Vor 10 Tagen hatte ich das Vergnügen, diese Carmen in Zürich zu erleben.
Zunächst kann ich nur den Bericht von Severina bezüglich Bühnenbild und Lichtregie bestätigen. Hier auch ganz besonders der vierte Akte. Kaum zu glauben, welche Athmosphäre Licht und ein einzelner Olivenbaum erzeugen können. Bei der Personenregie hatte ich den Eindruck, dass sich Matthias Hartmann lediglich auf die beiden Hauptdarsteller konzentrierte. Die anderen Darsteller blieben sich selbst überlassen, und der Chor durfte das Publikum ansingen. Die Quadrille im vierten Akt zog imaginär im Publikum auf, wobei ich zu Beginn das à deux quartos sehr vermisste, es hätte aber nicht in das Konzept gepasst, weil man im Chor dann selbst hätte agieren müssen.
Nun zu meinem Eindruck von den Sängern. Zunächst trat ein Sprecher vor den Vorhang, was zunächst nichts Gutes verhieß. Der Name Kaufmann fiel und ein Welle der Enttäuschung machte sich breit. Ich habe kein Wort verstanden, meine Nachbarn auch nicht, nur den Schlusssatz "drücken sie ihm die Daumen." Der Tenor war wohl, dass Kaufmann sich nicht wohl fühle aber dennoch singen werde. Das tat er dann auch und zwar sehr ordentlich. Beim Duett mit Micaela kamen einige etwas verwackelte Töne, danach war aber von einer Indisposition nichts mehr zu spüren und er sang und spielte die Partie überzeugend bis zum Schluss. Nun bin ich bei der eigentlichen Hauptdarstellerin, Vesselina Kasarova. Stimmlich für mich eine absolut überzeugende Carmen. Ein Kabinettstück allein schon die so abgedroschene Habanera. Wirklich beeindruckend, was diese Frau mit ihrer Stimme anstellen kann. Schade, dass sie darstellerisch in meinen Augen so gar nicht ihren stimmlichen Möglichkeiten entspricht. Bei ihr hatte ich bis zum Schluss den Eindruck, sie spielt Carmen, und das kann nicht nur an Regieanweisungen liegen. Michele Pertussi hat mir als Escamillo eigentlich sehr gut gefallen, obwohl er bei den Kritiken, die ich las, nicht sehr positiv beurteilt wurde, im Gegenssatz zu Isabel Rey, von der ich einige Aufnahmen habe, die mich aber an diesem Abend sehr enttäuschte. Selten habe ich eine Micaela mit derart unangenehm klingender Höhe gehört.
Sehr gut gefallen hat mir das Orchester unter Welser-Möst. Er verzichtete weitgehend auf Zirkusmusik und dirigierte einen für meine Ohren wunderbaren Bizet.
@ Severina
Bei der Verhaftungsszene im ersten Akt, bei der Carmen dann einfach abgeht, stellt sich heraus, dass José die Fesseln an den Händen hat. Das Pendant zu der Szene, in der Carmen ihm die Brille abnimmt. Er wird sehend und letztendlich gefesselt. Für mich der letzte gute Einfall des Regisseurs in diesem Stück. Die Szene mit Micaela und der Puppe im dritten Akt bleibt mir verschlossen. Voodoo und Micaela kann ich mir nicht vorstellen. Und wie kommt die Puppe in Josés Aktentasche? Fragen üder Fragen.
LG
Emotione