Also, ich muss sagen, dass ich das Rheingold in essen besonders szenisch sehr schwach fand.
(Mein Besuch ist schon etwas länger her, daher hole ich mir die Infos aus meinen Erinnerungen)
Regisseur Tillmann Knabe hat die Möglichkeiten der fantastischen Bühne (name gerade unbekannt) weitsgehend verschenkt. Auch wenn das Rheingold das kurzweiligste Element des Ringes ist kann man sich nicht darauf beschränken, nur Sex und Crime auf der Bühne stattfinden zu lassen. Besonders nervig - nicht wegen der Provokation, sondern einfach weil es keine ist - war die Idee aus Donner und Froh ein Schwulenpärchen zu machen, dass sich auf der Bühne hemmungslos austoben darf/muss. Bewundernswert, was Heiko Trissinger und Andreas Herrmanns trotz ihrer Hampeleien stimmlich aus den Partien holen.
Aber auch ansonsten wir auf der Bühne rumgefummelt, was die alte Mottenkiste der Provaktion hergibt. Alberich masturbiert hemmunglos duch das Guckloch in das Bordell zum Rhein (besonders amüsant dann der Satz: "garstig glatter glitschiger Glimmer, wie gleit ich aus" und folgendes), wird von den Rheintöchtern übelst gequält. Später, wenn er an der Macht ist und die Gefahr aus den Slums (nibelheim) mit Kindersoldaten heraufsteigt, zeigt Knabe, welches Potential wirklich in der Inszenierung und in der Bühne steckt. Alberich revangiert sich bei den Rheintöchtern, was bis an den (vorgestellten) Bereich der Vergewaltigung geht. Mime und die Götter kriechen fast vor dem neuen Diktator. stimmlich müssen die das eh, denn mit Jochen Schmeckenbecher kann keiner mithalten. Der singt und gestaltet einen Alberich wie man ihn lange nicht mehr gehört hat.
Trotzdem gehen die Möglichkeiten der Inszenierung in viel auf und ab, fummeln und glotzen, verloren, weniger wäre da mehr gewesen, wie zum Beispiel die zum stillstand gebrachte Erdaszene zeigt.
Weniger Klang, dafür mehr Details bietet Stefan Soltez mit einem herrlich disponierten Orchester. Trotz der vollen Besetzung klingt das nicht viel anders als wenige Wochen zuvor beim Don giovanni (Besprechung wird folgen). Da hört man Achteln von denen man gar nicht wusste, dass es sie in der Partitur gibt, die Tempi passen, und bei aller Transparenz geht die dramatische Attacke nicht verloren. In der von mir besuchten vorstellung (ich glaube es war die 3. der Serie) wurde Soltesz mit viel buhs für seine andere Leseart abgestraft. Ungerechtfertigter trafen die auch einige Sänger, wobei die aber eher im mitwirken an der Inszenierung begründet sein dürfte. Auch wenn -Name wird nachgeliefert - (Fricka) keinen guten stimmlichen abend hatte und auch von der inszenierung her ziemlich langweilig da stand, dürften die vielen Buhs eher ungerechtfertigt gewesen sein. (ich persönlich buhe eh nie, sondern fahre nur den applaus zu höflichkeits-grenze hinab). Stimmlich langweilig war auch Reiner Maria Röhr, der den Loge in einer Farbe durchsang und keine Fasetten zeigte, was der eh schon auf Dauer ermüdenden Inszenierung und der musik-dramatischen Struktur den Todesstoß versetzte.
Schöne Gesangskultur und gute Akzente bot Almas Svilpa als Wotan, dem aber noch dramatische sicherheit fehlte und in einem nicht so filigranen Dirigat zum Brüllen verdonnert gewesen wäre.
Der Rest der besetzung agierte und sang rollendeckend, allen gebührt (wie Yago schon so treffend sagte) besonderes Lob für ihr Standing in einer sicherlich anstrengenden Inszenierung.
Insgesamt bin ich vom Rheingold in Essen enttäuscht. Zu sehr wurde hier auf eine Provokation gesetzt, die nicht stattfand. Vor 20 Jahren wäre dies noch ein Skandal gewesen, inzwischen haben diese Elemente einen langen Bart. Die wütenden Buhs sind sicherlich auch darauf zurückzuführen.
Anfang Juli bin ich in der Walküre und bin gespannt wie Hilsdorf das Beziehungsdrama zwischen Göttern und Menschen aufschlüsseln wird.