Beiträge von astewes

    Smetana, Janáček und danach Ligeti ....


    Die beiden Letzteren in einer atemraubenden Aufnahme



    Leoš janáček

    Streichquartett Nr. 1 JW 7/8 (1923)

    Streichquartett Nr. 2 JW 7/13 (1928)


    György Ligeti

    Streichquartett Nr. 1 "Métamorphoses Nocturnes" (1953-54)


    Belcea Quartet

    AD: 2018, Philharmonie Luxemburg

    Smetana mit Janáček am Morgen.



    Bedřich Smetana

    Streichquartett Nr. 1 in e-Moll, JB 1:105 (1876)


    Leoš Janáček

    Streichquartett Nr. 1 "Kreutzer Sonate" JW 7/8 (1923)

    Streichquartett Nr. 2 "intime Briefe" JW 7/13 (1928)


    Jerusalem Quartet

    AD: 2013, Teldex Studio Berlin

    In „Z mého života“ (aus meinem Leben), so hat Bedřich Smetana sein Streichquartett e-moll JB I:105 bezeichnet. Die vier Sätze lauten:

    Smetana gehört auch nicht zu meinen vielgehörten Komponisten, trotz allem habe ich drei Aufnahmen dieses Quartettes, was aber dann auch schon fast alles umfasst, was ich von diesem Komponisten habe (Die Moldau habe ich mir als Jugendlicher überhört).


    Ich kann mich erinnern vor ein paar Jahren beim Hören sehr positiv überrascht gewesen zu sein.


    Ich mache auf die folgenden drei Einspielungen aufmerksam. Eine ältere Aufnahme mit dem Smetana-Quartet von 1976 aus dem Supraphon-Studio in Prag (Holger erwähnte sie bereits)



    Hier werden beide Streichquartette Smetanas eingespielt. Das zweite ist sehr spät entstanden und weniger eingänglich. Auch das recht junge Pavel Haas Quartet spielt beide Werke ein



    Wem diese Aufnahmen vom Umfang für eine CD nicht ausreichen (beide Cds sind jeweils nicht einmal 50 Minuten lang) der findet Smetanas erstes Streichquartett gebündelt mit den beiden sehr empfehlenswerten Streichquartetten Janáčeks auf einer CD des Jerusalem Quartets


    Ich finde ihn interessanter, weil a) unbekannter und b) einiges vorwegnehmend bzw. vorausahnend. gerade das finde ich spannend an der Musik.

    Das sind rein intellektuelle Kriterien, die mit der ästhetischen Überzeugungskraft der Musik an sich nichts zu tun haben. Aber natürlich kann einem das Spaß an der Erkenntnis bereiten.

    Was wäre, wenn Schubert heute unbekannt und Ries bekannt wäre? Ändert das etwas an der absoluten Qualität der Musik? Also angenommen, Schubert sei besser - dann aber auch nur, weil wir ihn bzw. seine Werke kennen.

    Ich denke, dass Ries dann hätte anders komponieren müssen. Es hat in den meisten Fällen schon Gründe, dass es ist, wie es ist ... Ganz wenige Ausnahmen bestätigen die Regel :)


    Also, nein! Ries ist ist musikalisch uninteressanter als Schubert, aber trotzdem ganz unterhaltsam ;)

    (im Sinne von: „mich daran erinnert“).

    :yes:

    ja klar, es geht um meine Erinnerung. Die Urheberrechte auf eine Tonfolge finde ich recht belanglos. Wer hat zuerst das Wort Spiegel gebraucht, wen interessiert es... mich nicht. Das müssten schon Knabenmorgenblütenträume sein, um mich zu begeistern. Es gab einen Rechtsstreit von Peter Kreuder mit Hanns Eisler um ein paar Töne ... wie armselig :)


    Es ist natürlich das Rezeptionsschicksal, dass seine (Ries') Klänge an Schubert erinnern und natürlich ist es deswegen beim ersten Hören um so schlimmer, dass seine Musik nicht heranreicht. Es braucht eben deutlich mehr Zeit, die eigenen Qualitäten dieser Musik zu erfahren

    Nun kommen wir zum Juilliard SQ



    Paul Hindemith

    Streichquartett Nr. 1 in C-Dur, Op. 2 (1914-15)

    Streichquartett Nr. 4 Op. 22 (1921)

    Streichquartett Nr. 7 in Es-Dur (1945)


    Juilliard Quartet

    AD: 1997, Studio Teije van Geest, Sandhausen


    Hier ist das Juilliard Quartet noch mit Robert Mann zu hören.

    Schubert war 12, als die Sinfonie entstand (1809), insofern kann man Ries das in Bezug auf Schubert nicht vorwerfen. Beethoven - ok!

    Der Bezug zu Schubert war nicht als Vorwurf zu verstehen. Es gibt da ein paar Stellen mit schubertscher Sogwirkung, aber bei Ries kommt meistens ganz schnell wieder etwas Leichtes hintendran, er entzieht sich der eigenen Musik ;)


    Mit der Kopiererei meinte ich schon Beethoven. In der der ersten Sinfonie scheinen es stark die Orchesterfarben zu sein.


    Ries' Erste entstand 1809, Schuberts Große weit später. Was soll er da kopiert haben? Im Gegenteil war es wohl eher Schubert, der hier in fremde Taschen griff.

    Ja, sorry, die Formulierung war unglücklich. Ich hoffe oben besser erklärt zu haben.


    Wieso erinnernd?

    Als Rezipient von Musik.

    Ich nenne das die Genealogie musikalischer Werke: der eine schöpft vom anderen und umgekehrt.

    Einzelne Sequenzen zu übernehmen ist natürlich kein Problem. Schon Schönberg sagte - in freier Erinnerung, dass die Menge an Tonfolgen in einer begrenzten Anzahl von Takten nicht sehr üppig sei. Man kann da selbst am Klavier ausprobieren, wie schnell man ein paar schöne Melodien zusammenkomponieren kann. Das macht aber am Ende die Musik nicht aus.


    Bei Ries fallen meines Erachtens immer ambitionierte Stellen auf (hier in der ersten Sinfonie tatsächlich eher an Schubert erinnernd) denen er in Folge nicht gerecht werden kann. Man erwartet einfach mehr, als dann wirklich kommt. Wenn man von diesen eher unglücklichen Konstrukten absieht, ist seine Musik ganz unterhaltsam. Letztens habe ich es an seinen Klavierquartetten und ein paar Streichquartetten ausprobiert. Nicht selten sind es häufig die ersten Takte, die einen zu überwältigen vermögen.


    Das gilt auch für seine erste Sinfonie, manchmal pastoralt es, manchmal meint man sich in den dunklen Tiefen einer schubertschen Verzweiflung, aber alles das kann Ries nicht mehr als kopieren. Seine musikalische Fantasie ist leichter und unterhaltsamer gestrickt. Es weht ein Schatten großer Musik durch die Sinfonie, ohne dass sie selbst welche zu sein vermag, also vielleicht das, was ein John Williams heute darstellt :)


    Das ist auf der einen Seite ein natürliche Schwäche der Musik. Viele Stellen wissen rein klanglich zu überzeugen, aber am Ende scheint kein musikalisches Konzept daraus zu entstehen, am Ende gibt es häufig nichts zu sagen.

    Auf der anderen Seite ist es aber vielleicht auch ihre Stärke, sie weiß zu klingen, ohne das Rezeptionsgehirn zu überlasten. Man kann jederzeit hineinhören und hat immer etwas zu genießen. :hello:


    Mir erging es jetzt im zweiten Durchlauf mit Ries, dem ich dem Kollegen Alfred zu verdanken habe, so, dass ich wesentlich mehr genießen konnten als bei meinen früheren Versuchen. Das liegt eben auch daran, dass ich ihm irgendwann seine Kopiererei nicht mehr so übelnahm ... :saint:

    Guten Morgen in die Runde




    Paul Hindemith


    Sonate für Viola und Klavier in F-Dur, Op. 11/4 (1919)

    Sonate für Viola und Klavier, Op. 25/4 (1922)

    Sonate für Viola und Klavier in C-Dur (1939)


    Kim Kashkashian, Viola

    Robert Levin, Klavier

    AD: 1986 Festeburgkirche, Frankfurt

    Es hat aufgehört zu rieseln. Jetzt kommt Hindemith mit Werken für Viola solo



    Paul Hindemith


    Sonate für Viola solo, Op. 31/4 (1923)

    Sonate für Viola solo, Op. 25/1 (1922)

    Sonate für Viola solo (1937)

    Sonate für Viola solo, Op. 11/5 (1919)


    Kim Kashkashian, Viola

    AD: 1986 Kirche Seon, Schweiz

    Bei mir rieselt es weiter.


    Am Anfang meiner Forenzeit habe ich mir einige Aufnahmen seiner Kammermusik geholt und fand sie aufgrund des offensichtlichen Beethovenkopiercharakters etwas lang-atmig. Ein wenig muss ich nun doch korrigieren. Wenn man von seiner Attitude (beim Klavierquartett in f-Moll schlägt das Schicksal überlaut an die Pforte um dann weichgespült unter dem Türrahmen durchzurinnen ;)) absieht, schreibt er doch nicht ungeschickte unterhaltsame Musik, eher etwas etwas rückwärtsgewandt, anders als sein Vorbild.



    Ferdinand Ries


    Streichquintett Nr. 2 in d-Moll, Op. 68 (1811)*

    Streichquartett Nr. 1 in F-Dur, Op. 79/1 (1812)

    Streichquartett Nr. 5 inc-Moll, Op. 126/2 (1813)


    Schuppanzigh Quartett

    Raquel Massades, Viola *

    AD: 2016, Andreaskirche, Berlin

    Na, so langsam muss ich meinen Pflichten nachkommen. Der flotte Ferdie



    Ferdinand Ries


    Klavierquartett in f-Moll, Op. 13 (1808)

    Klavierquartett in Es-Dur, Op. 17 (1809)


    Mendelssohn Trio Berlin

    Daniel Raiskin, Klavier

    AD: 2002, Immanuelskirche, Köln-Rondorf




    So direkt hinter seinem Vorbild Beethoven ... Mal sehen

    Zur verspäteten Mittagszeit, einen Gassenhauer und mehr



    Ludwig van Beethoven
    Trio für Klarinette, Cello und Klavier Op. 11 (1798)


    Johannes Brahms

    Trio für Klarinette, Cello und Klavier Op. 114 (1891)


    Jörg Widmann

    Nachtstück für Klarinette, Cello und Klavier (1998)





    Jan Vogler, Cello

    Jörg Widmann, Klarinette

    Ewa Kupiec, Klavier

    AD: 2001

    Ein Kollege, leider weiß ich nicht mehr wer, kannte die Pianistin Gitti Pirner nicht. Sie war lange Jahre in München an der Musikhochschule tätig. Ich hatte sie schon in den achtziger Jahren mit einer Einspielung von Mendelssohns Präludien und Fugen Op. 35 kennengelernt.


    MTgtNDA2MS5qcGVn.jpegFelix Mendelssohn


    6 Präludien und Fugen, für Klavier Op. 35 (1827-37)

    Fantasie für Klavier in fis-Moll Op. 28 (1828-29)



    Gitti Pirner, Klavier

    AD: 1986, Aufnahmestudio des Bayerischen Rundfunks, München

    Nun, da liegen ca. 10 Jahre zwischen. Bin aber auch schon drüber gestolpert und gespannt, sie zu hören. Ich habe da ein, zwei Lieblinge bei den Sonaten (unter Mozarts 18 schönsten), die ich vorher/nachher vergleichen werde.

    Im Downloadbereich einiger Anbieter gibt es diese alten Aufnahmen noch für den Spottpreis von 16 € pro CD :)


    Am Abend des heißen Tages (es sind immer noch 35°C im Schatten ....)



    Grażyna Bacewicz


    Sinfonie Nr. 2 (1951)

    Variations for Orchestra (1957)



    WDR Sinfonieorchester

    Lukasz Borowicz, Ltg.

    AD: 2023, Kölner Philharmonie

    Einige hören Mozart, durchaus keine schlechte Wahl ;). Da reihe ich mich mal ein



    Wolfgang Amadeus Mozart


    Klaviersonaten Nr. 1-3 KV 279-281 (1775)


    Maria-João Pires, Klavier

    AD: 1990, Lissabon








    Ich kenne Kollegen, die schwören auf ihre Aufnahmen für DENON :)

    in seinem ähnlich beeindruckenden Werk Requiem für einen jungen Dichter zitiert Zimmermann den russischen Lyriker Sergei Jessenin, dessen letzte zwei Zeilen, kurz vor seinem Suizid mangels Tinte mit seinem eigenen Blut geschrieben, in der Übersetzung Celans


    ....

    Sterben — , nun, ich weiß, das hat es schon gegeben;
    doch: auch Leben gabs ja schon einmal.



    Sergei Jessenin 1925 in der überseztung Paul Celans

    diese besondere Vorstellung von der Zeit deutlich machen.

    Bernd Alois Zimmermanns Oper Die Soldaten ist bekannt dafür, Zimmermanns Vorstellung von der Kugelgestalt der Zeit zu realisieren. Auch, wenn ich mit dieser Vorstellung nur bedingt etwas anfangen kann, so ist doch die Aufführung dieser Oper mit ihren vielen parallelen Abläufen für mich prägend im Gedächtnis geblieben. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Zimmermann nimmt der gerichteten Eindimensionalität ihre Bedeutung.

    Hier ein kurzes Interview mit dem Komponisten

    https://www1.wdr.de/mediathek/…per-die-soldaten-100.html

    Der Zauberberg von Mann ist eine interessante Erzählung, die die Zeit als Lebensgefühl thematisiert. Das Werk sollte man auf jeden Fall einmal gelesen haben ... :)


    In der Diskussion wird meines Erachtens die Geschwindigkeit des Lebens mit der der technischen Entwicklungen verwechselt. Ich denke, dass sinnvoll angewendet weitere Digitalisierung uns deutlich mehr Freizeit und Muße zun Nachdenken geben kann. Dass das nicht notwenigerweise passiert, scheint mir auch eher ein Problem der Menschen zu sein. Ich wundere mich, wie viel sinnloser Straßenverkehr noch täglich unterwegs ist, wo eigentlich doch fast alle nach der Coronakrise gesehen haben, dass man den Verkehr locker halbieren kann, ohne Produktivität zu verlieren, ganz im Gegenteil. Es scheint mir das Gefühl von Tätigkeit zu sein, das häufig anstelle von Effektivität und Effizienz Produktivität vorgaukelt.

    Dann ist es selbstverständlich, dass in einer Gesellschaft, wo gigantische Projekte auf der Zusammenarbeit von Hunderten oder Tausenden von Menschen basieren, eine gewisse Synchronität in der Zusammenarbeit und damit eine Abhängigkkeit vom Chronometer unvermeidbar ist. Asynchronität kann hier eigentlich nur durch starke Digitalisierung Abhilfe schaffen.

    Wer sich also dem, zugegebenermaßen sich progressiv entwickelnden technischen Fortschritt nicht verschließt, hat eine große Chance, Lebensqualität zurückzugewinnen, die, im 19. Jahrhundert schon beginnend, durch gesellschaftliche Automatisierung abgenommen hat.


    Ich erinnere mich, zu Beginn meines Studiums eine Sekretärin kennengelernt zu haben, für die der Umstieg von einer IBM-Kugelkopfmaschine zu einem Textverarbeitungsprogramm schier unmöglich war. Ich sehe keinen Gewinn in der Lebensqualität darin, Texte mit einer Kugelkopfmaschine zu verfassen.

    Die Unpünktlichkeit des Zugverkehrs der Deutschen Bahn scheint mir auch nicht ein notwendiges Produkt der Digitalisierung zu sein --- ganz im Gegenteil :)