Beiträge von klingsor

    Wie Papier



    Kiele, verwachsen -
    fünf Bögen
    als Hand


    Beschrieben sind Federn,
    und alle Strophen
    wenden die Schrift


    Ränder verschließen,
    ein Ruf in die Zeichen,
    denn die Köpfe der Reime
    trocknen im Sand


    Geschöpft werden Silben,
    und durch’s Splittern der Tinte
    streicht noch ein Ring


    Nackt sind die Zeilen,


    und ein Brief
    wird als Siegel verschweißt




    (c) 17.X.2004
    J. B.

    Ich habe den Zyklus von Pletnjow/Pletnev schon länger. Sooo schlecht ist er bestimmt nicht. Ich denke, es kommt stark auf den Erwartungshorizont an. Es ist einer meiner "speziellsten" Zyklen, wohl keiner für den Einstieg, aber doch interessant. Ich mag allerdings auch die Tschaikowskij-Symphonien unter diesem Dirigenten ziemlich. Für 15 EUR kannst du nichts falsch machen, würde ich sagen. Selbst wenn dir acht der neun Symphonien gar nicht gefallen, wäre der Preis für eine, die dir gefällt, ja noch im Rahmen.


    sehe ich auch so. ich habe die ga schon länger und fand sie z.t. recht spannend. allerdings ist die 1. in einer rceht vermatschten aufnahmetechnik aufgenommen. man erschreckt fast, wenn man den beginn der sehr gut aufgenommenen 3. anschließend hört. mir gefallen die sonderbarkeiten, die rubati, die es bei ihm gibt, sehr gut. gerade bei der 6. ich habe es nicht bereut. kein meilenstein, aber interessant. ich glaube meine 19. ga der beethovenschen symphonien :-)

    dieser alten antwort stimme ich auch heute noch zu.

    Glasharfen


    Alles bloß Saiten,
    Windspiel,
    und Töne aus Eis -
    ein Winter
    um den Äther gespannt


    Takte zersplittern:
    Rahmen,
    Griffe,
    und ein Weiß,
    das versinkt


    Harfen zerrinnen,
    und bald
    verlieren Noten den Grund


    Nichts singt mehr auf -
    auch ein Korpus ist stumm


    In Stücken der Klang:


    Zwei Drähte,
    durch den Äther gespannt




    (c) 2001
    J. B.

    Sterngrau



    Meine Augen sind groß,
    sterngraue Fragen,
    zwei Kinder aus Schlaf


    Sie kommen wie Regen,
    mit Schuppen
    aus Lehm


    Ihre Höhlen sind leer -
    bloß Rahmen,
    doch ihr Dunkel begreift


    Denn alles bleibt Tasten:


    Zwei Schalen
    und ein Umriß,


    vergreist




    (c) 16.VII.2007
    J. B.

    Gärten



    Die Gärten sind schwer


    Zwei Astern taumeln wie Sand


    Ins Moor fliehen Spitzen -
    ein Torfreif vergilbt


    Verloren sind Schläfen,
    und langsam
    wird ein Odem bestickt


    Als Kuß wachsen Flechten,
    um die Zunge ein Ring


    Es torkeln Schleier,


    wenn ein Vogelzug welkt




    (c) 25.X.2007
    J. B.

    Fragen


    Wie übersetze ich Schatten,
    und wie
    kann ich Tote bestimmen?


    Wie messe ich Federn
    oder teile den Leib?


    Wie trage ich Wasser,
    und wie
    lös’ ich den Boden noch aus?


    Wie wende ich Tränen
    oder wiege die Zeit?


    Und wann nun
    setzen meine Brauen über,


    und wo
    lern’ ich die Sprache,


    die Schatten versteh’n?




    (c) 7.VI.2007
    J. B.

    Erwartung


    Die Bahren sind falsch -
    zwei Messen verlassen das Haus


    Tauben zerschlagen,
    und ihr Gebot
    wird mit Weihrauch geschürt


    Am Kreuz fault das Eisen,
    und ein Dorn
    hat alle Hostien versetzt


    Die Beichte, in Stücken -
    auch die Lügen
    verstecken uns nicht


    Es ist Zeit:


    Auf der Stirn schwält ein Segen,


    und das Öl
    ruft seine Krippen zurück!




    (c) 7.X.2007
    J. B.

    Erdschrift



    Zungenspuren,
    mondlachenschwer


    Dunst von drei Wörtern -
    Erdloch,
    nur eine Fährte als Reim


    Ein Satz schält die Wege -
    von Nüstern träuft Lehm


    Vor den Blättern ein Maul:
    Der Speichel zerfällt
    wie feuchtes Papier


    Es tropfen die Verse,
    und ein Tier wittert Schrift:


    Wundschweiß,
    erbrochene Namen -


    nur eine Worthaut liegt bloß




    (c) 24.V.2009
    J. B.

    Falschgeburt



    Lustschergen fluch ich,
    Falschgeburten will ich tot -
    Apfelblut soll Kimmen süßen;
    Fratzen blecken über Tag


    Blumen sind mir abgezogen,
    Gaumensäfte, ausgezehrt:
    Begatten will ich Deine Lüge,
    Lager für Dich, Hure, bau’n


    Denn Liebe ist es, falsche Brut,
    Dein ‚Ja’,
    und auch


    mein ausgespie’ner Schlund!




    (c) 3.IV.2005
    J. B.

    Elegie



    Du mußtest ein Tasten
    zweier Engel sein,
    wie ein Jahrhundert,
    das begann


    In Deinem Arm schliefen Meere,
    und es war,
    als wöge man Gärten
    in Deinem Mund


    Birken begingen die Schritte -
    selbst ein Ahnen
    schrieb man auf Duft


    Wie Wald rochen Jahre,
    und man vergaß,
    die Locken zu zähl’n


    Doch Stimmen wurden gebunden,
    und Einer
    kam wie ein Schneien
    über den Tag


    Von Deinem Haar wusch er Zweige,


    dann trat er aus Lidern
    und löschte die Zeit




    (c) 2004
    J. B.

    Späte Rosen



    Einen Kranz werd’ ich tragen,
    späte Rosen
    und den Buchs,
    der nie mehr einer Bitte gleicht


    Und helle Schritte
    und den Sonnenbogen,
    der ein Koosen
    aus dem Abend bleicht


    Und Hände,
    die noch werden sollen,
    einen Körper
    wie ein Warten,
    ein Lieben
    wie ein Innehalten,
    und bald den Schmerz,


    der bis
    zu einem Garten reicht



    (c) 11.X.2011
    J. B.

    Du bist ...



    … an die Pforten geschrieben -
    auch Dein Schoß
    spricht als Blau


    Der Hals riecht nach Trauben,
    und das Lachen der Schwalben
    kehrt nach Hause zurück


    Um den Tag wächst ein Klang,
    und gleich betreten
    zwei Morgen die Brust


    In Wimpern treibt Mohn -


    und nun sag’,
    wieviel wiegt wohl ein Traum?




    (c) 11.IV.2008
    J.B.

    Du als Blume



    Blutstrauß -
    unter Brüsten geschnitten?


    Ertasten von Farben -
    ein Kußmund aus Bast?


    Besprechen von Rispen -
    ist ein Frühling verletzt?


    Zwei Düfte, verbunden:
    die Lippen
    aus Seidenpapier?


    Vasen belügen,


    so befrage ich Stiele,
    bis ein Blütenhals bricht




    (c) 2002
    J. B.

    Dornhüter



    Berühren wir Sterne?
    Führen wir Rosen im Mund?
    Bruder, sag’ mir,
    schlafen wir schon?


    Denn mich betten die Narben,
    und alle Wangen
    weichen mir aus


    Auch Blätter verletzen,
    und niemand gibt mir
    die Seelen zurück


    Sag’, sind wir Engel?,
    denn ich spür’,
    wie Blüten
    uns’re Lider verlassen


    Ja, mein Bruder,
    so ist’s:


    Uns hütet der Mohn,
    und das Gewicht der Dornen,


    das bemißt er nach Sand




    (c) 18.IV.2007
    J. B.

    Dein Tod



    Dein Tod ist leicht


    Im Rund liegt ein Sterben -
    ein Grab
    hinter der Stirn


    Der Atem wie Erde -
    ein Spiegel,
    versehrt


    Das Gesicht
    fast entblößt,


    und nichts
    hält es fest




    (c) 17.III.2007
    J. B.

    Wolkenspiel



    Ich spiele mit Wolken,
    und meine Liebe
    streift Herzen im Wind


    Sie flicht mich in Sterne,
    und ihr Flug
    scheint traumüberfüllt


    Sie lockt mich als Bann,
    doch ihr Ruf
    bindet nichts


    Denn alles gleicht Zauber,
    und ein Kuß wird ihr leicht


    So flieg’ ich mit Wolken,
    bis mich bald auch


    meine Liebe verspielt




    (c) 21.VII.2007
    J. B.

    Bruchstück


    Zwölf Gläser,
    fast blind


    Lichtspäne fallen,
    und Nimben
    splittern wie Blei


    Versucht sind die Farben,
    denn ewig
    wird ein Abbild entstellt


    Schwarz ist geschunden,
    und Du -
    nur ein Wandspruch,
    verwaist


    Noch leugnen Rosetten,


    doch wie ein Röcheln
    stürzen Rippen herab




    (c) 2011,
    J.B.

    Blutgedicht



    Das Blut aus dem Reim -
    jeder Satz sterbe weiß!


    Keiner sag’ Liebe,
    oder halte den Schwur


    Schabt Verse, Ihr Lügen,
    und zerreißt mein Gedicht


    Ihr Tränen, ins Feuer,
    auf, bespeit das Papier


    Streicht Finger, Ihr Silben,
    und zerschlagt mir die Schrift


    Ja, selbst dies’ Blatt
    verfaul’ noch im Mund,
    und niemand


    frage mehr nach!




    (c) 24.VI.2007
    J. B.

    Flieder



    Alles ist Fragen,
    alles ein Ahnen,
    und alles
    wandelt ein Hauch


    In Duft lös’ ich Tage,
    und alles
    lass’ ich uns auf


    Ich beuge wie Flieder,
    und zeichne die Stirn -
    selbst von den Dolden
    nehm’ ich dazu


    Dann zieh’ ich in Lippen
    mit Falken als Bann,
    und Dein Bild
    wird von Knospen verhüllt


    Denn alles ist Fragen;
    alles ist ‚Ja’ -


    und Du ahnst:


    Eine Blüte
    halte ich bald




    (c) 6.VII.2007
    J. B.

    Blüte



    Papierrosen-Blüte:
    Eine Seite schlägt aus


    Die Sagen,
    gebündelt,
    und verschlossen als Haut


    Aus Blättern die Lerchen -
    fast Nester,
    in Rücken gestanzt


    Dann noch zwei Stiele,
    wie Herzschäfte, rot:


    Gleich schneiden Rispen
    sich Märchen zurecht




    (c) 26.I.2010
    J. B.

    hmmm, erstaunlich. mir gefällt der dritte satz nicht sonderlich; ja, ich finde ihn sogar eher geglättet ..ganz anders bei giulini oder bernstein.


    insgesamt hat mich rattle - wie fast immer - enttäuscht. der zweite satz viel zu langsam, zu wenig brutal. der erste satz noch ok. und das finale...ja, das finale war der grund des kaufs ... nicht übel, das muß ich sagen, auch wenn ich das finale bei immer häufigerem hören doch kompositorisch recht einfach finde... da wiederholt sich einfach vieles viel zu oft. von DEM so ewig erwartetem offenbarungs-finale ist - wie ich finde - nicht allzviel zu hören.


    aber, ich warte noch immer auf eine spitzeneinspielung .. mal sehen, wie lange noch ...


    :hello:

    Blessen



    Wir weben am Firn
    und tragen Flicken um’s Herz


    Unser Rocken gleicht Schnee,
    und der Tag rinnt als Flachs


    So spinnen wir fort
    mit einem Winter als Schweif,
    denn Mähnen sind wir,
    bloß Schnitte


    und drei Blessen,
    verscharrt



    (c) 7.VI.2007
    J. B.



    Blaugewicht



    Gewogen


    So leicht


    Schrift in den Wolken
    und Arm
    voller Traum


    Ein Wortspiel im Haar


    Strophen,
    Luftmund
    und ein Blau
    als Gewicht


    Und alles so leicht


    Nur ein Himmel


    mitten ins Herz



    (c) 28.VII.2008
    J.B.