aufnahmen in herausragender Qualität gehört.


    Hier das Programm des gestrigen Konzerts:


    Berio: Six Encores: Nr. 3 „Wasserklavier“

    Schubert: Fantasie für Klavier zu vier Händen f-moll op. 103

    Cage: „Experiences No. 1“

    Nancarrow: Study for Player Piano: Nr. 6 (Bearbeitung: Thomas Adès)

    Adams: „Hallelujah Junction“

    Pärt: „Hymn to a Great City“

    Rachmaninow: Symphonische Tänze op. 45 (Fassung für zwei Klaviere)


    Gekommen bin ich - wenn ich ganz ehrlich bin - wegen der Symphonischen Tänze, da erwartete ich mir ein virtuoses und musikalisches Feuerwerk. Der Schubert war mir ebenfalls bekannt, die anderen Werke waren komplett neu für mich. Am Ende war es aber so, dass mich vor allem die Stücke von Nancarrow und Adams am meisten begeistert haben.


    Das gesamte Konzert von optisch, akustisch und interpretatorisch ein Genuß, ganz große Weltklasse. Gerade die rhythmisch äußerst anspruchsvollen Sätze der Hallelujah Junction waren abenteuerlich anzuhören, es war erstaunlich, wie perfekt die beiden Künstler harmonierten und abgestimmt waren, wobei Yuja Wang immer noch den allgemein aktiveren und prägnanteren Part hatte. Beide Pianisten waren musikalisch und technisch über jeden Zweifel erhaben, trotzdem war nicht zu verleugnen, dass es sich bei Víkingur Ólafsson sicher um den introvertieren und vergeistigteren Künstler der beiden handelte.


    Dies zeigte sich auch gerade bei der Suite von Rachmaninow, ebenfalls wieder musikalisch und technisch perfekt gespielt, allerdings hätte ich mir dort zwei Künstler mit ähnlicherem Temperament gewünscht, so war es doch ein gewisser Unterschied (ich meine das definitiv nicht abwertend) zwischen den beiden Klavierparts.


    Zum Abschluss des Konzerts gab es noch eine Reihe von Zugaben mit starkem Fokus auf Johannes Brahms. Diese Zugaben spielten die beiden Künstler vierhändig an einem Flügel. Irgendwie war Yuja dabei von der Bedienung des rechten Pedals ausgeschlossen, was ihr ganz offensichtlich widerstrebte... :-)


    Natürlich waren auch die Outfits von Frau Wang ebenfalls wieder spektakulär, es ist schwer, sich davon nicht beeindrucken zu lassen...


    Edit: gerade sehe ich schon eine Besprechung des Konzerts von BR Klassik, trifft das Erlebte recht gut, finde ich: https://www.br-klassik.de/aktu…lafsson-muenchen-100.html

    Hm, für Oktober habe ich Karten für ein Konzert in der isarPhilharmonie in München. Eigentlich geht es mir hier darum, das Duo Yuja Wang & Víkingur Ólafsson zu hören, natürlich habe ich mich dann aber auch über die akustischen Gegebenheiten vor Ort informiert. Es gab da einige Artikel im Netz, die die hochkarätige Optimierung dieses Saals beschrieben haben (https://www.db-bauzeitung.de/p…timierte-akustik-in-holz/, https://www.gasteig.de/magazin…philharmonie-in-sendling/). Das klingt aktuell ziemlich vielversprechend, ich bin sehr gespannt sowohl auf die künstlerischen wie auch die akustischen Qualitäten dieser Location.

    Ja, ganz herzlichen Glückwunsch! Habe den Beginn dieses Forums damals live mitbekommen, aus meiner Position als damaliger Administrator im HiFi-Forum (aber nicht als einer der Besitzer). Zwar war das HiFi-Forum froh, den Sachverstand von Alfred zur Befeuerung des Klassikteils des Forums einzubinden, es gab damals aber doch einige Inkompatibilitäten, die dann schlussendlich in die Trennung mündeten.


    Die anschließende Konfiguration, eines "Spezialforums" für klassisches Musik mit einem ganz kleinen Nebenteil HiFi war dann die passendere und für alle Seiten zufriedenstellendere Variante. Mit dem HiFi-Forum habe ich heute kaum mehr noch Kontakt, habe irgendwann später auch meine Admin-Tätigkeit dort aus Zeitgründen (Familie und Beruf) aufgegeben. Das ganze Ding ist mir irgendwann auch zu groß geworden.


    Heute bin ich froh, dass ich - so wie die Zeit es erlaubt - hier im Forum lesen und den ein oder anderen Beitrag beisteuere. Toll es das hier gibt, ich wünsche den Taminos noch weitere 20 Jahre - oder auch gerne mehr.

    Den Eindruck von moderato teile ich durchweg - vielleicht mal abgesehen von der Tonqualität, die ich als zufriedenstellend empfunden habe. Mir ist ebenfalls die gute und harmonische Zusammenarbeit zwischen Dirigent und Orchester aufgefallen ist. Die Atmosphäre ist halt immer eine ganz besondere auf der Waldbühne: zwitschernde Vögel, Campingatmosphäre...


    Besonders die Aufführung des Prokofiew-Konzerts mit der Solistin Yuja Wang fand ich außergewöhnlich. Ich habe da einige andere Referenzaufnahmen im Ohr, aber die Klarheit, Transparenz und Aufdeckung von Zwischenstimmen finde ich bei dieser Interpretin immer wieder phänomenal. Gerade der dritte Satz "Allegro scherzando" machte seinem Namen alle Ehre, sehr spritzig und frisch gespielt, Spaß ohne Ende.


    Beim Outfit von Frau Wang beeindruckt mich zwar sicher auch die Kürze ihrer Röcke aber noch viel mehr die Akrobatik, die ganz sicher zur Verhinderung des Gleichgewichts auf den hohen Plateauschuhen erforderlich ist...


    Nicht vergessen werden sollte in der Aufzählung oben auch die Etüde Nr. 6 von Philip Glass, die in vielen der jüngsten Konzerte von Frau Wang erklungen ist - ein kurzes, aber sehr wirkungsvolles und harmonisch wie melodisch reizvolles Werk, dem sie - wie wäre es anders zu erwarten - mehr als gewachsen ist, und welches sie in hoher Klangschönheit interpretierte.

    Laut dem, was man damals lesen konnte, spielten Depressionen und Alkoholprobleme eine Rolle. Seine damalige Lebensgefährtin behauptete, despektierliche Emails seiner Fans, die sich mit dem Verfall des Künstlers nicht richtig abfinden wollten, hätten auch einen Einfluss gehabt...sehr traurig und tragisch. ELP war eine der prägenden Bands meiner Jugend (alles andere als Mainstream).

    Neben seinem unermüdlichen Wirken im Sinne von unbekannten Kleinodien der Klarinettenliteratur zeichnete sich Dieter Klöcker durch ein hochvirtuoses Spiel aus, welches immer durch einen wunderbaren, lockeren Ton auszeichnete, welcher immer dem deutschen Klangideal verpflichtet war. Während der Zeit wo ich selbst noch auf der Klarinette aktiv war, war er stets mein gestaltersiches und klangliches Vorbild - ein großer Verlust für die Klarinettenwelt. Ich habe immer noch eine große Zahl von Aufnahmen von ihm und auch dem Consortium Classicum und werde diese anlässlich dieses Threads in den nächsten Tagen wieder auflegen und genießen.

    Ab 7. Juni



    Naxos setzt seine "The Music of Brazil"-Serie wiederum interessant fort. Oscar Lorenzo Fernández (1897-1948) - der Name verrät die spanischen Wurzeln seiner Eltern - war einer der wichtigsten brasilianischen Komponisten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Den mitreißenden "Batuque"-Tanz aus "Reisado do Pastoreio" spielten schon Toscanini, Stokowski und Bernstein ein, hier nun das komplette Werk. Ergänzt wird das auf der neuen Scheibe durch die beiden Sinfonien des Komponisten.

    Einer der Gründe, warum ich mich freue, in diesem Forum Mitglied zu sein. Auf diese Aufnahme und diesen Komponisten wäre ich im Leben nie aufmerksam geworden. Ich habe mir vorweg schon mal eine Aufnahme auf Youtube angesehen...sehr vielversprechend...

    Vielleicht sollten wir in dieser Diskussion einmal beginnen zu differenzieren und den Alleinvertretungsanspruch zumindest anzuzweifeln? Die absolute Vollkommenheit gibt es weder auf der einen noch auf der anderen Seite.


    Beispiel: solange man nicht wusste, dass es sich bei der Erde um eine Kugel handelt, war der Erfahrungshorizont des Einzelnen der , dass man von sich eine flache Ebene sah. Auch die Wissenschaft war lange Zeit nicht in der Lage, die Kugelform schlüssig zu begründen...hatte deswegen nun der Beobachter, der die Erde als flache Scheibe bezeichnet, Recht?

    Umgekehrt kann auch die Wissenschaft falsch liegen. Solange man die Newtonsche Mechanik kannte, ließ sich die Welt damit rechnerisch beschreiben. Sobald aber diese Randbedingungen verlässt und anfängt, sich auf einmal ganz schnell zu bewegen, dann sind eben die Newtonschen Gesetze nur noch in bestimmten Grenzen gültig, das wissenschaftliche Instrumentarium musste also um weitere bisher nicht betrachtete Fälle nachgeschärft werden. Dort hat dann vielleicht schon mal ein nicht wissenschaftlicher Beobachter Erfahrungen gemacht, die so bisher nicht wissenschaftlich erklärbar waren (z. B. durch die Krümmung des Raums, die die Beobachtung eines Himmelskörpers erlaubt, der durch einen anderen großen Himmelskörper "verdeckt" wird).

    Gerade die Naturwissenschaften (und dazu zähle ich jetzt man auch deren Anwendung in Form der Ingenieurswissenschaften), die auf Beobachtungen basieren - vor allem auch die Physik - sollen und müssen Hand in Hand gehen mit den zugehörigen Beobachtungen. Erstere können und müssen Anlass sein, die theoretische Grundlage zu überprüfen und nachzuschärfen, falls nötig. Es kann aber, um mal wieder auf das Phänomen Kabelklang zurückzukommen, auch durchaus Phänomene geben, deren Erklärung nicht im Bereich der Physik, sondern vielleicht im Bereich der Biologie oder auch Psychologie zu finden ist. Das heißt nicht, dass solche Beobachtungen unwissenschaftlich wären, es könnte lediglich bedeuten, dass diese Phänomene eventuell nicht durch physikalische Methoden nachweisbar oder erklärbar wären.

    Wenn jemand gerne Kabel zu Preisen erwerben möchte, für die andere schon einen Kleinwagen erwerben, dann sei ihnen das unbenommen. Ich gehe davon aus, dass diese Menschen für sich einen Nutzen in der Verwendung dieser Kabel sehen. Diesen Nutzen können andere eventuell nicht feststellen, sonst würden sie den Kauf dieses Kabels vielleicht - nach Abwägung von Kosten und Nutzen - vielleicht auch anstreben wollen. Weder Person 1 kann deshalb Person falsifizieren, noch umgekehrt. Man sollte nur nicht den Fehler machen, die Begründung auf das Thema "Physik" zu reduzieren, die Bandbreite der verfügbaren Wissenschaften ist viel größer, wenn Ihr wisst, was ich meine... :-)

    Hier fällt mir doch glatt ein Witz ein, der irgendwie zum Thema passt.


    Welches Instrument spielt Gott?

    Na klar, die Tuba, denn schon in der Bibel steht geschrieben: „Vater unser, der Tubist im Himmel ...“ 8o

    Zum Streaming würde ich gerne noch einen weiteren Aspekt in die Manege werfen, gerade in Hinblick auf die gestrichenen Aufnahmen. Es wurde hier bisher viel über den Anwendungsfall gesprochen, dass man sich Aufnahmen anhören kann, bevor man sie auf CD erwirbt - das ist definitiv ein Vorgehen, welches ich ebenfalls betreibe. Wenn die neue FonoForum kommt, ist es mir stets ein Genuss, in die dort besprochenen Aufnahmen reinzuhören - in hoher Qualität versteht sich (ich abonniere Qobuz Studio) - um dann zu entscheiden, ob ich sie entweder in meine Favoritenliste aufnehme oder gar auf CD erwerben möchte.


    Nun kommt es hier im Forum aber immer wieder vor, dass Aufnahmen besprochen werden, die im Handel gar nicht mehr erhältlich sind. In diesem Fall kann man entweder versuchen, diese auf dem antiquarischen Weg zu besorgen (mit all den damit verbundenen Risiken und teilweise exorbitant hohen Preisaufschlägen) oder aber man findet diese beim Streaminganbieter und kann sie dort hören, ohne Geld oder unnütze Zeit investieren zu müssen. Sehr praktisch, finde ich.


    Und ja, ich halte da kein Booklet in der Hand, lege auch keinen Tonträger in einen Player, aber einerseits gibt es bei vielen Aufnahmen sehr wohl eine digitale Version des Beihefts und andererseits muss ich mich auch nicht auf die Suche nach der CD in meinen zahlreichen Regalen machen (nein, ich bin kein Messie, aber vermutlich nicht so organisiert wie manche hier). Dass ich nicht Besitzer eines Tonträgers bin, den ich beim Streaminganbieter abspiele, macht mir jetzt nicht so sehr zu schaffen. Einerseits besteht sehr wohl die Möglichkeit, dass mich der Streaminganbieter überlebt, und sollte es doch anders sein, ist es immer noch früh genug, um sich Sorgen zu machen (oder zum Nachfolgeanbieter zu wechseln).

    Hm, die musikalische Version dieser Geschichte habe ich mal vor Jahren bei uns bei lokalen Freiluftspielen unter dem Titel "Man of La Mancha" gesehen. Die Aufführung war sehr ähnlich dem, was ich beim Streaming Dienstleister meines Vertrauens als Mitschnitt gehört habe in dieser Aufnahme:


    Interessanter Fund. Ich habe mich mal bei dem Streaminganbieter meines Vertrauens durch die von John Lill verfügbaren Aufnahmen gehört...auf den ersten Blick am meisten "angesprungen" hat mich dabei die Aufnahme der Bagatellen von Beethoven - sehr klangschön und authentisch...wer früher mal im Klavierunterricht Stücke aus diesen Zyklen gespielt hat, wird die Aufnahme von Lill lieben.


    Schön, dass sich immer noch, auch nach vielen Jahren des Musikhörens, immer noch solche Perlen der Klavierinterpretation auftun...danke dafür, Alfred!

    Ich habe mein Abo nicht gekündigt und mich sehr über diese neu aufgemachte Ausgabe des FonoForums gefreut. Mit am meisten befeuert hat meine Freude die Abwesenheit jeglicher Werbung im Magazin. Wie toll: ein richtig dickes Heft in Handen liegen zu haben, ohne über die komplette zweite Hälfte hinwegblättern zu müssen...mal sehen, ob das so bleibt... :)

    Um es vorweg zu sagen: ich bin alles andere als ein Anhänger der nationalsozialistischen Regierung und Anhängerschaft, die unser Land vor 90 Jahren in Beschlag genommen und in den Abgrund geführt hat (wie Söder sagt: nicht, weil sie so stark waren, sondern weil die Demokratie zu diesem Zeitpunkt so schwach war). Nichts desto trotz empfinde ich es in der heutigen politischen Landschaft als scheinheilig, Funktionsträger - ausdrücklich nicht nur politisch gemeint - der damaligen Zeit diskreditieren zu wollen und deren (künstlerische) Leistung zu schmälern, Denkmäler von den Sockeln zu stoßen, mit dem Hinweis darauf, man habe sich vom damals herrschenden Regime nicht genügend distanziert. Natürlich ist es eine individuelle Entscheidung herauszufinden, in welchem Maße diese Menschen damals mit dem Regime zusammengearbeitet haben, auch kenne ich die Rolle Karajans im dritten Reich nicht, dennoch passt es in das Bilderstürmertum (manche nennen es auch Wokenessdebatte oder Cancel Culture) der heutigen Landschaft, wie hier in Aachen vorgegangen wird (grün geführter Stadtrat).


    Karajan war zu seinen aktiven Zeiten künstlerisch nicht unumstritten, aber da ging es um die Interpretation von Werken, nicht um politische Verknüpfungen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, möchte aber trotzdem heute viele seiner Aufnahmen nicht missen. Gerade die alten Beethoven-Sinfonien oder auch die Aufnahmen der sinfonischen Werke Richard Strauss' sind in meinem Augen (respektive Ohren) unverzichtbar!


    Vielleicht sollten unsere links-grünen Freunde auch einmal die Rolle und Verknüpfungen der heute teilweise immer noch in der Politik und im gesellschaftlichen Funktionsträger ebenso kritisch beleuchten, die zu Zeiten der innerdeutschen sozialistischen Diktatur (aka DDR) aktiv und mehr oder minder erfolgreich waren. Es gibt so viele Künstler, ob es nun ein Schostakovich oder auch ein Wagner ist, die von politischen Systemen gebraucht und missbraucht wurden, dass man sehr vorsichtig sein muss, diese aus heutiger Sicht eines Rechtsstaats kritisieren und diskreditieren zu wollen.

    Ein wenig unter dem Scheffel von Yunchan Lim steht Marin Alsop vermutlich in dieser Aufnahme:



    Nichts desto trotz sehen wir hier ein kongeniales Zusammenspiel zwischen der Dirigentin, dem Orchester und dem Solisten. Eine der beeindruckendsten Aufnahmen dieses Werks, finde ich - vor allem wenn man an das Alter des Solisten denkt. Hier wächst ein ganz großer ran...


    Enjoy,


    Markus.

    Auf den Rat in einem benachbarten Forum hin habe ich mir diesen Klotz gegönnt:



    Aktuell bin ich beim (chronologischen) Durchhören bei der CD Nr. 7 angekommen, Tschaikowsky Klavierkonzert Nr. 1 und Rachmaninoff Klavierkonzert Nr. 2 mit van Cliburn am Klavier, geleitet von Kondraschin und Reiner, aufgenommen 1958 und 1962. Bis hierher (inkl. der CDs 1-6) bin ich hellauf beigeistert, nicht nur von den Interpretationen, sondern auch von der extraordinären Restauration der Klangtechnik. Es ist unglaublich, was die Stereo-Masterbänder aus den 50ern des letzten Jahrhunderts alles hergeben. Interpretatorisch besonders gut gefallen bisher hat mir die Zusammenstellung des Beethoven und Mendelssohn Violinkonzert mit Heifetz, Munch und dem Boston Symphony Orchestra. Bisher war gerade für das Mendelssohn-Konzert die ungestüme und risikobehaftete Aufnahme von Perlmann die Referenz, ich werde diese aber noch mal gegen die Aufnahme mit Heifetz antreten lassen müssen, um endgültig herauszufinden, welche mir besser gefällt.


    Auch die Aufmachung der Box mit schönen, an den Original-Covern angelehnten Hüllen, macht viel Spaß, ebenso das Booklet, welches zwar ausschließlich auf Englisch verfasst ist, dafür aber umfangreiche Kommentare zu jeder einzelnen der 60 CDs enthält, ist vorbildlich. Alles solide, nichts billig in Papierschubern und verklebt, sondern optisch ansprechend und gut zu handhaben. Sehr vorbildlich! Wenn mann dann noch den Preis von derzeit 1.60 € pro CD ins Kalkül nimmt, kann man zu dieser Box eigentlich nicht nein sagen...absolute Empfehlung!

    Annique hatte Beginn des Monats ein Konzert in Stuttgart, wo sie ihre erste eigene CD mit allen Chopin-Etüden vorgestellt hat. Bedingt durch ihre Aktivitäten bei Youtube war das Publikum insgesamt wohl sehr jung (um die 30) - erstaunlich tatsächlich, wie man auf diesem Weg junge Leute für klassische Musik begeistern kann.


    Ihre CD ist wohl im Privatverlag erschienen, ist aber auch über Spotify zugreifbar: https://open.spotify.com/intl-…si=4djTuX9VRIyXdrEraoY9FQ. Ich habe mal reingehört, sie begreift den Zyklus definitiv als Ganzes, aufeinander aufbauende und zusammenhängende Stücke. Es ist eine sehr melodische Deutung mit großem Fokus auf den Mittelstimmen, oft sehr gesanglich - in meinen Augen eine durchaus ernstzunehmende Interpretation, die sich nirgendwo versucht "dranzuhängen" oder zu "kopieren".


    Ich werde den Werdegang dieser Dame jedenfalls auf jeden Fall weiter beobachten...

    Also, die thematische Auswahl des Fono Forum fand ich immer wieder gut und interessant. Auch die Haptik eines Printmediums sollte nicht unterschätzt werden. Aus diesem Grund war ich mehrmals immer wieder, zuletzt aktuell seit ca. 2 Jahr Abonnent des Fono Forums. Ich fände es schade, sollte sich die Nachricht bestätigen. Bisher habe ich kein offizielles Announcement der Zeitschrift erhalten.


    Weniger schön fand ich, dass ca. 50 % des Magazins Werbung für irgendwelche HiFi-Läden oder High End Produkte waren, die ich mir niemals ansehen würde, geschweige denn auf meine Bucket List setzen würde...das Preis-Leistungs-Verhältnis war aus diesem Grund schon ein wenig fragwürdig.


    Nichts desto trotz geht damit das letzte Magazin (meines Wissens), welches sich schwerpunktmäßig mit Themen der klassischen Musik beschäftigt, den Weg alles Irdischen...RIP.