Weihnachten
Das nicht immer fröhliche Fest
Liebe Taminos,
man ist sich allgemein darüber einig, dass Weihnachten das Fest der Liebe ist. Wer wünscht sich nicht, an diesem Tag mit den Menschen die man liebt verbringen zu können und ihnen eine Freude zu machen?
Dass dies aber nicht immer so ist weiß wohl auch jeder – leider. Ich will mit diesem Türchen keine Schwermut verbreiten (Oder etwa doch?
) sondern eine Geschichte von meinem Weihnachten 2008 erzählen…
Und zwar war Weihnachten 2008 fast exakt ein Monat nach meinem Umzug von Hamburg hierher nach Mainz.
Zwar ist mir der Ort hier und die Menschen nicht völlig fremd, da ich hier immerhin 10 Jahre schonmal lebte, aber in den 8 Jahren in Hamburg hatte ich keinen einzigen Kontakt mehr aus meiner Schulzeit gehabt. Das lag vorallem daran, dass ich damals (Es betrifft eigentlich nur meine Grundschulzeit) so ruhig und schüchtern war, dass man sich vermutlich fragen würde ob der Junge von damals und ich wirklich derselbe ist.
Jedenfalls kannte ich von den damaligen Freunden und Klassenkameraden keinen mehr. Alles was in der Nähe war, war meine Verwandschaft, die ich in den letzten Jahren vllt einmal im Jahr sah, meinen Bruder (bei dem selbiges gilt) und natürlich meine Eltern – mit und wegen ihnen zog ich schließlich hierher.
Außerdem wohnte ab da mein Exfreund in der Nähe. Das ist deswegen so pikant, weil in der Zeit während der Beziehung satte 600km zwischen uns lagen, und fortan nurnoch ungefähr 7km. Auch da lag ein Funke Hoffnung jemanden zu haben den man mal eben treffen könnte – denn schließlich waren es jetzt meine Freunde, die 600km weiter nördlich wohnten. Zu dem Irrtum dieser Hoffnung später mehr.
In Hamburg hatte ich ein halbes Jahr Schule hinter mir, deren Sinn darin lag mein Zeugnis nochmal aufzumöbeln. Diese Schulform gibt es hier aber nicht, wurde mir höflich mitgeteilt. Ergo war das halbe Jahr für umsonst. Man bot mir natürlich an nächstes Jahr auf Gymnasium zu gehen, vorausgesetzt ich erweise mich als würdig… (Später entschied ich mich übrigens gegen die Schule, aber die Aussicht war damals trotzdem ernüchternd).
Als der Umzug nach wenigen Tagen getan war, merkte ich schnell, dass da was fehlte; Internet. Natürlich dachte da keiner dran, weil man das Internet an sich ja noch als ziemlich unwichtige Sache ansieht. Schnell sollte aber klar werden, dass das Internet neben dem Telefon die einzige Möglichkeit der Kommunikation war – zumal ich von den meisten keine Telefonnummer hatte oder irgendwie fand.
Meine Zeit verbrachte ich daher meistens mit Komponieren. Zu keinem Zeitpunkt komponierte ich bisher so viele Werke in so kurzer Zeit wie zu jener Zeit. Das merkwürdige ist, dass das Komponierte DAMALS als fröhlich und daher tröstend empfand. Heute finde ich die Werke allesamt mit einem tragischen, fast schon hinterfragenden Akzent versehen. Als Beispiel könnte man die Weihnachtssinfonie erwähnen, unter deren Partitur ich sogar schrieb, dass man kein nächstenliebendes Gezwitscher erwarten sollte… 
Mit diesen Aussichten, kein Mensch in der Nähe, keine Möglichkeit die Außenwelt zu kontaktieren und irgendwie im eigenen Haus gefangen zu sein kam Weihnachten Näher. Einsamkeit als treuer Begleiter und eine fast Manieartige Schaffensphase, die einer Depression sehr nahe kommt – schlaflose Nächte, in der über alles nachgedacht wurde was man sich nur fragen kann.
Durch meinen Bruder bekam ich dann die Möglichkeit ab und zu mal kurz ins Internet zu gehen um Mails zu lesen etc. So konnte ich mich imerhin auch bei Tamino mal abmelden.
Im Internet fand ich dann wenig Trost:
Mein Exfreund zeigte sich von seiner besten Seite, als er mir mitteilte dass er weder Lust noch Zeit hat sich zu treffen (Homosexualität ist übrigens in einem Dorf wie diesem ohnehin eine Schandtat, darum durfte ich darüber natürlich auch nirgends ein Wort verlieren…), ein ehemaliger und damals sehr guter Freund (dachte ich zumindest) kündigte mir die Freundschaft, weil seine Freundin Eifersüchtig auf mich war (warum auch immer), und noch ein paar weitere Schicksalschläge, die ich allesamt auf ihre Art fürchterlich war. Okay, jetzt kommt doch ein wenig Schwermut; jeder Schlag tat auf seine Weise mir ziemlich weh. Sogar ein Tag vor Weihnachten bekam ich noch einen Anruf, mit einer Nachricht die mich normalerweise vermutlich ziemlich erschüttert hatte. Es perlte aber eher an mir ab, nach dem Motto „Auf die eine Nachricht kommt es dann auch nicht mehr an…“
So, und dann kam Weihnachten im Kreise der Verwandschaft. Und Silvester. An beiden Tagen hab ich mich dermaßen mit Wein zugeschüttet, dass ich in dem Alkohol getrost behaupten kann glücklich gewesen zu sein – manchmal ist der böse Alkohol eben doch zu etwas Nütze. 
Es schien wirklich alles Unglück nur auf diese heilige Zeit gewartet zu haben. Bis hierhin wirkt dieser Beitrag sicher wie ein Alptraum. Aber nun kommt das wichtigste, die Botschaft die ich eigentlich mit der Geschichte verdeutlichen will:
Während all dieser Zeit gab es trotzdem Menschen die mit diesen sehr eingeschränkten Mitteln versuchten als Freunde irgendwie da zu sein. Da gab es lange Mails, auf die ich sehr lange Mails zurückschrieb. Mails die sich ganz mir widmeten. Da gab es kleine SMS die zeigten, dass an mich gedachte wurde – auch wenn ich mir dessen vielleicht nicht bewusst war. Da gab es Packete die mit der Post kamen, mit überraschendem Inhalt. Und einen Anruf an den ich mich gerade erinnerte, der von einer Telefonzelle aus geführt wurde und trotzdem eine halbe Stunde ging – es war verrückt, aber so erfuhr ich etwas aus meiner zweiten Heimat bei Hamburg.
Und DIESE kleinen Dinge waren es, die in all dieser scheußlichen Zeit wie Balsam auf der Seele lagen, denn ich kann getrost behaupten, für sie Nächsenliebe noch etwas Selbstverständliches ist. [Und natürlich tat mir auch so manche Musik sehr gut, z.B. „Ave Verum“ KV 618]. Ich weiß nicht wie oft man solch eine Zeit hat. Für mich war es das zweite Mal, denn als ich von Mainz nach Hamburg zog war ich ebenso alleine. Das war sogar noch schlimmer, denn damals gab es wirklich KEINEN den man da oben kannte. Nur meine Familie, und die hatten alle dasselbe Problem wie ich. Nur war ich damals wie gesagt ohnehin gerne alleine, darum war der Unterschied gar nicht so schlimm zu dem Zeitpunkt vor dem Umzug. Das war bei dem letzten Umzug anders, denn in den 8 Jahren in Hamburg lernte ich erst den Wert einer Freundschaft kennen, oder der der Liebe.
Ich weiche ab…
Zurück zu 2008. Diese Dinge waren es jedenfalls, die einen Funken Hoffnung über die Zeit legten und sie irgendwo doch erträglicher machten als sie war. Nach Weihnachten ging dieser Schatten dann ruckartig weg, wie die Dunkelheit durch die Sonne. Ich lernte Menschen in der Nähe kennen, das Internet wurde repariert, der Frühling kam und ich lernte sogar jemanden kennen, mit dem ich auf sämtlichen Punkten so auf einer Wellenlänge war, dass man sich von Anfang an verstand, als wäre man schon immer befreundet gewesen.
Denke ich heute an diese Zeit zurück, durchzuckt mich nicht mehr das Gefühl dieser Einsamkeit. Sondern ich erfreue mich immer wieder aufs Neue, über die Menschen die damals einfach da waren, so gut es ging. Das ist das Gefühl der Freundschaft und der Liebe der Freundschaft. Und damit schließe ich übrigens meine Familie mit ein. Sie versuchten auch mir die Zeit damals erträglich zu machen, nur war ich damals nichtmal in der Lage zu erkennen, dass sie es taten…
Ich liebe meine Freunde. Keinen so, dass man es in eine Begrifflichkeit reinzwängen könnte und irgendwie umschreiben könnte. Jeden anders. Und es sind oft kleine und banale Dinge, die ich mir in Bezug auf viele Menschen merke und nie vergesse. Und dazu zählen auch viele Dinge, aus dieser Zeit.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine fröhliche Weihnachtszeit, auch denen, die in dieser Zeit einsam sind. Das Glück lächelt einen nicht immer an, aber es schaut einem oft zu. 

C.