Eine meiner heiß ersehnten Aufnahmen diesen Jahres.
An dieser Stelle sei gesagt: ich liebe das BRSO - es ist mir das liebste deutsche Orchester und kommt bei mir insgesamt unmittelbar nach den Wr. Philharmonikern. Vermutlich liegt das auch an dem sagenhaften Klang den sie immer wieder in ihre Konserven packen. Diesbezüglich sollten auch die neuen Aufnahmen mit Rattle erwähnt werden. Insbesondere der noch unvollständige Ring aber auch Mahlers sensationelle 9. wobei die 6. hier - mein Lieblingswerk Mahlers - qualitativ an ebendiese nahtlos anknüpft. Eine Aufnahme voller Dramatik, oftmals leicht, wunderschön, bittersüß das Andante (an 2. Stelle was ich aus dramatischer Sicht sehr schätze), dann wuchtig und bedrohlich, vor allem das Finale. Ich mochte Rattle wie schon so oft erwähnt lange nicht. Inzwischen schätze ich ihn sehr, wobei sich die Frage aufdrängt, ob das dem BRSO geschuldet ist oder doch seinem Genie. Oder haben sich da zwei gefunden?
Lieber Stolzing,
danke für Deine Höreindrücke und Gedanken.
Zu der 6. Sinfonie Mahlers scheint Sir Simon Rattle eine besondere Beziehung zu haben, denn es ist bereits die vierte Aufnahme mit dieser Sinfonie, die erhältlich ist.
Rattles erstes Konzert bei den Berliner Philharmonikern 1987 bestand aus Mahlers 6., ebenso das letzte Konzert als Chefdirigent 2018, zudem noch die Aufnahme mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra.
An der frühesten Aufnahme aus der Reihe "Im Takt der Zeit" beeindruckt mich, mit welcher Souveränität der damals 32-jährige (noch nicht Sir) Simon durch das riesige Werk führt, mit welcher Reife er sowohl die Schroffheiten, die rhythmischen Passagen und die Lyrik im Andante behandelte.
Die Einspielung mit "seinem" damaligen CoBSO habe ich lange nicht mehr gehört, aber nicht ganz so beeindruckend in Erinnerung, die beiden späten Aufnahmen werde ich mir demnächst zu Gemüte führen, denn es ist sehr interessant herauszufinden, in ob oder wieweit sich der Interpretationsansatz in über drei Jahrzehnten Zeitdauer verändert hat.
Zum Andante: Bekanntlich hat Mahler seine Werkauffassung dahingehend geändert, dass beim Erstdruck der Sinfonie die Reihenfolge Scherzo-Andante existierte, der Komponist dann aber seine Meinung änderte und die Satzreihenfolge umkehrte.
Ich finde, es hängt ganz stark von der interpretatorischen Gestaltung des Dirigenten ab, welche Satzreihenfolge als sinnvoll erscheint.
Beim "späten Abbado" z.B., bei dem das "tragische" Moment der Sinfonie abgemildert ist, erscheint das Andante als zweiter Satz logisch, Bei Rafael Kubeliks rasant-furioser, psychologisch zugespitzter Deutung brauche ich persönlich das Andante als "Ruhepol", als "Moment zum Luft holen" dringend an dritter Stelle, bevor das unerbittliche Finale bevorsteht.
Mir ist natürlich Mahlers Intention bewusst, aber es ist in meinen Ohren keine Ignoranz, wenn z.B. Bernard Haitink, Leonard Bernstein, Sir Georg Solti, Pierre Boulez, Sir John Barbirolli oder Jonathan Nott an der Reihenfolge Scherzo-Andante festhielten bzw. -halten.