Beiträge von Ulrica

    2006 habe ich die Aufführung leider nicht mitbekommen und habe nun gestern feststellen müssen, dass ich fast was versäumt hätte bezüglich der Gesangsleistungen der beiden Protagonistinnen.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Sopranistinnen dieses Fachs es schaffen dürften, mit 60 Jahren eine solch jugendliche Stimme zu behalten. Edita Gruberovas Gesangskultur und Standvermögen, diese Rolle zu schaffen wie eine junge Frau, machen sie schon allein zu einer gleichwertigen Alternative zu allen anderen großes "Normas", auch zur Callas. Sie zeigt, dass die stimmliche Anlage nicht dramatisch sein MUSS, wenn man eine solche Intensität hineinlegt. Was sie mit hohen leisen Stellen macht, ist m. E. ziemlich unerreicht. Diana Damrau kann da vielleicht noch in etwa mithalten, aber auch - noch - nicht ganz.


    Edita Gruberovas Leistung konnte sogar drüberweg sehen lassen, dass bei Nahaufnahmen sie unmöglich die Tochter des Ovoristo - Darstellers sein kann. Finde ich bisschen unnötig, die Opernbesucher sind auch weiter weg (soviel zur "Optik" - Diskussion)


    Sonia Ganassis Adalgisa beeindruckte ebenso. M. E. war sie hier die ideale Duett - Partnerin. Es findet sich selten, dass Stimmen, noch dazu so bedeutende, so zusammenpassen. Ihren eher hellen Mezzo finde ich ideal für diese Partie.


    Absolute Highlights: Casta Diva und das Duett der beiden in Gegenwart der Kinder.


    Der Darsteller des Pollione war in Relation zu den Frauen vielleicht zu dramatisch. ich fand ihn durchaus gut, er muss ja auch ein kraftvoller Mensch sein, aber das passte nicht so ganz ideal zusammen. Für Ovoristo könnte ich mir auch eher ein Kaliber wie Matti Salminen vorstellen (Hat er die Rolle mal gesungen?). So richtig bassig klang er nicht.


    Was die Inszenierung betrifft, glaube ich, kann man von vornerherein eher mehr falsch als richtig machen. Die Personenregie war aber in den meisten Teilen stimmig. Aber schwer vermittelbare Szenen, wie der lautstarke, aber eigentlich eher "innere" Dialog der beiden Römer in voller Gegenwart sämtlicher Feindeskrieger in heiligen Hain blieben schwer vermittelbar. Es ist eines der besonders unlogischen Libretti und ich glaube, in diesem Fall hätte ein einigermaßen naturalistisches Bühnenbild noch am ehesten gepasst (obwohl auch hier eine Asterix - Assoziation nicht auszuschließen wäre ;) Die Kostüme hihgegen fand ich gut.


    Fazit: Vielleicht kummulieren derzeit manche Nachrichten auch und verstellen ggf. den Blick auf die Relationen, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier eine 60jährige Sängerin einige vorführt. Diese Karriereplanung würde ich mir anstelle angehender Top - Leute genauer anschauen wollen....



    LG
    :hello:


    Ulrica

    Zitat

    Original von arimantas


    Soweit ich weiß, der erste Versuch der Gruberova (Jahrgang 1946) als Norma nach einigen konzertanten Aufführungen auf einer Opernbühne.


    :hello:



    ..und dieser ist umfänglich gelungen :jubel: :jubel:

    Zitat

    Original von keith63
    [
    Und jetzt möchte ich einmal "Pedant" sein: Tragfähigkeit ist nicht gleich zu messende Lautstärke. ;)


    Hallo, Keith,


    bevor jemand meint, ab dato schreibe ich nur noch Blödsinn ;):


    Meine vorausgegangene schräge Metapher entspringt natürlich einem <Scherzmodus> und sollte nur eine gewisse Absurdität verdeutlichen, die "naturwissenschaftliches" Herangehen hier zur Folge hätte (u.a. wohl Hausverbot in der Oper :D) :D :D :D :D


    LG


    Ulrica

    Zitat

    Original von keith63
    Das Thema heißt: "Die Beurteilung von Stimmen und Gesang" und nicht "Wer macht die beste Liebeserklärung?". Die Beurteilung setzt m. E. die Analyse voraus. Dem versuche ich gerecht zu werden.


    Ich meine, das ist ein sehr entscheidendes Statement als Diskussionsbasis. Trotzdem sollte sich niemend verschreckt fühlen dadurch. Das Aufstellen dieser Kriterien macht aus der Gesangskritik beileibe keine "exakte" Wissenschaft.


    Selbst, wenn man alle Punkte bei jemandem abarbeitet (ich glaube, das werde ich auch eher nicht tun ;) ), wird man nicht umhin kommen, auch "blumig" zu werden. Wie beschreibt man Timbre? Letztlich natürlich so wie z. B. Severina es für sich definiert.


    Auch wird kaum jemand mit einem Schallmeßgerät in die Oper gehen (bei der Vorstellung muss ich jetzt irgendwie lachen :hahahaha:), um anhand der Dezibelzahlen einzelner sängerischer Kraftentfaltung festzustellen wer der/die Tragfähigste ist. (Apropos: bei Tonaufnahmen würde ich das Kriterium nicht ansetzen). Man wird es bewundern, wenn z. B. in Passagio - Lagen eine Stimme deutlich über das Orchester kommt bzw. feststellten, dass in relation zu den anderen Fachkollegen der Sänger jemand am deutlichsten bleibt und das klasse finden.


    Und wen das alles gar nicht schert, wird trotzdem mit einigem Nachdenken definieren können, was so schön oder was nicht schön ist am Vortrag, auch ohne "Fachgesimpel" und "- Chinesisch" und mehr sagen können als die besagten "Liebeserklärungen"


    In der Juristerei, die absolut KEINE exakte Wissenschaft ist, kennt man das Phänomen der "unbestimmten Rechtsbegriffe", womit ich recht oft operieren muss. Ich kann und muss mich ziemlich gründlich darüber auslassen (im Subsumtionsrahemn des Gesetzes), warum einer gewerberechtlich unzuverlässig ist und den Betrieb dichtmachen muss und der kann zu jedem Punkt sagen "Spinnst du?" und vor Gericht ziehen. Keiner weiß, wer Recht kriegt.


    Hier wird es zwar hoffentlich nicht "g´richtsmaßig", aber das prinzip ist ähnlich.


    Also, texte jeder sich aus zu den Stimmen :D ich bin gespannt :yes: :D


    LG


    :hello:


    Ulrica

    Zitat

    Original von severina
    ad 2) Die berühmte "Sängertreue". Ich weiß, was du meinst, und habe mit deiner Position auch gar kein Problem. Was mir sauer aufstößt, sind die völlig unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe, die bei schon verstorbenen oder nicht mehr aktiven und eben jetzt aktuellen Sängern angelegt werden.
    Erstere waren natürlich immer toll und perfekt, und kann man selbst bei größter Liebe über diverse Mängel nicht hinweghören, dann war das eben die "individuelle Note", eine "liebenswürdige Eigenart", auf jeden Fall aber zu vernachlässigen. Erlaubt sich heute ein Sänger diese "individuelle Eigenart", hat er eine miese Technik und kann nicht singen, und dieses Urteil kommt meist von Leuten, die im selben Atemzug sagen, gar nicht in die Oper zu gehen, weil dort ohnehin nur mehr Mist produziert wird.
    Unter diesem Gesichtspunkt ist mir die von dir zitierte "Treue der Wr. Opernfans" ziemlich suspekt, weil ich nur zu oft Ohrenzeuge dieser Treuebekundungen geworden bin.


    Was speziell das Wienerische an der beschriebenen Situation ist, vermag ich nicht festzustellen, aber zweifellos gibt es Leute, die so daherreden, wohl um zu kaschieren, dass man sich nicht mehr mit "Oper heute" auseinandersetzen mag. Besonders schlüssig und auch gerecht sind diese Argumentationen allerdings wirklich nicht. Andererseits hätte ich keinesfalls ein Problem, wenn mehr Stimmen der Gegenwart "liebenswürdige Eigenheiten" gelegentlich zulassen würden (vorsichtig formuliert).


    Hier sollte man mit dem Urteil "miese Technik" auch zurückhaltend sein. Selbige ist nicht durch einmal Hören eines/r Sängers/in der Kategorie, die auf die Bühne (gar der Staatsopern kommt, feststellbar, sondern allenfalls bei öfterem Hören und dann auch nur mit ziemlich geschultem Ohr. Wenn sich so eine Stimme z. B. merkbar verschleißt u. ä., dann liegt zumindest der Verdacht nahe, dass sich jemand mit dem Fach übernommen hat etc. oder er/sie singt noch weiter in einem Bereich, der nicht mehr optimal ist (altersbedingter Formabfall etc.). Manchmal kann man sicher eine Tendenz erkennen, aber das kann häufig auch spekulativ sein, ein schlechter Tag o.ä.


    Keith63: ich bin beeindruckt von der Zustammenstellung deiner Kriterien. Dahinter stecken viele gemachte Gedanken. :jubel:


    Es ist aber fast zu detailliert und manches könnte ich nicht so ohne weiteres ähnlich positionieren. Beim "Timbre" wurde mir im Unterricht als eine eigentlich eigene unverwechselbare Grunddisposition der Stimme ist, also auch mit Fug und recht der "Basis" zugeordnet werden könnte, aber angesichts der Tatsache, dass es erst durch die richtige Technik voll zur Geltung kommen kann, hat es auch als Endpunkt der Entwicklung seine Berechtigung.


    ich habe mir auch die Mühe gemacht, den ganzen Tread zu lesen und ich stellte fest, dass es kurz vor meinem Beitritt begann und auch schon wieder endete, bevor er nach einem Riesen - Zeitsprung weitergeführt wurde. Das Gesamte lesen lohnt sich.


    An der Diskussion der Krtitik an den Großen blieb ich hängen. Die war mir ein wenig diffus. Die Frage, ab wann diese unangemessen ist, kann in einer allgemein gehaltenen Diskussion nicht dargestellt werden. Konkret. man müsste wissen, was in welchem Kontext gesagt wurde.


    Schüler in dieser Richtung den Mund völlig zu verbieten, halte ich für wenig zielführend. Im Gegenteil, es muss gerade hier möglich sein, vertrauensvoll mit dem Lehrer/dern Lehrerin darüber zu reden, wenn irgendetwas auffällt, was die Schüler etwa beim Hören einer Aufnahme ihres Repertoires von großen Vorbildern als konträr zu dem empfinden, was sie gelehrt bekommen. Ich habe in solchen Fällen immer qualifizierte Antworten bekommen ohne dass meine Feststellungen als respektlos aufgefasst wurden. "Fachsimpeln" ist grenzwertig und nicht immer ernst und- man kann sich damit auch recht blamieren.


    Liebe Grüße,
    :hello:
    Ulrica

    Liebe Epo,


    natürlich gibt es ein paar dumme Sprüche, um sich das Übergewicht schön zu reden, aber es gibt genausoviele dumme Sprüche, um andere wegen ihres Übergewichts anzugreifen. Hier liegt ein großer - ich vermeide dicker ;) hase im Pfeffer.


    Wer sich selber was vormacht, tut sich nichts Gutes, aber trifft nur sich selbst, aber keiner hat was davon, wenn ständig gelabert wird, was für eine "Schuld" Dicke tragen etc. Auch sein Gewicht trägt jeder selbst und braucht darüber auch nur sich selbst Rechenschaft ablegen.


    Es geht,denke ich, auch nicht um unendlich geduldige Intendanten, es geht um normale Nachwuchsförderung.


    Und,sind in der Welt der Opernfiguren nicht auch solche vertreten, die nicht - nur - "schön" sind?


    LG
    :hello:
    Ulrica


    Fairy: Wäre der Kühlschrank den ganzen Tag lang so uninteressant wie nachts, wäre manches Problem recht leicht zu lösen:-)

    Allmählich denke ich darüber nach, was an diesem Thema so ereifern macht (incl. wohl auch Meinereine).


    Kann nicht einfach mal die Tatsache, dass jemand eine gute Vorstellung bietet, unabhängig vom Gewicht oder Körperumfang betrachtet werden? Möglicherweise würde Herr Botha etwa auf der riesigen Arena von Verona gar nicht mehr so arg auffallen. Er wird ja schließlich engagiert, also hat er für die Verantwortlichen erhebliche Vorzüge.


    Die Fragestellung, ob SängerInnen dick sein MÜSSEN. ist m. E. gar nicht die richtige. Keiner muss was außer das können, was er/sie tun will. Singen unter der Prämisse einer klassischen Ausbildung ist zunächst mal eine sehr gesunde Sache, die keine "akrobatischen" Vorkenntnisse erfordert. Es belastet keine Gelenke und ermöglicht, dass der Mensch zu einem natürlichen und vor allem ruhigen Atem kommt bzw. diese Fähigkeit nützen kann. Man lernt körperliche Spannungs- und Entspannungszustände wahrzunehmen und gezielt damit zu arbeiten und dabei immer mehr, die Singfähigkeit von der seelischen Befindlichkeit abzukoppeln, was für Laiensänger ein Riesenproblem ist (da braucht man nur mal in Chören herumfragen).


    Es ist also durchaus naheliegend, dass auch physisch unbeweglichere Leute, stimmliche Begabung vorausgesetzt, hier eine optimale Betätigung körperlicher Art finden, die noch dazu bewundert wird. Ganz wichtig! Speziell Mädels, die in der Schule permanent gehänselt werden, weil sie beim Langstreckenlauf als Letzte keuchend über die Ziellinie wanken, stehen in einem Schulchor auf einmal ganz anders da, wenn sie jeden Ton treffen und den Rest an die Wand singen. Ist doch klar, welcher "Sport" dann gewählt wird!


    Meine Thesen vorher zum Thema Körperbau und (Fach-) Zugang beruhen auf empirischen Beobachtungen von MitkursteilnehmerInnen usw. Ich sprach von Zugängen, von Unfertigen, Wege, die alle Stars hinter sich haben. Schlanke und Dicke machen entweder Fortschritte bis hin zur Professionalität oder eben auch nicht, das ist nicht der Punkt. Aber erkläre mir jemand, woran es liegt, dass viele schlanke Anfänger teilweise nur mit intensivsten - und auch nicht gerade immer ästhetischen - Bewegungen versuchen, ihrer Stimme irgendwie Schwung zu verleihen, während Dicke oft einfach nur dastehen und genauso viel oder gar mehr Volumen erzeugen. Die fertigen Sänger machen das natürlich nicht mehr, sie haben schließlich gelernt und auch die Dicken hatten zu lernen. Die Erdung kommt hier aber meistens wesentlich schneller. Mag Psychologie sein, aber die betreffende Person motiviert das ungemein.


    Lieber Syrinx, deine Aussagen unterstütze ich aus vollem Herzen. Wer soweit ist, ganz oben mitzuschwimmen, darf kein Couchpotato sein. Sharon Sweet war zwar auch früher beleibt (ich habe mit ihr Anfang der 90ger Jahre mal paar Worte gewechselt, eine sympathische Frau mit Ausstrahlung, eben eine große Künstlerin), hat sich aber wohl alterbedingt in diese Fülle hineinentwickelt, die sie in dem Film hat. Aber in der aktiven Zeit war sie fit genug.


    Fülligere junge SängerInnen, die vom Können her für Engagements in Frage kommen, haben so viel geleistet und gearbeitet, dass sie es verdienen, Engagements zu bekommen und innerhalb dieser in Rollen hineinzuwachsen, auch ggf. durch die richtigen Schritte zur Gewichtsreduktion. Mit diskriminierender Abweisung kommt nur mehr Fresslust und Demotivation auf, sonst gar nix. Das gilt auch für andere Berufe.


    Und wo steht geschrieben, dass Dicke grundsätzlich hässlich sind? Mit vorteilhaftem Outfit in die richtige Position gestellt, ist so gut wie jede/r "schön". Aber singen können bleibt die Hauptsache, da beißt live auf der Bühne keine Maus den Faden ab.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    ich weiß jetzt nicht, ob wir aneinander vorbeireden, aber ich meine doch, dass der gesamte "Stimmapparat", der sich zwischen Unterleib und "Kopf" - ich verkürze mal stark - befindet, an der Sache beteiligt ist und nicht nur, obgleich dieser Teil natürlich maßgeblich - der Bereich von Kehlkopf, Schlund und Rachenraum.


    Da ist es doch eigentlich logisch, dass die ganze Luft, die da ja mehr als einen halben Meter lang durch durch den Körper transportiert wird, dort auch Scwingungen erzeugt. Wenn ich nur den Halsbereich - jetzt auch stark stilisiert formuliert - zur Verfügung hätte, wäre das eine reichlich mikrige Angelegenheit, etwa wie eine Geige ohne Körper drumrum.


    Ein maßgeblicher Anteil der Ausbildung beschäftigt sich ja eben damit, beizubringen, womit Kraft zu erzeugen ist (was so ziemlich alles ausser dem Kehlkopf ist) und womit es nicht sein darf, dem Kehlkopf und vor allem dessen Innenleben.


    Die Haupt - KRAFT wird mit den sog Zwerchfellrandmuskeln erzeugt und auch sonst muss der Körper alles tun, um ja den kehlkopf vor unnötigen Anspannungen zu bewahren, damit dieser und seine ganze filigrane Konstruktion keinen Druck abkriegt.


    Also, irgendwie weiß ich ja doch, was ich da tue :yes:


    Was ist also daran falsch daran, zu sagen, dass ein stämmiger Körper- der nicht dick oder gar fett sein muss und dies auch besser nicht ist (aber zuweilen aus verschiedenen Gründen geht das einher),der zwar nicht wendig, aber gut geerdet ist, in der Regel einen leichteren Zugang zu den Gegebenheiten der sängerischen "Grundmechanik" findet?


    Es geht nicht um Können oder Nicht - Können. Das hat mit dick und dünn herzlich wenig zu tun. Es geht, und da gibt es Ähnlichkeiten mit Sportarten (man vergleiche den Körper der Langstreckenläufer mit dem des Kugelstoßers, beides Hochleistungssportler), um die einzelnen sängerischen Disziplinen, sprich Fächer.


    Eine Natalie Dessay bringt sicher Hochleistung, aber sie ist keine Wagnersängerin, da wäre sicher bals Aus die Maus. Und eine Deborah Voigt, auch verschlankt, kann ich mit auch nicht recht als Koloratursopran vorstellen.


    LG


    Ulrica


    Einspruch, Euer Ehren! :D


    Aber, vielleicht fehlte eine Information. Die Aufführung fand entgegen früherer Gewohnheit nicht in der großen Kirche statt, die eh gewltig hallt und somit von jedem Musizierkörper eine Senkung des Klangpotentials erfordert hätte, sondern in ziemlich großen und akustisch trockenen Stadtsaal. Es war somit auch ein Raum- und Proportionenproblem. Da muss ein Solist einfach mehr geben (dürfen).


    Ich denke wir gehen aber in der Bewertung der gegensätzlichen Gesangsschiene - Wagner etc. darin konform, dass auch nicht überall, wofür der Meister der Bühnenweihe gezeichnet hat, ein Siegfried - Volumen her muss. Forcieren ist genauso gräßlich wie drosseln.


    Ob der Bachtrompeten bin ich nun erstaunt. Habe wohl den falschen terminus verwendet. Ich meinte die historischen Instrumente


    Hallo, Glockenton,


    dass man bei der Altistin aus dem zweiten File weghören soll, finde ich reichlich unfair. Ich finde, dass ihr eine sehr gerade Stimmführung hervorragend gelingt, m. E. besser als dem Knaben. Was einem besser gefällt, ist eine Geschmacksfrage, aber unberechtig abwerten braucht man niemanden.



    LG
    :hello:


    Ulrica

    Ich versuche es mal mit konstruktiver Kritik.


    Zunächst möchte ich mich bei dir, lieber Lullist, für deine aufschlussreichen Ausführungen bedanken, sie fassen eigentlich schon wichtige Eckpunkte einer Bestandsaufnahme zusammen.


    Der Ansatz, Aufführungspraxis mit intensiver, musikhistorischer Recherche zu verbinden, ist mir am sich sehr sympathisch. Er lädt ein zum Experimentieren und wenn dieser Prozess lebendig bleibt, könnte sich große Vielfalt ausbreiten und inzwischen ist auch eine solche Tendenz zu erblicken, zumal auch Epigonen wie Harnoncourt wohltuender kritische Distanz aus mehreren Jahren Abstand entwickelt haben. Ich ziehe hier ein Interview aus dem "Spiegel" aus dem letzten Jahr heran, indem er ausdrücklich zu Modifikationen seiner damals strengen Haltung rät und - besonders wohltuend - auch den Sängern ihren anatomischen "Instrumentgebrauch" wieder zuspricht.


    Marriners Klang hat sicher der Stilbewegung ein "Gesicht" gegeben, die Praxis als eine weitere Aufführungstradition etabliert und ins Gedächtnis der Hörerschaft gelegt. Teilweise konnte ich dies aber wg. "inflationär" phasenweise nicht mehr hören.


    In diesem - auch - wissenschaftlichen Ansatz liegt aber auch die Gefahr, dass die "wissenschaftliche" Komponente zuviel Einfluss nimmt auf das Musizieren, dass man der Versuchung erliegt, Musikwissenschaft mithilfe der Musik zu transportieren in einem Maß, dass der eigentliche Sinn des Konzerts, das Erreichen der Hörerschaft, nicht mehr im Vordergrund steht. Hierbei kam oft genug Verkopftes, trockenste Sprödigkeit und z. T. auch nicht Anhörbares heraus. Harnoncourts "Erstaufnahmen" in diesem Bereich, jedenfalls die, die ich gehört habe, kommen bei mir genau so an, was vielleicht kurze Zeit interessant ist, aber keinesfalls m. E. irgendwie mit Praxis einer sinnenfrohen "alten Zeit", auch im höfischen Bereich nicht, verbunden werden kann. In dieser unflexiblen Form konnte HIP auch nicht überleben. Ich kann mir des Eindrucks nicht erwehren, dass es auch gewaltig darum ging, angeblichen "Quintenschaukeln" und angeblicher Opulenz eine aufzutischen, m. E. keine dauerhafte Grundlage, nicht mehr als ein Hauch eines Denkanstoßes. Dauerhaft wurde die Stilbewegung m. E. durch Fortentwicklung und Einbeziehung neuer Recherchen des zeitgenössischen Wirkens statt Projektion gegenwärtiger Animositäten auf ein angeblich geschmackvollere Adaption der damaligen Zeitgenossen (oder, einfacher: So hatten die Altvorderen zu sein!). Ein Mozart - HIP ist eben ein anderer HIP als ein Bach - HIP und ein Don Giovanni - Orchester war auch damals und großer besetzt als eine Kammersuite.


    Alte Instrumente, die im heutigen Gebrauch entfallen sind, Gamben, Bachtrompeten, verschiedenste Hörner und dergleichen sind unheimlich faszinierend und könnten bei sinnvollem Einsatz eine bereichernde Klangfacette darstellen, auch, was inzwischen ziemlich häufig vorkommt, in der Mischung mit "modernen" Orchesterinstrumenten.


    Wenn man bedenkt, dass diese Instrumente auch in großer Form existieren, sind sie auch klanglich ausreichend tragfähig.


    In einer Aufführung des WO in meiner Gegend konnte ich mich von dieser Wirkung überzeugen. Trotzdem veranlasste mich ein ziemlich nervige Knebelung der Solo - Gesangsstimmen (im Fall einer der Stimmen, die ich anderweitig kenne, weiß ich, dass dies so war) froh zu sein, dass ich nur im ersten Teil dort war. Warum diese Auffassung bezüglich des Gesangs immer noch so sein muss (entgegen Harnoncourts Aussage), ist mir unverständlich und dies ist einer der großen Kritikpunkte.


    Ansonsten: HIP kann reizvoll sein und ist zweifellos eine bedeutende, wenn auch nicht die alleinseligmachende Interpretationsvariante. Es steht aber nirgends geschrieben, dass alles spröde, fistelig, "körperlos" zu klingen hat. Das ist einseitige ideologische Verknöcherung.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Manchmal komme ich an Grenzen, wenn der Gegensatz Pop/Klassik aufgebaut wird. Man kann sicherlich an der Instrumentierung einen fundamentalen Unterschied festmachen - wobei klassische Instrumentierung im Pop verwendet wird und zuweilen auch schon klassische Orchester Pop spielen (finde ich meistens beides interessant und reizvoll).


    Die sog. Popmusik ist dermaßen vielfältig und -schichtig, dass dieses Vergleichspaar nicht so richtig stimmt. "Pop" hat eine enorme Bandbreite von Ramsch bis genial.


    Komplexität? Sicher, viele Songs sind relativ kurz und einfach strukturiert, aber eben nicht immer. Ich halte so manche Queen - Nummer für wesentlich komplexer als vielleicht die eine oder andere Gelegenheitskomposition von Mozart (gibt es ja genug) und ich kann mir nicht allzu viele SängerInnen - auch aus der Oper nicht - vorstellen, die die Gesangslinien aus "Barcelona" oder Whitney Houstons Soul nachsingen können, stimmlich und musikalisch. Freddy war bereits dran, seiner Stimme auch den Counter einzuverleiben, aber viel Zeit hatte er leider nicht mehr dazu.


    Hier verstellen Hype und Moden noch ungleich stärker die "reine" Musik, auch das muss man festhalten und, wenn man schon meint, ein geschultes Ohr zu haben, kann man auch hier konzentriert hineinhören und differenzieren (es ist nicht alles krachlaut).


    Man darf auch nicht vergessen, dass viele Songs und Konzertmusik Jugendszenen repräsentieren, die nicht selten völlig verschieden voneinander sind und rivalisieren. Wehe, da fand mal ein "Popper" einen Punk - Song geil (und umgekehrt)! Aber derzeit finde ich das reichlich unübersichtlich. Da bekommen Songs neue, klangvolle Stilnamen, aber das charakteristische Element findet sich beim besten Willen nicht.


    Inwieweit Mozarts Werk zeitgenössische Hits beinhaltet, ist mir nicht ersichtlich. Gerade mit ihm verbinde ich durchaus auch eine Art barocke "Popkultur" mit ihm als omni - präsenten Star. Es kann allerdings sein, dass ich nur zu sehr Falco im Kopf habe. Wissen die Spezialisten hierzu vielleicht mehr?


    Tatsache ist, dass den Musikern (die oft gleichzeitig komponiert haben) grundsätzlich nicht weniger an Können und Fleiß abverlangt wird. Es wird kaum jemandem ohne Beherrschung des Instruments gelingen, in einer professionellen Band zu bestehen oder auch im Gesang, sei es Lead oder Background. Von den paar - nur kurzfristig bestehenden - Ausrutschern abgesehen, hatten die Sänger Unterricht und die Instrumentalisten sowieso. Meistens wird im Livekonzert noch dazu improvisiert, ein weiterer Schwierigkeitsgrad.


    Dass der Gesang Mikro - Verstärkung braucht, liegt an der Lautstärke der Instrumente und auch einer anderen Gesangstechnik, aber ich bin überzeugt, dass Stimmen wie Tom Jones, Freddy Mercury, Tina Turner u. a. bei einem klassischen Weg Opernvolumen angenommen hätten.


    Für mich gibt es im "Pop- oder U - Bereich" Werke von gleichrangigem Niveau wie klassische Musik, aber eben auch viel Ramsch zum Wegschmeißen. Klar, man kann dem Sound grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, ihn nicht aushalten, aber das Können allgemein infrage stellen wäre unkorrekt.



    LG
    :hello:


    Ulrica

    Dieses Thema erlaube ich mich, soch ziemlich subjektiv anzugehen: Was mir gefällt, überlebt bei mir.


    Wie schon gesagt, ob etwas als Mode erkannt werden kann, erschließt sich meist mit zeitlichem Abstand. Zunächst einmal ist es "etwas Neues" zu einem "alten" Werk und das betrachte ich zunächst mit Interesse. Die HIP - Interpretation ist ja durchaus schon mal anders und hat Aufmerksamkeit erregt. Erst als daraus eine Ideologie wurde, hatte das m. E. zur Folge, dass es zum Muss wurde, auch Schwächen zur Tugend zu erheben. So macht man letztlich jede vielleicht überfällige Neuerung oder Handlungsalternative kaputt.


    Irgendwann taucht dann wieder eine frühere Mode auf.


    Moden haben mit dialektischen Prozessen zu tun, nicht nur in der klassischen Musik. Es belibt den einzelnen überlassen, möglichst der eigenen Vorliebe zu trauen und das andere als Alternative daneben bestehen zu lassen. Nur so erweitert sich der allgemeine (und mein) Horizont


    LG
    :hello:
    Ulrica



    Die Vereinbarkeit eines optimalen Gesangs in der Oper mit einer Szene hat eigentlich ganz klare anatomische Grenzen. Es kann dann nicht mehr funktionieren, wenn der sog. Stimmapparat unterbrochen wird. Stimmapparat ist grob gesagt der Körper vom Kopf bis zum Unterleib , also Kopf und Torso. Dieser Bereich darf nicht geknickt weden, da sonst die Luftsäule, die Sänger unbedingt in Gänze aufrecht erhalten müssen, unterbrochen wird. In diesem Fall ist der Stützapparat nicht mehr zu gebrauchen und ein qualitätvoller Gesang unmöglich. Konkret: Szenische Bewegungen, die ein Sich - Bücken - etwa zum Schuhe - Zubinden - oder eine Dehnen des Kopfes nach hinten erfordern - etwa demutsvolles Aufschauen nur mit der Kopfbewegung (das verengt den Bereich um den Kehlkopf) , dürften nicht eingefordert werden, wenn der Gesang optimal bleiben soll. Alles andere geht.


    Gehen, Sitzen, Liegen, Knien, Aufstehen, Hinsetzen, sogar Klettern, all das ist darstellbar, wenn die Lugtsäule erhalten bleiben kann, ergo der Oberkörperbereich nach außen hin betrachtet starr bleibt (es ist keine verspannte Starre, sondern eher wie ein Gefäß, das ja auch seine Form nicht verändert)


    Nun versucht mal, nur von eurem PC - Arbeitsplatz aufzustehen, ohne den Oberkörper abzuwinkeln und ggf. auch, ohne euch an den Lehnen abzustützen. Ihr werdet sehen, das ist anstrengender als üblich, denn da müssen die Beine arbeiten.


    Und nun übertrage man derlei Körperübungen auf die Durchführung der Szenen von Wagner - Opern und dann wird man sich nicht mehr wundern, dass hier vielleicht nicht ganz so viel Gerenne wie in einem James - Bond - Film drin ist. Am Rande sei hier auch noch bemerkt, dass auch Gewichtsklassen wir M. Caballe zu all diesem fähig sein müssen und auch sind.


    Das mit den Sportsteps ist für gut trainierte Sänger grundsätzlich machbar, jedoch wird, genau wie bein Rennen - dabei wird eh nicht gesungen, der Sängeratem wäre nicht mehr gewährleistet - irgendwann die Luft zu knapp. Zuviel Sportlichkeit in der Szene muss zwangsläufig irgendwann auf die Stimme gehen.


    Wer dramatische Partien singt, braucht noch ein zusätzliches Quantum Kraft, um schon allein mit der Stimme durchzuhalten und es ist daher logisch, dass in Wagner - Opern weniger herumgewuselt wird als z. B. bei Idomeneo. Ich kann erahnen, was die SängerInnen bei Chereau und Kupfer in Bayreuth geleistet haben.


    Wer den Hintergrund kennt, wird kaum kritisieren können, dass das Agieren auf der Opernbühne immer einen Rest an verlangsamt wirkenden und ausladenden Gesten und Bewegungen haben wird.


    Eine lyrische Stimme kommt schon anatomisch wesentlich schneller und leichter zu ihrer Tonentwicklung, ohne hier deren technische Erfordernisse abzuwerten, aber sie benötigt nicht schon allein für das Singen so viel Kraft wie die dramatischen.


    ich bezwifle, dass der Körpereinsatz "früher" geringer war. Jedoch kam wohl in der Tendenz mehr zum Tragen, dass den SängerInnen der dramatischen Partien die eben erforderliche Sparsamkeit gleichzeitiger Bewegungen zugestanden wurde und somit diese u. a. aus diesen Gründen öfter zu hören gewesen sein.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Um "Musik verstehen" - zumindest für mich selbst, aber eben im Sinne eines Austausches hier im Forum öffentlich - zu definieren, komme ich kurz noch einmal gut erkennbare Darstellungsintentionen zurück wie Pacific 231 (-Es freut mich, lieber Walter mit dem H., dass ich mich dir so gut verständlich machen konnte-).


    Hier ist für mich als simple Hörerin eben zuerst der fahrende Zug mit der dazugehörigen verblüffend echten und gleichzeitig ästhetisch durch klassische Orchestrierung aufbereiteten Geräuschkulisse vernehmbar als vielleicht erster Schritt zum Verstehen. Das macht solch ein Stück wahrscheinlich geeignet für Einsteiger, als Sympathieträger für die meist als sperrig empfundene Moderne und kann Schulklassen eher dazu animieren, tiefer in die "handwerklichen" Techniken der Tonsetzung einzudringen als Musik mit weniger erkennbarem Bezug oder solchem, der nicht mehr unsere Lebenswirklichkeit widerspiegelt. Ich bin nun nicht so sehr der große Strukturerkenner bei instrumentaler Musik, aber mir ist klar, dass die musikalische Darstellung gerade einer alltäglichen Geräuschkulisse umfassendster Kenntnisse eines führenden Maestro der Komposition bedarf.


    Was verstehe ich beim Hören einer Beethoven - Symphonie, einem Bachschen Orgelkonzert, dieser oder jener Mahler - Symphonie? Zuerst meine persönlichen Assoziationen; es werden Empfindungen ausgelöst und wenn ich irgendwo nachlesen kann, dass der Komponist eine Empfindung ausgelöst haben wollte, die sich mit meiner als Hörerin deckt, dann meine ich, haben wir uns zum Werk mit ziemlicher Sicherheit verstanden, aber meistens kann man das eben nicht mehr nachvollziehen, so dass es ein Geheimnis bleiben wird, ob man das, was der Komponist ausdrücken wollte, auch verstanden hat,


    Anders gehen meistens Fachleute oder Ausübende die Sache an. So geht es mir mit der Vokalmusik. Da gelingt es naturgemäß eher, musikalische und gesangliche Strukturen zu erkennen und das muss ich auch, wenn ich eine Partie einstudiere. Es wird dann zur Pflicht, den Aufbau der Musik kennenzulernen, die Partitur zu studieren, Anmerkungen des Komponisten zu beachten, die Instrumentalbegleitung zu erfassen und zuweilen im Falle von Opernliteratur etwa, auch Sekundärliteratur zu lesen.
    Trotzdem bleibt gerade da die wichtigste Frage: Was soll beim Publikum ausgelöst werden? Auch dann, wenn vielleicht der Komponist schon auf die Stimme geschrieben hat.


    Wenn ich nach einer solchen Erarbeitung das Stück anderweitig interpretiert höre, sieht die Adaption völlig anders aus und das löst gemischte Gefühle aus. Die vorausgegangene Vorbereitung kann das Hörerlebnis dann oft nur in Teilbereichen bereichern, aber oft, nicht immer, geht das Erlebnis des Gesamteindrucks und somit auch eine Schicht des Verstehens verloren und es braucht sozusagen mindestens eine "zweite Chance".


    Ich würde mich daher hüten, jemandem, der Strukturen nicht erkennen kann, zu unterstellen, er/sie versteht das Werk nicht.


    @Michael: Danke für die "Ausdeutschung" der verlangsamten Notation. Das Phänomen - eher eine Angelegenheit des Partiturverständnisses und darin m. E. nur in Verbindung mit Schlagzahlen-/Tempoangaben oder durch Wissen über Stiltraditionen erkennbar- ist mir bekannt, aber die Bezeichnung nicht.


    LG


    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Original von Wulf
    Immer wenn ich Honeggers "Pacific 231" höre, verstehe ich nur Bahnhof.


    :D


    Ich behaupte mal ganz banal und phantasielos, das dies beabsichtigt sein könnte.


    Dieses Werk kenne ich durch den Schulunterricht, aber obwohl ich kein anderes "Verstehen" daraus ziehen kann, außer dass eine moderne Alltagstechnologie durch Töne dargestellt wurde, so gehört es zu meinen Lieblings - Instrumentalstücken der Klassik und wahrscheinlich aufgrund dieser Intension.


    Musik der Moderne kann auch sehr "konkret" sein. :yes:


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Ein "Jubelperser - Gen" möchte ich eigentlich nicht haben oder zumindest nicht ausleben, denn was seinerzeit mit diesem Wort bezeichnet wurde, war eher die negative Kehrseite einer überschwänglichen Begeisterung, die Fairy wohl hier aus der positiv - harmlosen Variante heraus gemeint hat: Das waren keine Glamour - Enthusiasten oder Bewunderer von Schmuck und Mode der Farah Diba, sondern Fanatiker und Schläger, die in haltloser Verblendung für ihren Schah allerlei Unheil angerichtet haben und zu diesem Zweck auch gekommen sind.


    Ich gebe unumwunden zu, dass ich überhaupt nichts davon halte, forianisches Heldentum, bemessen an Beitragszahlen, zu bewundern und auch sonst bei der Entwicklung von Enthusiasmus eher zurückhaltend bin - was einer gewissen Furcht entspringt, voll vereinnahmt zu werden und die Fähigkeit der Außenreflexion zu verlieren -, aber die scheußlichen Jubelperser würde ich doch niemandem allzu schnell zuordnen, der/die sich darüber freut, persönlich gern gelesene und stark präsente Mit - User hochleben zu lassen.


    Bei diesen Beiträgen bin ich einfach leidenschaftslos. Sie gehören eher zur leichteren Kost dieses Forums, deren Fan ich grundsätzlich durchaus auch bin, wenn auch bei anders gelagerter. Auch hier ist, wie der Rheinländer treffend sagt, jeder Jeck anders.


    Mir gefällt dieses Forum nach wie vor und wer andere inhaltliche Gewichtungen will, muss eben über seine/ ihre Lieblingsthemen schreiben und das vielleicht so, dass es Interesse weckt.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Zitat

    Original von audiamus
    ...das Verhältnis der Stimmlagen bei den genannten Sängerinnen: Sopran : Mezzo : Alt = 106 : 39 : 5!



    Man gewöhnt sich ja mittlerweile an fast alles! :D


    In diesem - durchaus interessanten - Artikel bezeichnet uns der Verfasser als "Dodo der Gesangsfauna" (ausgestorbener Laufvogel)


    http://www.miklos-klajn.de/coach/naehka ... ung02.html


    Super!! :untertauch:


    Die Tendenz von nicht zu wenigen Gesangspädagogen, unbedingt die Tessitur höherbringen zu wollen, nur weil höhe Töne da sind, ist mir auch nicht unbekannt, habe mich aber erfolgreich dagegen gewehrt. Gute Idee, der Gesangsschülerin in der genannten Weise zu raten.


    Mit unserer unbestechlichen Zählerin Maggie hat das alles jedoch selbstverständlich nichts zu tun. Danke für die Riesenarbeit! :D :hello:


    Grüße und ein gutes neues Jahr für alle,


    Ulrica

    Es kann ja fast nicht wahr sein, dass es noch keinen Thread vorher zu Brigitte Fassbaender gibt!! :no:


    Aber ich fasse mich selbst an die Nase, denn mir ist es auch nicht aufgefallen, peinlich. Ich habe ihr mal vor ganz langer Zeit vorgesungen (mit nahezu unkontrollierbarem Lampenfieber), eine sehr ehrliche Meinung von ihr gehört - ich war schon noch eine arge Anfängerin :O - und mich trotzdem angespornt gefühlt, weiterzumachen.


    Hänsel, Oktavian und Orlowsky finde ich kaum zu toppen. Klasse auch Charlotte aus Werther sowie die Nancy aus Martha und ihre Leistungen im Lied- und Oratoriumsberecich. Ihre Altpartie der Petite messe solemnelle von Rossini hat mich auf den Schlag veranlasst, mit diese Partie vorzunehmen. Die Winterreise steht m. E. der von Difidi in nichts nach.


    Die Klythemnestra von ihr ist mir bisher entgagnen, aber ich habe eine Aufnahme der Götterdämmerung - Waltraute, die etwas ambivalente Gefühle auslöst, denn sie hatte m. E. nie eine dramatische Stimme (was kein Manko ist). Sie gleicht dies aber mit einer enormen Darstellung aus, die sie rein mit der Stimme ohne sonstige Hilfsmittel gestaltet.


    Im Gegensatz zu einigen anderen Kollegen ihrer Klasse hat sie den richtigen Zeitpunkt für den Absprung geschafft, sodass man immer diese schöne, jung gebliebene Stimme in Erinnerung haben wird. Sie gibt ihr Können in hohem Maße weiter, was auch nicht selbstverständlich ist. Insgesamt ergibt sich ein Bild eines langen und abgerundeten Schaffens, das jegliche bewunderung verdient und es sei ihr zu wünschen, einen zufriedenstellenden 70ger zu schaffen und noch viel darüber hinaus.


    LG


    :hello:


    Ulrica

    Aufnahmen, vor allem in Form von Live - Mitschnitten, haben die Eigenschaft, gnadenlos alles zu dokumentieren, jede "Ecke und Kante" und vor allem auch Stellen, die nicht wie gewollt gelungen sind. Der Prozess, das dann anzuhören, ist für mich daher auch zuweilen quälend, aber unbedingt erforderlich. Ich habe ja eine Vorstellung davon, wie ich mir selbst den Klang der Stimme und vor allem die Interpretation wünsche und nur die Reflexion über eine Selbstaufnahme macht es möglich, sozusagen Wunsch und Wirklichkeit abzustimmen, letzteres vor allem durch "Arbeiten daran". Es kann aber auch vorkommen, dass der Wunsch verändert wird, da die Aufnahme auch Varianten offenbaren kann, die sich als tragfähiger erweisen als die vorige Konstruktion im Kopf.


    Trotzdem: Wie der Themenstarter schon andeutete: Irgendwie wühlt das Hören der eigenen Produktion auf und mich verunsichert das auch zuweilen. Ich befürchte, dass mir daher die Psyche böse Streiche spielt. Meistens empfinde ich das erste Hören als mittlere Katastrophe, beim zweiten Mal blende ich wohl das Negativempfinden aus und es ist dann doch ganz schön, und so geht das hin und her. Selbst bei den Studioaufnahmen, die ich kürzlich gemacht habe - die ja von sämtlichen Störgeräuschen etc. befreit sind - ist das so.


    Außerdem habe ich festgestellt, dass je nach Abspielgerät verschiedene Klangvarianten möglich sind. Das trägt auch nicht gerade zur Beseitigung innerer Verwirrungen bei.


    Fazit: Ein lehrreiches Unterfangen unter Blut, Schweiß und Tränen (naja, so weit kam es bisher nicht)



    LG
    :hello:
    Ulrica

    Der Wunsch, sich durch Kunst für alle Sinne auszudrücken, gilt ja als menschliches Bedürfnis und der Teil, der sich mit der akustischen Ausdrucksform befasst, die Musik, stirbt somit genauso wenig aus die anderen Formen. Weiter lässt sich feststellen, dass hohe Qualität sich hält, über Jahrhunderte, gar Jahrtausende hin, angefangen mit den Höhlenmalereien in Lascaux z. B., deren Standard niemand vorher den sog. Urmenschen zugetraut hätte.


    Wir sollten die Frage, wie beliebt, oft gehört etc. die klassische Musik- was für mich nicht nur den europäischen Raum betrifft - ist, auch einmal aus dem Standpunkt heraus betrachten, dass es viel ist, was über sehr lange Zeiträume hinweg überliefert und uns bekannt geblieben ist, von kundigen Konsumenten hin bis zu denjenigen, die sich vielleicht nur "Freude schöner Götterfunken" als schöne Melodie gemerkt haben und diese vor sich hinpfeifen.


    Ich sehe die Qualität einer Schöpfung auch darin, und hier egal, ob Pop oder Klassik, welche Verformungen sie überlebt, gelungene und misslungene.


    Dass solche Werke in der Vergessenheit versinken, ist also kaum zu befürchten und das beruhigt eigentlich.


    Ich kann auch keinen wirklichen Sinn dahinter erkennen, die Epochen dahingehend zu vergleichen, das "früher alles mehr Niveau" gehabt haben soll. Das trifft sicher tendenziell nicht zu. Das einzige, was ich hier erkennen kann, ist, dass der technische Fortschritt die allgemeinen Zugänge zu jeglichen Produkten, die wir haben wollen, immer mehr erleichtert mit dem Vorteil, als Interessierter schnell versorgt zu sein und dem Nachteil, dass uns vieles sehr bequem gemacht wird und somit die Wertschätzung vielleicht verloren geht.


    Es wird jedoch immer der Fall sein, dass Leute "brennen". Ich denke, dass ich nicht alleine hier in diesem Forum das Gefühl kenne, unbedingt eine bestimmte Aufnahme haben, ein bestimmtes Stück ins Repertoire aufnehmen und eine bestimmte Stimme hören zu MÜSSEN und sei es noch so mühsam, dies zu bekommen oder zu bewerkstelligen.


    Kulturformen tun sich allerdings mit dem Überleben schwer, wenn ihre Darreichung in überkommenen Formen hängenbleibt. Wenn immer noch nur Oberschichten Zugang hätten, man im Konzert auch immer noch nur in Klamotten erscheinen dürfte, die sich viele schon mal gar nicht leisten können und die Diven - Unnahbarkeit in der alten Form noch gepflegt würde, müssten wir uns in der Tat um den Fortbestand der klassischen Musik Sorgen machen. Das ist fast ein wenig so wie mit der Kirche. Wenn nur noch starre Rituale ausgeübt werden, stirbt der Geist.


    Genauso allerdings auch, wenn nicht eine zeitgemäße Übermittlung hohen Niveaus das Ziel ist, sondern zum Zwecke des bloßen Kommerzes Abflachung billigend in Kauf genommen wird.


    Ich hege zudem auch starke Zweifel daran, dass das sog. "einfache Volk" dem Kommerz - Schwachfug wirklich nachweinen würde, wenn er gar nicht vorhanden wäre.



    LG
    :hello:
    Ulrica

    Nichts dagegen, wer dem entspricht und sich dabei nicht unter (Mager-) Stress setzen muss - das würde sich bestimmt wieder einschränkend auf die Schönheit auswirken - kann sich von mir aus neidlos betrachtet, glücklich schätzen.


    Ich möchte mal an Beispielen der Oper deutlich machen, dass das Kriterium der Schönheit (hier = dem Ideal entsprechend) allerdings stimmig eingesetzt werden muss und es nicht bedeutet, dass damit alles, was vielleicht auch interessant wäre, verkörpert werden kann.


    Anna Natrebko ist mit Sicherheit eine schöne und daher passenede Manon Lescaut oder Traviata. Soweit ich das in den Salzburger Produktionen zumindest erahnen konnte, meine ich doch, dass sie in der Lage wäre, diese Rollen auch mit Tiefgang - was diese Frauenfoguren auch verdienen würden - zu singen und darzustellen. Was dies verhinderte, war einfach das, was da um sie herum inszeniert wurde. ES stand nicht die Operngestalt, die schön UND interessant ist, im Vordergrund, sondern die Tatsache, dass, wie genannt, Sex sells. Das zog die Oper mitsamt den eigentlich stimmig besetzten Hauptfiguren auf das Betthupfdohlen - Partygehopse herunter.


    Will heißen, nicht die schönen Frauen stören, sondern der Umstand, dass dies zur Verflachung der Oper missbraucht wird (jetzt würde ich auch nicht allzu gern in einen Topf geworfen werden mit dem vorher kritisierten Schönheits - Verteufeln)


    Gegenpol: Wollte man denn wirklich z. B. eine "schöne (=heutiges Schönheitsideal)" Azucena?? :no: da ginge doch völlig verloren, dass dies ein schwer verlebter, leidgeplagter Underground - Charakter ist. Schrill, spannend, schräg und beeindruckend ist die, aber nicht "schön". Hier könnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Theaterleiter ein 20jähriges blondes Engelchen einer gestandenen Verdi - Fregatte vorziehen würde (und wenn ja, dann hat er einen an der Pfanne :boese2:


    Hier würde ich SEHR LAUT den Schönheitwahn kritisieren.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Ich begrüße es auch sehr dass eine Einigung zustandekam. Ich hoffe, dass es wirklich Verbesserungen für die MusikerInnen gibt dabei.


    Dass diese Arbeit so schlecht bezahlt ist (ich finde es auch in der B - Kategorie nicht gerade üppig), bestürzt eigentlich, gerade wenn man den Aufwand auch mit bedenkt, der damit verbunden ist, die Fähigkeiten permanent vorzuhalten, also dauernd noch außerhalb der regulären Einsätze und Proben für sich zu üben.


    Und: Ist denn die Opernkarte nicht ursprünglich dafür gedacht, diejenigen, die dort für meinen genuss arbeiten, angemessen zu entlohnen?


    LG


    Ulrica

    Dass sich ausgerechnet der Traum aller milchbärtigen Jünglinge meiner Generation, Jane Birkin in diese Diskussion eingeschlichen hat, amüsiert mich nicht zu knapp… :hahahaha:



    Aus sehr eigener, zeitauthentischer Erfahrung heraus kann ich aber versichern, dass keinesfalls die Sangesleistung der Dame Grund für die immense Beliebtheit des Stöhnsongs war, sondern, weil schüchterne Sechzehnjährige sich beim "Schieber" nach diesem Lied optimalst näherkommen konnten. Selbstverständlich auch ein Muss auf meiner Riesenparty damals zum 16.


    Dass Edith Piaf (wahrscheinlich unter Vergewaltigung ihres Stimmorgans) zur Hilfe gerufen wurde, zeigt ja wohl im Nachhinein, dass diesem Handtuch von einem Mädchen wohl eher gar kein eigener Ton zu entlocken war. Wundert mich nicht wirklich….. :pfeif:


    Na, super, da werden ja noch posthum ganze Weltbilder der Jugend zerlegt….. :angel: :baeh01:


    LG
    :hello: ;)
    Ulrica

    Ich sehe die Aufführung nicht so negativ, wie hier von den meisten geäußert. Auch wenn ich vielleicht wegen der nicht ganz so edlen Tonübertragung meines kleinen Fernsehers Abstriche machen muss, so hatte ich keineswegs den Eindruck, dass es Stimmen gab, die den Rollen nicht gewachsen sein sollen oder dass die Herren schlechter waren als die Damen.


    Hier wurde halt gesungen und nicht auf Teufel komm raus herumgeturnt. Sicher, einige Szenen aus der ja eigentlich bewegten Geschichte, kann man auch mit mehr "Action" gestalten, aber es wäre schade, wenn darunter der Gesang leiden würde, was wir ja oft genug unangenehm erleben. Kein Verständnis habe ich für das Ausbuhen des "Inquisitors", das fand ich weder gerechtfertigt noch fair. Ich hatte auch die Idee, dass dies eine Glanzrolle für Salminen ist und lese hier erstaunt, dass er sie eigentlich hätte singen sollen, aber trotzdem war das in keiner Weise in den Sand gesetzt. Kotcherga füllt m. E. die Rolle voll aus.


    Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum der Posa zu schwach gewesen sein soll.


    Respekt, wie gut Dolora Zajic noch drauf ist. Nachdem ich sie bereits 1990 in Verona mit dem Requiem als gestandene Verdi - Sängerin (mit Pavarotti und Sharon Sweet) erlebt habe, dürfte sie nicht mehr zu den Allerjüngsten gehören. Fiorenza Cedolins, Neill und Furlanetto finde ich sängerisch klasse. Speziell der Philipe - Monolog berührte.


    Zugegeben, Vergleiche mit Wiener Aufführungen u. ä habe ich nicht. vielleicht käme dann ein anderes Ergebnis heraus, aber das musikalisch - sängerische Niveau könnte ich keinesfalls als unzureichend sehen. Ich frage mich wirklich, welche Art von Sängern man hier sonst besetzen soll, A.N, Garanca und Florez vielleicht? (nichts gegen sie, aber zur Verdeutlichung des Begriffs "fachfremd" beispielsweise hier genannt)


    Weiß jemand, was der Hintergrund von Filianotis Rauswurf ist? Das wurde ja angedeutet, aber nicht erklärt (geht wohl auch nicht), aber seltsam war das schon.


    Zu Regie und Inszenierung bekam ich ein etwas ambivalentes Verhältnis. Das Bühnenbild war eigenartig mit der Diskrepanz zwischen Kostümierung und Kulissen, aber dieser Reibungsaspekt baute eine durchgehende Spannung auf, die einen m. E. irgendwie "mitgenommen" hat in diesen Ablauf. Den Bühnenaufbau des Autodafés fand ich sogar gelungen, wenn auch leider, was schon festgestellt wurde, die Personenregie irgendwie planlos war. Das hätte man, glaube ich, spannender machen können. Die Kinder dazwischen habe ich auch nicht kapiert. Sowas gab es beim Figaro in Salzburg auch und es war genauso strange.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Ich kann nachvollziehen, dass der Höreindruck der "Nachkriegsstimmen", noch dazu mit inzwischen völlig überholter Tontechnik aufgenommen, auf Tonträgern zuweilen die Frage aufwirft, warum der Klang viele so begeistert hat.


    Leider habe ich diese SängerInnen ja auch nicht mehr live erleben können, aber ich gehe davon aus, dass die Technik gerade die großen schweren Stimmen nicht in allen Facetten einfangen konnte. Es war wohl nicht zu vermeiden, dass die Aufnahmen dem richtigen Klang etwas wegnahmen, was m. E. mit der heutigen Technologie allerdings auch nicht komplett gelöst ist. Vieles wird und wurde einfach "geschluckt", was diese Stimmen live jedoch an Farben, Obertönen und dergleichen besitzen, was Voraussetzung für den tiefen Eindruck ist, der das Liveerleben gemacht hat.


    M. E. bekommen Fernsehübertragungen von großen Häusern oder auch aus Verona die Sache noch am ehesten in den Griff.


    Dass sich auf den Aufnahmen manche Stimme als zu laut oder scheinbar überdehnt anhört und somit vielleicht Verwunderung ausbricht über die Begeisterung , die Live - Hörer empfanden, würde ich als Aspekt für eine Würdigung dieser Gesangsaufnahmen doch heranziehen wollen.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Ich meine, der Verismo braucht Schluchzen, Stöhnen, den Touch von Dramaqueen/king, auch wenn man drum streiten kann, ob einzelne Interpreten in einzelnen Aufführungen oder Aufnahmen mal übertrieben haben.


    Mitte des letzten Jahrhunderts war allerdings eine verismo - inspirierte Singweise absolut Mode und wurde inflationär umgesetzt für Opern jeglicher Art. Das kann auf Dauer nicht der Sinn der Sache sein und hat sich eigentlich von selbst wieder relativiert.


    Del Monaco war wohl der Kraftsportler unter den großen Tenören, denn die dahinterstehende Technik, eigentlich aus dem italienischen Belcanto heraus entwickelt, erfordert eine enorme Körperspannung, um nicht schon nach paar Minuten keine Stimme mehr zu haben. Das ist eine Art Alles oder Nichts. Das Ergebnis ist entweder ein Organ, das die Wände wegfliegen lässt oder es wird, wenn derlei robustes Herangehen doch nicht das Richtige für manche Sängerkörper ist, bei Fortführen richtig gefährlich.


    Als ich das letztes Jahr studiert habe mit anderen Kollegen zusammen, dachte ich am Anfang, dass es auf Dauer jede Stimme nachhaltig und gesund vergrößert, aber da die Sache ständig unter Strom läuft, gab es auch Probleme und Überanstrengung, möglicherweise auch durch Mangel an Durchhaltevermögen und einem Fehleinschätzen der Kraftreserven.


    Ungesund ist diese Singweise nicht originär, aber mit großer Vorsicht anzuwenden. Giulietta Simionato, eines meiner großen nie erreichbaren Vorbilder, hat im Prinzip auch so gearbeitet, aber m. E. mit mehr Vorsicht und Differenzierung als del Monaco selbst, der es allerdings auch ausgehalten hat.


    Soweit ein kleiner gesangstechnischer Exkurs zum Thema "Brüllaffen", ein Ausdruck, den ich in diesem Zusammenhang allerdings nicht so wirklich schätze, da bei diesen Sängern eine riesige Lebensleistung und die Bereitschaft, alles zu geben, steckte.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Die Leute streiken nicht um eine Berechtigung, nur drei Stunden Dienst zu haben (was eher eine Fehldisposition interner Art sein dürfte), sondern um eine tarifrechtliche Grundsatzfrage, die Auswirkungen auf das gesamte Tarifklima hat und nicht nur auf die Orchesterspieler. Um das zu unterstützen, wurden hier m. E. tragfähige Argumente genannt.


    Wenn man bis ins Detail die arbeits- und dienstrechtlichen Verhältnisse anführt, findet man für fast jedes hier genannte beispiel Widerlegungen, die sich allerdings eher als Ergänzungen für die gleiche Grundsituation entpuppen.
    So ist z. B. auch mein Arbeitszeitbeispiel der Diskrepanzen im öffentlivchen Verwaltungsdienst insofern mit berechtigter Einspruchsmöglichkeit behaftet, weil die Angestellten des Freistaats 40 Wochenstunden haben (schlechter verhandelt wohl, aber immer noch unverhältnismäßig im Unterschied) In den Kommunen jedoch besteht das Vehältnis 39 zu 42 Wochenstunden und somit mehr als ein Tag pro Monat für lau.


    Das man Unannehmlichkeiten durch Streikmaßnahmen hat, ist für unbeteiligte Kunden nicht schön, aber in unserem Gesellschaftsgefüge nicht als Störfall betrachtet, sondern als legales Mittel der Auseinandersetzung in einem Bereich, der jeweils große Teile der Bevölkerung betrifft.


    LG


    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Der Magdeburger Generaintendant, Tobias Wellemeyer, sagte zu diesem unverhältnismäßigen, ja unverschämten Streik folgendes "Ich schäme mich für das ungehörige Verhalten der Orchestergewerkschaft" und "Diese Kollegen sollen wissen, dass die meisten Künstler sich mit Unverständnis und Abscheu (!!!) abwenden. Künstler, die noch mit 40 Grad Fieber (wohl leicht übertrieben) singen, spielen und tanzen, damit der Lappen hochgeht, und nicht wie die Gilde der Orchestermusiker zu den Spitzenverdienern an den Theatern gehören. Wellemeyer spricht auch von von Erpressung und davon, dass die Musiker "ihre privilegierte Arbeitszeitregelung zum ewigen Gesetz machen" wollen.


    Solche Äußerungen eines Generalintendanten und Arbeitgebervertreters sind schlichtweg verantwortungslos. Wenn die Betreffenden mit Herzmuskelentzündung tot umfallen: Kommt er dafür auch auf? ich ahne, dass nicht....



    Was die Information über die Tarifbedingungen der Orchesterleute betrifft, so meine ich, dass sie diese Auskunft auf Anfrage sicher geben, aber ich weiß nicht, ob das in allen Details unserer Diskussion weiterhilft. Tarifvereinbarungen des öffentlichen Dienstes sind hochkomplexe Regelwerke mit weitgehenden Differenzierungen der Tätigkeiten. Dass ein "Flächentarif" vorliegt - wahrscheinlich -, bedeutet nicht, dass alles über einen Kamm geschoren ist, sondern lediglich, dass z. B. Oboisten oder Cellisten einigermaßen gleiche Eingruppierungsbedingungen (es gibt auch Rahmenformen) in einer größeren Region oder gar bundesweit vorfinden können und - was hier wichtig ist, die prozentualen Gehaltserhöhungen - meist Inflationsausgleich - branchenübergreifend in Sinne der von der Gewerkschaft Vertretenen auch erhalten. Um letzteres gehts hier wohl, auch wenn die Form des Tarifvertrages vielleicht in Details von meiner Vermutung abweicht.


    Während des Münchner Bühnenarbeiterstreiks, der auch Einschränkungen bei den Aufführungen mit sich brachte, habe ich mich mit den Streikposten von Verdi (Mitarbeiter, keine Gewerkschaftsfunktionäre) vor dem Bühneneingang unterhalten. Was da als Nettolöhne genannt wurde, konnte man in manchen Fällen nur als Hungerlohn bezeichnen. Damit kasnn man in München gleich gar nicht runkommen.


    Übrigens: Von ganz anderem Format hat sich damals Sir Peter Jonas erwiesen, als er sein Verständnis äußerte, auch wenn er keinen Einfluss auf diese Entlohnung hatte. So ginge das in der Position des Intendanten auch.


    Lieber Alviano: Danke für die zustimmende Äußerung


    LG
    :hello:
    Ulrica