Beiträge von ClauS

    Eine "identische" Aussprache wird es wohl nicht geben - Italienisch und Französisch haben sich zwar aus dem Latein entwickelt, aber haben damit wohl noch so viel zu tun wie das Deutsche mit dem Germanischen.
    Viele Gruppen (auch sogenannte "Mittelalterbands"), die sich mit mittelalterlicher Musik beschäftigen, stehen vor eben diesem Problem... das V wird z.B. immer als U gesprochen.
    Der leichte Folgelaut beim X ist auch umstritten (da es ja vom griechischen Chi kommt)...
    Ich stimme denen zu, die die Werke in dem lateinischen Idion der Gegend singen, in der die entsprechenden Werke entstanden sind.
    Die Carmina Burana mit ihrer Mischung aus mittelhochdeutschen und lateinischen Texten würde wohl am besten mit einem "deutschen" Latein aufgeführt; italienische Chorwerke entsprechend im litalienischen Idiom.

    Gerade bei diesem Zyklus muss der Sänger an bestimmten Stellen auf den Schöngesang verzichten - natürlich ohne dabei seine Stimme zu vergewaltigen.
    Ebenso wie es Wunderlich in der Dichterliebe schafft, aus tiefster Seele zu schreien, so bringen es hier auch große Künstler hervor.
    Jede Aufnahme der Winterreise ist einmalig und jede spricht mich in einer bestimmten Stimmung an. Wenn ich sie hören möchte, such ich mir die jeweilige Aufnahme so aus, als wären es verschiedene Zyklen (was sie ja auch sind).

    Für mich ist Peter Schreier der Evangelist überhaupt. Diese Mischung aus Erzählung und einem immer tieferen Beteiligtsein sucht meiner Meinung nach ihresgleichen.
    Im Liedgesang - speziell der Interpretation von Schubert-Liedern - ist er als Tenor unerreicht. Bei seiner Aufnahme der Dichterliebe habe ich jedoch den Eindruck, dass ihm Schumann weniger liegt, so dass seine Interpretation doch weniger ausdrucksstark ist als die von Fritz Wunderlich.
    Besnders bewundere ich den Mut, seine Stimme - die ansonsten in ihrer Wärme an eine edle Oboe erinnert - im Dienste der Liedgestaltung manchmal "gemein" klingen zu lassen (z.B. beim Doppelgänger). Liedgesang ist nun einmal nicht reiner Schöngesang.
    Diese "Gemeinheit" - aus Bitterkeit entstanden - überträgt er auch in seiner Interpretation des Loge... und - ironisiert - in seinem Orpheus.
    Er ist einer der beiden größten Tenöre des letzten Jahrhunderts... um so schlimmer, dass es für diese zwei - im Gegensatz zu FiDi und Prey - kaum würdige Nachfolger gibt. (Sollte mich jemand eines Besseren belehren können, wääre ich sehr dankbar)

    Leider bin ich nicht in der glücklichen Lage, einen der beiden großen Sänger jemals direkt auf der Opernbühne oder in einem Liederabend erleben zu dürfen.
    Für mich stellt sich die Frage "Dieskau oder Prey" nicht - jeder von ihnen hat mit seinen Aufnahmen der Winterreise (um nur ein Beispiel zu nennen) eigene, einzigartige Kunstwerke geschaffen.
    Auch verschiedene Aufnahmen ein und desselben Künstlers sind für sich eigenständige Werke, wie es nur bei Sängern möglich ist, die sowohl verinnerlicht als auch intelligent sind.
    Eine große Gemeinsamkeit besteht zwischen beiden Künstlern: Sie haben, was sie gesungen haben, entsprechend ihres Stimmaterials gesungen und dieses zu größtmöglicher Wiirkung gebracht.
    Eine Winterreise von Fischer-Diskau kann man nicht mit einer Winterreise von Prey vergleichen - es sind Liederzyklen, in denen mindestens soviel vom jeweiligen Sänger wie von Schubert selbst eingebracht worden ist - im Wortsinn verschiedene Liederzyklen.
    Ich bin dankbar für jede Aufnahme, die ich von diesen beiden großen Kpnstlern besitzen darf.