Beiträge von Amateur

    Perfektion an sich mag vielleicht langweilig sein, aber das Ringen um Perfektion zu verfolgen, ist ein Erlebnis. Außerdem strebt jeder Künstler nach Perfektion - man darf sie also nicht dafür verdammen, dass sie bisweilen erreicht wird. Man sollte aber bei jedem Künstler untersuchen, in welchem Gebiet er nach Perfektion strebt. Wenn ich z. B. für Rhythmen sehr sensibel bin, aber eher tolerant in Fragen der Intonation, dann werde ich einen Musiker, der vor allem nach Perfektion in der Intonation strebt, womöglich gar nicht richtig würdigen können.


    Noch ein Gedanke: Natürlich ist (technische) Perfektion nichts gegen ein Erlebnis (wenn nicht die Pefektion so außergewöhnlich ist, dass sie ihrerseits zum Erlebnis wird). Denn auf der Ebene des Erlebnisses können sich (zum Glück) sogar die Unterschiede zwischen blutigen Laien und allervirtuosesten Profimusikern aufheben: Ein Laienchor der mit tiefster Inbrunst singt, kann mich zum richtigen Zeitpunkt viel tiefer bewegen als die besten Profiensembles. Doch ein - wie ich finde - sehr kluger Musiker hat mal gesagt: Es ist keine Kunst, perfekt zu sein - die Kunst ist, JEDES MAL perfekt zu sein. Aus diesem Grunde gibt es zwei extreme Arten, mit diesem Anspruch umzugehen: Manche Künstler stürzen sich nur auf die technische Seite und geraten dadurch in die Gefahr, die Kommunikation mit dem Publikum aus dem Auge bzw. Ohr zu verlieren. Andere treten nur auf, wenn sie sich in der Lage fühlen, eine wesentliche Kommunikation mit dem Publikum eingehen zu können - und laufen Gefahr, zu notorischen Konzertabsagern wie Martha Argerich oder Arturo Benedetti-Michelangeli zu werden.


    In jedem Fall stimmt mit der Alternative "Erlebnis versus Perfektion" etwas nicht, weil eine Folge von nicht bloß zufälligen Erlebnissen, wie sie die Kunst anstrebt, immer eine Folge des Strebens nach Perfektion sein wird.

    Wie wäre es mit


    Antonio Caldara
    Reinhard Keiser
    Johann Adolph Hasse
    Carl Heinrich Graun
    Johann Gottlieb Graun
    Johann Joseph Fux

    und
    Jan Dismas Zelenka.?


    Übrigens ist das nicht meine Empfehlung, sondern einfach nur ein paar der wichtigsten Komponisten, die Johann Sebastian Bach in seinen späten Jahren nachweislich schätzte. Aber wer ist schon der alte Bach, dass man auf seine Empfehlungen hören würde?

    Liebe Mitsammler,


    eine ganze Sammlung zu planen ist, für mich eine schreckliche Vorstellung, aber einzelne Schwerpunkte zu setzen, kann inspirierend sein: "Alle Werke von Kraus" hat sich für mich als ein schönes, überschaubares, geldbeutelschonendes und dennoch auf längere Zeit offenes Ziel erwiesen.


    Meine größte Bewunderung hat auch ein Bekannter, der die Devise verfolgt, nur Aufnahmen von bereits verstorbenen Künstlern zu sammeln: "Die Lebenden", sagt er "soll man sich auch live anhören."


    Amateur

    Lieber Joseph Martin Amadeus Ulli,


    also, ich habe eben gerade ein Lautenkonzert von Johann Kropfgans (sic) gehört.


    So sehr ich grundsätzlich jede Musik zu loben bereit bin, die bisher noch nicht als Klingelton erhältlich ist: Dass Herr Rosendorfer bei derartigen Entdeckungen soooonen Hals bekommt, kann ich dann doch verstehen. Und auch wenn ich den Autor ob seiner krassen Klangfarbenblindheit bedauere, die er mit der Pauschalverdammung aller historischen Instrumente offenbart, so würde ich dennoch jederzeit unterschreiben, dass 80 % aller Hammerklavier-Kaiser keine Kleider anhaben. Bedauerlich finde ich allerdings, dass uns Herr Rosendorfer in seinem Artikel nicht mitteilt, wie er es schafft, Vivaldi, den abgenudelsten aller Barockkomponisten, nicht langweilig zu finden. Was gäbe ich drum, dürfte ich mich statt an der mir allenthalben aufgedrängten Pizza Quattro Stagioni an Kropfgänsen gütlich tun!


    Der ich ansonsten in aller Unterthänigkeit verharre etc.


    Amateur

    Zitat

    Original von Ulli


    Kraus Musik hat sehr viele "unausgeführte" Gedanken - aber das reicht ja: Allein die Ahnung dessen, was hätte sein können, ist besonders reizvoll,


    Was gleich auch eine gute Antwort auf die Frage ist, warum sich das Wiederentdecken selbst von Kleinmeistern (der Kraus allerdings nicht ist) lohnt.


    Ein weiterer Grund dafür, dass Komponisten vergessen werden, besteht darin, dass man vergessen hat, wie sie zu spielen sind. Das gilt besonders für Komponisten-Interpreten, die sich ihre Musik selbst auf den Leib schrieben. Häufig handelt es sich bei der fehlenden Substanz in dem Werk eines "Kleinmeisters" nur um das Fehlen eines kongenial mitschöpfenden Interpreten.


    Vielen Dank - auch wenn es leider so aussieht, dass ich mich dann tatsächlich nach einer Alternative umsehen muss. Vielleicht werde ich ja auch bim ZDF und der Schneider-Siemssen/ Schenk-Fassung fündig. Auf die Radioübertragung am 3. freue ich mich in jedem Fall - egal in welcher Fassung.


    Herzlich


    Amateur

    Hallo Don Basilio und alle anderen


    vielen Dank für die spannenden Hinweise! Fra Diavolo ist auch ganz klar eine meiner Favoritopern, wobei ich glaube, dass Scribe auch einen nicht so kleinen Anteil am Gelingen gehabt hat, denn das Leichte ist ja Bekanntlich oft das Schwierigste!


    Wo hier gerade so viele "Teufelsanbeter" versammelt sind, hätte ich gleich noch eine Frage: weiß jemand, ob sich in einer der deutschen Gesamtaufnahmen der Eingangschor in der Fassung "Tapfere Soldaten / auf auf zu neuen Heldentaten / Sind wir richtig voll / haun wir drauf wie toll" bzw. "Volle Becher hebet /.... / sind wir richtig voll / haun wir drauf wie toll" findet? Ich habe die Oper irgendwann mal in dieser Fassung gehört (vielleicht waren es auch nur die Ausschnitte der Eterna-Aufnahme) und finde die Übersetzung viel schöner und frecher als die der (musikalisch tatasächlich starken) Elmendorff-Einspielung von 1944.


    Viele Grüße
    :hello:


    Amateur

    Zitat

    Original von Ulli


    Hallo geliebter Tör,


    was bzw. welche Einspielungen haben Dich denn zu Dieser Meinung gebracht?


    Hallo sehr verehrter Krausien,


    es war eine als Pioniertat sehr verdienstvolle Aufnahme von 1985 mit Thaddeus Watson, Philipp Naegele und Günter Krieger (als LP herausgekommen beim Label Da Camera Magna). Ich war mir sicher, dass man das noch eindrucksvoller spielen könnte, aber dass es so phänomenal viel besser machen könnte, das hatte ich dann doch nicht gedacht. Es gab dann noch bei Musica Sveciae, wenn ich mich nicht sehr irre, eine Aufnahme des Klaviertrios, in die ich vor Jahren mal im Laden reinhörte und an die ich mich jedenfalls nicht mehr genau erinnere; wegen des Preises vor die Wahl gestellt, interessierten mich damals die Streichquartette mehr. Von der reinen Klaviermusik besaß ich (außer den Noten zur E-Dur-Sonate) lange Zeit nur die erste LP mit Linda Nicholson. Obwohl ich mich aufgrund ihrer Einspielung sofort in die E-Dur-Sonate verliebte, empfand ich ihre Interpretation immer als etwas zu brav, zu wenig sprechend.


    Die Lieder habe ich immer als eigene Gattung betrachtet und deswegen nicht zu Kammermusik mit Klavier gezählt. Bisher habe ich zwar keine Einspielung kennengelernt, die mich vollauf befriedigt hätte, aber an ihrer herausragenden Qualität gibt es für mich nicht den geringsten Zweifel. :jubel: Welche Schande, dass es davon nicht schon zehn
    Paralleleinspielungen gibt ---- aber "verdießt mich nicht" hätte Kraus gesagt "wie viele exzellente Leute leben unbekannt in der Welt, und verstehn, mein Seel, was rechts."


    :hello:


    Amateur

    Ich persönlich finde Schnipsel zum :kotz:, aber ich muss zugeben, dass mir ein paar ganz grässliche Kompilationen berühmter Klassikhits (z.T. sogar in peinlich verrockten Versionen) die ich in meiner Jugend zu hören bekam, einen unschätzbaren Dienst erwiesen haben. Mit ihrer Hilfe konnte ich in der Gegenwart erfahrener Klassikfreaks schnell wissend mit dem Kopf nicken und sogar Namen von Komponist und Werk nennen, wenn die üblichen Hits erklangen, ohne die Werke ganz gehört haben zu müssen. Das gab mir die Freiheit, die Werke, die mich wirklich interessierten (darunter viel Unbekanntes und scheinbar Abstruses) nach Lust und Laune gründlich kennenzulernen, ohne vorher den Kanon abarbeiten zu müssen.


    :hello:


    Amateur

    Hallo Tamiflu,


    eine konkrete Literaturempfehlung kann ich Dir nicht geben, denn an Deiner Stelle würde ich erst einmal schauen, wie der Text heißt, über den gepredigt wird. Den würde ich (ich bin übrigens nicht gläubig) mit Sympathie und Einfühlungsvermögen durchlesen, in mich hineinhorchen und mir dann eine technisch eher unter als über meinem Niveau liegende Musik heraussuchen, welche die positiven Gefühle ausdrückt, die ich aus der Beschäftigung mit dem Text gewinne. Ob das Stück, auf das Du dabei verfällst, im Original ein Vor- oder Nachspiel oder keines von beiden ist, tut nichts zur Sache.


    Beste Grüße


    Amateur

    Das Beethovenhaus Bonn hat vor einiger Zeit eine ganz tolle CD herausgebracht, auf der Ärzte Musikwissenschaftler und Tontechniker versucht haben, zu rekonstruieren, wie Beethoven seine Werke mit zunehmender Etaubung selbst wahrgenommen hat und was zum Beispiel seine Hörrohre wirklich gebracht haben. Krasses Erlebnis, aber sehr aufschlussreich.


    http://www.beethoven-haus-bonn…t+Beethovens+Ohr+geh%F6rt

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    Welches sind EURE Lieblingsballaden von Loewe ?


    Harald ("Vor seinem Heergefolge ritt der stolze Held Harald"). Weil sie zeigt, dass sich Loewe über den Heroismus, den er in anderen Balladen mächtig feiert, auch lustig machen konnte.


    Zitat

    In meinen Augen ist Loewe in seiner Art einzigartig und unverwechselbar - ähnlich wie Schubert in anderer Hinsicht mit seinen Liedern.


    Eigentlich eine banale Weisheit, aber man kann sie nicht oft genug aussprechen - auf dass sie eines Tages wirklich banal werden möge!


    :hello:
    Amateur

    Wen es auch mal ein unromantischer Wald sein darf, kann ich nur von Heiner Goebbels "Ou bien le debarquement desastreux" (Oder die glücklose Landung) empfehlen. Das Stück basierent auf Textfragmenten von Joseph Conrad, Francis Ponge und Heiner Müller, in denen der Wald mal teils dokumentarisch teils archaisch symbolistisch als gefährliches Gegenüber des Menschen erscheint - sehr suggestiv und auch für Neue-Musik-Skeptiker geeignet.


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    Original von Siegfried


    Vielleicht gibt was Passendes von C.F. Hurlebusch ?(


    Allenfalls die "Apertura" aus der sechsten Claviersuite in E-Dur - feierlicher Ouvertürenbeginn plus einem spielfreudigen, toccatenhaften Mittelteil im Presto. Viele seiner Werke sind allerings ziemlich capriziös und würden zu sehr vom Brautpaar ablenken.


    Wichtig finde ich, um welche Kirche es sich handelt. In eine knuffige alte Dorfkirche passt schon etwas Populär-volkstümliches. Für den Eingang könnte ich in so einem Falle den Prince of Denmarks's March von Jeremiah Clarke empfehlen - ein Ohrwurm, der aber trotzdem noch nicht abgegriffen ist. Zum Ausgang würde in diesem Jahr und zu dieser Jahreszeit "Geh aus mein Herz und suche Freud" passen. (Paul-Gerhardt-Jahr) Das hebt auch immer die Laune. Sind Kinder dabei? Dann sollte sich, falls vorhanden, am Ausgang der Zimbelstern drehen.


    Amateur

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    Original von Blackadder


    Voooorsicht :D Das kann nach hinten losgehen. Zumindest, wenn ich daran denke, was ICH gerne hören möchte. Ich bin da ziemlich geschmacklos...


    :hello:



    Hallo Blackadder:


    1:0 für Dich.... :wacky:


    Amateur

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    Original von musika
    Hallo Amateur,


    die ollen Kamellen werden aber immer wieder gerne gehört. Wenn ich für eine Hochzeit engagiert wurde, kamen solche Sachen immer wieder. Die Leute kennen sie vom Hören, wissen oft nicht wie die Lieder heißen und sind gerührt, wenn sie die Melodie wieder mal hören.


    Liebe Grüsse


    Liebe Musika,


    das will ich den Leuten ja auch gar nicht nehmen. Dennoch halte ich es auch mit Carl Philipp Emanuel Bach, der da sagt, dass ein Musikus nur rühren könne, wenn er selbst gerührt sei. Ich selbst habe schon bei Hochzeiten Mendelssohns Hochzeitsmarsch gespielt - weil ich ihn selber passend finde. Und wenn mich ein Brautpaar bitten würde, Händels Largo zu spielen, obwohl das Stück eigentlich die Liebeserklärung eines verrückten Königs an eine Platane ist, dann würde ich auch versuchen, mich in diesen Wahnsinn liebvoll zu versenken, denn das Brautpaar hat immer recht. Nur: für ein Publikum zu spielen, das NUR DANN gerührt ist, WENN ES DIE LIEDER SCHON KENNT, dagegen sträubt sich alles in mir, das ist dann nur noch Folklore und Routine.


    Liebe Grüße


    Amateur

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    Original von severina


    Hallo Amateur,
    ich denke doch, dass das aus meinen Ausführungen (und Beispielen) ziemlich klar hervorgeht!
    lg Severina :hello:


    Hallo Severina,


    ich bin mir da echt nicht ganz sicher. Klar ist: wenn die Personen auf der Bühne von etwas reden, was nicht zu sehen ist, dann entsteht daraus eine kognitive Dissonanz. Was mich interessiert ist, ob diese kognitive Dissonanz einen künstlerischen Wert besitzt. Um es nicht ganz so hochtrabend auszudrücken:
    Wenn in einem im Libretto von einer Kirche gesprochen wird, die auf der Bühne nicht zu sehen ist, was stört dich daran? Muss es notwendigerweise eine katholische Kirche sein? Dann nimmst Du das Libretto beim Wort. Könnte es auch eine Kirche einer anderen Konfession sein, dann nähmest Du das Libretto schon nicht mehr beim Wort, aber möglicherweise dennoch ernst. Denn wie man sich in einer Kirche verhält, das ist nicht von der Konfession abhängig, auch wenn diese im Libretto durch das Marienbild klar bestimmt ist. Ich für meinen Teil könnte mir auch eine Shoppingmall vorstellen, wenn es denn dem Regisseur gelänge, deren latent sakral inspirierte Architektur samt der dort herrschenden Verhaltensregeln (etwa der Anbetung von kostbar ausgestatteten Schaufensterfiguren) böse genug herauszuarbeiten.


    Liebe Grüße


    Amateur

    Statt all die ollen Kamellen zu spielen, die wahlweise auch auf Beerdingungen oder bei Taufen oder Goldenen Konfirmationen gespielt werden, würde ich Dir raten: Spiel das, was DIR SELBST für eine Hochzeit passend erscheint, was Du BEI DEINER EIGENEN HOCHZEIT gerne hören möchtest oder hättest hören mögen, dann wird es auch von Herzen kommen und zu Herzen gehen. Du bist doch Musiker, Du bist doch Künstler-da brauchst Du noch niemand anderes zu fragen als Dein Herz, was zu einer Hochzeit passt!


    :hello:Amateur


    (Hoppla - das war ein bisschen pathetisch gesprochen. Aber wann dürfte man das tun, wenn nicht beim Thema Hochzeit?)

    Zitat

    Original von severina
    Anders ist es mit der Kirche: Wenn Scarpia sich zweimal über das Benehmen von Leuten mokiert (im 2. Fall ist es sogar Tosca), das sich in einer Kirche nicht gehört, und er steht dabei sagen wir einmal in der Shoppingcity Süd, dann kostet mich das einen Lachkrampf. Denn deinen und Alvianos Standpunkt "Egal, wovon sie singen, Hauptsache, sie singen!" kann ich zwar akzeptieren, aber nicht nachvollziehen.
    Ich nehme das Libretto ebenso ernst wie die Musik und folge einem Regisseur bereitwillig auf neuen Pfaden, wenn ich einen Zusammenhang mit dem Text herstellen kann.


    Nimmst Du das Libretto ernst oder nimmst Du es lediglich beim Wort?

    Zitat

    Original von severina
    Und jetzt träume ich von einer leeren Opernbühne, tollen Sängern - und dem absoluten NICHTS.


    Nicht nur Du, liebe Severina:


    »Ach! Es graut mir vor allem Kostüm und Schminke-Wesen; wenn ich daran denke, daß diese Gestalten wie Kundry nun sollen gemummt werden, fallen mir gleich die ekelhaften Künstlerfeste ein, und nachdem ich das unsichtbare Orchester geschaffen, möchte ich auch das unsichtbare Theater erfinden!«


    (R. Wagner)

    Wie ein blindes Huhn sein Korn, so findet auch ein Universalpianist mal seine Referenzeinspielung.


    Wobei es, wenn man mal genau hinschaut, kaum etwas Eingeschränkteres gibt als die sogenannten "Universalpianisten", deren Repertoire angeblich "alle entscheidenden Komponisten beinhaltet". Denn in Wahrheit bestätigen sie, so gut sie auch seien mögen, nur alte Gewissheiten. Ein echter Universalpianist (und gleichzeitig ein Universalgenie) wäre für mich jemand, der (oder die) mich fühlen ließe, warum Leute wie Kalkbrenner, Thalberg und Moscheles zu ihrer Zeit bis an die Sterne gehoben wurden, mich glauben machen würde, dass Alkan der größte aller Klavierkomponisten war und mich nachempfinden ließe, warum Robert Schumann so begeistert von Stephen Heller war.


    Zu Ashkenazy, Barenboim etc. gehe ich um ihrer selbst willen, aber nicht wegen der Bandbreite ihres Geschmacks.


    Amateur

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    Original von Stabia


    Wer weiß, weshalb dieses Rezitativ dort ist, was da rezitiert wird ?


    Liebe Stabia,


    wirklich wissen kann das niemand, denn Beethoven selbst hat sich nicht dazu geäußert. Was wir wissen ist, dass Instrumentalrezitative eine lange eigenständige Tradition haben (ein älteres Beispiel, das mir noch einfällt, ist ein ganzer Satz in einer Gambensonate e-moll von Telemann): Spaß an der Nachahmung der menschlichen Stimme, wie MarcCologne meint, gehört ganz bestimmt zu den Beweggründen so etwas zu Komponieren, ebenso aber auch die Tradition der musikalischen Rhetorik, die Musik als eine Klangrede begreift. Ich würde solchen Klangreden aber keine konkreten Texte oder Inhalte unterlegen wollen, denn gerade das Unkonkrete, Traumhafte an solchen Rezitativen macht für mich den Reiz an der Sache aus.


    Liebe Grüße


    Amateur

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    Original von Alfred_Schmidt
    Erstaunlich ist lediglich: Wo sind sie denn all die oft radikalen Vertreter der Zeitgenössischen Musik ?


    [...] So wie Ulli und ich mit viel Mühe das Thema Mozart [..] hier zum Laufen brachten, und der Lullist, BigBerlin Bear und Salisburgensis Barockmusik durchboxten (Der Lullist bewies hier ein enormes Durchsetzungsvermögen) so muß sich auch die Clique für Zeitgenössische Musik hier ihr Umfeld selbst schaffen.


    Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Denn die Alte Musik, für die sich der Mons. Lullist et al. in höchst verdienstvoller Weise einsetzen ist ja die neue Musik, die Alfred hier "vermisst". Ob die Musik früherer Generationen, die wir heute wiederbeleben, jemals so ähnlich geklungen haben mag, ist sehr fraglich - sicher ist hingegen dass die Alte-Musik-Szene in den letzten Jahrzehnten eine Menge produktiver Missverständnisse geschaffen hat, die in ihrer Gesamtheit an die Erfinfung der Oper nach dem Vorbild des missverstandenen des antiken Dramas um 1600 heranreichen. Bemerkenswert und durch und durch zeitgenössisch an der Alten-Musik-Szene ist auch der Versuch, den Menschen früherer Zeiten auf Augenhöhe zu begegnen. Wer mitteralterliche oder Renaissance-Musik authentisch aufführen will, muss sich ohne Vorurteile in das Lebensgefühl von Menschen hineinfühlen, die noch keine Aufklärung erlebt haben. Eine Erfahrung, die angesichts der aktuellen Auseinandersetzung mit bestimmten Formen des radikalen Islamismus alles andere als nur von historischem Interesse ist.


    Meint der Amateur

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    Original von Ulli
    Die Frage sollte also m. E. eher lauten: "Was macht eine gute Instrumentation aus"


    Lieber Ulli,


    das ist auch eine interessante Frage, aber meine Wissbegier richtete sich tatsächlich erst einmal darauf, warum gute Instrumentation als "Zutat" gilt und nicht als Substanz. Mein Verdacht ist, dass viele große Meister, deren größte Stärke die Instrumentation war, als etwas minderwertiger gelten als Komponisten, deren Stärken in anderen Bereichen lagen. (Objektivieren lässt sich Größe natürlich nicht, aber das ist auch nicht notwendig: es geht mir um das subjektive Gefühl). Rameau wird immer hinter Bach liegen, obwohl er in Sachen Instrumentation sicher das größere Genie war. In ähnlicher Weise halte ich Graupner, Keiser und sogar Berlioz für unterbewertet. Bei Strauss und Wagner hingegen sind es nicht die Komponisten selbst, die unterbewertet sind, wohl aber die Rolle, welche die Instrumentationskunst im Bouquet ihrer Talente spielt. Meine ich jedenfalls. Aber vielleicht bin ich auch der einzige, den das nervt. ?(


    Viele Grüße


    Amateur

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    Original von BigBerlinBear
    Anton Bruckner hielt sein "Te Deum" für sein bestes Werk und nannte es
    "Die Krone meines Schaffens" !
    [...] Was Bruckner sicher auch zu dieser Aussage veranlasste, war der durchgängige "INTERNATIONALE ERFOLG" der Komposition, die sogar, wie der Meister staunend notierte "in Neu-England" begeistert aufgenommen wurde.


    Ich glaube, Bruckner war einfach nur ein tief religiöser Mensch. Kein Wunder, dass er ein eindeutig sakrales Werk und keine Symphonie als sein bestes Werk ansehen wollte.

    Immer wieder habe ich festgestellt, dass die Kunst der Instrumentation unter Kommentatoren einen sekundären Rang einnimmt - hinter so langweiligen musikalischen Sekundärtugenden wie beispielsweise Kontrapunkt. Klangfarbenkünstler wie Graupner oder Berlioz stehen im Schatten berühmterer Zeitgenossen. Sogar ein so genialer Instrumentator Wagner wird in diesem Forum viel öfter wegen seiner zumindest umstrittenen Libretti gelobt als wegen seines unstrittig Epoche machenden Orchesterklangs. Warum ist das so? Ist denn gute Instrumentation wirklich nur Beiwerk und keine Substanz?

    Klar gibt es die. Jedenfalls dann, wenn man unter perfekt nicht das ohnehin langweilige "fehlerfrei" versteht, sondern vielmehr "Man kann es anders machen, aber man kann es nicht besser machen." Für mich fallen unter diese Kategorie "Der Fliegende Holländer" unter Ferenc Fricsay, "Der Freischütz" unter Carlos Kleiber, "Pimpinone" in der Titelrolle mit R. Süß.

    Liebe Orgeltaminos,


    bitte fügt doch für uns Nicht- oder nur Gelegenheitsorgeltaminos wenn es geht doch neben den Auflistungen doch auch noch ein paar Begründungen hinzu - sonst weiß ich nicht, welche der Orgeln ich mir zuerst anhören soll.


    Amateur


    Meine Lieblingsorgel ist die rekonstruierte der Bachkirche zu Arnstadt, weil man da noch selbst die Blasebälge betätigen kann.