Guten Abend,
Kalottenhochtöner sind nicht zu Unrecht weit verbreitet und somit in den meisten Lautsprecherboxen verbaut.
Das liegt zum einen daran, dass sie recht kostengünstig herzustellen sind und zum anderen hat die Kalotte einige günstige physikalisch-akustische Eigenschaften. Die Kalotte als Kugelabschnitt hat meistens eine konvexe Form, in Ausnahmen auch konkav. Die gewölbte Form der Membran erzeugt eine bessere räumliche Abstrahlung als z.B. eine planflächige Membran. So wirkt sie der physikalisch bedingten Schallbündelung im Hochtonbereich entgegen. Das Resultat ist eine gleichmäßigere Schallabstrahlung zu den Seiten und ober- bzw. unterhalb der Achse. Dies macht sich positiv bemerkbar, wenn sich der Hörer nicht genau auf der Abstrahlachse vor den Lautsprecher positioniert. Bei gerichteter Abstrahlung verfärbt sich das Klangbild außerhalb der Achse dermaßen, dass bestimmte Frequenzen sehr viel leiser oder gar nicht mehr zu hören sind. Da dies vornehmlich die hohen Frequenzen sind, ist der Höreindruck außerhalb der Achse matt und dumpf. Gerade das Obertonspektrum, dass wichtig für die Charakteristik eines Instruments bzw. der menschlichen Stimme ist, wird durch dieses Phänomen stark beeinträchtigt.
Früher verwendete man auch Konus-Membranen bei Hochtönern. Die Folge war eine starke Bündelung, die man im Heimbereich eigentlich vermeiden möchte.
Die Membran der Kalotte wird vorzugsweise klein gehalten, um Partialschwingungen der Membran entgegen zu wirken, die sonst zu Bündelungen und Resonanzerscheinungen führen. Als Faustregel gilt, dass die Membran kleiner als die Wellenlänge der obersten Grenzfrequenz sein sollte. Bei einer Frequenz von 20.000 Hz misst die Wellenlänge etwa 1,65 cm. Die geringe Dimensionierung und die Bauform (Kugelabschnitt) kommen dem Ideal der punktförmigen und kugelförmig abstrahlenden Schallquelle sehr entgegen . Erreicht wird dieses Ideal jedoch nicht :faint:. Die Abstrahlung ist höchstens halbkugelförmig. Bewegt man sich als Hörer vornehmlich vor und nicht hinter den Lautsprechern, kann man mit dieser Einschränkung recht gut leben.
Wie der Name „Lautsprecher“ besagt, soll bei der Schallwandlung auch eine gewisse Lautstärke erreicht werden. Je mehr Luftvolumen die Membran bewegt, desto größer ist die erzeugte Schallenergie. Das Luftvolumen wird bestimmt durch die Fläche und den Hub der Membran und mit welcher Häufigkeit (Anzahl Schwingungen pro Sekunde = Hz) sie ausgeführt wird. Ein Tieftöner hat viel Fläche und erzeugt viel Hub, allerdings mit niedriger Frequenz. Ein Hochtöner hat wenig Fläche, erzeugt wenig Hub, dafür aber hohe Frequenzen. I.d.R. verhalten sich Frequenz und Hub entgegengesetzt proportional. Somit ist die kleine Fläche der Hochtonmembran ein Nachteil, um damit große Lautstärken erreichen zu können. Für den Heimbereich genügt i.d.R. eine Hochtonkalotte pro Lautsprecherbox für ausreichenden Schalldruck. Betrachtet man die Zusammensetzung des gesamten hörbaren Freuquenzbereichs, so fällt auf, dass der größte Energieanteil eines Musiksignals im Bass-, Grundton- und auch noch im Mitteltonbereich aufgewendet werden muss. Im Hochtonbereich fallen eigentlich nur noch die Oberwellen an, die im Verhältnis zu den Grundtönen eine wesentlich geringere Amplitude haben. Somit sind die Anforderungen an den Hochtöner auch geringer.
So ist die Zusammensetzung des Schallsignals zumindest in den meisten Fällen. Ausnahmen kann es geben beim Abspielen von Testplatten. Das Plattenlabel Telarc hat einige CDs mit Warnhinweisen versehen, weil die Gefahr von Lautsprecherschäden bestehen soll. Bisher habe ich es noch nicht geschafft einen Hochtöner damit zu zerstören . Eher besteht die Gefahr im Tieftonbereich. Große Amplituden im Infraschallbereich lassen die Membranen anschlagen, was durch ein deutlich hörbares Klackern erkennbar ist. Hier sollte man vom Gas gehen :motz:, weil man mechanische Schäden riskiert. Bei Hochtönern gibt es das Problem mit dem Membranhub nicht. Aber Vorsicht, die Spulen der Hochtöner bestehen aus feinsten Drähtchen, die bei zu hoher Stromzufuhr durchglühen können. :angry:
Bis hierhin sieht die Bilanz für den Kalottenhochtöner recht gut aus . Einen Vergleich mit anderen Lautsprechertypen möchte ich an dieser Stelle nicht führen. Darüber haben bestimmt schon einige Leute Doktorarbeiten geschrieben.
Welche Anforderungen soll die Membran der Kalotte erfüllen?
Sie soll so schnell sein, dass sie dem elektromagnetischen Signal präzise und ohne Verzögerung folgen kann. Dabei soll sie das Signal möglichst nicht beeinflussen (verfärben). Um die Schnelligkeit erreichen zu können, muss die Membran möglichst leicht sein. Trotzdem muss eine hohe Festigkeit gewahrt bleiben, denn sonst kommt es durch Partialschwingungen zu Verfärbungen.
Aus eigener Erfahrung mit selbstgebauten und gekauften Boxen kenne ich zumindest einige der in Frage kommenden Materialien. Eine Kalotte aus den 70ern mit Kunststoffmembran brachte zwar ordentlich Pegel, war aber kein Feingeist. Sie verhärtete das Klangbild bei großen Lautstärken. Eine Gewebekalotte hörte sich dagegen deutlich weicher an. Der Frequenzgang reichte subjektiv empfunden nicht so weit hinauf. Das größte Manko war der geringe Wirkungsgrad. Sie ließ sich schlecht mit anderen Lautsprechern kombinieren , weil die meistens empfindlicher waren.
Wegen der hohen Steifigkeit verwendet man heutzutage oft Metallmembranen oder –beschichtungen aus Aluminium oder Titan. In meinen derzeitigen B&W-Boxen sind auch Metallkalotten. Sie sind angenehm, pegelstark und neigen nicht zur Härte. Die Resonanzfrequenz liegt unkritisch außerhalb des Hörbereichs bei 25 oder 30 kHz. Der Frequenzgang fällt nicht wie bei vielen Hochtönern bei 20 kHz deutlich ab, sondern bleibt zunächst linear und steigt dann jenseits von 20 kHz allmählich bis zur Resonanzfrequenz an. Bei den hochauflösenden Datenträgern wie SACD oder zukünftiger HD-Ton von Blue-Ray sollte der Übertragungsbereich jenseits der Hörgrenze nicht vernachlässigt werden.
B&W verwendet in der oberen Preisklasse Kalotten mit Diamantbeschichtung. Diese sollen Testberichten zufolge deutlich besser auflösen.
Wichtig ist auch noch die Beschaffenheit der Membranaufhängung und das nähere Umfeld um die Membran herum, also die formgebende Gestalt der Schallwand. Hier können unerwünschte Reflexionen und Beugungen entstehen, die das Abstrahlverhalten negativ beeinflussen. Da hilft oft nur die Methode – Ausprobieren und Messen. Die Meßmethoden sind in den letzten Jahren deutlich verbessert und verfeinert worden. Allgemein kann man behaupten, dass die Chassis-Entwicklungen der letzten Jahre messtechnisch deutlich besser sind als vor 10, 20 oder 30 Jahren. Vor allem werden wirklich gute Chassis dadurch auch bezahlbar.
Die Entwickler sind gefordert, viele unterschiedliche Eigenschaften so miteinander zu kombinieren, dass daraus ein möglichst guter Schallwandler wird. Bei aller Messtechnik, die dabei zum Einsatz kommt, gilt es die letzte Hürde zu nehmen, nämlich die Prüfung durch das menschliche Gehör zu bestehen. Also nicht durch Datenblätter einlullen lassen, sondern Probehören, hören und noch mal hören.
Gruß aus dem Süden von Nord-Ostwestfalen
Tresor