Beiträge von astewes

    ich finde den Text auf jeden Fall interessant. Vom Verstehen (wenn das überhaupt bei Lyrik funktioniert) noch meilenweit entfernt. Eine Besprechung des Gedichtes hier:


    Culturmag.de


    Und allgemein über Marcel Beyer in der


    Welt


    Vielleicht hilft das schon mal ein wenig weiter.


    Beste Grüße,

    Axel

    Solange der Begriff "Schwulst" oder "schwülstig" nicht in Zahlen oder Formeln erklärt werden kann, ist und bleibt jede Definition eine Worthülse. Ob man diese anerkennt oder nicht ist und bleibt Ansichtssache.

    lieber La Roche,


    ich habe vor einiger Zeit in diesem Forum einen Thread gelesen, wo ein Kollege 14-18 Regeln aufstellte, die zu erfüllen sein, damit irgendein Musikwerk ein Kunstwerk sei, sozusagen als notwendige und hinreichende Kriterien. Meines Erachtens gab es zu Recht viele Skeptiker, die die Kunst nicht einem nachprüfbaren simplen Regelwerk ausliefern wollten. Dasselbe gilt wahrscheinlich auch für Schwulst.

    Damit bleibt, wie Du sagst, natürlich der Begriff Ansichtssache, aber meines Erachtens keine Worthülse. Die Ungenaugkeit der natürlichen Sprache verdammt das Gesagte nicht zur Sinnlosigkeit, sondern nur zu einer Unschärfe, die für alles Künstlerische unumgänglich ist. Wäre es durch Formeln ausdrückbar, könnten wir am Ende die Produktion und Kritik von Kunst den Rechnern überlassen. Daran glaube ich aber nicht und das finde ich auch gut so.


    Beste Grüße,

    Axel

    Da der Thread über Enno Poppe mir nicht unerheblich zum Verständnis seiner Musik geholfen hat, würde ich gerne einen zweiten Versuch mit Lera Auerbach wagen, einer zeitgenössischen Puanistin und Komponistin, die schon einigen Erfolg aufzuweisen hat.



    Ihre Musik ist völlig anders, als die von Enno Poppe! Die Komposition ist wohl 1998 entstanden und 1999 veröffentlicht und verweist in Details massiv und offensichtlich auf Werke von Chopin, Debussy und Skriabin hin. Der Detailaufbau wird zum Beispiel in der Dissertation von Elena Victoria Nezhdanova-Cunningham besprochen, mit allen inneren Verweisen.


    ich habe bisher diese Musik immer ganz gerne gehört, ohne mir wirklich Gedanken über ihre Einordnung zu machen. Nach der Diskussion im Enno Poppe Thread taucht aber durchaus die Frage auf, ob diese Musik etwas zu sagen hat.


    Provokant formuliert: ist es einfach neues Notenmaterial für Pianisten, die gerne Préludes spielen und die oben erwähnten schon durch sind, oder hat diese Musik einen Platz in unserer Zeit und wenn ja, welchen? Ich bin mir darüber im klaren, dass die Fragen weit gefasst sind, bin aber guter Dinge, dass sie hier im Forum schon verstanden werden.:)

    Gefühlt hatte ich dieses Werk immer ein bisschen in der Folge von Schostakowitsch gesehen, aber wesentlich gefälliger als Ustwolskaja (sind die Transkriptionen korrekt?)


    Ich freue mich über Eure Antworten.


    Beste Grüße,

    Axel

    hallo moderato,


    eine kleine etwas genre-crossige Ergänzung zu Deiner Insektensammlung. Der Hummelflug für Schlagzeug und Violine (frei bearbeitet) von zwei jungen Japanerinnen gespielt. Senri Kawaguchi ist mittlerweile eine anerkannte Schlagzeugerin im Jazz..


    Die Musik, die man noch kennt, oder "wiederbelebt" hat ja genug Inhalt/Kraft, dass sie nicht als Schwulst bezeichnet werden kann.


    Somit ergibt es aber keinen Sinn, einen Komponisten zu loben, weil er den Schwulst überwunden hätte - das haben ja alle Komponisten, die etwas drauf haben.

    Die Formulierung von Alfred finde ich sehr gut. Schwulst alleine dem Komponisten zuzuordnen und nicht den Interpreten mit einzubeziehen, greift aber wahrscheinlich zu kurz.


    Schwulst hat ja, wie man der Formulierung von Alfred entnehmen kann eine Funktion. Er verhindert die Sicht auf nicht vorhandenen Inhalt durch bombastische Verpackung. Als solches scheint er mir sogar hochaktuell zu sein.


    Selbst inhaltsreiche Musik kann in dem Sinne schwülstig präsentiert werden, wenn die Verpackung vom Inhalt ablenkt.


    Es kann ja sogar eine Aufgabe sein, Musik zu komponieren, die sich einer schwülstigen Verpackung verweigert. Ich hatte zum Teil die Zwölftonkomposition als Versuch in diese Richtung verstanden.


    im Endeffekt erreicht Schwulst das, was La Roche im Poppe Thread als Zeitverlust im seinem Leben bezeichnet hat. Pointiert gesagt ist Schwulst eine Verkleisterung der Ohren, eine Art musikalischer Spam, die einen für die Wahrnehmung der „Wahrheit“ oder auch des Inhaltes unempfindlich macht.

    Für mich entwickelt sich hier langsam eine Beziehung zu der für mich bis dahin völlig unbekannten Musik von Enno Poppe.


    Die Kontextualisierung sollte aber wohl eher nicht über Pärt und Kantscheli laufen, die sind eher eine Kontrast-Ebene.

    Das hatte ich schon vermutet.:(. BTW welche Transkription ist richtig. Auf meinem Album steht Kancheli.

    Das Quartett ist ca 15 min lang und verwendet an vielen Stellen Glissandi und mikrototale Strukturen, klingt also für westliche Ohren ziemlich schräg. Ist nicht ganz mein Ding dieses Werk, aber kann man sich mal anhören.


    Tier

    für mich war dieser Link sehr hilfreich, und mir hat das Quartett gefallen. Es ist schwierig aus den ersten Höreindrücken auf die Zukunft zu schließen, aber der Anfang ist schon mal vielversprechend. BTW auch die Klangqualität ist gut, was meine Hypothese zu youtube relativiert.


    lutgra Dein Literaturhinweis war für mich auch sehr hilfreich.


    Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet! Danke, die Verwurzelung in unserer europäischen Tradition war irgendwie immer hörbar, für mich aber, mangels ausreichender Kenntnis, nicht präzisierbar. An einigen Stellen kann ich jetzt mit den Hinweisen oben mehr anfangen.


    Die Frage ist nun, warum Poppe (abgesehen von Lang) besonderes Ansehen genießt. Der letzte Artikel ist da viel aufschlussreicher, als das, was ich gefunden habe. Nicht "Kritik" (das funktioniert bei Lang als Argumentationsprinzip ja zum Teil ganz gut, aber bei Poppe wohl weniger), sondern, ganz klassisch, ein Erreichen besonderer Kongruenz von Klang, Tonmaterial, strukturellem Element und Form, ohne dass es zu schematisch wird.


    Genau, hinter all den Regeln muss irgendwo noch ein kreativer Mensch stecken und dem muss nicht nur das erfolgreiche Anwenden gelingen, sondern ein in sich geschlossener Ausdruck. Den finde ich bei Poppe beim Hören tatsächlich ziemlich leicht.


    Dennoch eine Empfehlung für alle genannten Komponisten (OK, Beethoven muss ich nicht besonders empfehlen ...).

    Höre gerade Francisco Guerrero mit dem Arditti Quartett (gibt es etwas, was die nicht gespielt haben? :)) Vorsicht bei der großen Trefferliste, das meiste ist einem Namensvetter aus der Renaissance zuzuordnen ;).

    hallo liebe Forumskollegen,


    ich möchte hier auf ein in meinen Augen geniales Album aufmerksam machen, das Musik von Saariaho, Cage und Maderna enthält, alles keine Avantgardisten im eigentlichen Sinne, die letzten beiden schon länger nicht mehr unter den Lebenden. Trotzdem ist das Album in meinen Ohren herausfordernd und das schon seit Jahren. Eben wieder gehört;



    Trotz der erhörbaren finnischen Landschaft ist Nymphéa ein recht aggressives, aufwühlendes Stück. Das mag an der elektronischen Unterstützung liegen. Ein humorvoller Ruhepool ist das Streichquartett in 4 Teilen von Cage. Die CD endet mit dem Quartetto per archi due tempi von Bruno Maderna, einem schwergewichtigen, komplexen und wundervollem Werk.

    Alle Werke scheinen einem völlig anderen Kontext zu entspringen, vertragen sich aber ganz hervorragend auf der CD.


    Viel Freude beim Hören

    Axel

    Auch ich bin neugierig geworden, wie "Arbeit 1-3" oder "Trauben" "Schrank" u.a. in Musik umgesetzt werden können. Ich habe mind. 30 Minuten meiner Zeit geopfert (zu längerer Öffnung der Ohren hatte ich keinen Grund!) und in youtube gebättert. Einen Bezug der Töne zu Musik konnte ich mit meiner altmodischen Ausbildung nicht herstellen. Erstaunt war ich über die Ernsthaftigkeit, mit welcher der Dirigent in manchen Phasen (eigentlich generell) zu Werke gegangen ist.

    Es sei denen gegönnt, die an dieser Art der Tonerzeugung Gefallen finden. Ich verlange auch nicht von jedem, daß er bei Mahler in Freudentränen ausbricht.


    Herzlichst La Roche


    Lieber La Roche,

    Danke schonmal für das Neugierigwerden und für das Opfern Deiner Zeit. Ich weiß selbst, dass man nicht so viel hat und ein bisschen geizen muss.


    Nur einmal als Idee: Stell Dir Musik nicht nur als etwas vor, dass allein musikalischen Inhalt irgendwie weiterentwickelt, den man schon als Kunst kennt. So in der Art: was macht Mozart als Reaktion auf Haydns Streichquartette? Das ist natürlich auch interessant und gerade zu der Zeit sicher extrem wichtig, weil Mozart explizit auf Haydn reagiert.


    Du öffnest wahrscheinlich Deine Ohren im Straßenverkehr, im Stadtlärm oder auch im Wald für viele Dinge absichtlich oder unabsichtlich. Ich glaube, dass unsere heutige Musik in ganz anderem Umfange darauf reagiert, als das noch vor 150 Jahren der Fall war. Eine Erinnerung (leider nicht musikalischer Art) Nach dem Verlassen einer Pop-Art Ausstellung in ein Schaufenster irgendeines Warenhauses geschaut und es völlig anders wahrgenommen als noch vor dem Besuch. Ich stelle mir vor, dass auch der Konsum dieser Musik, einfacher als vielleicht die Klassiker, Dir einen neuen "Blick" ( Hör?) für die akustische Umwelt um Dich herum gibt.


    Wie gesagt, nur eine Idee.

    Auf jeden Fall Danke für Deine Mühe.

    Axel

    zuerst einmal vielen Dank für alle diese Resonanz (auch die negativ ausfallende). Es ist viel mehr als ich erwartet hatte und ich werde auch noch etwas Zeit für einige Antworten benötigen. Zuerst einmal Danke an moderate für die vielen Hinweise in youtube. Man scheint da mehr an Zeitgenössischem zu finden als auf den Produktionen der Labels. (Leider sind die Aufnahemn in youtube nicht auf dem allerhöchsten akustischen Stand, könnte das an den von youtube angebotenen Codecs liegen?)

    Ich fand auch das Interview mit Poppe,der ausgesprochen sympathisch und ernsthaft 'rüberkommt informativ. Ich denke zum Beispiel sehr häufig, was gibt es neues im Klavier und Streichquartett, dass sind die Instrumente (-ensembles), die mich mein Leben lang begleitet haben. Offensichtlich hat er eine Klangvostellung und fragt sich, wie er die realisieren kann. Das sollte eigentlich nicht überraschen, hat es mich aber dann doch ?(.


    Vielen Dank an WolfgangZ und kurzstückmeister, für die Diskussion, die ich tatsächlich noch nacharbeiten muss. ;( Ich kenne nur wenige der erwähnten Komponisten. Zu Kancheli kann ich aber sagen, dass mir sein von Kremer interpretiertes Violinkonzert Chiaroscuro bekannt ist. Das ist wirklich eine völlig andere Klangwelt. An vielen Stellen erinnert das Stück nicht unerheblich an Filmmusik (vielleicht nicht überraschend) und scheut auch vor Kitsch nicht zurück. (Bitte mit Vorsicht zu genießen, sicher etwas holzschnittartig beurteilt) Im Gegensatz zu Poppe scheint es mir auch mehr oder weniger humorfrei zu sein. Pärt kenne ich von seiner Tabula rasa, aber das ist jetzt schon wieder so lange her, dass ich mit einem Urteil vorsichtig bin, das höre ich mir lieber nochmal an.


    Der Distanzgedanke beim Konsumieren von Musik beschäftigt mich auch schon geraume Zeit, da möchte ich aber lieber gesondert etwas zu sagen. Und natürlich helfen manchmal erläuternde Texte und manchmal verwirren sie nur. Anfangs- und Endpunkt von allem ist nur die Musik selbst. Ob die "mathematisch oder naturwissenschaftlich geprägte Logiken" bei Poppe mir helfen werden stellt sich noch heraus.....:/


    Man kann die Stücke offensichtlich für sich hören, ich habe sie (weil die Zusammenstellung auf der CD von Poppe selbst kommen soll) als zusammenhängend gehört und auch nachvollziehen können. Ich meinte sogar die Titel mitverarbeiten zu können, wobei mir die Wespe nicht ganz so bösartig vorkam, wie MDM:). Schon allein die Wahl der Instrumente ordnet die Musik in unsere westliche Kultur ein auch, wenn die Art der Verarbeitung und sicher auch der Inhalt Poppe-eigen sind.

    Das Konsumieren von Poppe scheint mir schon etwas anders zu sein, als bei Kancheli. Bei diesem ist man durch das Schauen vieler Hollywood Filme (Dramas, Schnulzen und schwarzer Krimis) ideal vorbereitet auf das, was kommen wird. Das ist bitte nicht als Bewertung der Musik zu verstehen, es ist eine Bemerkung zum technischen Konsum.


    Poppes Kontext ergibt sich erst beim Hören für mich. Wobei ich nicht so graße Schwierigkeiten hatte, die Musik auf mich wirken zu lassen.


    BTW Trauben hängen doch immer hoch und sind nicht so leicht zu bekommen ;). Und die Arbeit, die wirst Du nicht los :rolleyes:

    Ich kenne nur ein paar Klavierstücke von ihm, die allerdings sehr "futuristisch" sind und keinen romantischen Einschlag zeigen, radikale frühe Werke, die Schleiermacher unter dem Titel "The Bad Boys!" gemeinsam mit Stücken von Cowell und Antheil eingespielt hat, insbesondere die Impressionen von Notre-Dame setzen eine eigene, athmosphärische Clusterwelt gegen die berühmtere von Cowell und Antheil. Auch "Suicide in an Airplane" hat nichts Romantisches ...

    ich habe mir daraufin noch mal mein anderes Album mit Hamelin angehört, wo ich die etwas romantischeren Stücke vermutet hatte. Tatsächlich Fehlanzeige! Die ruhigen Stücke waren durchaus schön (wie auch immer man das verstehen möchte) aber nicht romantisch. Das Album von Schleiermacher kenne ich auch, aber dort ich ich sie auch nicht vermutet ;)

    Sollte sich also bei mir nochmal (außer dem Quintett) einmal ein Stück von Ornstein finden was leicht (spät)romantische Touch hat, poste ich es hier.

    ...Für mich war ein Schlüsselerlebnis, als ich von Liszt die Annees de Pelerinage mit Lazar Berman gekauft habe - damals als LP-Box. Da wollte ich unbedingt einige Stücke daraus selber spielen. Erst da habe ich wahrgenommen, dass Liszt weit mehr ist als nur ein Virtuose. Das Werk steht für die romantische Idee der Einheit aller Künste: Musik, Literatur, bildende Kunst. Im Notentext sind ganze Seiten aus Senancours Roman Oberman abgedruckt, dazu Byron, Schiller usw. Dann kommen bei Italien noch Victor Hugo, Dante und Petrarca dazu - von den bildenden Künstlern Rafael und Michelangelo. Liszt war mit dem Maler Ingres befreundet, beide musizierten zusammen (Ingres spielte Geige) und Ingres führte Liszt durch die Museen. Man versteht die Reihenfolge der Stücke von Bd. 1 ("Suisse") nicht, wenn man diese literarischen Einschübe nicht kennt. Liszt war einer der gebildetsten Künstler seiner Zeit - der Einzige, mit dem Richard Wagner auf Augenhöhe philosophische Gespräche führen konnte. Mit Jörn L. hatten wir vor Jahren einen tollen Thread gemacht über die "Annees..." und Interpretationen besprochen - zuletzt Brendel glaube ich. Leider ist er schon lange nicht mehr aktiv. Warum weiß ich nicht. Das finde ich sehr schade! Der späte Liszt ist dann so radikal antivirtuos, asketisch geradezu - das ist Expressionsmus. Nuages gris z.B. könnte auch eine Schönberg-Komposition sein. :) Spätromantischen Schwulst mag ich auch nicht unbedingt (obwohl ich jetzt Schwierigkeiten habe, dass mir da etwas wirklich Schwülstiges einfällt). Ich bin aber ein großer Scriabin-Liebhaber. Gerade bei ihm zeigt sich sehr schön, wie fließend der Übergang von Spätromantik in avantgardistische Moderne ist....

    Lieber Holger,


    ich habe mir noch einmal eine Stücke der Années angehört und bin platt. Bei mir (ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht) Ich hatte immer mal wieder Einspielungen gehört (zuletzt von Ragna Schirmer) die mich nicht begeisterten und dann entwickelt sich aus einem Urteil über eine Interpretatio ein Vorurteil über die Musik.

    Die alten Einspielungen von Bolet (die ich mir jetzt dann doch auf CD bestellt habe :)) geben ein sehr überlegtes und überhaupt nicht virtuoses Bild von Liszt ab. Eventuell ist es auch so, dass Liszt doch einen Schwierigkeitsgrad aufzuweisen hat, den man dann bei Interpreten, die an die technische Grenze kommen, zu deutlich hört und dann das Virtuose im Höreindruck zu sehr überwiegt.


    Danke noch einmal herzlich für diesen Hinweis.

    Axel

    Lieber Holger,



    danke für den Tipp mit der Fibonacci Reihe. Bei Skriabin hatte ich tatsächlich mehr an die späten Sonaten gedacht, die ich auch sehr interessant finde.

    Beste Grüße,
    Axel

    ich möchte an dieser Stelle, wenn es möglich ist, eine Diskussion über die im Titel aufgezählte Werktrias von Enno Poppe beginnen. Sie ist zu finden auf



    Poppe teilt auf in Arbeit1, Wespe, Arbeit2, Trauben und Arbeit3. Dabei wird der Arbeitsanteil von einer Hammondorgel geleistet, die Wespe von einem Kontratenor gesungen und die Trauben von einem Klaviertrio realisiert.


    Ich habe dieses Stück von Poppe gewählt, weil es mir ziemlich spontan zugesagt hat. Das ist mit Sicherheit von der Auswahl her fragwürdig, aber ehrlich gesagt, weiß ich hier nichts besseres.

    Die Hammondorgel ist bekannt aus der Popmusik und der Rockmusik Und aus dem Eishockeystadion ;). Der Kontratenor versetzt uns in die Vorklassik und das Trio scheint vom Barock über die Klassik und Romantik in die Moderne zu verweisen. Alle diese Teile haben noch einmal eigene Entwicklungen in sich. So entwickeln sich im Klaviertrio Muster und Komplexität und Klangfülle und alles das geht auch am Ende wieder verloren. Die Hammondorgel klingt am Ende ziemlich bedrohlich, nachdem sie ihren aus dem Eishockeystadion bekannten Intermezzocharme verloren hat. Weiteres Hören eröffnet sicher noch mehr.


    Mir ist klar, dass hier keine Diskussion über die Intonierung des Klavieres stattfinden kann. Mich würde zuerst einmal interessieren, was diejenigen hören, die zuhören wollen und können. In einer Besprechung auf RONDO stand, die Musik sei eine Zumutung. Auch, wenn das in dem Rahmen positiv gemeint war, glaube ich das nicht wirklich. Mein Eindruck ist, dass das Stück spontan ansprechen kann.


    wie sind Eure Eindrücke? Wann kann man das hören? Braucht man Ruhe, muss man danach etwas anderes hören oder gerade nicht? Was passiert, wenn ich mir danach ein Brahms Klaviertrio anhöre oder davor? Was macht eigentlich diese Hammondorgel aus der ganzen Musik? Was passiert, wenn ich mir die Kölner Haie danach ansehe =O.


    Wer sich der Sache aussetzt und Lust hat, hier zu berichten, würde sicher zu einem besseren Verständnis des Stückes beitragen.

    Ich würde mich über Reaktionen freuen.


    Es grüßt

    Axel

    ....Das, was ich nach meinem Umzug von Bielefeld ins schöne Münster wirklich bedaure - in Bielefeld hatten wir 16 Jahre gewohnt - sind die regelmäßigen Veranstaltungen der rührigen Cooperativa Neue Musik. Die Einladungen bekomme ich immer noch - nur ist es einfach zu weit, da hinzufahren. :hello:

    Lieber Holger,


    vieles ist für mich leider auch eine Frage der Zeit. Durch Covid19 ist die Fahrerei auf ein Minimum beschränkt und ich habe etwas mehr, leider gibt es jetzt keine Konzerte mehr :(.


    ich bin auf eine App der Berliner Philharmoniker gestoßen, die Ihre Konzerte aus dem Archiv in wirklich guter Qualität verfügbar machen und auch virtuelle Livetickets ermöglichen. Das finde ich eine ganz fantastische Idee, die eigentlich Schule machen sollte.


    Wenn ich Alfred richtig verstanden habe, ist der Aufwand bei Kammermusik deutlich geringer, dass sich solche Events vielleicht kostengünstig produzieren lassen. Nur so eine Idee...


    Es müssten ja nicht nur große Orchester anbieten, was ist denn mit dem WDR oder dem SWR. Die sollten doch genug Material haben.


    Beste Grüße,

    Axel

    Dirsmal aus einer anderen Ecke, aus der der Hamelinliebhaber:



    Leo Ornstein, schon ein ursprünglich russischer Futurist, wenn auch mit deutlich romantischem Einschlag hier mit einem Klavierquintett. Obwohl man meines Erachtens viel Stravinsky durchhört (er kannte sicher den Sacre) hat dieses Werk so eine heimatverlorene Traurigkeit, wie man sie auch bei Rachmaninoff findet (den er allerdings locker um ein halbes Jahrhundert überlebt hat)

    Der Klavierpart ist sicher anspruchsvoll, es gibt ein paar hübsch versteckte Stellen, wo die Streicher ganz leise minimalistisch dissonant klingen, das soll man aber vielleicht nicht hören ;). Es gibt erstaunlich viele orientalisch anklingende Stellen. Am Ende ist man auch vor Schwulst nicht gefeit. Die Formation erzeugt einen Klang, den man einem Klavierquintett kaum noch zuordnen kann, so orchestral hört sich alles an.


    Sicher nichts für jeden Abend, aber einmal hören lohnt sich sicher.

    Es grüßt

    Axel

    Lieber Axel,


    ich finde immer, man braucht beides: Es gibt Musik, die eine besondere Bedeutung für einen hat, auf die man immer wieder zurückkommt. Die muss man sich dann aber irgendwann wirklich neu erschließen, vertiefend in sie eindringen, um sich nicht irgendwann seine Lieblingsstücke leid zu hören.

    Lieber Holger,


    besser könnte ich es nicht sagen. Und tatsächlich findet man zu einigen Stücken immer wieder zurück.


    Bei mir war es so, dass ich durch mein Klavierspiel naturgemäß mich mit den Stücken nachhaltig auseinandersetzt habe, die ich selber gerne spiele oder gespielt habe: Chopin, Debussy, später der Liszt usw. Wenn man jeden Tag eine halbe Stunde an einer Chopin-Etüde herumübt (was sowas wie Hochleistungssport ist ^^ ) , dann entwickelt man zu dieser Musik ein anderes Verhältnis, als wenn man nur hört.


    Das ist ein Punkt, den ich schon ganz zu Anfang unserer Unterhaltung in den Raum gestellt hatte. Ich hatte Gespräche mit praktizierenden Musikern, die mir eigentlich gesagt haben, ohne selbst zu musizieren, könnte man Musik nicht verstehen.


    Selbstverständlich ist die Rezeption eine völlig andere. Man weiß häufig nicht was der Komponist notiert hat, man versteht häufig nicht, wie es gemacht wird, man hat halt den rein konsumptiven Zugang. Man bringt aber, anders als der professionelle Musiker sozusagen den Alltag oder auch die „Straße„ in die Rezeption mit ein, was ich auch wertvoll finde und ein gültiger Bestandteil einer möglichen Interpretation.


    Musik ist ja zum Hören da :). Es ist ja gerade erstaunlich, dass es Musik gibt, die sich in völlig neuen Kontexten bewährt, unabhängig davon, was damalige Interpreten gedacht haben mögen. In diesem Sinne finde ich auch manche von den Künstlern interessant zusammengestellte Alben lehrreich. ( Esmé Quartett, Beethoven und Chin)



    Für mich war ein Schlüsselerlebnis, als ich von Liszt die Annees de Pelerinage mit Lazar Berman gekauft habe - damals als LP-Box. Da wollte ich unbedingt einige Stücke daraus selber spielen. Erst da habe ich wahrgenommen, dass Liszt weit mehr ist als nur ein Virtuose. Das Werk steht für die romantische Idee der Einheit aller Künste: Musik, Literatur, bildende Kunst. Im Notentext sind ganze Seiten aus Senancours Roman Oberman abgedruckt, dazu Byron, Schiller usw. Dann kommen bei Italien noch Victor Hugo, Dante und Petrarca dazu - von den bildenden Künstlern Rafael und Michelangelo. Liszt war mit dem Maler Ingres befreundet, beide musizierten zusammen (Ingres spielte Geige) und Ingres führte Liszt durch die Museen. Man versteht die Reihenfolge der Stücke von Bd. 1 ("Suisse") nicht, wenn man diese literarischen Einschübe nicht kennt. Liszt war einer der gebildetsten Künstler seiner Zeit - der Einzige, mit dem Richard Wagner auf Augenhöhe philosophische Gespräche führen konnte.

    Ich erinnere mich damals die Stücke in einer Interpretation mit Jorge Bolet gehabt zu haben. Vielleicht schaue ich nochmal, Du kannst da einem den Liszt schon schmackhaft machen. Ja und „nuages gris“ war klar. Das ist so mit „Unstern“ der Blick in die Zukunft.


    Nuages gris z.B. könnte auch eine Schönberg-Komposition sein. :) Spätromantischen Schwulst mag ich auch nicht unbedingt (obwohl ich jetzt Schwierigkeiten habe, dass mir da etwas wirklich Schwülstiges einfällt). Ich bin aber ein großer Scriabin-Liebhaber. Gerade bei ihm zeigt sich sehr schön, wie fließend der Übergang von Spätromantik in avantgardistische Moderne ist.

    Bei den Klavierstücken finde ich spannend, wie er eigentlich von Brahms herkommend diesen klassisch-romantischen Ansatz in eine moderne Musiksprache umsetzt.


    Schönberg ist eine faszinierende Gestalt, allerdings gab es um diese Zeit herum ganz offensichtlich bei einigen Komponisten den Wunsch zum Umgestaltung.


    „Spätromantischer Schwulst“ ist vielleicht mit Vorsicht zu genießen. Es gibt sicher Komponisten, die sich solchen Interpretationen gefügiger zeigen als andere. Die Größe eines Orchesters, Schnelligkeit von Läufen, Lautstärke an sich sind zwar an sich schon musikalische Parameter, aber können schnell zu sportlichen verkommen, wenn die innere Notwendigkeit nicht zu hören ist. Der eine oder andere Interpret verwischt hier eventuell die Zusammenhänge.


    Schönberg schafft hier eine radikale Abkehr. Kennst Du die Skriabin Sonaten in der Interpretation von Ugorski? Hier wird, wie ich finde schon klar, dass wir einen Neutöner und keinen Spätromantiker vor uns haben.
    .

    Zum Klavierstück IX habe ich eine besondere Verbindung (die Noten auch zuhause). Stockhausen dirigierte damals in der Kölner Messe selbst zusammen mit Eötvös und noch Jemandem die "Gruppen". Das war eine denkwürdige Begegnung! Ich habe die Aufführung nämlich zweimal gehört, weil Stockhausen zu mir und meiner Frau meinte, wir müssten das unbedingt zweimal hören. Er schleuste uns dazu ohne Karte durch sein Künstlerzimmer für die zweite Aufführung (es gab zwei Konzerte hintereinander)! :D Neben den Gruppen spielte Ellen Corver das Klavierstück IX. Nur da im Konzert habe ich eigentlich die Hüllkurve bei diesem unendlich repitierten Septakkord gehört. Stockhausen erzählte ich, dass ich einen Mitschnitt von Maurizio Pollini aus Salzburg aufgenommen hätte. Ihm war aber Pollini nicht "genau" genug - er schätzte am meisten die Interpretation von Ellen Corver. Pollini habe ich u.a. mit dem Klavierstück IX noch einmal vor 11 Jahren in Köln gehört. Der Salzburger Mitschnitt von 1987 glaube ich (er spielte damals als Programm erst Brahms, dann Stockhausen und zum Schluss die Hammerklaviersonate) ist aber singulär für mein Dafürhalten! Die Platte von Daniele Pollini habe ich auch - die "modernen" Stücke darauf sind die besten finde ich. Kontarsky ist in meiner Sammlung, Wambach habe ich glaube ich auch. Von Herbert Henck gibt es eine sehr schöne Analyse des Klavierstück IX. In meinem Buch nehme ich auch darauf Bezug - mit Blick auf das Kontinuumsproblem bei Husserl. Und in meinem Aufsatz, der auf Englisch erschienen ist bei PNM Washington D.C., ist das auch zu lesen. Vanessa Benelli Mosell ist mir gar kein Begriff - aber sie war auch in Kürten. Nur wohl später, als ich damals da war. :hello:

    Coole Anekdote! :jubel:


    Mir war bis jetzt nicht bekannt, dass Maurizio Pollini Klavierstück IX gespielt hat, ich fand das eine originelle Idee des Sohnes....:(


    ich kenne die Noten leider nicht, weiß aber, dass es klassisch notiert ist. Die Repitition ist tatsächlich sehr einprägsam und geheimnisvoll und schon da unterscheiden sich meine drei Interpreten gewaltig. Es wäre wirklich schön, das Verständnis hier weiterzutreiben.


    Gibt es einen Link zu dem Text von Henck?


    Beste Grüße,

    Axel


    PS eigentlich fand ich die Idee der Einspielung von Chopins Etuden von Daniele Pollini nicht gut. Ich habe damals 72 oder 73 die seines Vaters kennengelernt und tatsächlich ist sie bis heute mein Maßstab und was der Sohn spielt, hat diese Meinung nicht infrage gestellt.

    Ich habe den Eindruck, dass es heute schwieriger ist, mitzubekommen, was von den Experten an Gegenwartsmusik hoch geschätzt wird als früher - vielleicht täusche ich mich aber. Ich gehe zwar seit Jahrzehnten zu dem großen Festival Wien Modern und auch in andere Konzerte mit aktueller Musik, war aber von der Reihung in dieser Liste doch sehr überrascht.

    Eindrücke können täuschen, das habe ich selbst ein bisschen weiter oben erfahren. Als Schüler und Student konnte ich einfach mehr Zeit aufbringen für Experimente und das Hören allgemein. Ich hatte einen Freund, der seine ganze Doktorarbeit über im Hintergrund Glenn Gould gehört hat :). Ich habe noch als Schüler Wolfgang Rihm damals über den von mir geschätzten WDR3 kennengelernt und war völlig verblüfft, einen anerkannten Komponisten kennenzulernen, der nicht wirklich viel älter war als ich. Selbstverständlich habe ich seine „Veröffentlichungen“ auf der Konserve weiterverfolgt, zumal er die von mir heißgeliebten Gattungen Klavier und Streichquartett reichlich bediente.


    Klar, man schaut bei Saturn, was haben die, die Rihm gespielt haben sonst noch so gespielt ...8). Da aber mein Berufsfeld mit Musik gar nichts zu tun hatte, blieb bis auf wenige Konzerte und den Plattenmarkt wenig übrig. Meine Überraschung ist also noch eine ganz andere.;(.


    Georg Friedrich Haas ist mir immer eher auf die Nerven gegangen, da muss ich mich schon bemühen, ihn toll zu finden (da ich jetzt endlich sein repräsentatives "In vain" habe, wird das leichter gehen, als immer nur 1x im Konzert irgendetwas zu hören), auch der Erstkontakt zu Prins war eher neutral (ebenfalls live im Konzert).

    Die Streichquartette haben mir, wie schon anderswo erwähnt, gut gefallen. Ich hatte zusätzlich noch eine CD mit „Kammer“-Orchesterstücken gehört und bin mit den ersten zwei überhaupt nicht warm geworden. Das ist aber normal und kann sich über die Zeit gewaltig ändern.


    Außerdem muss klar sein, dass die Experten für aktuelle Musik des Raumes D/Ö/I/F (die dominieren die Liste aus meinem Link) anders ticken als die in GB/USA/Skand/Balt und die Dirigenten, Intendanten, Ensembles des Normalbetriebes wieder ganz anders - was dann z.B. erklärt, warum der außerordentlich viel gespielte Widmann in der Liste gar nicht auftaucht.


    Ich strebe ja an, mich hier nicht an einer das "Lager" anzuschließen, sondern die jeweils Hochgeschätzten schätzen zu lernen, also nicht nur die aus der Liste, sondern auch Widmann oder Whitacre (von denen mich auch jeweils Stücke recht begeistern konnten). Dass z.B. Adès von eigenschworenen "Avantgarde"-Hörern des deutschsprachigen Raums tendenziell verachtet zu werden scheint, finde ich doof.

    selbstverständlich ticken die in den USA anders. Ich denke nur an die CD mit dem Brooklyn Rider Quartett. Diese unangestrengte Leichtigkeit im Umgang mit dem Material fehlt wahrscheinlich in unseren Breiten. Man muss das aber nicht gegeneinander abwägen. Es gibt ja beides.


    Ich habe mittlerweile Steen Andersen angehört



    interessante Mikrowelten, wenn ich mich auch an den meisten Stellen frage, wie das live aufgeführt wird. Ist da nicht haufenweise Elektronik nötig?

    Man muss sicher aber auch immer bedenken, dass, ganz egal wie breit eine Anerkennung modernerer Musik auch ist, es notgedrungen immer Künstler geben wird, die am Rande des Spektrums ihre Werke produzieren und damit logischerweise nicht so verbreitet sind. Wo dann die große Kunst liegt, zeigen dann die Jahrhunderte und wahrscheinlich wären wir alle überrascht.


    .Ich strebe ja an, mich hier nicht an einer das "Lager" anzuschließen, sondern die jeweils Hochgeschätzten schätzen zu lernen, also nicht nur die aus der Liste, sondern auch Widmann oder Whitacre (von denen mich auch jeweils Stücke recht begeistern konnten). Dass z.B. Adès von eigenschworenen "Avantgarde"-Hörern des deutschsprachigen Raums tendenziell verachtet zu werden scheint, finde ich doof.

    Verachtung von irgendwas, was mit ernster künstlerischer Anstrengung entsteht, finde ich grundsätzlich nicht klug. (Siehe meinen letzten Satz oben) Alle diese Klänge bewirken beim Hören etwas und lassen dann auch die ältere Musik für uns wieder anders klingen. So ist das eben. Wir können auch beim Konsum von Musik die Umweltklänge, die uns den Tag lang begleiten nicht ausschließen. In alledem bietet uns die Musik eine wichtige Reflektionsfläche, um das zu verarbeiten.


    Und danke nochmal für die Liste der Hochgeschätzten (wenn auch unter europäischen Rahmenbedingungen) . Ich wüsste auch nicht, wie ich anders an die Musik rangehen sollte. Ich habe in diesem Forum schon eine ganze Menge an Anregungen bekommen und freue mich darüber.


    Beste Grüße,

    Axel


    BTW vielleicht kannst Du mir helfen? Wenn man zum Beispiel über etwas von Enno Poppe oder Steen Andersen sprechen möchte und nicht den Thread aktuell gehört/kurz kommentiert benutzen möchte, der dafür auch nicht gedacht ist, muss man da einen neuen Thread aufmachen? und wie geht das?

    ich hatte in einem anderen Thread vom Brooklyn Rider Streichquartett gelesen und einer Aufnahme mit Anne Sofie von Otter. Mich quälte die Frage, was machen die ohne von Otter und fand



    und erhielt eine Tanzpartyplatte. Kein Hitfestival mit Stockhausen sondern Streichquartett à gogo. Die Platte hat einen Drive ohne Ende. Ich kenne bis auf Bill Frisell keinen der Komponisten. Das bin ich ja nun schon hier gewöhnt :).


    Wir haben Square Dance, einen Besuch von Led Zeppelin, schöne amerikanische Volksmusik, barocke Säle und am Ende einen langsamen Walzer, manches mehr, anderes weniger schräg. Unterhaltung bis zum Abwinken. Berührungsängste gibt es da nicht. Das einzige etwas ernsthaftere Quartett kommt von einem Schlagzeuger einer Indiegruppe. Mich überrascht nichts mehr.


    Nach dem Hören schlug mir mein Streamingdienst Metallica „nothing else matters“ live vor oder Shostakovich Klaviertrio op. 8 live in Verbier. Ich verstehe die Verwirrung der im Hintergrund tätigen KI.


    ich entschied mich für Shostakovich.

    Ein Klassiker, aber immer wieder schön zu hören, gerade wegen Bergs unorthodoxer Ambivalenz, ist das Berg-Violinkonzert. Gestern hörte ich diese schöne Aufnahme:



    Das ist wunderbar durchsichtig und sehr fein und flexibel gespielt von allen Beteiligten. Dazu ist die Aufnahmetechnik superb! :)

    hallo Holger, das ist eine fantastische Aufnahme. Ich würde sie der Aufnahme mit Mutter und dem CSO vorziehen.


    Danke

    Axel

    kurzstückmeister hat mich auf ein massives Defizit beim Hören von Musik hingewiesen und ich habe heute (urlaub!) versucht ein wenig davon abzubauen:


    Georg Friedrich Haas, ein gar nicht so junger Zeitgenosse (ähnlich Wolgang Rihm) aber wohl ungeachtet seiner Bedeutung plattentechnisch so gut wie nicht vertreten.

    Aber hören kann man ja wenigstens das Bisschen, was da ist.


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    Hört man die CD der Reihenfolge nach, wie ich es getan habe, so hört man erst sein zweites und danach sein erstes Streichquartett, durch die Wiederholung, dann mindestens einmal in chronologischer Reihenfolge :).


    Avantgarde hin oder her, das kann ich gegenüber Lachenmann, dessen drei Streichquartette ich liebe, nicht begründen, was aber auch nichts heißen soll. Man kann die Stücke sehr gut hören (vorausgesetzt eine passable Anlage). Sie basieren massiv auf Klangflächen und gefühlt auch Clustern, die einen durchgehend fesseln. Architektonische Strukturen konnte ich noch nicht hören, so etwas braucht mehr Zeit als einen Tag ;). Die Musik entwickelt eine gewisse Penetranz, die irgendwelche erwarteten Auflösungen erheblich verzögert, was sehr reizvoll sein kann.

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie ein Streichquartett klingen kann. Also eigentlich eine tolle Aufnahme, die gehört zu werden verdient...


    Es grüßt die Forumskollegen,

    Axel

    OK, nur haben halt unglaublich viele Komponisten zwölftönig komponiert, deshalb müssen sie ja nicht besonders Schönberg-ähnlich klingen. Das mit dem Heraushören ist sowieso schwierig, bei Themen kriegt man's vielleich noch hin, allerdings können die Reihen ja auf verschiedene Art verteilt werden, somit ist es eher ein hörendes Erahnen von Zwölftönigkeit. Das hat aber nichts mit der Rhythmik oder Farbe zu tun.

    Völlig richtig, nur sind bei Ginastera nicht unerhebliche Wiederholungen des Themas wahrnehmbar, die meines Erachtens nicht in Einklang zu bringen sind mit der Verarbeitung einer Zwölftonreihe.


    ... Antipodisch zu Bartok wird es wohl eher durch die Volksmusik, die sich etwas gegen Zwölftönigkeit sperren dürfte ...

    Ja klar, ein Volkslied ist selten zwölftönig aufgebaut. Wie gesagt, ich kann bei Ginasteras zweitem Quartett nichts derartiges hören, gebe aber selbstverständlich zu, dass das unter Umständen sehr schwierig sein kann. Über Hilfe würde ich mich freuen.


    Beste Grüße,

    Axel

    ...Ich nehme an, Steen-Andersen, Prins und Kreidler sehen das ähnlich. Erschreckend ist vielleicht, dass selbst hier im Forum diese Namen völlig unbekannt sein dürften.

    Naja völlig unbekannt vielleicht nicht, mindestens einen gibt es ja :). Leider muss ich gestehen, dass mir alle drei Namen nichts sagen. Ich bin nicht wirklich glücklich darüber und erhoffe mir ja gerade aus dem Forum Hinweise zu guter und wichtiger Musik.


    Ich scheue da nicht die Auseinandersetzung.


    Das sind so laut europäischer Expertenumfrage die Großen zwischen ca. 40 und 50 von heute (wenn man auf die eher radikaleren einschränkt und z.B. Adès weglässt).


    https://www.ricordi.com/de-DE/…1/Expert-survey-Haas.aspx


    siehe unten: "mehr Informationen"

    Vielen Dank für die Anregung! Es gibt zwei Streichquartette (von 10, wo sind die anderen?) von Georg Friedrich Haas mit dem Kairos String Quartet und weitere Kammermusik mit dem Klangforum Wien, die, wie ich dann gesehen habe auch Prins eingespielt haben.


    Der Link von Dir war wirklich gut. Ich habe mir die Werke von Georg Friedrich Haas angehört (ich hatte heute noch einen Urlaubstag :) ) und berichte darüber in dem Thread „aktuell gehört“.


    Mir ist schon aufgefallen, dass die Musik nach 1945 im Forum (wahrscheinlich aber auch außerhalb :() deutlich weniger Anhänger hat, als die davor. Vielleicht verteilt sich einfach die Anhängerschaft gleich über die Zeiträume, aber wirklich glaube ich das nicht.


    Ich habe mal von Michael Gielen in einem Film über Zimmermann den Satz gehört, dass es für einen Musiker nichts Ehrenvolleres gibt, als die Musik seiner Zeitgenossen zu interpretieren. Das glaube ich (als Nicht-Musiker) allerdings auch. Nichts ist unserem Dasein näher, wir müssen es halt nur verstehen.

    Beste Grüße,

    Axel