Auch wenn, der Thread schon alt ist, möchte ich mich noch einmischen.
Ich glaube die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Natürlich gibt es neue Entwicklungen, die der Interpretation der Klassik sehr gut getan haben, wenn ich auch bei HIP nicht immer gleich begeistert bin. Allein, dass ein Stück auf den für seine Zeit authentischen Instrumenten gespielt wird, macht die Aufnahme nicht zwingend hörenswert.
Aber ich muss auch dem großen Vorsitzenden Recht geben: Heute werden insbesondere Sänger und Sängerinnen immer stromlinienförmiger. Irgendjemand sprach kürzlich von der Ära der Laufstegdiven. Das trifft es wohl zeimlich genau. Äußerlich eine Übererfüllung des Schönheitsidealsl, solider Gesang, aber eben meist kein großartiger. Würde eine Jessye Norman heute noch ein großer Star werden? Ich bezweifle es - und nicht nicht nur in ihrem Fall.
Und dieses musikalische Mittelmaß tritt dann bei Galaabenden auf, die klassische Hausmannskost bieten. Das mag alles sehr gut zu vermarkten sein, erinnerungswürdig hingegen finde ich es nicht.
Das war Ende der Vierzieger und in den Füfzigern noch anders. Damals war für viele Menschen 'Hochkultur' das Letzte, was ihnen nach dem Krieg geblieben war. Es ist also kein Zufall, dass damals in Deutschland die Theaterbesuchszahlen enorm anschwollen, und es zu einem Qualitätshöhenflug im Bereich Klassik kam.
Ich greife daher bei vielen Opernaufnahmen sehr gern zu 'ollen Kamellen', die Interpretationen von Bestand und Gültigkeit für mich sind. Hier wurde nicht produziert, um ein hübsches Gesichtchen meistbietend unter die Massen zu bringen.
Eine Rita Streich oder Irmgard Seefried z. B. halte ich heute für bedauerlich unbekannt bei Menschen, die nicht vor allem Oper oder Klassik hören. Natürlich gibt es auch heute erstklassige Sänger und Sängerinnen (wie eine Schäfer z. B.). Leider werden die nicht zur Legende, weil die Label und Opernhäuser glattere Stars pushen. Genug des Gejammers.
Marschallin