Beiträge von Ulrica

    Die Abkoppelung einzelner Berufsgruppen aus einem Tarifgefüge wirkt sich aus der Erfahrung heraus immer nachteilig für die Arbeitnehmerschaft aus, weil es sie spaltet. M. E. ist der tiefere Sinn solcher Maßnahmen - neben eher vordergründig, aber kaum nachhaltig wirkenden Spareffekten - das schon antike Prinzip "Teile und herrsche".


    Das mag jetzt plakativ klingen oder bei manchen als sozialistische oder gewerkschaftliche Propaganda aufstoßen, lässt sich aber anhand häufiger Vorgänge dieser Art - in Deutschland merkbar so seit den neunziger Jahren - gut belegen.


    Beispielsweise ist meine Berufsgruppe der Verwaltungsbeamten in Bayern in punkto Besoldungs- und Arbeitszeitentwicklung seit gut 10 Jahren davon betroffen, dass eben die Tarifabschlüsse vergleichbarer Beschäftigter nicht mehr für uns übernommen werden. Das bedeutet, die Einkommensentwicklung fiel massiv zurück und wir arbeiten sein eben diesen 10 Jahren deutlich länger als die Beschäftigten. Momentan steht das Verhältnis 39 Wochenstunden für die Tarifkollegen und 42 für meine Beamtenkollegen und mich ohne Ausgleich, was einer Gehaltskürzung entspricht. Diese Umstände stehen überhaupt nicht mehr in irgendeinem nachvollziehbaren Verhältnis zueinander und bedeutet einen Rückschritt auf den Stand der 70ger Jahre und gilt zudem nicht einmal für sämtliche Beamte in Deutschland.


    Nur der Tatsache, dass die Tarifbeschäftigten dem massiven Druck auf ihre Arbeitszeiten nicht nachgegeben haben, verdanken wir, dass unsere Gewerkschaften und Verbände mit diesem Ungleichgewicht weiter argumentieren können und allmählich auch in der Politik endlich Gehör finden. Mehr geht eh nicht, denn wir dürfen ja nicht streiken.


    Man kann jetzt noch jede Menge Berufsgruppen anführen, wo es härter zugeht, aber das führt an dem Anliegen vorbei, denn auch diese oft übelsten Verhältnisse sind entstanden, weil sie einer wirksamen Interessenvertretung entzogen wurden.


    Auf diesem Hintergrund hat der Streik der Orchester, wenn er dem oben formulierten Ziel gilt (leider hat meine Zeitung hierzu nicht informiert), meine volle Unterstützung, auch wenn ich die Einzelheiten dieses Entlohnungsgefüges nicht kenne. Je weniger es gelingt, die Beschäftigten auseinander zu dividieren, desto wirkungsvoller können die Arbeitnehmer - Interessenvertretungen für alle agieren, incl. der genannten Kleinverdiener, die sich wohl eher über verpulvertes Geld durch Misswirtschaft berechtigt ärgern als über eine angemessene Bezahlung einer anderen Dienstleistung, die die Orchestertätigkeit trotz allem echten und vermeintlichen Glamour bleibt.


    Noch zum Abschluss: Das Streikrecht (zum Zweck der Verbesserung von Arbeitsbedingungen) stellt in allen der hier vertretenen Länder ein grundrecht dar und ist eben keine "Unverschämtheit".



    LG
    :hello:
    Ulrica

    Lieber Edwin,

    auch ich bedanke mich für das Ansprechen dieser Thematik.


    Ich habe genau wie Severina das Problem, die Erklärung nicht ohne Krücke (z. B. Noten), auf Stücke, die ich kenne, umzusetzen und zu bestimmen, ob oder ob nicht. Im Moment habe ich eine Teilpartitur von "Bernarda Albas Haus" vor mir liegen und versuche, dahinterzusteigen, ob das wirklich 12 - Ton - Musik ist.


    Auf den ersten Blick meine ich ja und beim Einstudieren hatte ich immer so das Gefühl, dass da eine harmonische Systematik dahintersteckt, die von der uns allgemein gängigen Harmonik zar abweicht, aber in sich eine neue herstellt.


    Außerdem meine ich, dass man oft um einen Halbton verschoben herauskommen muss bei einer "Auflösung" - ich gebrauche das Wort mal, wissend, dass dies nichts mit der Normal - Auflösung zu tun hat- verglichen mit der Normalharmonik. Kommt das in etwa hin?


    Das Davonrennen des Publikums ist mir durchaus bekannt, aber auch zuweilen ein Staunen, dass einer solchen Musik doch etwas abzugewinnen sein kann. Tatsache ist halt, dass atonale Musik oft - nicht immer - zu einer völligen Konzentration auf das Hören zwingt, um den Sinn erkennen zu können und dann auch Genuss und Erbauung über eine Stimulanz von Geist und Empfinden zu ziehen. So geht es mir jedenfalls, wenn die Atonalität sehr deutlich merkbar ist.


    Das muss andererseits aber auch nicht immer so sein. Ein Beispiel für nach außen fast "harmonisch" klingende Musik sind einige von Knut Nystedts Frauenchorstücken, die zudem absolute Intonatonssauberkeit verlangen (es gibt kaum Scheußlicheres als schiefe Cluster). Das empfindet fast jeder als anhörbar.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    ich habe sie gestern auch in der AIDS - Gala gehört (allerdings nicht alles) und wundere mich auch, wie man draufkommen kann, dass sie keine ideale Barocksängerin sein soll... ?(



    Den "Surabaya - Johnny" kann ich mir von ihr, ehrlich gesagt, nicht recht vorstellen, aber solche Stücke lassen ja verschiedene Interpretationsvarianten zu. Also möchte ich mich dem auch nicht vor vornerherein veschließen.


    LG


    Ulrica

    1. Graf Wetter will die Welt verhöhnen -
    mit Weisheit ist jetzt endlich Schluß!!


    2. Philosophenforum: s. 1., 2. Halbsatz.


    3. Frauenliebe und -leben:
    neue historische Dokumente fördern zutage: Sie ließ es heimlich krachen :baeh01:


    4. Ca ira! - Der revolutionäre Machomasochismus des Herrn Chamisso


    :pfeif: :D :baeh01: :angel: ;)


    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Original von Zwielicht

    Wagners Rheingold - die Enstehung der Welt aus dem Es-dur-Dreiklang. Überhaupt unglaublich, wie da vier Takte am Anfang nur die Kontrabässe das Es brummen, dann die Fagotte mit dem B dazukommen...



    Schon vorweggenommen, der erste Gedanke zu diesem Thread!! ;) Diese Overtüre allein machte mir beim ersten Mal Hören berits Lust auf mehr. Welche Art Welt entsteht hier gerade, die sich hier stufenweise aufbaut und entblättert?


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Liebe Theodora,



    freut mich, dass du in der Pique - Dame eine echte Altstimme gehört hast und diese dir auch gefällt. Ich dachte, in Russland gäbe es mehr davon??


    kannst du bitte noch mehr Angaben zu der Aufnahme von 1974 machen? Ich würde mir diese gerne anhören bzw. zulegen, auch zwecks Repertoireerweiterung.


    Lieber Philhelene,


    auch eine "Altröhre" kann bei guter Ausbildung lyrisch singen. Hier gilt genauso wie für die anderen Lagen, dass nicht nur gebrüllt wird, sondern gerade bei großen Partien differnziert interpretiert werden soll. Was allerdings wenig berücksichtigt wird bei all diesen Beschreibungen, ist, dass wir auch Stimmfächer haben und das klassische Repertoire dies berückstichtigt. Natalie Stutzman hat z. B eine ganz andere Stimme als meine Wenigkeit (ohne dass ich mich vom Können her hier vergleichen will). Oft jedoch werden wir allesamt in ein einziges Fass gesteckt.


    Das Arienrepertoire ist wirklich quantitativ kaum ausreichend. man muss sich eigentlich in den tieferen Mezzo - Bereich hineinbewegen, was allerdings nach entsprechendem Arbeiten an den Spitzentönen nachhaltig möglich ist. Es klingt halt vielleicht ein wenig ungewohnter.



    LG euch allen,
    :hello:


    Ulrica

    Ich bin eine absolute „Laien – Philosophin“, aber ich traue mich trotzdem:


    Immer auch nach dem praktischen Nutzen suchend, stolpere ich genauso wie Fairy über die These, dass man sich, so verstand ich, in einer Entweder – Oder - Entscheidung in jeder Hinsicht der naturalistischen oder transzendentalen Richtung zugehörig sehen muss. Für mich stellt sich eher die Frage, mit welcher Richtung komme ich zumindest einer zeitgemäß anwendbaren Antwort auf eine bestimmte Menschheits- oder philosophische Frage näher. Während der Umwälzungen des 19. Jahrhunderts hatte der Naturalismus/Materialismus sicher viele Antworten, auf die die Menschen gewartet haben. Man hat sich nicht mehr so ohne weiteres von der Kirche auf das Jenseits vertrösten lassen, wenn es darum ging, dass vielen durch überholte gesellschaftliche Strukturen die persönliche Entfaltung und vor allem auch die Sicherung der Grundbedürfnisse verwehrt waren. Die einfache, grundmaterialistische Erkenntnis, dass höhere kulturelle und geistige Bedürfnisse erst nach der Sicherstellung der Leibesbedürfnisse zum Tagen kommen, findet sich heute in der – psychologisch verwendeten Bedürfnispyramide wieder.


    Die Frage z. B.: Was kommt nach meinem Tod? (die wiederum gerade in einer Not beschäftigt), beantwortet der Materialismus nicht befriedigend. Er sagt, da kommt nichts, kann es aber nicht mit seinen empirischen Mitteln beweisen. Die Naturwissenschaft verfolgt die Schöpfung zurück und findet bislang auch nicht den Anfang. Ohne diesen findet sich erst recht das Ende nicht. Transzendentale Denkweisen geben hier Antworten, denn wir haben keine Beweise dafür, wo die Bestandteile der geistigen Präsenz hin verschwinden nach dem Verlust des Körpers und es widerstrebt uns die ganze Mühe, die wir uns für die kurze Spanne des Lebens gemacht haben für ein bloßes Verpuffen im Nichts. Das ist vielleicht nicht stringent logisch, aber vielleicht liegt das daran, dass Forschungen nicht vorliegen.


    Dem menschlichen Geist ist das Denken über die konkreten oder auch empirisch belegten Dinge hinaus gegeben, oft mithilfe der Mathematik, die schon lange von einer vielfachen Dimensionalität des Seins über a³ , Länge, Breite, Höhe, hinaus ausgeht. Die physikalische Beweisbarkeit liegt allerdings schon bei a hoch 4 nicht mehr in unserer Macht oder noch nicht. Die Zeit? Wir sind weit davon entfernt, sie geistig zu beherrschen. Die Folgerung, dass mehr Dimensionen da sein müssen, entsteht aus der Erfahrung, die wir bis zu a³ gemacht haben. Hier kommen die Denkrichtungen sich ziemlich nahe. In der Astronomie erfolgten auch viele Entdeckungen aufgrund mathematischer Vorausüberlegungen und Schlüsse.


    Vielleicht ist das ein Grund, wie vorher aufgeworfen, warum diese Bereiche präsenter sind als die „Geheimnisse des Alltags“. Die Formulierung Einsteins, die der Papst auch für sich als Grundlage in seinen Glauben hinein nimmt, über das Verhältnis von Subjekt und Objekt, dürfte der kleinste gemeinsame Nenner der Grundlagen der Philosophie sein.


    Ergo: Ich sehe, je nach Fragestellung, Wirkungsfelder für beide Ansätze. Es wäre, denke ich, sogar kontraproduktiv, Teilerkenntnisse der jeweils anderen Richtung unter den Tisch fallen zu lassen


    Beim Einlesen in die Definition der Erkenntnistheorie trieb es mich der mich lange beschäftigenden Frage: Wie entsteht Zeitgeist (oder auch neudeutsch mainstream genannt)? Ich weiß nicht, ob dieses Themensegment in das Fragestellungssprektrum der Erkenntnistheorie passt, aber ich kann mir das vorstellen. Meine Belesenheit hält sich hier leider in Grenzen. Ich hoffe, das ist jetzt keine Themenabweichung, aber es beschäftigt mich die Fragestellung, wie es kommt, dass epochenweise sich Weltsichten etablieren? Gibt es hier einen Ansatz?



    Liebe Grüße in der Hoffnung, dass dies alles nicht zu laienhaft ist
    ,
    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Original von Zwielicht
    Ein Intendant kann in einem Haus wie München nur mit einem Kompromisskurs überleben. Bachler ist doch jetzt schon vielen zu radikal.


    Da ist auf jeden Fall was dran. Das Nationaltheater - Publikum tendiert zur Bräsigkeit. Bloß net des moderne Zeigl da. :D Die Fraktion" Hochglanz, aber bloß keine Auseinandersetzung" hat schon recht viel Einfluss.


    Man separiert wie im Schulsystem: Traditonelles in die BSO, die leichte Muse ins Gärtnerplatz und daneben hat man, weils das für eine Weltstadt ja doch irgendwie braucht, Reihen wie die Biennale. Selbige sowie viele andere freie oder Nischenangebote sind meistens von hohem Standard, da gibt es nichts zu meckern, aber irgendwie will man alles an seinem zugewiesenem Platz haben. Das ist aus Köpfen, die u. a. jahrzenhtelang eine Partei mit absoluter Mehrheit bis dato (jetzt nimmer :baeh01:) gewählt haben (fürs land, für die Stadt nicht) nicht rauszubekommen.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Der Satz über das zu hohe Niveau, vor allem mit dem Nachsatz: Ich bin Amateur! wäre mir als Begründung zu ungenau. Irgendwie genauso ungenau wie "Moderne - in - Bausch - und Bogen - Beschimpfen". :motz:


    Ein wenig kommt mir das vor wie die Braut, die sich nicht traut. Amateur? Na, irgendwas wird derjenige doch kennen oder ihr/ihr einfach auch nur was gefallen, um hierher gefunden zu haben. Was immer es ist, wer hindert ein Mitglied, zu artikulieren, was es zum Thema bewegt. Und wenn es die Ansage ist, dass ein bestimmte Passage in einem Stück diese und jene Empfindung auslöst. Derlei findet in der Regel immer seine schreibende Gefolgschaft.


    Wer nur lesen will, kann das doch ohne Mitgliedschaft auch.


    Hohes Niveau bedeutet m. E. gutes Fachwissen zum Thema, das auch erklärt werden kann, verständliche und leserfreundliche Aufbereitung sowie, was in diesem Forum zu meiner persönlichen Freude nicht zu kurz kommt: "Herumkaspern" (-pardon: Humoriges und Satirisches) auf hohem Niveau und, was halt auch mal passiert, scharfe Auseinandersetzung, wenn sie emotional wieder "eingefangen" werden kann. Dass letzteres manchmal nicht gelingt, ist sicher schade, aber wohl nicht immer zu vermeiden bei diesem Medium und manchmal liegt es auch an einem vielleicht nicht so ganz angemessenen Beharren der Kontrahenten (ganz allgemein, meine alle und keinen :pfeif:).


    Hohes Niveau bedeutet aber auch, dass jemand sich verständlich darüber macht, worüber er/sie mehr wissen möchte und Anregung wünscht.


    Die Niveaukurve eines Beitrages steigt keinesfalls zwingend mit dessen Trockenheitsgrad oder dem Häufigkeits- Koeffizienten der verwendeten fachchinesischen Termini, auch wenn großes Fachwissen besteht. M. E. will man in diesem Forum ja auch kommunizieren und einen gewissen Humor kann man, wenn es um Musik geht, fast überall einstreuen. (Hm, dieser Satz hat einen hohen Stelz - Faktor :angel:)


    Ich schreibe hier, auch wenn es genug Themen gibt, zu denen ich wenig Fachwissen habe, ob der bunten Vielfalt gerne. Also: Nur keinen Stress, das läuft schon richtig hier herinnen.



    Und, was die Rechtsschribselung betrieft: Dise leidet wol allgemoin nach der duseligen Refrm. :boese2:
    LG


    :hello:
    Ulrica


    PS: Meine Neugier auf die Philosophen wächst beständig, aber irgendwie schwant mir, dass der Mensch hierfür viel stoische Muse braucht :beatnik:

    Ich habe die gesamte Aufführung im Arte am Urlaubsort sehen können und schließe mich voll denjenigen an, die das Ereignis als gelungen bezeichnen.


    Oper als Kunst gehört nicht in den Elfenbeinturm, vor allem nicht ausschließlich. Warum nicht gehobene Aktionskunst im Bahnhof, wenn es die Werksaussage unterstreicht und dem zeitgenössischen Publikum näherbringt?


    Diie Qualität der Traviata als solche hat keinesfalls gelitten. Der Respekt vor dem Werk war jederzeit gegeben. Vergleiche mit den drei - zehn Tenören und anderem Tralala finde ich hier sehr unangebracht. Die Reisenden und hingeeilten Neugierigen (hätte ich auch gemacht) bekamen richtige Oper mit guten Sängerdarstellern zu sehen, wenn auch unter ungewöhnlichen Umständen.


    Natürlich verursachen die Bedingungen klangliche Veränderung, ja Abstriche und bieten keine Behaglichkeit im gepolsterten Logensitz. Ich reagiere durchaus ungehalten auf suboptimalen Gesang aus Fehlbesetzungen wegen Schönheit statt Stimme und Gründen irgendeines Personenhypes heraus, aber das lag hier keinesfalls vor. Die hohe Professionalität der Agierenden kam jederzeit zum Tragen. Eva Mei bewies diese gerade an der Wahl des ungefährlicheren Schlusses. Missglückte Töne sollten den Gesamteindruck nicht zerstören und diese Künstlerin braucht sich nichts zu beweisen.


    Der Bahnhof ist eine wunderbare Metapher für das Leben der rastlosen, sich ständig übernehmenden Violetta, die eigentlich nichts anderes will als endlich ankommen. Das traurige Scheitern dieses Wunsches im Leben und gleichzeitig die Gewissheit, dass sie im Arm des geliebten Menschen den Nicht - Ort ihres Lebens für immer verlassen durfte (letztlich) war hier in einer Weise herausgearbeitet, dass ich eine tiefere Sicht auf diese Oper jenseits vom populären trinkseligen "Libiamo"- das natürlich seinen Sinn hat - bekommen konnte.


    Vielleicht ging es anderen dort vor Ort auch so.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Ohne jetzt haarspalterisch sein zu wollen, möchte ich doch der Frage auf den Grund gehen, was Musik und Aggression miteinander zu tun haben.


    Das Musik aggressiv IST, denke ich, kann nicht sein. Dass jemand Instrumente oder Stimme beharkt, hat an sich noch niemandem weh getan oder jemand angegriffen. Musik ist jedoch permanent Spannung, weil, wie Peter schrieb, in einen Zeitablauf und Rhythmus geschehend (Peter, bitte verzeihe die sinngemäße Wiedergabe). Spannung ist Voraussetzung für Aggression, aber nicht jede Spannung führt zu Aggression.


    Musik kann aber aggressiv WIRKEN oder gar MACHEN. Dies liegt im Auge oder Ohr des Betrachters bzw. Hörers und in diesem Punkt stimmt der Satz von Thomas Pape darüber, dass die „Wahrheit“ beim Empfänger und nicht beim Sender liegt. Dieses divergierende subjektive Empfinden der „gefühlten“ Wahrheit führt oft zu Missverständnissen und ist wohl die Grundlage für die letzte harte Kontroverse.


    Der bewusste Satz führt zu sehr konstruktiven Assoziationen, z. B. die Anregung, sich um höchstmögliche Klarheit bei kommunikativen Prozessen zu bemühen, aber der Wahrheitsbegriff im absoluten Sinne klammert hier wichtige Aspekte, z. B. die Möglichkeit nachträglicher Klärungen aus.


    Wenn mir jemand mit unkontrollierter Aggression gegenübertritt, mit Hass, der nicht reflektiert ist, dann stößt mich das ab. Musik (-Interpretation) kann diese Intention durchaus haben. Das ist vor allem dann der Fall, wenn hinter der Interpretation eine aggressive und menschenfeindliche Ideologie wie der Faschismus steht. Eine so getragene Interpretation kann meines Erachtens sogar aus dem lieblichsten Lied – in der Regel vom Komponisten ganz anders motiviert (wer tot ist, kann sich ja nicht mehr wehren) was ganz Perfides machen. Hier sind wir auch beim Missbrauch von Musik. Der macht sicher fassungslos und auch wütend.


    Dahingehend ist gerade mit Wagner einiges passiert und es lässt nachvollziehen, das entsprechend Gepeinigte – wie z. B. KZ – Häftlingen, die mit Wagner – Musik „begrüßt“ worden, davon nichts mehr wissen wollen.


    Trotzdem ist jemand, der unter „normalen“ Unständen diese Musik kennengelernt hat und daran Positives entdeckt hat, noch lange kein Nazi oder Kriegsverherrlicher.


    Ingrid hat dankenswerter Weise Bernarda Albas Haus eingebracht. Ein gelungenes Bespiel für eine musikalische Aufbereitung einer gewaltgeschwängerten Familienstruktur, für die die Stilmittel der Moderne m. E. die ideale Umsetzung ermöglichen. Das Werk ist bemüht, die psychologischen Hintergründe der Gewalt zu erhellen und trägt, wenn man als Opernkonsument zu einer anstrengenden Auseinandersetzung bereit ist, m. E. dazu bei, über Aggressionsentstehung und die Verhältnisse dazu aufzuklären.


    Es wäre schade, wenn Musik dem Thema Aggression pauschal ausweichen würde. Die Chance einer konstruktiven Auseinandersetzungsform wäre ungenutzt.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Hallo, oper 337,


    selbstverständlich ist jedem unbenommen, mit Stil, Outfit oder auch der Stimme oder Interpretation von KünsterInnen nicht klarzukommen, aber es ist keine Art, so unter die Gürtlellinie zu gehen.


    Amy Winehouse ist sicher nicht everybody´s darling, aber was sie macht, hat Qualität, ist handwerklich und musikalisch solide und zeugt von Talent und Können. Sie derart runterzumachen ist in keiner Weise angemessen. Auch wenn man sog. U - Musik ablehnt, rechtfertigt das solche Ausfälligkeiten nicht.


    Zu Recht haben die meisten sich in einem anderen Thread darüber aufgeregt, dass klassische InterpretInnen zum Teil auch hier im Forum oder woanders auf unwürdige Weise diskreditiert wurden.


    Gegen VertreterInnen anderer Sparten finde ich das genauso unangebracht.


    Gruß,


    Ulrica

    Die Ursprungsform in Irland sitzt,
    Wir haben sie von dort stiebitzt.
    Und flugs gemacht sie zu Eigen,
    Auch zum Meinung geigen,
    Mit spitzer Feder angeritzt.


    Doch wollt ihr das wirklich echte,
    Dann braucht ihr Worte, ganz schlechte.
    There was a man in a truck,
    He was in train to .... :pfeif:
    So geht das hier nicht, Allmächt´- nee!


    :D


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Bruckners Motette "Locus iste" hat vor der letzten Phrase einen Pausentakt, der enorm wirkt. M. E. bringt diese Pause den Moment zum Ausdruck, in dem der Mensch unmittelbar vor Gott steht, etwa wie in der Bibelepisode mit dem brennenden Dornbusch.


    Unglaublich, diese Wirkung, auch für die Chorsängerinnen selbst.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Ich bin auch begeistert darüber, dass über diesen Sänger ein Thread eröffnet wurde.


    In der TV - Doku "Aidas schwarze Schwestern" - es ging auch um männliche Sänger - handelte ein Teilbeitrag von ihm mit Hörbeispielen mit diesem wunderschönen Bass.


    In dieser Sendung wurde er m. E. in einer adäquaten Weise gewürdigt, ähnlich wie die anderen Persönlichkeiten und vor allem auch die skandalösen Bedingungen, denen in den ach so demokratischen USA selbst die Begabtesten noch im 20. Jht. ausgesetzt waren, nur weil sie eine schwarze Haut haben.


    Obwohl das Erlernen des Operngesangs ja viel Zeit und Stringenz ganz allein für sich schon in Anspruch nimmt, war fast jede/r dieser schwarzen KünstlerInnen irgendwie politisch involviert, denn alle stießen irgendwann einmal auf die Rassendiskriminierung auf ihrem Werdegang.


    Wahrscheinlich ist es vielen in Europa nicht so recht bewust, aber die McCarthy - Ära hatte deutliche Züge einer Gesinnungsdiktatur. Das öffentliche Leben war teilweise gründlich vergiftet und es herrschte berechtigt Angst und Schrecken. Angst um die Berufstätigkeit; aber auch davor, in den Knast zu kommen, ohne Verbrecher zu sein, ja sogar Verbrechen untergeschoben zu bekommen und dafür hingerichtet zu werden (Sacco und Vanzetti). Eines der berühmtseten Beispiele hierfür dürfte sein, dass auch Charlie Chaplin, der sicher eher ein Sinnbild für Amerika ist, Opfer dieser Zustände wurde.


    Paul Robeson ging sehr weit mit seinem Engagement, wurde sehr deutlich, aber friedlich und viel mit Hilfe seiner Kunst. Trotzdem geriet er in Amerika und im Westen absolut in eine Zwangslage und es braucht niemanden zu wundern, dass er selbigen nicht als Hort der Freiheit sehen konnte. Abgesehen von der Rassendiskriminierung, die den Schwarzen bei jeder noch so banalen Alltagsverrichtung vor Augen führte, dass sie als Bürger zweiter Klasse betrachtet wurden, war er ja noch dazu ohne einen einer Demokratie würdigen politischen Grund in seiner Existenz bedroht.


    Er hat sicher gesehen, was im Osten los, jedoch meine ich, dass er die Tatsache, dass dort seine ethnische Herkunft nicht hinderlich war, als befreiend erlebt hat. Es wäre lohnenswert, falls es etwas gibt, im schriftlichen Nachlass oder Zeitdokumenten von und über diesen hochinteressanten Sänger zu recherchieren. Als politischer Mensch hat er sich sicher Gedanken über viele Dinge gemacht.


    Danke für die Aufnahmentipps. Ich wusste nicht, dass er das Moorsoldaten - Lied gesungen hat. Ich kann mir vorstellen, dass diese Aufnahme sicher etwas ganz Besonderes ist.


    LG


    Ulrica

    Zitat

    Original von Il Grande Inquisitore
    die Villa Kunterbunt der Pseudointellektuellen entstehe.
    Großinqui


    :D :D
    Diese ist schon längst entstanden, es sieht nur keiner aufgrund der ganzen Hermeneutel - Ethik. Das geht schon mal damit los, dass ich mich vor einem Inqui, groß, auch nicht mehr so wirklich fürchte.


    Hier ist/ hat


    a) wissenschaftlich gesagt:


    das proportionale Vektoren - Verhältnis des Grades an Hirnmasse zur Gewichtigkeit des Ausstoßes (Output) in ein umgekehrtes verwandelt worden und somit aus den Gravitaionsfugen des expandierenden Weltalls geraten.


    b) esoterisch gesagt:


    sich der Weltkreis dem Yin und Yang des ewig währenden Schicksalsrades entwunden.


    c) intellektuell gesagt:


    das Gespinst feinster Argumentationslinien eine furchtlose Symbiose mit dem Prinzip des gordischen Knotens eingegangen, um die Erlösung von akkumulierenden Geistesqualen in der Vollkommenheit der Unauflösbarkeit zu suchen.


    d) dialektisch gesagt:


    Matthäi am Letzten.


    e) am Stammtisch gesagt:


    Hopfen und Malz verloren (bevor der Letzte das Licht ausmacht)


    f) an Ruhr und Rhein gesagt:


    Schicht im Schacht.


    g) in orthografischer Freiheit gesagt:


    ales in den Lokus geglieten.


    Jeglicher liebevoll - weisende Moderations - Intervention ist bei solch gravierenden Verfallserscheinungen nur noch die Erfahrung beschert, die aufoperungswillige Lee(pardon: - h - )rpersonen mit dem penetranten Durchzugsmodus lufthungriger Schülerohren erleben.


    Eine Runde Gedenk - Schnief!!


    :angel:
    Ulrica


    :baeh01:

    Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl
    darf ich Dich auf die Liste setzen?
    Graf Wetter


    Setze du! O Durchlaucht:-)


    So werde ich dilettierenden Aphorismus in plagiativer Vetrautheit mit blubbernd - sanfter Stimme zum durch- äh, erlauchten sinister - illustren Kreise beisteuern.


    Was den Inhalt des Hackstückes wirklich interessant gemacht hat, ist bereits an einigen Stellen diskret angedeutet worden und läßt erahnen, warum hier wirklich (Achtung: Verschwörungstheorie!) der Hermeniumoderateutik - nicht zu verwechseln mit Harmoniumspneumatik :D - allunfassend gefrönt wird.


    So lasset uns völlernd fortsetzen......


    :hello: :angel:


    Ulrica

    An alle, die ihr müheslig und beladen mit der breiten Furche des Schlammes seid, die das Lernen, den Unsinn zu denken - brutalstmöglich! - in die bislang unberührte Krume gefeilt moderierter Denkwiesen gefräset hat!


    Selbiges Tun lockt mit fasziniert - synkopisch sich einstellendem Staunen lange Zeit Abwesende wieder in die Gefilde der labyrinthisch angelegten Botanik - äh. Hermetik, ach nä, Hermeneutik natürlich - dieses als "präexistentes gesellschaffliches Subsystem" trefflich bezeichneten illusionierend - delierenden Mikrokosmos.


    Hermes selbst wird sich einstweilen, d. h., bis sich das angebotene Seminar über die hohe Schule bedeutsamster Moderatorik geendet hat, nach der getanen Arbeit des verschießenden Umdrehens des Schlüssels zurück in die unendliche Schwerkraft eines "Schwarzen Loches" bewegen, dem zu folgen uns dringend abzuraten sei.


    So denn, Gemeinde, lasset uns mit Trunk beginnen, bis Graf Koks weitere Nahrung einfließen lässt 8)


    Kryptische Grüße


    :hello:


    Ulrica

    Ich habe, ehrlich gesagt, Probleme damit, die Begriffe "bombastisch" und "grandios" quasi als Synonyme zu betrachten. Grandios kann m. E. auch etwas verhalten und zart Klingendes sein, es bezeichnet die Qualität, weniger die Art. Was hier gemeint ist, ist wohl ein neutraler "Bombast" - Begriff, der für mich nicht automatisch etwas mit überladen und aufgebauscht zu tun hat. meistens lässt sich der Bombast - Begriff auch lediglich auf einzelne Bestandteile eines Werkes anwenden


    Für mich heißt das zunächst einmal große Besetzung, das Potential, großes Klangvolumen zu erzeugen. Das Verdi - Reqiem z. B. - abgesehen davon, ein grandioses Werk - hat bombastische Bestandteile (Dies irae, Tuba Mirum), (weil eben groß besetzt, da werden laute Stellen auch erwartet) aber auch solche von erlesenster Zartheit. Die Bombastik gehört zur Aussage an den maßgebenden Stellen und ist daher völlig authentisch und gar nicht aufgebauscht, auch wenn es kaum mehr lauter geht.


    Ich persönlich fahre auf derlei Bombast völlg ab. Das kann meine Stimmung beträchtlich heben, wobei der Wechsel in das Klangpotential der Großbesetzung in Pianostellen diesen Reiz unbedingt ergänzen muss.


    LG
    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Original von JL
    Und was erzählen sich die Walküren zu Beginn des dritten Aktes eigentlich?


    Das kann ich dir gerne beantworten. Inhaltlich finde ich speziell den Anfang des Walkürenritts eine der lustigsten Stellen im Ring. Die 9 Schwestern haben einen ebenso seltsamen wie ernstzunehmenden Job: Sie tragen mit ihren schnellen Pferden die auf der Erde in Schlachten gefallenen Helden nach Wallhall. Das wird hier recht bildlich wiedergegeben, denn es ist ein rasantes, unfallträchtiges Unterfangen und alle sind aufgekratzt. Offensichtlich müssen sich die Ladies nach getaner Arbeit immer erst sammeln und dann ihre jeweilige "Beute" Vatern gemeinsam vorlegen, der die Helden in würdigem Zustand dann in die Burg mitnimmt. Die Mädels stoßen fast zusammen (Die Stute stößt mir den Hengst :D) quasseln dann darüber, dass zwei Gäule auseinanderzuhalten sind, weil sich die jeweiligen Kerle immer noch spinnefeind sind (Der Recken Zwist entzweit noch die Rosse; Führet die Mähren fern voneinander, bis unserer Helden Hass sich gelegt), man fragt sich, wo die Nachzüglerinnen noch bleiben, begrüßt sich lautstark und ist recht gut gelaunt, bis eben die mit gutem Grund panische Brünhilde als letzte eintrifft.


    Stimmt, der Text geht in dem furiosen Hochtöner - Fortissimo völlig unter, obwol er es wirklich verdienen würde, verstanden zu werden, schon, um sich mal von dem durchgängig tragenden Ernst entspannen zu können.


    Noch ene Bemerkung zum Sinngehalt des "Troubadour". Ich sehe hier auch weniger die Gesamthandlung als unverständlich an, sondern eher manche Umsetzungsprobleme in den Gegebenheiten einer Oper, beispielsweise das Anschleichen Lunas ans Kloster mit lautem sanglichem Getöse. Aber hier kann man noch ziemlich gut die simulierte Situation gedanklich erfassen.


    Schwieriger finde ich die Vorstellung, das Azucena tatsächlich einen dermaßen langfristigen Masterplan der Rache verfolgt haben soll. Das ist nicht wirklich realistisch, denn dazu fehlt ihr doch die nötige Kaltblütigkeit. Ihre Rachegedanken sind eher diffus, die Sache verläuft viel ferngesteuerter.


    Das ganze Drama sehe ich schon in erster Linie als Anklage gegen das Gewaltsystem der Inquisition mit sehr tiefgehendem Inhalt, indem es sich mit den katastrophalen Folgen auf diejenigen befasst, die - zunächst - überlebt haben. Da Diktaturen immer noch nicht der Vergangenheit angehören und religiöse Intoleranz wieder um sich greift, bleibt der Stoff aktuell.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Hinter "Spannend" können mehrere Aussagen stehen, sodass sich die Eingangsfrage nicht unbedingt gradlinig mit nur Ja oder Nein beantworten lässt. Hier ein paar (populär-) philosophische Betrachtungen:


    Wird der Begriff als Gegensatz zu "langweilig" definiert, dann muss die Musik, die mir gefällt, auf jeden Fall spannend sein. Was allerdings als langweilig empfunden wird und somit nicht gefällt, bemisst sich nach subjektivem Geschmack, nach "Tagesform" und vielleicht erschließt sich die Musik auch erst nach zweitem Hinhören und ist dann eben nicht mehr langweilig, sondern "spannend".


    Musik hat zudem immer mit Spannung zu tun. Es wird ein Verlauf in Gang gehalten und dazu sind die Ausübenden in Spannung, besonders stark wir SängerInnen. Wenn diese Spannung auf die Zuhörenden übertragen wird, ist die Darbietung "spannend", erreicht die Leute und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Das wird zumindest als Einzelaspekt positiv wahrgenommen, auch wenn kontrovers rezipiert wird (Beispiel Neutöner).


    Diese Spannung ist keineswegs gleichbedeutend mit laut und schnell. Dies als Dauerzustand wird zunehmend fad. Intensive Langsamkeit kann enorm fesseln, lätschertes Verschleppen vermittelt Spannungs- und Energielosigkeit.


    Werke, deren Abwechslungsreichtum deutlich wahrnehmbar ist, sprechen naturgemäß mehr Menschen an als solche, die erst mit viel Muße beim Hinhören ihre Nuancen zeigen.


    Das dürfte m. E. eine Ursache sein, warum beispielsweise Beethovens Symphonien, speziell die Neunte, sehr populär sind und etwa Chopin - Klavierkonzerte (für mich leider nach wie vor einschlafträchtig) weniger.


    Es ist sicher richtig, dass es auch zunächst wenig präzise ist, wenn jemand sagt, ein Stück ist spannend. Ich selbst meine das meistens im Sinne von "interessant", wenn ich gerade etwas Neues gehört habe (oder auch am Anfang einer Neueinstudierung stehe). Der sog. erste Eindruck macht schon zuweilen ratlos, aber es wird wohl den meisten so gehen, dass es sich sehr schnell herausfiltern lässt, ob sich die Auseinandersetzung lohnt.


    LG


    :hello:
    Ulrica

    Zitat

    Original von Cherubina
    Und was den Klang von Knabenchören angeht: Ich mag ihn nicht besonders gerne. Die ein oder andere Aufnahme eines Knabenchores habe ich schon gehört, die ich ganz nett fand und doch würde ich fast immer "erwachsene" Chöre vorziehen.
    LG
    Cherubina


    Mir geht es genauso. Einerseits habe ich großen Respekt vor der Leistung der Kinder, schon allein vom Engagement her, dass sie an den Tag legen und auch stimmlich - für das, was sie eben als Kinder können und was viele Erwachsene so nicht zustande bekommen.


    Andererseits ziehe ich den Klang erwachsener (Frauen-) Stimmen einfach vor. Klangliche Klarheit schließt die erwachsene Stimme ja keinesfalls aus, aber die trotzdem vorhandene Klangkomponente, die von ausgewachsenen Körpern erzeugt wird, macht für mich erst einen Chorklang rundum zufriedenstellend. Auch kommt meistens doch die Persönlichkeit der erwachsenen SängerInnen - auch im Chor - mit zum Tragen, während Kinder doch eher ausstrahlen, dass sie sich völlig in die Hand der Leitungsfigur begeben. Das macht vielleicht auch den oft "gedrillten" Eindruck aus.


    Trotzdem hat die Gattung voll ihre Berechtigung. Die gut trainierten Kinderstimmen sind durchaus ein Faszinosum und verhelfen den Kindern, wenn die Erziehung hohe Qualität hat, zu Fähigkeiten, die ihre späteren Lebenschancen verbessern dürften.


    Ich weiß zwar, woher die Tradition kommt, dass es nur Knaben sein sollen, aber m. E. ist es nicht mehr aufrecht zu erhalten, dass die vielen sangesfreudigen Mädchen gleichen Alters weiterhin - auch wenn es schon Ausnahmen gibt - ausgeschlossen bleiben. Einen fachlichen Grund sehe ich hier nicht, m. E. unterscheiden sich die Stimmen vor den Mutationen nicht.


    Es ist auf jeden Fall grundsätzlich unterstützenswert, solche Kinderchöre zu betreiben, zumal auch inzwischen zunehmend moderne pädagogischen Grundsätze Einzug halten dürften.


    Was für mich allerdings nach wie vor ziemlich grenzwertig ist, sind die Solisten. Ich finde, auch wenn es - naturgemäß kurzfristige - Ausnahmetalente gibt, die Kids mit dem üblich zu hörenden Repertoire meist überfordert. Auch hier Respekt vor der kindlichen Leistung, denn es fordert viel ab, dem noch unfertigen Körper solche Partien überhaupt zu entlocken, aber letztlich füllen diesen Bereich doch erwachsene Frauen überwiegend besser und weniger strapaziert aus.


    LG


    :hello:
    Ulrica

    Brigitte Hamann leuchtet sehr dezidiert die gesamte, extrem widersprüchliche Persönlichkeit Winifred Wagners aus, die sich, folgt man dem argumentativen Strang, eher an die Person Hitlers als an die Nazi - Ideologie gebunden fühlte.


    Man kann sich die hier gut belegte andere Seite Winifred Wagners, die gleichzeitig und zunehmend häufiger und bewuster Gefährdete durch Anstellung in ihrem Haus dem Zugriff des Regimes entzogen hat, kaum vorstellen, jedoch ist dies in diesem Buch sehr gut nachvollziehbar dokumentiert und kam bei der zweiten Spruchkammer - Verhandlung auch zum Tragen.


    Dennoch war sie wohl eine Meisterin im Ausblenden unangenehmer Wahrheiten, gerade, als sie sich - ihre eigenen Aktivitäten völlig ignorierend - nach dem Krieg so demonstrativ mit allen möglichen Altnazis einließ. Altersstarrsinn, übersteigerte Loyalitäten?


    Es ist ein sehr stimmiges Psychogramm gezeichnet von einer sehr extrem tickenden Persönlichkeit und es erhebt sich in vielen Etappen dieses Lebens die Frage, warum eine Frau, die die Fähigkeiten besass, ein solches Unternehmen zu leiten, obwohl ihre Herkunft sie hierin überhaupt nicht bestärkt hat und die auch klar gesehen hat, was dieses Regime anrichtet, ja sogar ihre Position zu Aktivitäten genutzt hat, die andere in höchste Gefahr gebracht hätten, gleichzeitig so enorme Realitätsverluste aufwies. Warum gab es keinen Weg hinaus aus dem Sumpf?


    In der aufgezeigten Sammlung fehlt noch "Nacht über Bayreuth" von Friedelind Wagner, die Sicht der Tochter, die in die erklärte Gegenerschaft zum Nazi - Regime gegangen ist. Beide Bücher berühren zum Teil die gleichen Ereignisse. Sollte man fast hintereinander lesen.


    LG
    :hello:


    Ulrica

    Davon finde ich im Repertoire eine Menge und fange mal hiermit an:


    Ché, fra bestemie oscene,
    pungendola coi ferri
    al roggo la cacciavano
    gli scellerati sghierri



    Wild fluchte ihr die Menge
    und schrie im tollen Reigen
    und sah mit wahrere Höllenlust
    sie auf den Holzstoß steigen



    Verdi, Troubadour, Azucena



    :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:


    "Stachel" hätte ich mich ja nie und nimmer zu schreiben getraut. Klingt irgendwie unanständig...