Eigentlich ist ja schon alles gesagt, nur noch nicht von allen, deshalb nun auch die aus meiner Sicht „bedeutendsten“ Klavierkonzerte mit dem Versuch einer Begründung:
1. Johannes Brahms, Klavierkonzert Nr. 1 - ein junger Komponist, noch voller Leidenschaft, gepaart mit Kreativität und Sensibilität, verfügt über die Kenntnis alles bisher Komponierten im Genre Klavier mit Orchester, angefangen bei Bach über Haydn, Mozart und Beethoven. Was für ein neues Klavierkonzert kann dieser Komponist erschaffen? Nun, ein Klavierkonzert, das in klassischer Struktur und Ordnung, gepaart mit romantischer Gefühlstiefe, aber ohne die Manierismen des Hofes und ohne Zugeständnisse an selbstverliebte Klaviersolisten, einzig und allein der Musik selbst dient. Es ist für mich das zeitloseste Solisten-Konzert überhaupt, wobei der Interpret gar nicht mehr so wichtig ist, vorausgesetzt, er wählt eben diesen uneitlen Ansatz. Mir gefällt eine Aufnahme mit Krystian Zimerman aus dem Jahr 2005.
2. Ludwig van Beethoven, Klavierkonzert Nr. 4 - Das ist das pianistischste Konzert aller Klavierkonzerte. Da halte ich es mit dem schon weiter oben zitierten Wilhelm Kempff, wenngleich es sicher noch viele andere Klavierkonzerte gibt, in denen das Hauptthema vom Klavier und nicht vom Orchester getragen wird. Am Ende ist es, wie nemero oben schon schreibt, der Dialog zwischen Solist und Orchester, der dieses lyrische und gleichzeitig klassisch-erhabene Werk so einzigartig, ergreifend und zeitlos macht. Es ist in seiner kompositorischen Vollendetheit auch noch „schön“ und gehört auch deshalb für mich zu den bedeutenden Klavierkonzerten. Rudolf Buchbinder hat 2021 eine sehr höhrenswerte Aufnahme abgeliefert.
3. Sergei Rachmaninow, Klavierkonzert Nr. 2 - Nur, weil etwas vielen gefällt, muss es nicht schlecht sein. Die Beliebtheit dieses Klavierkonzertes von Rachmaninow hat gute Gründe. Seine Melodik eröffnet Räume für existenzielle Gefühle - Verlust, Tragik, Liebe, Sehnsucht und Verlangen - nicht weniger evozieren diese Klangkaskaden bei mir und auch bei all den Regisseuren, die ihre dramatischsten Szenen mit Rachmaninows Klavierkonzert unterlegt haben. Wirklich toll finde ich Yuja Wangs neue Live-Einspielung, auch wegen des warmen und vielschichtigen Klanges, den die Deutsche Grammophon hier produziert hat.