Hallo —
dieser Thread fand sich im Verzeichnis der „Themen die weitergeführt werden wollen“, und ich habe die bisherigen Beiträge mit Interesse gelesen.
Als ich noch Schüler war und später Student mit notorisch leerem Portemonnaie und einer Vorliebe für moderne Musik konnte ich oft nur in die Röhre gucken bzw. auf den leeren Plattenteller. Einiges an Stichworten hinsichtlich der Major Labels ist hier ja schon gefallen: Starkult-Orgien, die 37. Aufnahme der 5., enorme Preise. Die Musik, die ich in all den Jahren nicht kennengelernt habe, weil sie bei den Major Labels gar nicht veröffentlich wurde oder wenn, dann zu noch schamloseren Preisen als ohnehin schon, ist enorm. Jahre und Jahre war Hanson nicht mal im Bielefelder zu finden, und für die ersten Aufnahmen von Schnittke hätte man/frau sich auch einen Kleinwagen leisten können.
Mit Einführung der CD wurde die Situation nicht besser, sondern schlechter: Aus der einzigartigen Kombination von Major-Label-Politik und Patentbesitz bzw. Patentlizensierung für die CD-Technik wurde den Preisen noch mal richtig Schwung verliehen. Und dann wurden die analogen Aufnahmen mit ADD und hochtrabenden Neuwörtern auf CD geklopft, mit im allgemeinen grauslichem Effekt, und später nochmal mit etwas mehr ADD-Mühe “Remastered” herausgegeben, aber auch das war beim Kauf eher ein Qualitätsroulette.
Nicht alles, was bei Naxos (oder Brilliant) erscheint, ist „top“. Aber meine Kenntnis an KomponistInnen, InterpretInnen und an historischen sowie modernen Stücken ist enorm gestiegen, seit es diese Labels gibt — ich riskiere einfach mehr beim Kauf. Und wenn mich ein Stück von einer Naxos- oder Brilliant-Box als Komposition begeistert, aber die Einspielung in irgendeiner Form zu wünschen übrig läßt, dann suche ich nach einer anderen Einspielung dieses Stücks bei anderen Labels.
Bei allem Respekt: Die Behauptung, daß KünstlerInnen bzw. AutorInnen bei „großen“ Labels oder Verlagen insgesamt so viel besser aufgehoben wären, ist nicht nur schwerlich nachweisbar; ihr wird gerade von Ausführendenseite oft genug widersprochen. Und auch wenn die „Profile“ von Major Labels individuell Gefallen finden oder fanden (welche ich selbst in jüngeren Jahren hauptsächlich als Starkult mit Lizenz zum Gelddrucken empfand, gut für die Stars und gut für die Labels, aber weder gut für eine potentielle „breite“ allgemein-kulturell interessierte Hörerschicht, noch für zahlreiche „spezialisierte“ Hörergruppen), sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Profile nicht aus humanistischen Weltanschauungen heraus entstanden, sondern aus knallharten Marketingaspekten. Für die sogenannten „Billiglabels“ gilt dies natürlich ebenso: aber genau das ist der Punkt!
Und ich kann die Erfahrung der meisten nur bestätigen: „Alte Musik“ ist bei Naxos zugegebenermaßen heikel, aber die Anzahl der wirklich guten oder sogar hervorragenden Aufnahmen, die ich erworben habe, überwiegt in praktisch allen anderen Bereichen. Und auch die Remastering-Qualität, wie im vorangegangenen Beitrag zu Recht lobend angesprochen, kann sich wirklich hören lassen.
Gruß,
^_^J.