Beiträge von wiesengrund

    Die sog. "U-Musik" entstand im Verlauf des 18. Jahrhunderts. Man verstand darunter - in Abgrenzung von der Musik, der eine bewusste künstlerische Aussageabsicht zugrundelag und die für die öffentliche Präsentation im Konzertsaal oder in der Kirche gedacht war - die häusliche Salonmusik, das kleine Klavierstück, Duett, Terzett oder Potpourri, das für den häuslichen Gebrauch und vorwiegend zur vergnüglich musikalischen Unterhaltung benutzt wurde.


    Sorry, das ist schlichtweg falsch, es ist eher umgekehrt;das, was wir als bürgerliche Kunstmusik auffassen ist eine Erfindung des 18. Jahrhunderts. Bzeichnend die Zweiteilung i C.Ph.E.Bachs Sammlung 'Für Kenner und Liebhaber'. Einfach mal die einschlägige Fachliteratur von Schleuning, Schmenner, Bauer ud anderen lesen.

    @Frank,


    hoppla, da bin ich wohl jemandem auf den Fuß getreten 8)


    Liest du den Namen Schumann in meinem Posting? Ich nicht - merke, wer lesen kann, ist klar im Vorteil.


    Bei Beethoven kann ich dir aber versichern, ist es beinahe unmöglich, innerhalb des Sammelsuriums zeitgenössischer Beschreibungen, Zuschreibungen, Anekdoten, Bildern etc. die Person eindeutig zu rekonstruieren. Wozu auch? Welches Interesse wird dadurch befriedigt?


    Schönen Tag noch in die Schumann-Stadt

    Zitat

    Zum anderen ärgert es mich, dass sich heutzutage offenbar niemand mehr zu denken getraut, dass große künstlerische Leistung und psychische Defekte oft eng beieinander liegen (vor 1968 nannte man das "Genie und Wahn"). Auch das ist für mich kein Problem und relativiert unter keinen Umständen das Werk.


    Aber genau das ist doch ein Klischee, wenn nicht gar ein Mythos, der doch viel öfter beschworen wird als der maßgeblich brave und gesittete Künstler

    Zitat

    Das Problem ist unser idealisiertes Bild und unsere Erwartungshaltung, nicht das Leben oder die gesundheitlichen Probleme dieser Musiker.


    Nun ja, was aber gerade bei Beethoven so nicht stimmt, da ist es gerade umgekehrt, da türmen sich ja die Anekdoten über den angeblichen Sonderling, ist ja ber zum Teil verständlich, wenn die Musik ein wenig verquer ist, kann man sein Unverständnis leicht auf die Disposition des Künstlers schieben

    Ja, und??


    Was soll diese Medizinierung eigentlich bringen? Alles Aspergerianer, was sagt uns das jetzt? Ein wenig den Voyeurismus befriedigt? Neue Erkenntnisse über die Musik gewonnen? Die 'Große Fuge' als monströses Asperger-Sndrom?? Hätte Beethoven unter Ritalin anders komponiert? Sind wir nicht alle ein bisschen Asperger? ADHS haben wir und unsere Kinder ohnehin alle...


    Ach ja, medizinische Diagnosen aus zweifelhaften Quellen ziehen, als Historiker bekommt man da das kalte Grausen, vielleicht erstmal kritische Quellenkunde treiben, dann diagnostizieren...

    Zit. Ulli

    Zitat

    Da frag ich mich wirklich, ob das viele Geld für so ein Unterfangen nicht besser investiert wäre, irgendeinem Politiker eine saftige Abfindung zu zahlen, damit er sein Amt verlässt... ich wäre vor Grauen beinahe in die Leitplanke gefahren... kotz kotz kotz Mit Musik-Tagen hat das m. E. nichts mehr zu tun... kopfschüttel Sorry, aber das ist nur noch Notenschmiererei... dämliches und sinnloses Rumgeklopfe auf allen möglichen Instrumenten, die dafür eigentlich viel zu schade sind. Aber dafür wird ja gerne Geld ausgegeben - Menschen, die wirklich etwas leisten, sei es in der Musik oder anderswo, werden abgespeist oder - besser noch - garnicht bezahlt.


    Tja, das Gleiche ließe sich auch über deine Beitragsschmiererei sagen. Keine Ahnung von der Materie, bis oben hin voll mit Vorurteilen, geistig und ästhetisch im 19. Jahrhundert stecken gebleiben, aber hier auf dicke Hose machen.
    Ich schwanke noch zwischen :kotz:
    und :hahahaha:

    Zitat

    Während Subventionen durchwegs von Leuten vergeben werden, die von Kunst wenig bis nichts verstehen und aus Angst zu "Banausen" gestempelt zu werden oft die skurrillsten Kunstwerke bzw Kompositionen fördern - mit Geld daß ihnen eigentlich gar nicht gehört - zwangsweise entnommen von Leuten die diese Kunst eigentlich gar nicht wollen, geben Bildungsbürger lediglich für jene Kunst, die ihnen fördernswert scheint aus - was natürlich zu ganz anderen Ergebnissen führt.


    Das sagt der wahre Experte in Sachen zeitgenössischer Musik :hahahaha:

    Zitat

    Persönlich will ich icht, daß "meine" Wiener Philharmoniker einen "internationalen" Klang bekommen. Schon vor dreissig Jahren ssagte ein Wiener Philharmoniker zu mir: "Die amerikanischen Orchester spielen viel präziser als wir - aber bei uns klingts halt besser..."


    Irgendwie muss Kleingeistigkeit ja gerechtfertigt werden. Vor allem von einem Orchester, dass - nach Aussage Bernsteins- noch Anfang der 70er Jahre intellektuell kaum in der Lage war Mahler zu spielen..


    Meine Aussage bezog sich weniger auf das Repertoire, als vor allem auf das moderne Selbstverständnis eines Dirigenten und dessen Umgang mit seinem Orchester. Es ist doch geradezu lächerlich, seinem Orchester zu verbieten, von einem Gastdirigenten Komponisten dirigieren zu lassen, die man selber dirigiert :no:

    Zitat

    Nur durch solche Konventionen (und deren freiwillige oder erzwungene Einhaltung) kann eine Gemeinschaft von Menschen - sei es nun eine Familie, eine Wohngemeinschaft, eine Schulklasse oder eben ein ganzer Staat - überhaupt funktionieren. Eine Gesellschaft ohne Konventionen wäre keine Gesellschaft mehr, sondern nur noch eine Ansammlung von einzelnen und vereinzelten Individuen. In letzter Konsequenz also ein atomisiertes Nebeneinander, bestimmt von der rüchsichtslosen Vorteilsnahme des Einzelnen und begrenzt nur noch durch die dunkelsten Urtriebe des - nun nicht mehr sozialen - Wesens "Mensch".


    Ach ja? Und dazu gehören dann Schlips und Kragen - oder wie?
    Ich lach mich weg :hahahaha:
    Und nicht vergessen: immer mit dem Lineal eins auf die schmutzigen Fingernägel geben - dann klappt's auch mit der Gesellschaft :baeh01:


    Grüße aus dem Wiesengrund

    Zitat

    Original von katlow


    Mir graust bei dem Gedanken, dass eine Cecilia Bartoli es nötig hat, auf diese Art und Weise den Verkauf ihres Albums "anzuheizen"


    Dir ist es aber schon klar, dass es sich um eine CD mit Kastratenarien handelt? Insofern ist das Cover recht passend - und sexy ist es auch nur bedingt...

    Zitat

    In Rossinis Cenerentola knieten die Hofdamen vor ihren Herren, um sie zu verwöhnen - ich bin nicht prüde, gehen aber nicht gerade auch Kinder in diese Oper?


    Rossini hat nicht für Kinder komponiert, die werden nur von ihren bildungsbürgerlich beflissenen Eltern dorthin getrieben. Außerdem gehören Kinder nach 20.00 ins Bett - und wenn sie es dann doch sehen: wo ist das Problem? Wird in jeder Talkshow am Nachmittag thematisiert

    Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Da gibt's nicht viel zu klären. Beethoven komponierte, wenn er mit ca. 12 angefangen hat, wesentlich mehr Jahre im 19. und schuf mehr wichtige und einflußreiche Werke im 19. Jhd. (außerdem endete das 18. Jhd. ja schon 1789 ;))


    JR


    Vehementer Einspruch: Die Basis des gesamten kompositorischen Denkens stammt aus dem 18.JH bei Beethoven. Nicht nur seine kompositorische Ausbildung ist davon geprägt, seine Bewunderung Carl Ph. Emanuel Bachs - von der er wesentliche Momente der motivischen Entwicklung übernommen hat -, seine Verwendung einzelner rhetorischer Figuren, seine Auseinandersetzung mit J.S. Bach, seine Instrumentation, die an den Kompositionslehren und der praktisch-semantischen Verwendungsweise des 18. Jahrhunderts orientiert ist und noch einiges mehr -nur weil das 19.JH unter seinen Sinfonien in Ehrfurcht erstarrt ist, muss man Beethoven nicht diesem Jahrhundert zuschlagen


    Gruß aus dem Wiesengrund

    Zitat

    Die Musiker zur Zeit Beethovens haben überwiegend neue oder noch relativ neue Musik gespielt. Die hatten keinen Grund Beethoven anders zu spielen als andere zeitgenössische Symphonien, denn sie hatten keinen historischen Bezug auf die "Sonderstellung" Beethovens. Das außergewöhnliche Beethovens hörte und erkannte jeder aus dem musikalischen Material heraus, da brauchte es keinerlei Übertreibungen beim Spiel. Das ist eine Besonderheit unserer Zeit, wo man fast gezwungen ist aufzufallen, um eine neue Einspielung irgendwie zu rechtfertigen.


    Sorry, aber das ist musikhistorisch gesehen Unsinn, was du da formulierst.


    Beethovens Sonderstellung wurde sehr wohl erkannt und gerade deswegen auch von konservativer Seite verdammt - und dies gerade aus den Gründen musikalischer Extreme, etwa dessen spezifische Modulationstechnik - Beethoven galt vielen als zu 'scharf gewürzt'. So weit gehen wir noch d'accord. Aber: Ähnlich wie bei Goethe folgte sehr bald eine ästhetische Vereinnahmung aus dem Geiste des 19. Jahrhunderts heraus - was eine Glättung der Beethovenschen Extreme hin zur einer simplen Erhabenheit hatte, man beachte mal Alfreds Vokabeln seines - historisch falschen - Klassikverständnisses. Was also Norrington et. al bieten sind gerade keine Übertreibungen, vielmehr sind die Glättungsprozesse, die langsamen Tempi und der leere Erhabenheitskult von Furtwängler bis HvK Übertreibungen.


    Bei wem? Den Taminos? Soll das etwa repräsentativ sein? :hahahaha:

    Hi,


    interessant, dass für die meisten das 20.JH offenbar maximal 40-50 Jahre gedauert hat, für einige sogar maximal 20-30 Jahre :no:


    So jetzt mal was richtiges auf die Ohren: :baeh01:


    Wolfgang Rihm - Chiffren-Zyklus
    Kaija Saariaho - Lichtbogen
    Heiner Goebbels - Surrogate Cities


    Gruß aus dem Wiesengrund


    Klar, dafür müsste man beides verstehen können... :hahahaha:


    Nun ja, bei Beethoven ergibt sich aber schon ein relativer Breitbandsound, kann allerdings auch am Aufnahmeverfahren liegen, für mich ist Gardiner-Beethoven der Karajan der HIP :D

    Zitat

    Original von Mawal
    youtube, das ist für mich materialiserter Kulturpessimismus:


    Bei youtube materialisiert sich aber nichts, alles virtuell, aber gut, dass wir unserem Kulturpessimismus mal Ausdruck verliehen, schon schlimm das alles :baeh01: