Beiträge von Walter Krause

    Lieber Paul,


    Es ist zwar off topic, und ich möchte die hochinteressante "Cosi"-Diskussion nicht unterbrechen, aber kurz: Natürlich erinnere ich mich an Oskar Czwerwenka (nicht nur weil ich vorige Woche fünfmal in seiner Geburtsstadt Vöcklabruck übernachtet habe). Er war nicht nur ein großer Sänger, sondern auch - sehr wesentlich für seine Paraderollen - ein glänzender Schauspieler. Zuletzt sah ich ihn , glaube ich, 1982 auf der Bühne in der Staatsoper als Ochs. Da war er stimmlich allerdings leider nur mehr ein Schatten seiner selbst (glücklicherweise hatte ich ihn mit seinem früheren Standard noch in mir gespeichert). Seine Lebensdaten sind übrigens: 1924-2000.


    LG


    Waldi

    Liebe Knuspi,


    Die Kunsthistoriker haben nicht erst vor zehn Jahren umgedacht. In Wien wurden schon in den fünfziger Jahren Dissertationen über historistische Themen geschrieben. Das große Umdenken in Deutschland setzte in den sechziger Jahren ein, als auch die Thyssen-Stiftung begann, einschlägige Forschungen zu fördern und entsprechende Tagungen zu sponsern (Ruhm und Dank dem damaligen Verantwortlichen Dr.Ernst Coenen!). Auch das von meiner verehrten Lehrerin Renate Wagner-Rieger begründete Forschungsunternehmen "Wiener Ringstraße" wurde 1968 ins Leben gerufen und von der Thysssen-Stiftung etliche Jahre unterstützt.
    Das Problem des Historismus im deutschen Raum war natürlich, daß Hitler die Schöpfungen dieser Ära bewunderte und lobte. In England hatte man mit der viktorianischen Zeit nicht diese Probleme und scheute nicht die wissenschaftliche Beschäftigung damit. Wer wie Dein Lehrbeauftragter in primitiver Weise das 19.Jahrhundert pauschal verunglimpft, deklariert sich selbst als ....... ( :stumm: bitte nach Belieben ergänzen!). Denn inzwischen wird Historismus-Forschung längst auf breiter Front betrieben.


    Was mir in Deutschland in den letzten Jahren aufgefallen ist, ist aber eine gewisse methodische Gleichgültigkeit und ein Rückfall in alte Einteilungen und Begriffsgewohnheiten, die einer objektiven Erkenntnis abträglich sein können.


    LG


    Waldi

    Lieber Peter,


    Natürlich kann man auch im Englischen kryptisch schreiben so wie im Deutschen glasklar (siehe etwa die auch außerhalb meines Faches bekannten Bücher von Heinrich Wölfflin), aber es ging bei der Diskussion mit Paul eher um dominante Rezeptionsmoden und etablierte Sprachgewohnheiten, die durch den gewachsenen Sprachcharakter begünstigt werden. Im Englischen machst Du Dich durch Dunkelstil rasch unmöglich, im Deutschen gehen viele Leute von vornherein in die Knie, wenn sie Dich nicht verstehen.
    Was Deutsch und Englisch verbindet, ist unter anderem die - stille - Vorschrift, sich abwechslungsreich und nicht monoton auszudrücken. Im Französischen sind bestimmte Wiederholungen hingegen kein Fehler, sondern ganz normal. In unserer Sprache sucht man einen Ausdruck möglichst nicht gleich zu wiederholen, wenn damit nicht eine bestimmte Absicht verbunden ist. Das macht es für jemanden, der nicht mit Deutsch aufgewachsen ist, oft unendlich schwer. Wer in die deutsche Sprache schon hineingewachsen ist, wird es, so er Sprachgefühl besitzt, aber vermutlich genießen.
    Ins Ungarische könntest Du Otto Pächts Werke kaum oder wahrscheinlich nicht übersetzen, weil diese Sprache gar nicht für solche Gedankengänge "konstruiert" ist.


    LG


    Waldi

    Lieber Alfred,


    Doch, ja ganz eindeutig ("Geschmacksänderung" natürlich in dem von Dir gemeinten Sinn, als Bewußtseinserweiterung sozusagen). Das geht zwar langsam, aber unaufhaltsam. Man lernt Dinge besser verstehen, die man früher nicht so goutiert hat oder vor denen man einfach zurückgescheut ist - und die alten Lieben gibt man deswegen nicht auf, keine Sorge.
    Beispielsweise sind das Forum und besonders Joschi schuld, daß in mir der Vorsatz reift, irgendwann den "unbekannten" Donizetti mit Hilfe dieser versierten Führer zu entdecken.


    LG


    Waldi

    Lieber Alfred,


    Ich möchte ergänzend bemerken, daß alte Lexika vielfach auch heute noch benützt werden und oft Informationen liefern, die man in jüngeren oder jüngsten Lexika vergebens sucht. Die Gefahr des Veraltens besteht nur teilweise. Momentan drängen nämlich die Verlage meist auf rasche Erscheinungsfolgen, weshalb der Qualitätspegel oft leidet. Oder sie publizieren verhältnismäßig billige, rasch erstellte Lexika, an denen oft man sehr viel aussetzen muß. Insofern ist der Facettenreichtum vieler Forumsbeiträge Goldes wert! Und so mancher Passivtaminoist sollte ruhig den Mut fassen, sich zu äußern. Nur beim Reden kommen die Leut' zsamm, wie man bei uns in Wien sagt.


    LG


    Waldi

    Liebe Fairy Queen,


    Mit Rita Streich kann ich nicht dienen, aber es gibt es eine großartige EMI-"Entführung" unter Josef Krips mit der Rothenberger als Konstanze, Gedda als Belmonte, Gerhard Unger als Pedrillo (die absolute Referenz!), Gottlob Frick als Osmin. Das Blondchen singt in dieser Einspielung Lucia Popp. Wunderlich als Belmonte wäre noch eine Spur besser, aber Gedda singt diese Partie ausgezeichnet


    Was Emmy Loose betrifft, so glaube ich vielmehr: Wenn die heute in Wien Mozart sänge, lägen wir ihr zu Füßen! Es gibt ja Leute, die den oft besprochenen Wiener Mozartstil der fünfziger Jahre (+/-) nicht so sehr mögen, aber die dürften in der Minderheit sein. Für mich ist er nicht kanonisch (z.B. die Engländer vermitteln Mozart auch phantastisch), aber diese Aufnahmen sind dennoch maßstabsetzend und die Protagonisten rechtens Gegenstand der Verklärung. Emmy Loose(-Kriso) brillierte aber nicht nur bei Mozart. Mit ihrem warmen, ausdrucksvollen Organ fasziniert sie nicht nur in Soubrettenrollen, sondern auch in Partien, die dem lyrischen Sopranfach zuzuordnen sind. Sie wurde 1914 in Karbitz bei Aussig geboren, studierte in Prag und debütierte 1939 als Blondchen in Hannover, ging aber schon nach zwei Jahren nach Wien, wo sie 1987 starb. In der Erinnerung bleibt sie auch als eine der besten Operettensängerinnen, die wir hatten.
    Übrigens gab es vor einiger Zeit eine Mozart-Box sehr preiswert im Handel, in der drei Mozartopern des Wiener Stils durch die Fricsay-"Zauberflöte" ergänzt werden. Ein Schnäppchen für Leute meines Schlags.
    Wenn Du Wiener Opernkennern gegenüber Namen wie Loose, Güden, della Casa, Kunz, Berry, Siepi, Danco etc.etc. erwähnst, werden sie Dich abbusseln und sagen: "Das waren noch Zeiten!" Das waren sie wirklich, auch wenn ich die Gegenwart nicht schlecht machen will.


    LG


    Waldi

    Lieber Paul,


    Deutsch ist komplizierter konstruiert, das ermöglicht in vielen Fällen eine feinere Nuancierung, aber nicht umsonst hat man unsere Sprache mit einem Urwald verglichen, in dem sich viele hoffnungslos verfangen oder verirren. Das "Dunkle", Uneindeutige ist die Schwäche und Stärke des Deutschen, es ermöglicht einen unendlichen Ausdrucksreichtum und individuelle Sprachschöpfungen in vielerlei Hinsicht. Das heutige Englisch speist sich primär aus zwei Wurzeln, die eine davon ist das Normannische, also eine romanische Sprache, die andere ist die Keltische-Angelsächsische. Wenn Du Dich rein mit Wörtern angelsächsischen Ursprungs ausdrückst, bekommst Du ein sehr farbiges, aber auch sehr kompliziertes Englisch. Heute dominieren eher die "normannischen" Wörter, das fördert Klarheit im Ausdruck (allerdings manchmal eine gewisse Unfähigkeit, komplizierte deutsche Überlegungen zu begreifen), ergo leichtere Verständlichkeit. Die Mehrzahl wissenschaftlicher Aufsätze im Englischen kannst Du auch Leuten außerhalb des reinen Insiderbereichs zumuten. Im Deutschen gibt es leider noch immer einzelne Vertreter der Lehre, die glauben, sie seien unwissenschaftlich, wenn sie sich verständlich ausdrücken. Viele können sich gar nicht richtig verständlich machen (ich weiß es aus eigener leidvoller Erfahrung). Manche benutzen einen gestelzten Stil, um zuu imponieren und zu verbergen, daß sie hinter vielen Worten eigentlich nichts aufzuweisen haben. Kennst Du eigentlich Mark Twains Satire auf die deutsche Sprache?
    Ansonsten würde ich vorschlagen, einmal Ludwig Reiners' "Stilkunst" zu lesen; dort ist das Thema viel besser behandelt, als ich das kann. Reiners ist zwar nicht der letzte Schrei, aber in diesem Sektor noch immer Klasse. Neuere Autoren schimpfen nur deshalb über ihn, weil sie selbst viel schwächere Stilbücher geschrieben haben.
    Ein Musterbeispiel für Stilentwicklung sind die Schriften des Kunsthistorikers Otto Pächt (ünber lange Zeit neben Erwin Panofsky der wohl bedeutendste Vertreter meines Faches im 20.Jahrhundert). Seine frühen Schriften sind tiefschürfend, aber man muß sie fünfmal lesen, um sie halbwegs zu verstehen. In der Emigration in Oxford mußte er Englisch schreiben und formulieren. Seither waren auch seine deutschen Aufsätze (und Vorlesungen) legendäre Exempel von Präzision, Klarheit und Verständlichkeit.


    LG


    Waldi

    Liebe Taminos,


    Die "Cosi" ist , wenn man so will, an einer Bruchstelle der Entwicklung entstanden, besser: in einem Übergang, der es erlaubt, alte und neue Werte in kunstvoller und letztlich nicht ganz aufzulösender Weise miteinander zu verbinden. Die Konvention und das gesellschaftliche Dekorum des 18.Jahrhunderts auf der einen Seite, die neue Bewußtheit romantischer Gefühle, die philosophische Betrachtungsweise gegenüber der reinen Emotion, das Wissen um die Regeln zwischenmenschlicher Beziehungen und auch den Wert dieser Regeln wie die Rolle des Sentiments, das steckt in diesem Werk, das wie kein zweites von Mozart seine Zeit spiegelt (wir neigen klarerweise dazu, es zu sehr von unserer Gegenwartsposition zu verstehen - die aber viele Parallelen aufweist). Es ist eine Komödie der Irrungen uind Wirrungen und besagt wohl indirekt auch, daß wir uns selbst nie ganz kennen - auch dann nicht, wenn wir Don Alfonso heißen...



    LG


    Waldi

    Lieber Misha,


    Danke für die Unterstützung! Du weißt nicht, wie gut das tut, wenn man sich mit seiner Meinung so ganz allein auf weiter Flur fühlt und im Stillen schon an den Ohrenarzt denkt, und plötzlich kommt ein guter Geist und klopft einem auf die Schulter. Matacic liefert für mich genau jenes Maß an Romantik, das weder übertrieben noch unterkühlt wirkt.


    LG


    Waldi

    Liebe Alle,


    Dort, wo es im Forum lexikonmäßig zugeht oder mit musikwissenschaftlichem Fachrüstzeug diskutiert wird, ist für die Laien die Hemmschwelle natürlich höher. Man muß kein Kommunikationsmuffel sein, um es sich neunmal zu überlegen, ob man da soll oder nicht.
    Die große Spannweite zwischen Wissenschaft und Smalltalk macht aber einen großen Reiz des Forums aus und wirkt besonders befruchtend. Ich möchte es am ehesten mit den klassischen Salons vergleichen, die sich speziell seit der Aufklärung bildeten (und übrigens oft von Frauen sehr wesentlich inspiriert wurden, ebenso auch von Bürgern jüdischer Herkunft - ohne die sähe das 19.Jahrhundert vielfach armselig aus!). Sie lieferten einen unentbehrlichen Beitrag zur kulturellen und auch wissenschaftlichen Entwicklung. Leider sind sie als Gattung fast ausgestorben, wären aber gerade in Zentraleuropa wesentlich. Denn in diesem Raum verbindet sich Wissenschaft - leider und oft auch unnötig - mit schwierig zu verstehenden Formulierungen und Abhandlungen. Im angloamerikanischen Bereich hingegen muß sich ein Wissenschaftler auch für Nichtfachleute verständlich ausdrücken, um akzeptiert zu werden (das Englische begünstigt das auch im Gegensatz zu Deutsch und anderen Sprachen). Das Forum füllt meines Dafürhaltens hier eine Lücke!
    Als Ort der Begegnung, sei es von Gegensätzen, sei es von einander ergänzenden Beiträgen usw., ist es geradezu im Wesen des Forums gelegen, das zwar eine Art Generallinie vorgegeben ist, daß es aber nach allen Richtungen hin "Ausreißer" gibt. Das ist keineswegs schlecht, denn nichts ist langweiliger als eine steril-trockene Diskussion ohne spirituelle Würze und geschliffenem Witz. Nicht nur Alfred ärgert sich mit Recht über manche Dinge, die wirklich nur überflüssige Füllsel sind und sich mitunter ein bißchen wucherartig vermehren, aber andererseits beweist das Forum dadurch seine menschliche Seite ("Der Regel Güte man daran erwägt, daß sie auch mal 'ne Ausnahm' verträgt" meint schon der abgeklärte Hans Sachs). Indem Alfred ja selbst hin und wieder gegen seine eigene Regeln verstößt, erscheint er als weiser Sarastro und nicht als intoleranter, gnadenloser Pizarro. Ich halte es für sehr produktiv, wenn jemand einen wirklich pointierten Einwurf nicht unterdrückt, oder wenn sich zwischendurch eine kleine Off-topic-Diskussion ergibt, auch wenn das manchmal aus dem Ruder läuft. Andererseits haben wir ja viele Stellungnahmen u.dgl., die gleichsam Druckqualität und Auskunftscharakter haben (und oft kommt von denen, die höchste Kompetenz ausstrahlen, dazwischen dann - zur Erholung quasi - Etliches, was denn Augenblick nicht zu überleben bräuchte). Wer wie ich nicht nur ein eifriger Lexikon- und Nachschlagewerkbenützer ist, sondern auch selbst ziemlich viel in dieser Art gebiert, weiß welche Arbeit und welches nicht hoch genug zu schätzende Maß an Kenntnis hinter vielen Auskünften steckt und segnet den Himmel für die Tamino-Fachleute à la Ulli und viele andere.


    Die Buntfarbigkeit scheint mir daher unabdingbar. Bisher ist es mit moderatorischen Eingriffen hie und da doch insgesamt gut gegangen. Von Zeit zu Zeit soll unsere Forumsregierung ruhig mit der Knute drohen, auch ein paar gut gemeinte Katzenköpfe austeilen, im übrigen aber weiterhin die Leute lieber ermuntern als einschüchtern. Im Idealzustand befindet man sich ja nie, aber so wie's bisher läuft, stimmt die Richtung im wesentlichen. Zumindest stellt sich das mir auf Grund meiner - sicher kurzen - Erfahrung so dar. "Ihr habt mich süß erquickt..."
    Dafür auch an dieser Stelle wieder einmal ein Dankeschön an den Obermeister und seine Minister.


    LG


    Waldi

    Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Opern, die ich mir immer wieder, wenn auch meist unregelmäßig zu Gemüte führe (der "Holländer" gehört dazu, allerdings mit dem Vater, dem Dirigenten Konwitschny :D ).


    Doch der Dauerbrenner schlechthin bei mir ist wohl die "Traviata", wobei es sich nicht immer um dieselbe CD handelt, sondern ich gerade bei diesem Werk gern in verschiedene Interpretationen hineinhöre. Da muß sogar die "Zauberflöte" zurückstehen (rein statistisch beurteilt habe ich in den letzten Jahren die "Cosi" sogar öfter genossen - aber da spielen Zufallsursachen wie Verfügbarkeit oder dgl. eine beträchtliche Rolle. Im Sommerhaus liegt die Callas-di Stefano-"Cavalleria", und ich überlege ernsthaft, sie mir ein zweites Mal für Wien anzuschaffen, um die Winter-Durststrecke besser zu übertauchen. Eine Tasche voll CDs hin und her zu transportieren wäre nicht das Wahre).


    LG


    Waldi

    Meine erste LP war Beethovens Violinkonzert mit David Oistrach und André Cluytens. Wenn ich sie auflege, bedeutet das noch immer eine Weihestunde.
    Was danach kam, weiß ich nicht genau, denn dann ging's eher eine Zeitlang Schlag auf Schlag.


    Ebenso vermag ich nicht mehr zu sagen, welche CD den Anfang machte. Eine von den ersten war jedenfalls eine mit "Cosi fan tutte"-Highlights, die ich in einem Bozener Laden (Gruß an Micha!) zufällig entdeckte und deren günstigem Preis ich nicht widerstehen konnte (hab's auch nicht bereut).


    LG


    Waldi

    Liebe Taminoisten,


    Das Anziehende an Radio Stephansdom ist, daß die nicht so sehr Mainstream-Interpretationen (wie man auf neudeutsch sagt) bringen, sondern sehr viel "Abseitiges". Bitte das ja nicht als Qualitätsurteil mißzuverstehen! Otto Normalverbrauchers Horizont (schließt meinen ein) wird da oft vorteilhaft in Hinsicht auf unbekannte Stücke wie Interpreten erweitert.


    "Best of" - häufig gut zum Kennenlernen oder für Zweitzwecke, natürlich kein Endziel.


    LG


    Waldi

    Lieber Joschi,


    Perfektion ist etwas Relatives. Wenn ich die Callas als Lucia in den beiden ziemlich forumsbekannten Versionen höre (mit di Stefano), dann sind zwar bei der früheren Aufnahme die Töne alle sauberer und in der späteren nicht alle sauber, aber dafür der Ausdruck viel packender - dann wünsche ich mir eigentlich gar nicht, daß das "perfekt" wäre, sondern die Perfektion liegt dann darin, daß ich beide Interpretationen hören kann. Das ist viel schöner als nur eine.
    Außerdem hängt es natürlich von der momentanen Eigenstimmung oder dem momentanen Interesse ab. Manchmal ist man romantischer und badet gerne in Gefühlswelten, manchmal ist man rational und freut sich an Präzision. Insofern könnte ich sagen, daß es zahllose Aufnahmen gibt, die nahezu perfekt sind (und da kann man auch ruhig schon sagen, sie sind es). Nicht perfekt bin ich als Hörer.


    Aber wenn ich es anders herum nehme: An welcher Aufnahme habe ich noch nie etwas beanstanden oder mir Besseres vorstellen können: Das geht nur, wenn man keine oder kaum Vergleiche zur Verfügung hat. Aber ich versuch's und krame in meiner Erinnerung: Da sind die Hegerschen "Lustigen Weiber von Windsor", bei denen ich noch nie gedacht habe, die seien zu übertreffen. Die Maazel-"Butterfly" mit Scotto oder der Carlos-Kleiber-"Rosenkavalier" kommen auch in Frage (aber ich gebe zu, daß mir dann schon andere Versionen zusätzlich einfallen).


    Fix Laudon, warum stellst Du auch so gemeine und interessante Fragen? Ich sehe mich schon tiefsinnig meine Opern durchforsten und skrupelbeladen die Kassetten in der Hand zu wägen wie Hamlet Yoricks Schädel. Wilhelm Busch wäre besser: "Erstens, Geliebte, ist es nicht so? Ach, die Tugend ist nirgendwo..."


    LG


    Waldi

    Vor langer, sozusagen in alter Zeit hörte ich im Budapester Erkel-Színház (dem damaligen zweiten Haus der ungarischen Staatsoper) eine "Cavalleria rusticana", bei der alle außer Turiddu ungarisch sangen, er aber italienisch (János B.Nagy trat laufend auch diesseits des Eisernen Vorhangs auf und hatte die Partie vielleicht wirklich nur in der Originalsprache studiert). Es hat nicht wirklich gestört, denn Ungarisch verträgt sich mit Italienisch ganz gut. Sicher lassen sich andere Sprachen aber weniger leicht miteinander kombinieren.


    LG


    Waldi

    Lieber Alfred,


    In Wilhelm Heinrich Riehls Novelle "Ovid bei Hofe" spielt das Duett "Blickt gnädig, hellglänzende Sterne der Liebe" von Scarlatti eine große Rolle.


    Da ich von den Scarlattis kaum etwas verstehe und kenne, kann ich nur vermuten, daß der Vater Alessandro gemeint ist und nicht seine Söhne. Auch weiß ich nicht, ob das Duett aus einer seiner Opern stammt oder mit den selbständigen Serenaden in Verbindung steht. Im Forum gibt es aber genügend Barockexperten, die zweifellos die Antwort sofort parat haben.


    LG


    Waldi

    Liebe Maggie,


    Leider ist das Bild zu klein, um genügend darauf zu erkennen (oder sind es schon meine alten Augen? :( ). Außerdem , Du glaubst nicht, was ein Kunsthistoriker alles noch nicht kennt! Ich wundere mich jeden Tag über mich selbst...


    LG


    Waldi

    Liebe Diavolisten,


    So wie Alfred habe ich diese Oper auch durch den Film kennengelernt, der übrigens keineswegs vergessen ist, sondern soeben - leider unter dem blöden Titel "Die Sittenstrolche" - als DVD wieder publiziert wurde. Das falsche Spätbarock stört mich eigentlich nicht sehr, weil alles wunderbar ineinandergreift. Dennis King in der Titelrolle ist eine Augen- und Ohrenweide, Thelma Todd (die bald danach unter nicht völlig geklärten Umständen ums Leben kam) eine ebenbürtige Gegenspielerin (leider singt sie nicht). Wie populär die Oper in Deutschland einmal war, erkennt man daraus, daß auch Marika Rökk einmal im Film eine Szene daraus sang.


    Die Aufnahme mit Gedda liegtseit kurzem bei mir daheim und wartet auf mich (und ich auf sie).


    Michele Pezza, der historische Diavolo, wurde übrigens nicht erschossen, sondern gehängt.


    LG


    Waldi

    Lieber Padre,


    Beim Schürfen findet sich noch manche Kostbarkeit, z.B. in Puccinis "Turandot", wenn die Minister den Prinzen von der Prinzessin ablenken wollen:


    Rompon la notte nera queste fulgide gemme!
    Fuochi azzurri! Vendi splendori!
    Pallidi giacinti! Le vampe rosse dei rubini!


    Du hattest Rubine bestellt, ecco!


    Bei Wagner bietet der Holländer im 1.Akt Daland eine ganze Schatzkiste an: "Edelstes Gestein!"


    LG


    Waldi

    Lieber Siegfried,


    Genau die, jawohl! :yes:


    Warum EMi die "Martha" derzeit nur in der Highlights-Version anbietet, habe ich mich oft gefragt. Vielleicht wollte die früher niemand, und der Bestand soll erst abverkauft werden?


    Wird es eigentlich auch eine Operetten- oder Orchester-Arche geben?


    LG


    Waldi

    Lieber Siegfried,


    Wären drei erlaubt, würde ich wahrscheinlich "Martha" nominieren, wieder mit Frick und Wunderlich sowie Rothenberger und Plümacher, geleitet von Berislav Klobucar. Du verstehst das sicher, andere werden mir mit gewissem Recht Monomanie vorwerfen, aber was soll ich machen: Auch wenn Frick nicht jugendlich klingt, er singt die Rolle des Plumkett doch wie keiner. Über Wunderlich sind wir sowieso einig.


    Ein Reservekandidat wäre noch "Zar und Zimmermann", natürlich auch mit Frick, aber dafür ausnahmsweise mit Gedda und Schreier (den finde ich ausnahmsweise wirklich einmal großartig). Diese CD auch wegen Prey als wirklich rollendeckendem Zaren und Erika Köth als Marie.


    LG


    Waldi

    Gestern meinte es das Schicksal gut mit mir, als ich zufällig auf den New Yorker "Lohengrin" von 1940 unter Erich Leinsdorf (TIM, Serie "History") stieß und ihn, weiß der Himmel wieso, um ein Drittel des üblichen Preises bekam. Die Aufnahme ist stark bearbeitet und fast ohne Rauschen, allerdings kommt es mir vor, daß dafür alles härter und etwas dissonanter klingt (Alfred, kennst Du diese Aufnahme vielleicht?). Ich habe das Gefühl, daß Lauritz Melchior (mein Gott, war der in Form damals!) da ursprünglich nicht ausschließlich mit heldischem Metall prunkte; habe allerdings nur kurz hineinhören können. Da die Rethberg die Elsa singt und Leonard Warren den Heerrufer, erwarte ich mir noch sehr Genußreiches!


    LG


    Waldi

    Lieber Siegfried,


    Danke schön für das Bild, das ist ganz lieb von Dir!


    Ergänzend möchte ich noch anmerken, daß auch die Tonqualität meines Erachtens superb ist (das ist anderen Leuten auch aufgefallen). Technik ist sichtlich nicht so sehr eine Sache des technischen Fortschritts, sondern des persönlichen Talents.


    LG


    Waldi

    Liebe Arche-Masochisten,


    Getrieben von der Alfredínischen Sintflut dachte ich natürlich zuerst an Favoriten wie Zauberflöte, Meistersinger, Traviata, Cavalleria, Hoffmanns Erzählungen u.dgl. mehr, aber erstens kann man etliche davon schon abhaken, zweitens werden die sowieso genannt. Also kümmere ich mich lieber um die noch unterrepräsentierte deutsche Spieloper, die bisher nur von Paul bedacht wurde ( :jubel: ) und nenne:


    1) Otto NICOLAI: DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR


    Eine vielfach unterschätzte Meisterschöpfung, die im Vergleich zu Flotow oder manchen Lortzing-Opern musikalisch sehr anspruchsvoll gestaltet ist und sowohl für Soloszenen wie für Ensembles wahre Leckerbissen enthält.
    Für die Arche geeignet ist die EMI-Aufnahme von Robert Heger mit dem Orchester der Bayerischen Staatsoper München.


    Falstaff: Gottlob Frick
    Fenton: Fritz Wunderlich
    Ännchen: Edith Mathis
    Frau Fluth: Ruth-Margaret Pütz
    Frau Reich: Gisela Litz
    Hr.Fluth: ernst Gutstein
    Hr.Reich: Keith Engen


    Alle traumhaft!


    (Bild wollte hier hereinstellen, es landete aber nur auf meiner Festplatte; Norberts segensreiche Erläuterung kann ich in der Geschwindigkeit wieder einmal nicht finden, sicher stolpere ich sofort über sie, wenn es zu spät ist.)


    2) Albert Lortzing: DER WAFFENSCHMIED (Paul hatte schon seine beiden Opern nominiert, als er ihm eingefallen ist), natürlich nur in der derzeit leider nicht neu erhältlichen EMI-Aufnahme unter Fritz Lehan (leider kein Bild verfügbar). Im Internet wird für eine gebrauchte Version schon bis zu 117 Euro verlangt! Da weiß jemand offenbar, was er hat...


    Stadinger: Kurt Böhme
    Marie: Liselotte Schädle
    Georg: Gerhard Unger
    Graf Liebenau: Hermann Prey


    (außerdem G.Litz und Fr.Ollendorff - Herz, was willst du mehr?)


    Langsam wird die Arche geradezu zum erstrebenswerten Zufluchtsort...



    LG


    Waldi

    Liebe Fairy Queen,


    Danke für Deine prompte und liebenswürdige Antwort. Jetzt sehe ich viel klarer und kann das meiste auch nachvollziehen. Ich habe mit den präzisen Zu- und Einteilungen auch meine liebe Not und wollte mich gar nicht erst in eine problematische Liste stürzen. Andererseits fasziniert mich die von Austria aufgeworfene Frage trotzdem sehr.


    Nicht alle guten Soubretten werden später lyrische Soprane, manche bleiben ihrem Fach angenehmerweise treu: Renate Holm, Lotte Schädle lassen sich da nennen. Anerderseits kann ein hellerer lyrischer Sopran mit entsprechendem Talent in Soubrettenpartien oft überzeugen. Wenn man Emmy Loose zuhört, dann denkt man bei ihrem Stimmcharakter zuerst gar nicht so ans Soubrettenhafte, eher an Pamina usw.


    Sena Jurinac hat sicher eine deutliche Entwicklung erlebt. Ich hatte das Glück, sie noch in ihren letzten Bühnenjahren als Marschallin zu erleben. Eine Sternstunde! Da war sie bereits ohne jede erahnbare Mezzospur und tief berührend.


    Nina Stemme sollte vielleicht gar nicht so viel Wagner singen. Ich hatte bei ihrer Senta das Gefühl, das sie sich da - auf eindrucksvolle Weise - mehr als voll verausgabte und bekam Sorge um ihre Stimme, wenn sie sich das als Dauerbelastung zumutet.


    Freni gegen Cotrubas zu tauschen - ich würde es nicht schaffen und beide hineinnehmen...ex aequo...wäre nicht regelkonform, aber der einzige Ausweg.


    Cornell McNeil solltest Du einmal als Vater Germont unter Krips hören (bzw. lies das, was Barockbassoflo an anderer Stelle darüber geschrieben hat :jubel: ).


    LG


    Waldi

    Liebe Fairy Queen,


    In ein paar Punkten möchte ich Deine Liste ein bißchen hinterfragen:


    Du hast Emmy Loose unter Soubrette gereiht. Es stimmt, sie hat solche Partien immer wieder gesungen, aber glücklicherweise nicht nur. Sie kommt mir als einer der typischen Fälle vor, die keinem Bereich ganz eindeutig zuzuordnen sind. Ich empfinde sie schon eher als einen lyrischen Sopran, der sich aber sehr gut anzupassen wußte, d.h. sie gehört da z.B. mit Reri Grist zusammen, die ja auch beides konnte.


    Wieso bezeichnest Du Nicolai Gedda als Charaktertenor? Zwar hat er davon auch etwas, aber das lyrische Moment ist doch bei ihm sehr ausgeprägt - er konnte sich aber sehr anpassen. Für mich täuscht da vielleicht sein Timbre etwas. Seine enorme und sichere Höhe paßt jedenfalls nicht ganz zum Charaktertenor.


    Domingo unter "Heldentenor" zu reihen, kann ich nicht recht nachvollziehen. Auch wenn er Wagner gesungen hat, so hat er es nicht richtig heldentenormäßig getan; seine Itanianità konnte er - und eigentlich muß man darüber auch froh sein - nie verleugnen.


    Auch bei Cornell McNeil(l) bin ich mit "Charakterbariton" nicht ganz glücklich; eine so warme Stimme mit so lyrischen Qualitäten?


    Nun verstehst Du von Stimmen zweifellos eine ganze Menge mehr als ich; könntest Du in den angesprochenen Fällen vielleicht ein paar Gründe für Deine Einteilung angeben, die mich Banausen eines Besseren belehren?


    LG


    Waldi

    Liebe Donizetti-Seher,


    Den "Don Pasquale" konnte ich nur zum Teil sehen; er hinterließ gemischte Gefühle. Klingt vielleicht jetzt hart, aber trotz einiger Glanzlichter war's nicht mehr als ordentliche Provinzleistung. Musikalisch ging es eher bedächtig zu, aber das ist wohl auch Geschmackssache.
    Die Inszenierung war nicht ohne Witz und beinhaltete einige nette Ideen, war aber überfrachtet mit zu divergenten Elementen - und stilistisch ging sie zu sehr an der Musik vorbei. Da hat sich der Regisseur sich selbst und seine Einfälle wieder einmal wichtiger genommen als den Komponisten. Das Schlußbild war außerdem richtig scheußlich. In der Personenführung wechselten Gutes und Fades. Gesungen wurde nicht schlecht, aber mit dem Wallberg-"Don Pasquale" durfte man natürlich nicht vergleichen. Da merkt man erst, was man an der Aufnahme hat.


    Insgesamt kein Opernabend zum Abgewöhnen, durchaus nicht, aber eben nicht mehr als nett. Positiv zu vermerken war allerdings das schauspielerische Talent der meisten Protagonisten.


    LG


    Waldi