Beiträge von m.joho

    Nicht jeder eure Meinung teilt...
    Anhand der obigen begeisterten Stimmen für Araiza muss ich wieder einmal konstatieren, dass bei allen Versuchen objektiv zu urteilen ein zeimlicher Anteil eine Geschmacksfrage scheint.
    Mochte Araiza in seinen Anfängerjahren durchaus ein geeigneter Kandidat für das ganz leichte Rossini-Fach gewesen sein, wurde ich schon bei Mozarts Zauberflöte "sein nicht froh". Denn seine Stimmführung wurde (nach meiner Einschätzung) schon relativ früh durch eine gewisse Larmoyanz geprägt, die ihm eine glanzvolle Höhe verunmöglichte. Ich habe durchaus mehrfach versucht diesem Sänger gerecht zu werden und wurde jedesmal bitter enttäuscht, da z.B. für den Mozart-Gesang für mich die strahlende Stimme eines Wunderlich angestrebt werden sollte. Und beim französischen Fach wurde er durch Alfredo Kraus (den viele hier als "kalt" empfinden) in seine Schranken gewiesen.
    Den Tiefpunkt erreichte Araiza für mich, als er sich an heldischen Partien versuchte (Alvaro, Siegnot in der Pfitznerschen "Rose" oder gar Wagnerpartien). Hier ist ganz einfach ein gewisser "Thrill" in der Stimme unabdingbar, der nur dann erreicht wird, wenn ab der tenoralen Bruchstelle etwa ab dem g die Stimme schlank geführt wird, während der Mexikaner die Bruststimme mit einem weichen Ansatz bis in die Vollhöhe weiterführte. Dies nahm seinem Gesang für mich jegliche Virilität und den Figuren die Glaubhaftigkeit (für mich klingt alles realtiv weinerlich) und dürfte letzlich auch für sein relativ frühes Karrierenende verantwortlich sein.
    Nichts für ungut....

    Aber Joseph, ich dachte wir reden hier von Traumbesetzungen; noch besser wäre es, sie wären zeitlich möglich gewesen:
    Lassen Sie mich hier eine für die 50er/60er Jahre aufstellen:
    Tannhäuser:
    Landgraf: Gottlob Frick
    Elisabeth: Elisabeth Grümmer
    Tannhäuser: Wolfgang Windgassen
    Wolfram: Fi-Di
    Walther: Fritz Wunderlich
    Bitterrolf: Franz Crass
    Venus: Grace Bumbry
    Dirigat: André Cluytens

    Brr, Joseph, jetzt bin ich ja beinahe schockiert. Was ist denn bloss in Sie gefahren???
    Lassen Sie mich etwas korrigieren:
    Als Siegfried mag ja der martialische Lorenz noch hingehen, aber als Stolzing ist er (wie die Furtwängler-Aufnahme belegt) schlichtweg indiskutabel. Folglich: Ersetzen wir ihn durch Franz Völker.
    Weitere extreme Absurditäten:
    Greindl als Grunemanz. Wie wäre es mit Hotter oder gar Cesare Siepi?
    Und als Extrembeispiel: Birgit Nilsson als junge Eva. (Sie wusste sehr wohl, warum sie diese Rolle nicht sang.) Wie wäre es mit Elisabeth Grümmer, Lisa della Casa oder Edith Mathis?
    Und ob nun der knorrige Ludwig Weber als Kothner, bzw. die Varnay als Verführerin Kundry, oder gar Magdalene, bzw. der Bass Kurt Böhme als der doch eher hochgelagerte Klingsor (da haben Uhde und Neidlinger anderes gezeigt) ideal besetzt sind??? Ich habe starke Zweifel ;)

    Auch mir ist es unmöglich nur ein Erlebnis zu nennen. Prägend waren für mich die Vorstellungen, die ich in Wieland Wagners Inszenierungen in seinem Winter-Bayreuth Stuttgart mit Wolfgang Windgassen erlebt habe, den ich dabei auch persönlich kennen lernen durfte.
    Besonders in Erinnerung geblieben sind mir eine Walküre mit Rysanek, Ligendza und Thomas Stewart unter Leitner, eine Götterdämmerung mit Varnay 1969, ein Tannhäuser mit Jurinac und Frick und natürlich der Tristan unter Kleiber mit Ligendza, Hoffmann, Neidlinger und Frick von 1973.
    Daneben möchte ich auch eine Tosca unter Santi mit Gobbi, Gianni Raimondi und Gwyneth Jones erwähnen, alle Othellos unter Kleiber und als eines der letzten umwerfenden Erlebnisse der Werther unter Prêtre mit Kraus in den umwerfenden Bühnenbildern von Samaritani, der auch in Wien lange Zeit gezeigt wurde.
    Seufz, ach wie haben sich die Zeiten geändert....

    Lieber Joseph II,
    Als grossen Greindl-Fan angesprochen möchte ich Sie auf die Video-Aufzeichnung der Schusterstuben-Szene der Meiststersinger von 1963 ansprechen. Bei Bedarf melden Sie sich bei mir und ich mache Ihnen gerne eine DVD.
    Mit freundlichen Grüssen

    Für den 56er sprechen, wenn ich ihn mit den folgenden vergleiche, für mich zwei Gründe, wobei der zweite rein persönlich gefärbt ist:
    Der wesentliche erste: Orfeo hat diesen Ring in einer Tonqualität rausgegeben, mit welcher die "Schwarzfirmen", die die folgenden Ringe anbieten, nicht annähernd konkurrieren können.
    Der zweite persönliche: Der 56er bietet Windgassens Siegmund (als "Einspringer"), der mir persönlich, trotz zugebenermassen etlichen rythmischen Unsauberkeiten, die auf die mangelnden Proben mit Kna zurückzuführen sind, viel mehr zusagt als seine Nachfolger Vinay,bzw. Vickers.
    (Übrigens konnte ich die 60er Walküre unter Kempe mit Nilsson wieder auftreiben und werde sie wenn ich mal Zeit finde bei
    operashare "uploaden":

    Hier meine Favoriten:


    Rienzi
    Stuttgart 1956, Leitner


    Holländer
    Krauss 44
    Knappertsbusch, Bayreuth 1956


    Tannhäuser
    Bayreuth 62 Sawallisch


    Lohengrin
    Bayreuth 1960, Maazel


    Meistersinger
    Bayreuth 1960, Kna


    Tristan
    Bayreuth 1956 Böhm


    Ring
    Bayreuth 1956 Kna


    Parsifal
    Bayreuth 1963 Kna


    MfG

    Es geht doch gar nicht um die Frage einer Schuldzuweisung, wenn man konstatiert, dass grob gesagt der Wagner-Gesang der letzten 40 Jahre, von einzelnen Persönlichkeiten (wie z.B. Ihrem Namensvetter) abgesehen, ein steter Niedergang war. Bedauerlicherweise muss dasselbe auch bei Verdi, Puccini, Massenet usw. gesagt werden, die einzige Ausnahme dürfte heutzutage die Barockoper sein.
    Wenn man aber, um bei Wagner zu bleiben, die Tondokumente anhört, kann man folgendes konstatieren:
    Grauslich für heutige Ohren war der Sprech, bzw. Konsonanten-Spuckgesang der Cosima-Aera.
    In den 30/40er Jahren dürfte mit Sängern wie Melchior, Völker usw. ein gewisses Ideal erreicht worden sein.
    Die 5oer/60er Jahre dürften für heutige Ohren geradezu als "goldene Zeit" empfunden werden.
    Was hat sich seither verändert?
    Die heutigen, eher schmalbrüstigen Stimmen sind weitgehend nicht mehr im Stande die anspruchvollen Partien durchzuhalten und wenn man jemanden als fähig befindet einen Lohengrin zu singen, wird er unbarmherzig in Partien verheizt, die seine Fähigkeiten weit übersteigen. Ist ein Sänger nicht intelligent genug "nein" zu sagen, ist damit sein Niedergang schon angekündigt. Es tönt vielleicht wie ein Witz, aber sogar Sängern wie Alfredo Kraus oder heute Beczala wurde der Siegfried angeboten.
    Vielleicht wäre die einzige Rettung die, dass man mal einige Jahre die Opern des sog. dramatischen Faches nicht mehr spielt und das Festspielhaus wirklich für ein paar Jahre schliesst, in der Hoffnung dass dadurch dem Nachwuchs eine Chance zu reifen geboten wird.
    (Auch mir ist klar, dass dies Illusion ist und ich sehe viel eher, dass wir in den letzten Jahren sind, in welchen Oper, wenn auch unzulänglich, überhaupt noch gespielt wird. Regietheater hat die seriöse Sängerleistung, vielleicht notgedrungenerweise abgelöst.)

    Dann wollen wir, lieber Herr Pape, das Spiel mal durchspielen, indem ich eine beliebige Sängerbesetzung der momentanen Bayreuther Festspiele nehmen und sie mit einer nachprüfbaren Besetzung (auf CD bei Testament erschienen) der 50er Jahre vergleichen. Beispiel "Götterdämmerung":
    2009
    Siegfried: Christian Franz
    Gunther: Ralf Lukas
    Hagen: Hans-Peter König
    Alberich: Andrew Shore
    Brünnhilde: Linda Watson
    Gutrune: Edith Haller
    Waltraute: Christa Mayer
    1956
    Siegfried: Wolfgang Windgassen
    Gunther: Hermann Uhde
    Hagen: Josef Greindl
    Alberich: Gustav Neidlinger
    Brünnhilde: Astrid Varnay
    Gutrune: Gré Brouwenstjin
    Waltraute: Maria von Ilosvay


    Dies, wie gesagt, nur als Beispiel. Ich wage es sogar zu behaupten, dass dasselbe signifikante Resultat bei jeder Besetzung der 50er, 60er Jahre entstünde (übrigens über Regie, bzw. Dirigat habe ich nichts gesagt :yes:).
    Auf Ihre Erwiderung bin ich gespannt!

    Ich finde es übrigens sehr positiv, dass mit Mitridate wieder einmal ein Kenner in diesem Forum Einzug gehalten hat, der im Stande ist, die heutige Misere der sängerischen Leistungen zu erkennen, weil er die nötigen Vergleiche mit Sängern früherer Zeiten ziehen kann!
    Nochmals: Herzlich willkommen!!

    Weder Schreier noch Stolze, den ich auf gleicher Ebene wie Zednik sehe, vermögen mich in dieser Partie zu befriedigen. Der erste vermag für mich mit seinem keuschen Kantorentimbre die Doppelbödigkeit dieser Partie nicht aufzuzeigen und die letzteren haben mir schlichtweg zuviele gesangliche Defizite aufzuweisen.
    Meiner Ansicht nach gebührt auch hier die Krone Windgassen (dies aber nicht in der RAI-Aufnahme unter Furtwängler, in welcher er viel zu brav klingt).

    Nur kurz ein paar Worte zu Wielands bis heute nicht mehr erreichtem Stil der Regie:
    Mit Ausnahme des Lohengrins und der Meistersinger habe ich sämtliche Werke Wagners in seiner Inszenierung gesehen, dazu noch den Fidelio. Nie war bei mir, trotz einer gewissen "Statik", das Gefühl der Langeweile aufgekommen, die Lichtgestaltung war schlichtweg genial, die Gesten (im Gegensatz beispielsweise zu Wilson) nachvollziehbar, und beeindruckend war in seiner Schlichtheit das sog. "Gummiband", das zwischen den Darstellern bestand, d.h. jede Person war mit den anderen in einer gewissen Art verbunden. Nie wurde ins Publikum gesungen, der Sänger richtete sich immer an die jeweils angesprochene Person.
    Etwas ganz wichtiges darf aber bei dem Ganzen nicht vergessen werden: Die immense Ausstrahlungskraft der damaligen Sängerdarsteller. Es wird heute viel über die Darstellungskraft von Domingo gesprochen und dies durchaus zu Recht, nur ist er sozusagen ein "Solitär" unter den +- aktiven Sängern. Damals gab es eine grosse Reihe von Persönlichkeiten, die heute vollständig ausgestorben sind. Man stelle sich einmal vor: Die zu Recht heute viel gelobte Birgit Nilsson wurde von vielen kritisiert, weil ihr Darstellung derjenigen von Tragödinnen wie Mödl und Varnay weit unterlegen war. Im Tenorfach war Windgassen (wie langweilig im Vergleich dazu seine Nachfolger Kollo und Jerusalem) im Baritonfach Hotter und London etc., etc..
    Eine parallele Regieleistung zu Wieland müsste demzufolge auch heute mit sehr starken darstellerischen Leistungen der Sänger gekoppelt sein (ich erinnere mich beispielsweise an einen 1. Akt der Wielandschen Walküre mit Callio statt Windgassen, der absolut langweilig wurde). Und diese Sängerpersönlichkeiten müssten heute leider erst geschaffen werden.
    Manchmal kommen mir die Regietheaterversuche vor, als müsste man dadurch von schlechten Sängerleistungen ablenken :stumm:

    Hier meine Wertung
    12 Punkte für Wolfgang Windgassen
    11 Punkte für Alfredo Kraus
    10 Punkte für Tito Gobbi
    9 Punkte für Hans Hotter
    8 Punkte für Franco Corelli
    7 Punkte für Gianni Raimondi
    6 Punkte für Boris Christoff
    5 Punkte für Piero Cappuccilli
    4 Punkte für Fritz Wunderlich
    3 Punkte für Piotr Beczala
    2 Punkte für Rudolf Schock
    1 Punkt für Carlo Bergonzi


    Mit freundlichen Grüssen

    Betrifft: Ticho Parly


    Ich erinnere mich daran ihn in den 60er/70er Jahren z. B. als Tannhäuser und auch in der Rolle des Bürgermeisters im "Besuch der alten Dame (mit der unvergesslichen Astrid Varnay)" hier in Zürich erlebt zu haben. Auch hat Parly, wenn ich mich recht erinnere eine Rezitalplatte bei DG veröffentlicht und in Bayreuth im letzten Wieland-Ring in einer Saison den Siegfried gesungen. Seine Stimme war recht ungefüge und wahrlich nicht schön zu nennen, vor allem fehlten alle lyrischen Zwischenwerte, aber sie zeichnete sich durch immense Kraftreserven aus. Am ehesten würde ich sie mit dem noch lauteren "Wagner-Dinosaurier" (wie er sich selber nannte) Hans Beirer vergleichen.
    Mit freundlichen Grüssen

    Lieber Frank,
    Dieser Satz von Anja Silja trifft absolut zu. Eigentlich machte er Wielands Neubayreuth, was die Tenorpartien betrifft erst möglich; diese Erfassung der Partien wurde bis heute nicht annähernd mehr erreicht. Man kann es nur bedauern, dass Wieland keine Filmaufnahmen zuliess, damit diese Behauptung auch durch visuelle Dokumente nachvollziehbar würde. Weitere Fragen beantworte ich gerne im Windgassen-Thread.

    Für mich ist der 63er Parsifal (erschienen bei Golden Melodram) unübertroffen. Wie haben hier in erster Linie den gereiften Windgassen, der nun auch den künftigen Gralskönig glaubhaft macht, Hotters Gurnemanz noch eindrücklicher als 1962, dazu als besonderes "Schmankerl" Neidlinger als Klingsor. Die einzige Einschränkung muss man vielleicht bei Irene Dalis als Kundry machen, die aber die Partie glaubhaft machen kann, auch wenn sie nimmer die Gestaltungskraft von Mödl 1951 erbringt. Kna souverän wie immer. Die Tonqualität der Mono-Aufnahme lässt keine Wünsche offen.

    Sorry Lullist, "Ihr mahnt micht da gar recht"...
    Ich hätte schreiben sollen, "spätestens seit ihrer Revolution im 19. Jahrhundert". Ich bedaure zutiefst die Anfänge ausgeklammert zu haben, aber wenn ich hier über Oper schreibe gehe ich von einer gewissen Orchstergrösse und für einen Tenor mit Bruststimme gesungenen hohen C's aus...

    Ihr Argument, werter Mengelberg, geht deshalb daneben, weil die Oper nie ein Produkt für die Masse war und es hoffentlich auch nie sein wird. Es war ja eben die Absicht der 68er die Oper durch Aktualisierung tauglicher für Leute zu machen, die sich vom Bildungsbürgertum abgrenzen wollten, und sie dadurch eben massentauglicher zu machen. Dieser Versuch ging bekanntlich grausam daneben und raubte ihr dadurch alles, was die Oper einst ausmachte: Schönheit, Aesthetik, Gefühlstiefe. Wenn durch die private Finanzierung diese Attribute zurückkämen, wäre dies so schlimm? Wer würde denn so elitär sein, zu behaupten, dass nicht sogar in Hollywood heutzutage Filme gedreht werden, die zwar dem Massengeschmack entsprechen aber vielen Darbietungen des Sprechtheaters überlegen sind (Capote, Walk in the line etc. etc.): D.h. Profitmaximierung schliesst Kunst und Kultur nicht aus, wie Sie hier genauso apodiktisch behaupten.
    Mit freundlichen Grüssen

    Geehrter Herr Pape,
    Es war leider zu befürchten, dass sich dieser Thread in besagte Richtung entwickeln würde. Denn jeder, ich betone jeder andere Finanzierungsvorschlag der Oper wird den Anhängern des Regietheaters ihr Steckenpferd wenn nicht verunmöglichen so doch die Aufführungsmenge gewaltig verringern. So scheint es mir nur logisch, dass sie sich mit Händen und Füssen gegen eine Änderung des Giesskannenprinzips sträuben. Die momentane Wirtschaftskrise lässt aber schon heute die Finanzen nicht mehr munter weiter sprudeln und eigentlich besteht künftig (wenn nicht immer mehr Häuser geschlossen werden sollen) keine Alternative zum Zürcher-Modell von Perreira, d.h. eine durch die öffentliche Hand unterstützte Zuwendung von Sponsoren. Dies wird sein Nachfolger Homoki (Seufz!) auch noch erfahren...

    Mengelberg
    Was heisst hier langweilig und nichtssagend? Sind wir wirklich mittlerweile so weit, alles als langweilig und nichtssagend zu bezeichnen, das das Libretto ernst nimmt und sich bemüht Kostüme und Bühnenbilder zu gestalten, welche das Werk erkennen lassen.
    Noch kurz zur besagten Lucia: Villazon war wirklich grässlich, aber das ist bei diesem Tenor nicht erstaunlich; ohne fundierte Technik ist er seit Beginn seiner Karriere dank seines schönen Timbres in einem ihm nicht zuträglichen Fach tätig gewesen (dies kennen wir schon von Di Stefano und Carreras). Aber: Ab der zweiten Vorstellung wurde seine Partie von Beczala übernommen, der eine Leistung ablieferte, die schon beinahe an diejenige eines Alfredo Kraus heranreichte. Wenn man Künstler dieses Ranges haben will (und ich will sie!), dann muss man ihnen auch mit der Inszenierung entgegenkommen. In einem Interview mit Beczala, das der ORF letzten Sonntag ausgestrahlt hat, hat der hochintelligente Sänger angemerkt, das er viele Engagements infolge der der abstrusen Inszenierungen nicht eingehe... Für mich sind es eben immer noch die Leistungen der Sänger, des Chors und des Orchesters, die einen Besuch der Oper erst interessant machen.

    Vielleicht in dieser THEORETISCHEN Diskussion noch eine weitere THEORETISCHE Idee, wie man das Problem etwas entschärfen könnte: Was halten die Mitstreitenden von dem Vorschlag, dass man die Herren Regisseure mit einem bescheidenen Lohn (ca. Harz 4) und dafür mit einer Umsatzbeteiligung (wie es in grösserem Rahmen bei Hollywoodschauspielern mittlerweile üblich ist) entgelten könnte. So wäre eine Inszenierung wie Zeffirellis Bohème die seit Jahren an der Wiener Staatsoper läuft eine echte Finanzquelle, während all die Versuche, die wegen mangelnder Nachfrage schon nach kurzer Zeit abgesetzt werden, ein Verlustgeschäft würden? ;)
    Mit freundlichen Grüssen.
    P.s.: Nicht Leute wie ich sind die Aggressoren, sondern diejenigen, die uns seit Jahren die Oper zu vermiesen versuchen. Nur beginnen wir uns langsam endlich zu wehren, nachdem wir jahrzehntelang ruhig waren, in der Hoffnung der Spuk werde irgendwann von selber vergehen.

    Lieber Joseph,
    Darf ich darauf hinweisen, dass Windgassen den Siegmund neben dieser Aufnahme, bei welcher in grässlicher Verfassung war, 1960 noch ein zweites Mal in hervorragender Form neben Birgit Nilsson unter Kempe gesungen hat. Ich hatte diese Vorstellung mal auf Band, aber sie ist mir leider im Laufe der Jahrzehnte abhanden gekommen. Wenn jemand über diese Aufnahme verfügt, wäre ich (nicht zuletzt wegen Kempes Dirigat) ein sehr dankbarer Abnehmer.
    Mit freundlichen Grüssen

    Wie ich schon in einem anderen Thread bemerkt habe, sehe ich keinen anderen Weg mehr, um der unseligen und publikumsfeindlichen Dominanz der Regietheatervertreter zu entkommen, als die Subventionen der öffentlichen Hand einzuschränken und vermehrt private Mäzene mit enstprechenden steuerlichen Vergünstigungen (siehe Amerika) anzusprechen.
    Das Argument der kulturellen Vielfalt sticht nur im Hinblick auf Werke die abseits vom Mainstream liegen (übrigens werden die Barockopern ja immer mehr aufgeführt und von einem beachtlichen Teil des Publikums gefordert), aber nicht in der Darstellung. Da haben wir wirklich eine absolute Einigkeit der Regisseure (mag die individuelle Handschrift noch so verschieden sein), die alles immer noch auf Brechts Verfremdungstheater zurückführen; es scheint mir auch nicht zufällig, dass ein grosser Teil von ihnen aus der ehemaligen DDR stammt, die die Brechtschule immer für das Mass aller Dinge hielt. Hier in Zürich habe ich immer noch das Glück, dass Leute wie Del Monaco und Assagaroff inszenieren, aber reden Sie zum Beispiel mal mit Leuten aus Stuttgart über kulturelle Vielfalt. Diese Bühne war bis in die 70er Jahre eine der führenden Deutschlands und was ist davon geblieben: Durch das ausschliessliche Engament von einer bestimmten Sorte von Regisseuren sind kaum mehr Sänger von Weltruf bereit, sich dort engagieren zu lassen.
    Um wieder auf das eigentliche Thema zurückzukommen:
    Die Salzburger Festspiele in der Ära Karajan haben einen Weg gezeigt, der für die Zukunft massgeblich sein könnte. Private Mäzene, geringe öffentliche Subventionen und so eine verkürzte Saison mit einer beschränkten Anzahl Vorstellungen mit erstrangigen Sängern. Dies würde nach langen Jahrzehnten endlich das Ende der abstrusen Experimente mit sich bringen und auch in den Ländern des "Eurotrash" die Oper wieder auf eine wünschenswerte Höhe bringen.
    Mit freundlichen Grüssen

    Noch kurz zwei Bemerkungen zu Mengelbergs Empörung:
    Wenn in deutschsprachigen Ländern nur noch die Bedürfnisse der Jungen und Alternativen bedient werden liegt m.E. wirklich etwas im Argen (dass man z.B. um einen nicht verfremdeten, d.h.verballhornten Parsifal zu sehen nach Mannheim fahren muss und eine Inszenierung aus den 50er Jahren zu sehen bekommt, spricht doch Bände!)
    Und ja, langsam bin ich wirklich dafür unser Giesskannenprinzip der Subventionen, welches die Selbstverwirklichungsorgien der Vertreter des Regietheaters erst ermöglicht, durch das amerikanische System zu ersetzen. Vielleicht haben wir dann viel weniger Operntheater und es bleiben nur die grossen Häuser, dies aber mit Vorstellungen, die dem Niveau und der Aesthetik der Met Paroli bieten können.
    Mit freundlichen Grüssen.

    Wesentlich interessanter fände ich es schon, Sie würden ein Werk des üblichen Opernrepetoire, sprich einen Massenet, einen Veristen, einen Verdi oder Wagner isnzenieren, ales ein Werk bei dem es eher um eine gelaüfige Grugel geht ;)

    @ operngernhörer
    Es ist wohl kaum erstaunlich, dass wir, Alten, bzw. "Staubis" uns hier empören. Schliesslich sind wir diejenigen, die mit zehntausenden von Franken (bzw. Euros) an Steuerngeldern die Bedürfnissen der Jung-Alternativen befriedigen und keine Gegneleistungen bekommen, die unseren Ansprüchen gerecht werden!
    Mit freundlichem Gruss
    "Musik ist eine heilige Kunst"

    Sehr geehrter Herr Schmidt,
    Nur damit Sie nicht das Gefühl haben, in diesem Forum allein auf weiter Flur zu sein, möchte ich jedes Ihrer Worte unterstreichen.
    Auch ich bin seit den 60er Jahren an Oper interessiert und meine Aesthetik-Vorstellungen wurden massgeblich von Regisseuren wie Wieland Wagner, Zeffirelli und Otto Schenk geprägt. Seither musste ich mich bei meinen immer seltener werdenden Opernbesuchen immer mehr ägern. (Die letzte Inszenierung, die mich wirklich begeistert hat, war der wunderschöne Werther von Pierluigi Samaritani in den 80ern.)
    Einerseits hatten wir da immer weniger Sänger, die den Ansprüchen der Partien gerecht werden konnten (momentan scheint es in dieser Beziehung wieder etwas besser zu werden; ich nenne Namen wie Beczala, Netrebko, Pape etc.), aber vor allem habe ich es einfach satt die psychopathischen Darstellungen der eigenen politischen und persönlichen Probleme von sog. Regisseuren wie Konwitschny, Bieito usw. usw. über mich ergehen zu lassen. Das Übel hat für mich mit Ruth Berghaus begonnen und alle Ihre Nachfolger werden von den jeweiligen Opernrezensenten immer noch hochgejubelt, ja es ist mittlerweile soweit, dass eine hübsche Cav./Pag.-Inszenierung von Assagaroff hier in Zürich deshalb kritisiert wurde, weil sie keine Aktualisierung biete.
    Schon lange hoffe ich, dass man sich von Seiten der Regisseure endlich wieder einmal mit Demut an das zu gestaltende Werk annähert und die im Libretto vorgegebenen Schauplätze, Kostüme etc. respektiert. Leider ist im gesamten deutschsprachigen Raum aber nach wie vor nur der Einheitsbrei des Regietheaters vorhanden und ich bin schlicht und ergreifend nicht mehr dazu bereit meine Zeit und mein Geld zu verschwenden um in Werken des 18./19. Jahhunderts Leute in Strassenanzügen mit Turnschuhen oder gar Leibes(Liebes-????)übungen von entblössten Opernsängern zu betrachten. Es langweilt mich zu Tode!
    Leuten wie mir bleibt nur der Rückzug auf die Konserve, d.h. auf Verfilmungen aus Zeiten, in welchen die Oper von den Ausführenden noch ernst genommen wurden und auf Tonaufnahmen aus denselben Zeiten.
    Mit freundlichen Grüssen.