Ich finde den Spielplan zwar nicht berrauschend, aber nicht so schlecht wie manch anderer hier. Den Don Giovanni werde ich mir auf jeden Fall anschauen,
Beiträge von WotanCB
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Am Schluß regnet es Flugblätter auf die Premierenbesucher. Darauf stehen Sätze wie "Friede den Hütten, Krieg den Palästen" oder "Das Leben der Bauern ist ein langer Werktag". Nanu! Sind wir hier in einem Agitprop-Stück gelandet? Nein, es ist die Oper "Der Wildschütz" von Albert Lortzing. Man könnte zwar die Story vom Grafen, der einen Schulmeister feuert, nur weil der angeblich ein Wilderer ist, durchaus als klassenkämpferische Parabel interpretieren. Aber ganz sicher nicht Regisseur Dietrich Hilsdorf. Der liefert in der Oper eine vollsaftige glatte und bisweilen arg betulische Inszenierung ab - "Wildschütz" als Platzpatrone. Deshalb wirkt die Flugblatt-Aktion wie aufgesetzt. Wenn´s ein Gag sein soll, geht es nach hinten los.
Wer die Flugblatt-Aktion als Gag bezeichnet, hat den Faden der Inszenierung nicht verstanden. Denn Hilsdorf sieht den Wildschütz mehr als Vormärz-Oper als ein Biedermeierstück. Die Oper ist wirklich sehr klassisch inszeniert, aber auch sehr gründlich einstudiert mit vielen ersten Momenten, die die Komik dann umso mehr offenbaren. Dazu die herrlichen Bühnenbilder von Dieter Richer. Es war wirklich ein toller Abend. -
Danke für deinen Bericht! Sehr schön, dass der Abend gelungen ist! Soweit ich weiß steht der hohe Schlusston nicht in den Noten, habe aber keine Noten gerade vorliegen.
Wozu braucht die Opernwelt eine Anna Nebtroko und Rollando Villazon ? Die Rhenoper hat Anna Virovlansky und Sergj Khomov.
Die Operrnwelt braucht Anna Netrebko und Rolando Villazon, weil Anna Virovlansky und Sergi Khomov nicht überall gleichzeitig singen können.
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Ich habe kürzlich zum ersten Mal das Requiem von Rheinberger in Münster gehört und war sehr überrscht. Auch hier begeisterte mich die süßliche Romantil ungemein. Bisher kannt ich nur den Stern von Bethlehem, den ich mit für eines der schönsten Chor-Werke halte.
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Radio 4 Ntherlands überträgt heute Abend ab 19:00 Uhr (?):
ZitatMozart. Don Giovanni. Rolverdeling: Don Giovanni: Allejandro Marco-Buhrmester. Il Commendatore: Mario Luperi. Donna Anna: Myrtò Papatanasiu. Don Ottavio: Christoph Strehl. Donna Elvira: Judith van Wanroij. Leporello: José Fardilha. Masetto: Roberto Accurso. Zerlina: Cora Burggraaf. Nederlands Kamerorkest o.l.v. Constantinos Carydis. Koor van De Nederlandse Opera.
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Was wäre mit Yannik Nezet Seguin? Er wird schon mit einigen wichtigen Produktionen an der Met betraut, aber vielleicht ist er auch noch zu jung dafür. Pappano würde ich mir auch wünschen, ich mag ihn und seinen Stil sehr. Luisi halte ich für durchaus denkbar, verstehe bloss nicht warum das musikalische Zweitklassikgeit bedeuten sollte?
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Manchmal muss man sich auch von geliebten Produktionen befreien, um Platz für was neues (oder was altes zu machen). Das habe ich schon Jugendlicher gelernt, als die berühmte Zauberflöte in Essen (ich weiß den Regisseur leider nicht mehr) nach vielen Jahren abgesetzt wurde. Ich hatte sie wohl 3mal gesehen. Die neue Zauberflöte ist sicherlich nicht schlecht, kommt aber nicht an die Vorgänger-Version heran. Und trotzdem war es richtig, mal eine neue sichtweise wieder zu zeigen.
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Ich schalte mich auch mal wieder in die Diskussion ein, sofern sie auf nettem Niveau bleibt. Das Wort "Regietheater" fand ich immer sehr irreführend, denn was ist falsch daran, wenn es im Theater Regie gibt? Mir ist schon klar, wie dieser Begirff gemeint ist: Nämlich, wenn sich die Regie zum Selbstzweck in den Mittelpunkt des Theaters drängt auf Kosten des Werkes. In der Tat meint man bei den letzt genannten Beispielen durchaus diese Tendenzen zu erkennen, aber da will ich mir noch kein Urteil erlauben. Ich schiebe gleichmal vorweg, ich bin durchaus ein Freund von modernen Inszenierungen, gleichwohl aber auch guten traditionellen Sichtweisen nie abgeneigt.
Für mich ist eine Oper wie eine Litfaßsäule: Jede gute Inszenierung, die auch durchaus sinnvolle provokative Momente hat, bereichert mein Bild von dieser Oper. Man muss nicht nur einmal um die Litfaßsäule drumherum gehen, um sie ganz in Augenschein zu nehmen, sondern man kann sich auch hineingraben, oder auf sie drauf klettern. Ich bin durchaus bereit zu differenzieren, wie kürzlich beim Zar und Zimmermann in Gelsenkirchen: Die durchaus brutale Sicht auf den Zaren, der mal nicht als Sympathieträger gesehen wurde, war sehr interessant. Die Mittel, die daneben gewählt wurden, waren teilweise vor allem ganz kalter Kaffee, ab,- und zusammen geschaut aus anderen Inszenierungen, wo diese Mittel passend eingesetzt waren. Ganz besonders irretierend ist für mich das Mittel der Retitation vorweg: Warum muss man ganz oft einen Text (in diesem Fall ein Chor) bevor er gesungen wird noch mal rezitieren lassen? Weitere Beispielsfragen, die für mich keinen Sinn ergeben, ganz besonders wenn man meint die Homophobie der Zuschauer erreichen zu wollen: Warum müssen sich zum Beispiel Don Ottavio und Masetto küssen? Warum müssen Donner und Froh sich sexuell auf der Bühne befriedigen? Degleichen wirft für mich, vor allem wenn es plump-provokant dargestellt wird, kaum ein neues Licht auf ein Werk.
Heut wurde im Tamino eine DVD der Meistersinger sehr interessant besprochen. Die Wolfgang Wagner-Inszenierung von 1984 gehört für mich zu den besten traditionellen Inszenierungen des Werkes, ich brauche es nicht immer modern. In der Besprechung wurde sie als einschläfernd bewertet.
Man sieht daran deutlich wie subjektiv das Empfinden der Regie (wie auch der Sänger) ist. Ich kann für mich nicht nachvollziehen, warum man von Grund auf verlangt, dass eine Inszenierung immer nur ganz klasssisch sein soll, anstatt mal schauen, ob man das Werk nicht mal auch in unsere Zeit holen kann. Vermutlich sind es immer die Extreme (entweder nur klassische Inszenierungen oder nur moderne, oder verfremdene) die das Publikum ablehnt. Ich glaube nicht mal das spannende Regietheater, vor dem Ende steht und das würde ich mir auch nicht wünschen. -
Ich war ein bisschen mehr zufrieden als Sagitt, was vielleicht daran liegt, dass ich den Trovatore für eine sehr schwer zu besetzende Oper halte. Was ich von Radvanovsky halten soll, weiß ich noch nicht. Schon in diversen Mitschnitten hat mich ihr hartes, schnelles Vibrato (das mich ein bisschen an die Callas erinnert) sehr gestört, in den oberen Lagen erreicht es dann die Grenze zum Tremolo, in der Bruststimme und im Piano ist es ein bisschen mehr in die stimme eingebettet. Da stellt sich mir die Frage, ob dieses doch zu heftige Vibrato ein stimm-technischer Fehler ist, denn eigentlich ist Vibrato ja erwünscht (zumindest in dieser Epoche) oder ist dieses Vibrato eine Eigentümlichkeit ihrer Stimme, eine Art unfreiwilliges Markenzeichen? Fakt ist jedenfalls, dass die Radvanovsky eine der wenigen Sängerinnen ist, die vor der Rolle nicht kapitulieren braucht, sondern sie technsich bewältigen kann, auch durchaus in der Lage ist ein intensives Piano zu singen. Die Nähe von Verdi zu Donizetti und Bellini, kam jedenfalls bei ihr am besten heraus. Dolora Zajick war eine packende Acucena, die sie wirklich auslebte und damit einige alters verschuldete Unreinheiten in der Stimme mehr als nur ausglich. Wie sie in die Kamara stirrte, das machte wirklich schon etwas Angst.
Marcelo Alvarez mag ich ja schon von seinem Timbre her, aber dennoch muss er den Manrico mit viel Kraft angehen, um ihn zu bestehen. Das "Ah si ben mio" singt er immerhin im schön schwebendem Legato. Die Piano-Töne, die er selbst im Pauseninterview mit Renee Fleming anspricht, sind bei ihm eher ein Mezzo-Piano. Bei der Stretta singt er nur eine Strophe, was ich gut verstehen kann, stößt aber die hohen Töne schon sehr isoliert nach oben. Der Applaus danach war auf jeden Fall nicht besonders laut. Immerhin sang er doch sehr aaussagekräftig: Als er seine Mutter in den Schlaf sang, hörte ich eine Reihe vor mir ein schweres gleichförmiges Atmen an der Grenze zum Schnarchen.
Sehr zufrieden war ich mit Dimitri Hvorovstovsky, der zwar auch gerne mal zum Bellen neigt, aber gerade in "Il balen" sowohl das Feingefühl als auch das technsiche Rüstzeug unter Beweis stellt. Auch darstellerisch fand ich ihn wesentlich präsenter als in anderen Inszenierungen. Zu erwähnen ist noch Stefan Kozan als Ferrando. Der durchaus mit einem interssanten schwarzen Bass ausgestatte Sänger knödelt mir etwas zu viel in der Tiefe, machte seine Sache als Ferrando sonst gut.
Marco Armiliato und das Met-Orchester hatten auch einen guten Abend, auch wenn man den Trubador durchaus noch mitreißender interpretieren kann. Die Inszenierung von David McVikar war in dem Punkte gelungen, dass der Szenenwechsel auf der Drehbühne sehr schnell ging, was den Ablauf des Dramas nicht hemmte. Allerdings waren die Bühne doch sehr ins dunkle getaucht, man hätte gerne etwas mehr gesehen. Trotzdem war aber gut zu erkennen, dass sich manche Orte einfach zu ähnlich sahen, z.B. die Zigeunerstädte und der Kerker. David McVikar kann die Bühe auch durchaus auch mit Leben erfüllen, wenn ihm wie an der Met viele Statisten zur Hand sind, aber dennoch merkte man auch, dass die Personführung merklich nachlies, wenn die Sänger allein auf der Bühne standen. Aber das sind Nörgeleien auf hohem Niveau, konnte man doch zufrieden sein, dass die Handlung wirklich sehr treffend erzählt wurde. -
Am Abend bevor ich in meinen Osterurlaub aufbrach, fuhr ich noch schnell nach Gelsenkirchen, um mir dort die Premiere des konzertanten "Rheingoldes" anzuschauen. Was soll ich sagen: Eine so höchst musikalische Aufführung, wundervoll differenziert, dierser Oper habe ich schon lange nicht mehr erlebt und auch fast eine Woche nach der Aufführung hat sich meine Begeisterung nicht gelegt: Schon die erste halbe Stunde demonstrierte eine musikalische Klasse, die das „Rheingold“ wirklich veredelte. Kaum zu glauben, dass Rasmus Baumann seinen ersten Wagner überhaupt dirigierte. Auch die etwa 100köpfig besetzte Neue Philharmonie Westfalen hatte sich seit etwa 8 Jahren nicht mehr mit Wagner auseinander gesetzt und begeisterte mit hoch romantischem Klang. Allein das Vorspiel schimmerte schon in all seiner mystischen Pracht, steigerte sich zu den wogenden Wellen des Rheins. Rasmus Baumann dirigierte den Abend wundervoll ausbalanciert: Viel Zeit ließ er sich für die lyrisch-mystischen Stellen (Tarnhelm-Motiv, Entsagungs-Motiv), wusste aber auch die dramatischen Zuspitzungen mit viel rhythmischen Gespür zu leiten, die er durch kleine Sprünge auf seinem Pult unterstrich.
In der ersten Szene herrschte eine musikalische Geschlossenheit, die schon an Perfektion grenzte und intensive Momente mit Gänsehaut-Garantie erreichte. Da strahlte das Terzett der Rheintöchter, wie man es selten so gehört hat. Angeführt wurde es von Alfia Kamalova, die mit ihrem wundervoll schwebenden Sopran die leuchtenden Höhen im Terzett ausmachte. Dagegen hoben sich die dunkleren Stimmen von Dorin Rahardja und Almuth Herbst sehr gut ab und bildeten ein sicheres Fundament. Da es eine konzertante Aufführung am Notenständer war, blieb die szenische Verspottung Alberichs natürlich aus. In dieser musikalisch glücklichen Konstellation wusste auch Björn Waag als Alberich die gedemütigte Person zu mimen, ohne aber jemals eine wirklich gesungene Interpretation zu verlassen. Sein Alberich konnte auch zwergisch keifen, doch vor allem lieferte eine menschliche Charakterstudie ab, in der sein fast tenoraler Bariton mit enormer Durchschlagskraft und sehr guter Aussprache fesselte und begeisterte.
Auch ohne die körperliche Aktion blieb der Kontakt zwischen den Personen den ganzen Abend über nicht aus und jeder Sänger wusste auf seine Art seiner Rolle ein Profil zu geben. Andreas Macco wirkte als Wotan sehr statuarisch, so dass er fast gelassen über den Dingen zu stehen schien und erst bei der Begegnung mit Erda seine göttliche Überheblichkeit verlor. Auch stimmlich war sein Wotan geprägt von einer bodenständigen Sicherheit. Im direkten Vergleich mit dem fulminanten Björn Waag zog er allerdings den Kürzeren. Deutlich profilieren konnten sich im zweiten Bild auch das kleinere Personal. Sichtbar getrennt standen sie auf der Bühne: Links die Götter-Familie, rechts die Riesen mit Freia und so flog zu den besten Momenten die Köpfe der Zuschauer zwischen den Parteien wie bei einem Tennisspiel hin und her. Dong-Won Seo verkörperte den sanfteren Riesen Fasolt mit lyrischem Bass, während Joachim G. Maaß den gierigen Tonfall des Fafner punktgenau traf. Paroli bekamen sie mit zupackenden Stimmen von Pjotr Prochera (Donner) und Lars Oliver Rühl (Froh), die in ihren eher undankbaren Rollen nie die Spannung verloren und auch in ihren langen Pausen große Präsenz zeigten. Zu Gefallen wusste auch Petra Schmidt als Freia.
Mächtig durcheinander gewirbelt wurde die Aufführung durch William Saetre als Loge und leider nicht nur im positiven Sinne. Bei seinem Auftritt verscheuchte er kurzerhand Gudrun Pelker von ihrem Pult, um sich zwischen Wotan und dem Dirigenten zu positionieren und von dort aus listig zu agieren. Mag der Charaktertenor durchaus prädestiniert für den windigen Feuergott sein, lies er vor allem in Punkte Genauigkeit viele Wünsche offen. Viele falsche Einsätze brachten selbst das bis dahin so sichere Orchester arg ins Schwimmen, so dass für einige Minuten doch der chaotische Aspekt der Figur unfreiwillig im Vordergrund stand. Doch Rasmus Baumann suchte aufmerksam den Kontakt mit ihm, um diese Abendschwäche so gering wie möglich zu halten. So geriet besonders die dritte Szene zu einem wahren Feuerwerk des Konversationstons, der vom Orchester noch zusätzlich angefeuert wurde. Bei Mark Bowman-Hester fiel vor allem auf wie kurz die Rolle des Mime ist. Gerne hätte man mehr von diesem tollen, charakterstarken Tenor gehört.
Dem vierten Bild setzte Gudrun Pelker die Krone auf: Nachdem Björn Waag mit einem packendem Fluch die Bühne verlassen hatte, wechselte sie von der Rolle der Fricka, der sie einen resolut-fordernden Ton gegeben hatte, zu der Göttin Erda. Deren Warnung klang nun in aller dunklen Pracht in berührender Natürlichkeit. Für diese Doppelrolle bekam sie am Ende zu Recht lautstarke Ovationen. Überhaupt war das Publikum in Gelsenkirchen sehr aufmerksam und begeistert, feierte die Musiker schon nach dem letzten Ton mit vielen Bravo-Rufen, wusste dabei aber auch von Sänger zu Sänger differenzieren. Ganz hoch in der Publikumsgunst stand natürlich auch Björn Waag als Alberich.
Leider wird dies der vorerst einzige Ausflug in die Welt von Wagners „Ring“ am MiR bleiben. Schade, hätte doch gerade Rasmus Baumann mit seiner Interpretation auch die Auseinandersetzung mit den weiteren Teilen zu einem spannenden Ereignis werden lassen. Dieses „Rheingold“ wird mir mit seiner musikalischen Qualität, wo Wagner noch gesungen und nicht gebrüllt wurde, noch lange im Gedächtnis bleiben.
War noch jemand von euch da und kann meine Eindrücke sogar bestätigen? -
Wann kommt denn der Spielplan für die nächste Saison raus? Hoffentlich wird es was abwechslungsreicher und hoffentlich belebt der Intendant ein paar alte Inszenierungen wieder, z.B. Freischütz, Rosenkavalier
Soweit ich weiß, Mitte bis Ende Mai. Also müssen wir uns noch ein bissl gedulden. -
Die Duisburger „Regimentstochter“ aus dem Jahr 2000 wurde auch bei ihrer Wiederaufnahme geprägt von den übergroßen Formen und Farben Fernando Boteros. Beherrschend im toll anzuschauenden Bühnenbild war die große Figur einer dicken Dame, die auch für unfreiwilliges Vergnügen sorgte, als sie leicht mitschunkelte, während Marie auf ihrem Sockel ihre Hymne an das Regiment anstimmte. Auch die Figuren inklusive des Chores waren alle in etwas fülligere Kostüme gepackt worden, als wolle man dem Schlankheitswahn mancher Moddels eine Absage erteilen. Die dick aufgetragene Schminke und die ebenso übergroße Gestik bestätigte die Eindrücke: Die ganze Oper war nichts anderes als großes, pralles Theater im Stile eines Komödiantenstadls. Besonders die Travestie-Figur der Duchesse de Crakentorp unterstrich das noch zusätzlich: Bruce Rankin spielte ebenso wie die anderen kleinen Rollen auch beim Verbeugen seine Rolle weiter, was auf die Dauer einen ermüdenden Effekt hatte.
Als Kontrast zu diesen dicken Figuren waren die schlanken Stimmen von Anett Fritsch und Hans Ever Mogollon sehr passend gewählt worden. Gerade aber bei dem Tenor, der sehr kultiviert sang, vermisste man die Farben von Botero. Hier klang alles doch sehr uniform und zudem auch noch etwas eng und leise. Seine neun hohen C's in „Pour mon ame“ traf er ohne Probleme, aber der enthusiastische Effekt der Arie blieb aus. Anett Fritsch war mit der Rolle der Marie in Duisburg bestens aufgehoben. Vielleicht war sie noch etwas gehemmt durch ihre Premieren-Nervosität, doch man hörte und sah den Spaß an der Rolle und vor allem ihr großes Talent, das ihr wunderschöner Sopran ausstrahlte. Ihre beiden großen Arien im ersten und zweiten Akt waren ein Musterbeispiel für die schön lyrische Gesangkunst. Das Auftrittsduett mit dem grandiosen Bruno Balmelli als Sulpice meisterten beide mit komödiantischer Sicherheit. In ihrer Gestik erinnerte sie eine Spur zu viel an die formidable Leistung der Natalie Dessay. Da möchte ich noch mehr von ihr selber sehen.Auch der Rest des Ensembles spielte und sang überzeugend, und gerade dem Männerchor der Deutschen Oper am Rhein (Einstudierung Gerhard Michalski) muss man für seine engagierten Einsatz die höchsten Komplimente machen. Martialisch markant, aber nie grobschlächtig sangen sie sich zu den Hauptrollen in die erste Reihe. Trotzdem sprang der Funke irgendwie nie ganz auf ein doch etwas müde wirkendes Publikum über. Daran konnte auch nichts das elegant federnde Dirigat von Rainer Mühlbach ändern. Die ländliche Einleitung der Ouvertüre geriet noch etwas sehr eckig, dann bekamen die Duisburger Philharmoniker zunehmend den richtigen Drive und gerade bei den Flöten und Streichern waren funkelnde Details zu hören. Rainer Mühlbach fand genau die richtige Balance zwischen Begleitung und instrumentaler Akzente. Lediglich das Orchester spielte immer eine Spur zu laut.
In der Regie von Emilio Sagi fehlten dagegen einfach gerade im ersten Akt gezielte Impulse, um das spielfreudige Ensemble noch mehr zu fordern. Etwas spritziger geriet der zweite Akt mit einer überdrehten Gesangsprobe der Marie. Für Heiterkeit sorgte auch, dass Soldaten im Hintergrund die Maße der dicken Statue nahmen, die man durch das Salon-Fenster nun von hinten sah, damit man sie fürs Finale in Soldaten-Uniform einhüllen konnte. Die größten Lacher ernteten aber die Namen der Hochzeitsgesellschaft: Da trafen neben Tosca und Cavaradossi, auch die Schwestern Fiordiligi und Dorabella ein und ein gewisser Prinz William und seine Braut Kate Middleton.Insgesamt ein netter, aber nicht überragender Opernabend, der besonders duch die Optik, Mühlbach, Fritsch, Männerchor und Balmelli erfreuen konnte
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Wenn auch nicht direkt an Ostern - da geht es in den Urlaub - aber vorher, steht bei mir nochmal die Oper im Mittelpunkt. Am Gründonnerstag erst die Regimentstochter in Duisburg, und am Karsamstag das Rheingold in Gelsenkirchen. Ich freue mich schon sehr darauf.
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Das ist echt sehr scahde, auch wenn ich nicht kommen wollte. aber solche Versprechungen darf man nicht machen, wenn man sie am Ende doch nicht halten kann und wird.
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Vielen Dank für den Bericht. Ich kann mir den schrott auf der einen Seite sehr gut als Mephisto vorstellen (szenisch!), auf der anderen Seite auch wieder nicht, da er mir im Umgang mit dem Notentext doch sehr frei ist und vieles quasi deklamiert (siehe sein Figaro). Wie ist er denn in der Hinsicht als Mephisto?
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Eine traurige Nachricht! Mein Beilied für seine Familie und seine Fans!
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Danke für diesen Bericht aus Mailand. Ich war leider auch noch nie da, möchte das gerne aber mal ändern. Die Guleghina kenne ich vor allem als Abigaile oder als Lady Macbeth und ihr Rolleneinsatz ist tatsächlich hervorragend, ihre Stimmbänder zum Glück kräftig genug ihren oftmal sehr kraftvollen Einsatz durchzustehen.
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Zitat von »WotanCB«
Aber wenn einem hier diktiert wird, wer die Kompetenz ist und wer nicht, dann diskutiere ich lieber gar nicht. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.Das ist schade, lieber WotanCB, sehr schade. Ich erinnere mich doch an viele Deiner Beiträge in unterschiedlichen Threads, die mir klar zeigten, dass es interessant ist, etwas von Deiner Erfahrungen als Sänger und als Hörer mitgeteilt zu bekommen.
Wenn Du nun darüber klagst, dass Du den Eindruck hättest, Dir würde Kompetenz abgesprochen, dann kann ich das nicht verstehen, denn ich wüsste nicht, wer das wann und wie getan hätte.Keine Sorge, mir kann man so viel Kompetenz absprechen wie jeder will, ich will (hier) keine Kompetenz sein, sondern den interessierten Lesern vom spanndenden Opernleben berichten und auch darüber diskutieren. Aber warum sollte ich denn hier mit jemanden diskutieren, wenn er meint - nicht unbedingt mir gegenüber, aber anderen - dass man schon die unterschiedliche Kompetenz mancher Beiträge beachten müsste. Denn diese unterschiedliche Kompetenz gibt es hier für mich nicht und eine Kompetenz in Sachen Musik habe ich bereits - nämlich meinen Gesangsleher und meinen Korrepetitor. Daneben habe ich hier im Forum und außerhalb sowieso einige interessante Leute kennengelernt, mit denen man spannend sich austauschen kann über Musik und ihre Interpreten, ohne das man denen gleich zu Nahe treten muss. Das Mitglied Gunther Hämel kenne ich zum Beispiel seit meiner Kindheit persönlich und ich habe oft mit ihm über Sänger gesprochen. Dazu weiß ich, dass er Ahnung von Stimmen hat - und wir sind trotzdem nicht immer einer Meinung, wenn wir uns bei wenigen Gelegenheiten austauschen. Aber selbst wenn er oft von der "alten" Sängergeneration geschwärmt hat, ist er dennoch so fair im Umgang mit den heutigen, die er bei allen technischen Schwächen auch Menschen sein lässt und sich auch von ihnen begeistern lassen kann. (Ich hoffe, ich lehe mich hier nicht zu weit aus dem Fenster )
Daher auch mein erster Beitrag hier in diesem Thread. Denn ich glaube oft, dass die Krise des Gesangs (die es für mich zweifelos gibt) viel größer geredet wird von Kritikern, die einerseits meinen etwas vom Gesang zu verstehen, die aber andererseits deine oben genannten Kritterien, an denen ich nichts zu mäkeln habe, gar nicht richtig auf die Sänger anwenden können. Was nutzt es, wenn man die Theorie auswendig gelernt hat, aber sie nicht in der Praxis erkennt? Was nützt es, wenn man die Theorie zu 100 % angewendet erwartet, aber die Kunst kann die Perfektion nur erstreben, aber eigentlich nie und wenn dann nur für wenige Augenblicke erreichen?
Aber eine Karriere wie Anna Netrebkos, deren Hype, der UM sie (nicht VON ihr) gemacht wurde, ich nie geteilt habe, die mir aber schon spannende, lebendige, aber nicht fehlerfreie Erlebnisse gegeben hat, oder anderer berühmter Sänger kommen nun mal NICHT NUR von beziehungen oder gutem Aussehen, die haben zu 99 % der Fälle einen vokalen Grund. Und selbst wenn früher unsere 99 % noch 150 % waren, dann bin ich glücklich mit dem was Oper mir heute zu bieten hat Und ich bin halt nicht einverstanden, wenn man diese Sänger unter eine Werteskala packt und die technsichen Mängel, die viele zweifellos haben, alles andere, was diese Leute zu bieten haben, negiert. -
So, nachdem ich ein paar Stunden die musikalische Euphorie habe sacken lassen, kann ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass der Abend wohl ein voller muskalischer Triumph war. Angeführt wurde die Besetzung von Florez, den ich auch szenisch noch nie so gelöst gesehen habe wie hier. Doch zur optischen Seite später. Bei seinem ersten Auftritt merkte man, dass er noch nicht warm gesungen war und sich noch merklich zurückhielt. DA gab es noch große Zurückhaltungen in Punkte Verziehrungen im Vergleich zur Premiere. Doch immer mehr legte er stimmlich nach, wurde freier und freier, schonte sich nur in den großen Ensembles, um dann an deren Ende noch Kraft für die strahlenden Töne über dieses zu legen. Das war schon große Kunst. So souverän und doch hoch emotional zu singen, nach so einer bestimmt auch für ihn nicht ruhigen Nacht, das verdient hochachtung und zeigt die technische Beherrschung des Instrumentes, weil man genau merkte, dass er ganz intuitiv sich auf den Weg seiner Stimme verlies.
Diana Damrau spielte und sang wunderbar affektiert die Gräfin Adele. Die Rolle kommt ihrer gesamten Erscheinung, ihre sehr luftig-explosiven Stimme sehr entgegen. Sicher waren hier und da ein paar etwas schärfere Töne in der Höhe zu hören, aber die bruchlos geführte Stimme und deren Agilität machten die nur ganz kleinen Unsicherheiten mehr als wett.
Joyce DiDonato war den beiden ein wahnsinnig faszinierender Gegenpart. Ihre Koloraturen klingen im gegensatz zur Bartoli sehr robust, sie liegen komplett auf der Atmung und auf dem Körper. Ihr sattes Timbre ist wie geschaffen für die Pagenrolle, den sie auch sehr viril-zupackend und vital spielte. Das Duett mit Florez war wirklich ein harmonsiches Aufeinandertreffen von zwei Ausnahme-Stimmen, man merkte, dass die beiden schon oft zusammen auf der Bühne standen. Ihre Stimme hat nichts an ihrer schönen Mezzo-Farbe verloren, während die Höhe noch sicherer und strahlender erscheint. Ich freue mich sehr darauf, beide Damen in Baden Baden beim Don Giovanni wieder zu sehen.
Daneben gab es ein Wiedersehen mit Michele Pertusi, längst ein gestandener Künstler an der Met. Man erinnere sich nur an den Alidoro: Nach seinem "La del ciel" gab es gewaltige Ovationen. Heute bzw gestern war er wohl der schwächste Sänger in einem insgesamt tollen Ensemble, die Tiefe des "Erziehers" war doch etwas sehr dünn, die Beweglichkeit nicht mehr die alte. Darstellerisch kam er vor allem im zweiten Akt voll aus sich heraus. Bariton Stephane Degout konnte sich nach einigen überzeugenden Guglielmos (Aix und Salzburg), Dandini (Paris und London) sowie Mercutio (London) noch einen weiteren Erfolg ersingen. sein Raimbaud schloss an die Leistungen der anderen an, hatte den typischen baritonalen Schalk und er nutzte seine große Arie im zweiten Akt (die des Don Profondo aus die Reise nach Reims) um ganz im Mittelpunkt zu stehen. Auch uin den Ensembles wusste er markante Akzente zu setzen, wobei das auch an der Tontechnik liegen könnte.
Das Dirigat von Benin fand ich nicht so blaß, wenngleich da noch mehr Möglichkeiten gewesen wären. Aber dennoch sorgten seine zügigen Tempi, das wundervoll filigran aufspielende Orchester für ordentlich Schwung, das große Terzett des zweiten Aktes für einen athmospährischen Stillstand. Und selbst der Chor der Met, sonst oft ein inhomogener Schwachpunkt der Aufführung, präsentierte sich wesentlich geschlossener.Die Inszenierung von Bartlett Sher erinnerte leicht an seinen Babier an der Met und spielte in einem alten Theater. Ganz toll wurde hier mit viel Charme der Geschichte pralles Leben eingehaucht. Ein alter Inspizient regelt die Auftritte, zeigt dem jungen Personal wie man den Donner ganz effektvoll einsetzt. Sher kann viel Komik erzeugen, ohne je platt zu sein, kann auch mal einfach nur die Figuren auf der Bühne aneinander vorbei laufen lassen, ohne dass es langweilig und uninspiriert erscheint. Dazu nutzt er die Fähigkeiten und Erscheinung jedes Sängers aus, so dass die Figuren sehr lebendig sind und die sehen in den Kostümen von Catherine Zuber auch noch hinreißend aus. Gerade Florez spielt die große verkleidungsszene im zweiten Akt hinreißend komisch. Im Travestie-Terzett im hydraulischen Bett macht sich zeitgleich auch unterschwellige Erotik bemerkbar, wenn DiDonato, Damrau und Florez doch sehr innig aneinander und miteinander kuscheln. DAs Spiel auf dem Theater sorgt dafür, dass die Inszenierung völlig unverkrampft und locker daher kommt - jeder weiß ja, es ist nur Theater. Und das Publikum amüsierte sich sowohl in New York als auch in Münster hörbar.
Insgesamt also ein Opernabend, der vollauf rechtfertigt, dass der "Comte Ory" zum ersten Mal an der Met gespielt wird, und der es verdient hätte auf DVD veröffentlicht zu werden, wo der Comte Ory noch ein sehr trauriges Dasein führt.
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Es freut mich sehr, dass auch hier im Forum einige echte Connaisseurs sind. Dass sie aber oft gar nicht dazu kommen, sich mit Argumenten auszutauschen, sondern sich immer wieder verteidigen müssen, finde ich unerfreulich!
Ich werde mal in die Threads schauen, in denen es um Interpretationen von Klavier- oder Violinliteratur geht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es da auch so viel Aversion gegen ein informiertes und rationales Diskutieren über die technischen Voraussetzungen und Bedingungen gelingenden Musizierens gibt.Oh, ich habe keine Aversion gegen informiertes und rationales Diskutieren. Das macht aber in meinen Augen nur Sinn, wenn man hier auf dem gleichen Niveau diskutieren darf, und nicht von selbsternannten Kompetenzen in Punkte Stimmführung belehrt werden muss, die man selber gelernt hat. Ich bin nicht der Meinung, dass ich hier nichts mehr lernen kann - ganz im Gegenteil. Aber wenn einem hier diktiert wird, wer die Kompetenz ist und wer nicht, dann diskutiere ich lieber gar nicht. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.
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Also, ich gehe jetzt von positiven Eindrücken überrollt ins Bett und schlafe nochmal ne Nacht über diese tolle Vorstellung vom "Comte Ory", die ich gerade in gesanglicher Sicht sehr geglückt fand. Juan Diego Florez war 35 Minuten vor der Vorstellung noch Vater geworden und rannte quasi von seiner Frau aus direkt auf die Bühne. Die ersten Minuten brauchte er noch, um sich richtig warm zu singen, dann wurde es richtig super.
Gute Nacht.
Bevor ich es vergesse: Mittlerweile stehen auch die Termine für die nächste Saison fest:
15. Oktober 2011: Donizetti: ANNA BOLENA
Mit Anna Netrebko, Elīna Garanča, Ildar Abdrazakov
Dirgent: Marco Armiliato, Produktion: David McVicar
29. October 2011: Mozart: DON GIOVANNI
Mit Mariusz Kwiecien, Barbara Frittoli, Ramón Vargas
Dirigent: James Levine, Produktion: Michaael Grandage
5. November 2011: Wagner: SIEGFRIED
Mit Deborah Voigt, Gary Lehman, Bryn Terfel
Dirigent: James Levine, Produktion: Robert Lepage
10. December 2011: Gounod’s FAUST
Mit Jonas Kaufmann, René Pape, Marina Poplavskaya
Dirigent: Yannick Nézet-Séguin, Produktion: Des McAnuff
21. Januar 2012: Händel/Rameau/Vivaldi u.a.: THE ENCHANTED ISLAND
Mit Joyce DiDonato, Plácido Domingo, David Daniels
Dirigent: William Christie, Produktion: Phelim McDermott
11. Februar 2012: Wagner’s GÖTTERDÄMMERUNG
Mit Deborah Voigt, Gary Lehman, Waltraud Meier
Dirigent: James Levine, Produktion: Robert Lepage
7. April 2012: Massenet’s MANON
Mit Anna Netrebko, Piotr Beczala, Paulo Szot
Dirigent: Fabio Luisi, Produktion: Laurent Pelly
14. April 14 2012: Verdi’s LA TRAVIATA
Mit Natalie Dessay, Matthew Polenzani, Dmitri Hvorostovsky
Dirigent: Fabio Luisi, Produktion: Willy Decker -
Ich entschuldige gar nichts, ich führe Kriterien an, die für mich wichtig sind, um eine qualitative Rezension zu schreiben. Und für mich als Sänger gehört nun mal auch dazu, ob ich als "Kriitker" herausfinden kann, ob das gebotene durch eine schlechte Tagesform schlecht ist. Wenn ein Sänger ständig einen "schwarzen Tag" hat, dann sollte er überlegen, ob es am Tag liegt....
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Sehr interessant, lieber Caruso! Ich werde versuchen mitzumischen und ich werde gleich zu Beginn noch eine Dimension hinzufügen, die heute zu einem klienen Streit im "Anna Bolena"-Thread führte.
Ich möchte den Titel dieses Threads fast erweitern zu "..... eine Frage des Geschmacks oder objektiver Kriterien und der Kompetenzen?
Darf jeder Hörer die Sänger beurteilen? Darf jemand Sänger beurteilen, der die Musik rein als schön, zufriedenstellend, harmonisch empfinden, ohne zu wissen warum? Darf man einen Sänger negativ beurteilen, weil man sein Timbre nicht mag, aber man gar nicht weiß, was ein Timbre ausmacht? Darf man einen Sänger positiv beurteilen, nur weil man sein Timbre mag? Sind alle Beurteilungen gleich viel wert, oder gibt es Beurteilungen, die mehr wert sind als andere? Wenn Person A Sänger Z aus "objektiven" Gründen gut beurteilt, und Person B Sänger Z aus "objektiven" Gründen schlecht - wer hat dann Recht? Wenn ein Kritiker einen totalen Verriss über stimmlichen Möglichkeiten von Sänger XXL schreibt, dem ein Publikum aber in der gleichen Vorstellung zu gejubelt hat.... wessen Meinung ist dann höher einzustufen?
Ich persönlich glaube und so versuche ich auch alle meine Kritiken zu schreiben, dass die Krtik eines Sängers soweit wie möglich fern ab jeglicher Eindrücke von Vorbildern usw geschehen muss, um eine Objektivität, und damit auch eine Qualität zu erreichen: Man sollte den Sänger bei seiner Beurteilung da abholen, wo er ist und nicht da, wo wir ihn gerne hätten. Aus diesem grund mag ich halt auch nicht so sehr allgemein formulierte Verrisse über sänger, die zweiffellos ihre Erfolge hatten, denn irgendwo muss dieser Erfolg ja her kommen.
Ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen wir hier kommen.
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Nur bei dieser Aufführungsserie steht doch nicht die Musik im Vordergrund, sonder Frau Nebtreko und Frau Garanca. Die Aufführungen waren nur wegen der beiden Damen restlos ausverkauft und nicht, weil die Besucher der Aufführungen wegen der herrlichen Musik von Donizetti in die Oper gehen. Lasst nur mal Frau Nebtreko plötzlich krank werden , wie viele Leute werden nicht in die Oper gehen, obwohl sie die Karte schon gekauft haben.
DAs wird bei einigen Besuchern so sein, aber längst nicht bei allen. Ich schätze eine Symbiose aus beiden dürfte bei vielen vorherrschend gewesen sein, auch bei mir. Einerseits war ich neugierig auf das Werk, andererseits läd eine attraktive (vokale wie köperliche) Besetzung natürlich noch mehr ein, sich diesem Werk "auszuliefern". Ich glaube schon, dass viele Leute die Oper wegen der beiden Damen besucht haben, ich glaube aber nciht, dass so viele ihre Karte abgegeben hätten, wenn eine von beiden nicht gesungen hätte. Die Enttäuschung wäre sicher riesig gewesen.
Eine Bekannte von mir hörte mal Rusalkas Lied an den Mond mit Netrebko und war hin und weg. Eines Tages bekam sie die Gelegenheit die gleiche Arie mit Renee Fleming zu hören, was sie auch gerne warhrnahm - und siehe da, es gefiel ihr sogar noch besser.
Von der anderen Seite betrachtet: Es gibt viele weibliche attraktive Menschen im Show-Bisuness, aber trotzdem sehe ich mir ja längst nicht jeden Schwachsinn mit denen an, nur weil ich die Damen schön finde. Das, was sie vertreten, muss mich auch überzeugen bzw interessieren. So wird es einigen Opernbesuchern in Wien auch ergangen sein. -
Also, ich halte mal fest: Luca hat eindeutig seine Kenntnis des Belcanto unter Beweis gestellt und er konnte, das kann man seinem Beitrag entnehmen, anhand der Partitur feststellen, daß die Anna (Netrebko) die Anna (Bolena) nicht exemplarisch geboten hat. Soweit so gut. Was mir dabei in den Sinn kommt, ist folgendes: Wer eine Opernaufnahme hört, muß sich immer gewärtigen, daß die makellos vorgespielte Reinheit der Interpretation oftmals das Ergebnis einer „technischen Nachbearbeitung“ ist; wir wissen alle, wie sehr der Manipulation hier Tür und Tor geöffnet sind. Maßstab wäre, so gesehen, dann die selbst erlebte Aufführung in einem Theater. Und da stellt sich mir die Frage, ob „Anna Bolena“ (oder auch jedes andere musikalisch schwierige Werk) in den Theatern, sei es das Stadttheater XYZ oder auch die Staatsoper von XYZ, immer und absolut jene Perfektion bieten...?
Ein wichtiger Punkt und es kommt noch etwas hinzu. Das technische Ergebnis eines Sängers sind daneben an die emotionalen und körperlichen Zustände des Menschen gebunden. Der berühmte schlechte Tag kann also sehr viel Einfluss nehmen auf das Ergebnis. Allerdings würde ich zumindest bei Anna Netrebko mal sagen, dass sie zumindest gesundheitlich fit gewesen ist, da sie in meinen Ohren die normale Qualität ihres Singens erreicht hat.
Aber zum Glück sind wir Menschen nun mal keine Maschinen, daher klingt auch jede Live-Aufnahme anders, und wenn sie nur einen Tag später aufgenommen wurde. -
anders kann es, meiner Meinung nach, auch nicht sein. Schwarz auf Weiß steht wer was und wie schreibt und Unterschiede gibt es. Noch einmal: pseudo-demokratische Einstellungen und "Seid umschlungen, Millionen!" werde ich nicht vortäuschen. Das wird sehr unehrlich von mir sein.
Unterschiede gibt es, was die Welt auch lebendig hält. Und gerade deine Ansicht kann wegen deines Wissens dieses Forum enorm bereichern. Aber meiner Meinung nach wird man zur Kompetenz von anderen berufen nicht durch sich selber.
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Liebe Fides,
ich habe keine Absicht, eine pseudo-demokratische Einstellung vorzutäuschen, wo ich doch ganz fest überzeugt bin, dass es, erstens, zwischen dir und mir einen riesengroßen Kompetenzunterschied gibt und dass es, zweitens, überhaupt nicht möglich ist, mit dir über irgendetwas konstruktiv zu diskutieren.
Damit mag unser "Dialog" ausgeschöpft sein.Ich denke, was Fides mit "über andere stellen" meint sind solche Formuleirungen wie diese:
Zitat von »Luca«
Jeder hat eine verschiedene fachliche Bagage und spricht eine gewisse musikalische Sprache. Dass es aber in dieser Unterschiedlichkeit auch Kompetenzgrade gibt, muss man, denk ich, schon akzeptierenDa muss ich schon direkt hinterfragen, ob du dir eine größere Kompetenz zumist als beispielsweise Caruso, Fides oder mir, denn das umgekehrte würde ich nie wagen.
Damit wäre meine bislang unbeantwortete Frage zum Teil beantwortet....
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Technische Ausdrücke und die Berufung auf Technik kann ja eigentlich ganz mißleitend wirken, denn letztendlich was versteht man unter Gesangstechnik?
Das ist doch keine esoterische, geheime Lehre, die irgendwo im Himmel steht und vom Sänger angeeignet werden muss. Gesangstechnik meint natürlich allgemeine Regeln und Hinweise für ein gutes körperliches Gelingen der Sache Gesang, aber in erster Linie ist Technik für mich das intime Wissen des Sängers um seine eigenen körperlichen Bedingungen, wie sie auszuarbeiten und wie sie einzusetzen. Man lese "Meine Gesangsmethode" von dem großen Tenor Hipolito Lazaro. Die "Einweihung" in die Gesangskunst beginnt mit einer Aufforderung an den Anfänger, sich selber kennenzulernen, nicht mit einer Aufzwingung allgemeingültiger Regel. Die allgemeinste Regel ist nichts anderes, als diese Forderung, seine eigenen Fähigkeiten adäquat messen zu können.
Die Gioconda hatte früher an einem anderen Ort das Problem angesprochen, dass heutzutage die jungen Sänger zu schnell in die Opernindustrie hineingezogen werden und dass sie gar keine Zeit haben, ihre eigenen Fähigkeiten zu befragen und sich mit ihrem eigenen Körper zu familiarisieren. Das ist ein Grundstück der Technik. Auch wenn ich von Atemtechnik spreche. Es gibt natürlich allgemeingültige Regeln, wie man darauf hinarbeitet, aber in erster Linie ist es eine innere Komplizität des Sängers mit sich selbst, ein festes Bewusstsein und Vertrauen in seinen eigenen Fähigkeiten. Gerade das machte die Solidität der früheren Sänger aus, die ich so schätze, oder auch die einer Gruberova, die ich wegen ihres Stils und der nun altersbedingten Detonierung schwer erträglich finde, aber sie für ihre Ausdauerkraft und... Technik (!) bewundere. Die Schwäche der meisten der jungen Sänger liegt für mich nicht im Faktum, dass sie irgendwelchen orthodoxen und absolut wahren Regeln der Gesangstechnik entsprechen, sondern dass es ihnen gerade an diesem Vertrauen und dem intim-individuellen Wissen ihrer eigenen körperlichen und psychischen Bestimmungen und Ressourcen fehlt. Deshalb auch der Mangel an Persönlichkeit, Individualität und Willen. Deshalb so viel Abhängigkeit von Agenturen und Dritten.
Das ist für mich das ganz allgemeine Problem mit dem Technikmangel.
Im konkreten Fall der Wiener Bolena finde ich aber auch noch den Mangel an Komptenz und Verständnis für die Stilistik des Werkes problematisch.Dessen bin ich mir durchaus bewusst, lieber Luca, aber mir ging es diesmal nicht um die Technik der Sänger sondern um das Urteilsvermögen und die Urteilsart von uns "Kritkern" hier im Forum.
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Liebe Fides,
deine "Beiträge" sehe ich persönlich nicht als Attacken, sondern einfach als albern und destruktiv. Wenn ich mich über etwas oder über andere stelle, dann über solche Beiträge. Entschuldige für diesen persönlichen Ton, aber das passiert seit einiger Zeit immer wieder.
Lieber Wotan,
die Unterscheidung zwischen Technikfan und Geschmacksfan finde ich ziemlich irreführend. Das kann natürlich wieder darauf zurückgeführt werden, dass ich ein Technikfan bin und diese Unterscheidung deswegen verneine, aber so stoßen wir auf eine schlechte Unendlichkeit in der Diskussion.
Mehr oder weniger "relativ" ist in diesem Falle, m.E., eher der Unterschied, den es zwischen den verschiedenen Ansatzpunkten der Diskutanten gibt. Jeder hat eine verschiedene fachliche Bagage und spricht eine gewisse musikalische Sprache. Dass es aber in dieser Unterschiedlichkeit auch Kompetenzgrade gibt, muss man, denk ich, schon akzeptieren.
Wenn man deinem Unterschiede folgt, dann bin auch ich Geschmacksfan, denn mein Geschmack ist Geschmack für Technik und technisch sichere Sänger. Und nicht weil ich Gesangstechnik als solche schätze, sondern weil ich finde, dass damit das Gesangsniveau bemerklich wächst und mir als leidenschaftlchem (männlich-emotionalem ) Hörer mehr Freude spendet.Die Netrebko kann schon was, sie ist z.B. eine überzeugende Manon, aber viel kann sie auch nicht und dem riesengrossen Hype entspricht sie erst recht nicht. SIe mag eine der besten Sängerinnen von Heute sein, aber das sagt dann wiederum Vieles (und nichts Gutes) über den heutigen Zustand der Gesangskunst aus.
Ein anderer Grund, warum dein Unterschied mir nicht besondrs relevant erscheint, ist, dass - wie es auch schon Caruso hingelegt hat - es hier nicht so sehr um die Netrebko geht, sondern um das Werk "Anna Bolena", das gewisse Ansprüche und eine gewisse (natürlich immer revidierbare und revoluzionierbare) Stilistik besitzt und ganz bestimmte technische, rein technische Bedingungen vorstellt, nämlich vollfunktionierende Koloratur, Triller und eine steinsolide Atemtechnik. Besonders die letzte, da ohne eine gute Atemtechnik führt man auch keine richtigen Koloraturen aus und auch für Triller bleibt innerhalb langer Legato-Phrasen wenig Sauerstoff in den Lungen. Dann kommen aber noch die generelleren Probleme die letztlich Caruso aufgezählt hat. Das Alles bringt zu einem Bündel von Mängel, die für mich jedwege Glaubwürdigkeit der Netrebko in dieser Rolle radikal infrage stellen.
Auf jeden Fall ist meine Unterscheidung "Geschmacksfan - Technikfan" nicht glücklich, daher habe ich sie auch sofort in Anführungszeichen gesetzt. Aber in der Kürze der Zeit musste ich das so schreiben. Aber ich glaube, du hast mich richtig verstanden. Mir ging es darum zu zeigen, dass man nicht, nur weil man sich in konstruktiven Beiträgen auf seinen Geschmack verlässt und das nicht mit technischen Ausdrücken belegt, im Niveau unter einem Termini kundigen Hörer steht (der natürlich auch seinen Geschmack hat).
Ansonsten ist dein letzter Beitrag für mich absolut nachvollziehbar, auch wenn ich deine Meinung nicht ganz teile. Aber das muss man ja auch nicht. Das ich die Diskussion etwas ins Allgemeine gerückt habe, lag daran, dass ich deine 4 Punkte oben, zu allgemein fand.Ich denke, was Fides mit "über andere stellen" meint sind solche Formuleirungen wie diese:
Jeder hat eine verschiedene fachliche Bagage und spricht eine gewisse musikalische Sprache. Dass es aber in dieser Unterschiedlichkeit auch Kompetenzgrade gibt, muss man, denk ich, schon akzeptieren.
Da muss ich schon direkt hinterfragen, ob du dir eine größere Kompetenz zumisst als beispielsweise Caruso, Fides oder mir, denn das umgekehrte würde ich nie wagen.