Guten Morgen und welch eine Freude, hier gleich Ninas Beitrag zu finden!
Die Begeisterung , um Theo gleich zu antworten, kann man wohl nur nachvoll ziehen, wenn man ein echter Bellini und Dessay-Junkie ist und insbesondere auch die Schwächen des Librettos vor Augen hat, das mit der Inszenierung von Mary Zimmerman eine wahre Adrenalinspritze bekommen hat.
Was die musikalische Leitung von Evelino Pido angeht (in unseren programm steht er netterweise als "Elvino Pido" ), bin ich ganz eurer Ansicht. Das war nichts Besonders, ordentliche Routine-Arbeit, aber zu wenig Dynamik und Finesse.
Was mch diesmal wirklich störte war der Ton. Irgendwas war der falsch eingestellt, denn es klang viel zu laut und stellenweise schrill und an der Grenze zum sich überschlagen, vor allem im ersten Teil. Das gereichte leider vor allem Florez zum Nachteil, dessen Brillanz man manchmal mit Penetranz verwechseln konnnte.
Ansonsten: eine absolute Sternstunde!
Diese so selten gegebene Oper hat hier eine Verjüngungskur in jedweder Hinsicht erfahren, ohne dabei zu verlieren- im Gegenteil.
Nina hat das Inszeneirungskonzept bereits beschrieben- eine geniale Idee von Mary Zimmermann, um das wahrlich nciht sehr plausible Libretto auf eine andere Ebene zurückzustellen und die Personen ernstzunehmen.
Der Konflikt zwischen der intriganten weil frustrierten Lisa(sehr gute Bühnendarstellung von Jennifer Black, die mich stimmlich nur mässig überzeugte) und dem von allen geliebten und sehr sympathischen Star Amina war sofort deutlich.
Elvino in Lederjacke und Jeans und noch reichlich grün hinter den Ohren der Menschenkenntnis, von blinder Eifersucht fehlgeleitet und als rettende Schlüsselfigur der charmante Conte Rodolfo- durchaus kein Kostverächter, aber mit dem Herz am rechten Fleck.
Dazu die warmherzige und wenn's drauf ankommt auch mal resolute Mutter Teresa udn ein bemitleidenswerter Alessio, der Besseres verdient hâtte als sich ausgerechnet in die zickige Lisa zu verlieben.
Ein hervorragend singender und spielender Chor, der in dieser Oper recihlich zum Einsatz kam und sich selbst sowie das Schweizer Volk darstellte.
Zimmerman ist es m.E. gelungen, diese Oper mit der raffinierten Verschränkung der Ebenen Probe und Aufführung im besten Sinne zu entstauben und heutigen Zuschauern nahezubringen.
Konzertant bzw von CD wird Bellinis unsterbliche Musik immer die Herzen der dafür Empfänglichen erreichen, aber auf der Bühne kann man ihn leider nicht ohne grosses Fingerspitzengefühl vor mancher Geschmacks-Entgleisung retten, in die ihn seine Libretti allzu leicht hineinmanôvrieren. :wacky:
Dafür ein grosses Bravissima!
Jennifer Black hatte für die Rolle der Lisa zwar genau das richtige Erscheinungsbild und zusammen mit ihrer Schauspielkunst eine sehr gute Rollenidentifikation, aber die Tessitura war m.E. zu hoch für sie. Sie hat in den lyrischen Partien weit besser ausgesehen als bei den bewegten Spitzen ihrer beiden kurzen Arien. Gewöhnlich hält man ja die Lisas für potentielle Anwärterinnen auf die Amina- davon kann hier keine Rede sein. Weder was Stimmfarbe noch technische Möglichkeiten angeht.
Michele Pertusi als Rodolfo hat mit seiner guten gesanglichen Leistung zwar keinen eigenen Glanzpunkt setzen können, hatte es aber zugegebenermass neben zwei Superstars auch besonderes schwer.
Sein "Vi ravviso", eine Arie die ich besonders liebe, hatte nicht ganz den zu Herzen gehenden Schmelz , den ich mir wünschen würde , aber es gibt ncihts Greifbares zu kritisieren. Einfach ein guter Sänger, der in dieser Rolle weniger den altväterlichen Beschützer als den charmanten Lebemann gab, der aber weiss ,was Ehre und Anstand ist und auch nciht allzu spürbar unter seinem "Verzicht" gelitten hat.
Juan Diego Florez war stimmlich in Topform. Einen solchen Strahl, eine solche Durchschlags- und Durchhaltekraft hab ich von ihm noch in keiner Liveübertragung gehört. Brillantissimo!
M.E. kann er sich langsam bzw progressiv ins etwas grössere lyrische Fach wagen, die Vorraussetzungen hat er nun immer mehr.
Die Höhe ohne Fehl und Tadel- da sass jeder Ton- eine derzeit wohl konkurrenzlose Leistung im hohen Belcanto-Fach.
Bravisssimo!
Was sein Timbre und seine Eignung zum Bellini-Tenor angeht, sind die Meinungen offensichtlich geteilt- auch unter den Zuhörern gestern, mit denen ich gesprochen habe.
Meinem Mann hat die Stimme z.B. hier auch nciht so ganz gefallen- das ist wohl bei einem so unverwechselbaren Timbre Geschmackssache und zeigt nur die Einzigartigkeit des Sängers.
Man kann sich tatsächlich einen "romantischeren" Elvino mit weniger Glanz und dafür mehr Schmelz vorstellen, aber wo soll der sein?
Und in dieser Inszenierung war Florez ohnehin absolut rollendeckend, denn die Figur des Elvino war in Richtung einens etwas unreifen noch nciht ganz erwachsenen und auch ein bisschen trotzigen Temperamentsbündel ausgerichtet. Da passte der Stimmklang prächtig.
Was nun meine heissgeliebte Natalie Dessay angeht- ich weiss nciht, was ich dazu "Vernünftiges" sagen soll und würde das lieber "Neutraleren" überlassen
Ich fand sie wieder einmal umwerfend und Grenzen sprengend.
Bin mir aber durchaus bewusst, dass das nicht nur an der Stimme sondern zu nicht geringem Teil auch an ihrer überwältigenden Bühnenpräsenz und Darstellungskunst liegt.
Sie hat dieser Rolle eine bisher nciht gesehene Note gegeben und sie aus einer Mottenkiste befreit. Fröhlich ,ehrlich, lebendig, authentisch-Nina hat es bereits gesagt.
Ihre erste grosse Arie "Come per me sereno....Sovra il sen la man mi posa" war eine wahre Wonne der Schauspiel- und Gesangskunst.
Sie war während dieser Arie in der Kostüm- und Accessoire -Probe und hat als Clou für Eingeweihte eine typische Dessay-Clownerie eingebaut. Bei "Sovra il sen" gibt es am Ende ja die vielen Koloraturen auf die Worte "Ah si"
Da Dessay gerade Schuhe anprobieren musste und ein Paar nach dem Anderen nicht gut genug fand (als Diva...) sang sie statt "Ah si" einfach "Ah no"- und machte die netsprechenden Grimassen dazu- kôstlich!
Ihre tragisch-elegische Seite zeigt sie dann auf Feinste im Höhepunkt der Oper "Ah non credea mirarti" einem der Geniestreich des Melodikers Bellini.
Eine Planke der Bühne wurde dazu über in den Orchestergraben ausgefahren, so dass glecihzeitig der Eindruck der über dem Abgrund balancierenden Sonnambula wie auch das Herausgehobensein und musiklaische Ausnahmesituation deutlich wurden.
Dessay musste wohl selbst hier mit starlken Emotionen kämpfen, wie man nach der Arie an ihrem verlaufenden Augenmakup und den Tränenspuren sah und der Wrikung dieser Arie kann sich wohl kaum ein fühlender Mensch entziehen.
Wenn man dann noch ihr unverwechselbares und schon per se anrührendes Timbre hinzufügt, hat man dann die ultimative Bellinisternstunde.
Die Stretta "Ah non giunge" musste sie im ersten Teil tanzend und hüpfend und daher in möglcihst stimmfreundlciher Basic- Variante bringen, hat dann aber bei der Wiederholung alle tradtionellen und darüber hinaus Dessayschen Verzierungen gezeigt.
Das Ende hätte- ich gebe Theo da recht- brillanter sein können, aber zwischen einer Cd-Aufnahme und einer Live-Aufführung mit wahnsinnnigen Schauspielanforderungen, und dazu in der Luft gesungen (sie wurde von Choristen im Trimphzug und mit schönstnen Schweizer Trachten getragen), bestehen nun mal erheblche Unterschiede.
Gesanglcihe Spitzenleistungen in dieser Höhe und dieser Virtuosität kann man nur ausgeruht und in einer absolut entspannten Position bringen.
Wie auch Brunello bin ich der Ansciht, dass sie iin diesem Repertoire wirklich angekommen und eine derzeitige Idealbesetzung ist.
Für mich war dieser lang ersehnte Höhepunkt der Saison wirklch ein Solcher und ich finde es sehr sehr schade, dass nächste Saison in der Met kein weiterer Bellini auf dem Programm steht.
Fairy Queen