Beiträge von petra

    Chapeau! Ein spitzenmäßiger Angriff aufs Zwerchfell! Wahrscheinlich sehe ich den ganzen Tag lang diese herrlich schrägen und doch aus dem Opernleben gegriffenen Bilder vor mir. Insbesondere dieses hier:


    Zitat

    Zitat Giselher:


    Der Starsopran singt Koll´raturen
    In Stratosphären-Tessituren,
    Akkompagniert vom sel´gen Schnarchen
    Der abgefüllten Oligarchen.


    :hahahaha::jubel::pfeif::hahahaha::jubel::pfeif::hahahaha: :jubel: :pfeif::hahahaha::jubel::pfeif:

    Seit ich im letzten Jahr Brittens "Billy Budd" endlich einmal vollständig gehört habe, ist


    ”Look!
    Through the port comes the moon-shine astray!
    It tips the guard’s cutlass and silvers this nook;
    But ’twill die in the dawning of Billy’s last day ...“


    für mich wohl die ergreifendste Bariton-Szene – aber wohl auch keine Arie im üblichen Sinne (?).


    Liebe Grüße
    Petra

    ... zum Beispiel, wie ansteckend die Faszination, die jemand bei einem bestimmten Komponisten oder Interpreten empfindet, wirken kann. Ich beschäftige mich, seitdem ich vor fast zwei Jahren hier einstieg, mit Komponisten, Werken oder Themen, die vorher oft an mir vorbeigezogen sind.


    Die Vielfalt und die Begeisterung, die sich hier in alle Himmelsrichtungen verteilt, sind für mich immer noch faszinierend!


    :jubel: Petra

    Mit dem Begriff „Engelsstimmen“ assoziiere ich Reinheit, Klarheit, Losgelöstheit von allem Irdisch-Profanen, auf der anderen Seite auch die Ausstrahlung des Beschützenden.


    Es ist für mich aber immer ein Zusammengehen von Stimme und Ausdruck im Singen und weder an ein Geschlecht noch an eine Stimmlage gebunden.


    Die niederländische Altistin Aafje Hejnis strahlt gerade in ihren Aufnahmen mit geistlicher Musik manchmal eine vergeistigte Losgelöstheit, in anderen Partien auch viel beschützende Wärme aus; aber es ist immer ein starker Ausdruck von Reinheit und Klarheit in ihrem Singen.


    Und sollte ich von ihr einen „Engelston“ wählen, wäre es der Schluss von Mahlers „Urlicht“: Ihre Tongebung bei „das ewig selig Leben“ kommt für mein Empfinden dem Ideal, das ich oben versucht habe zu beschreiben, sehr nahe.


    :hello: Petra

    Liebe Fairy,


    danke für den Tip! Wenn ihr Euch einen Lili-Boulanger-Thread schon vorgenommen habt, will ich da auch nicht vorgreifen, sondern warte gern und höre mich inzwischen ein, denn ich kenne rein gar nichts von ihr.


    Und hier wäre ein Gesamtüberblick ja sowieso OT, ich war nur bei meiner Suche nach Infos über Devriès immer wieder auf die Freundschaft und Zusammenarbeit mit der Familie Boulanger gestoßen.


    Wie es oft bei derartigen Ausgrabungen ist: Man sucht etwas Bestimmtes und findet immer mehr ...


    Liebe Grüße
    :hello: Petra

    Liebe Taminos,


    ich habe inzwischen immer mal wieder nach weiteren Aufnahmen mit David Devriès Ausschau gehalten, finde aber leider immer nur diejenigen, die ich bereits auf der schon vorgestellten CD und auf den „Great Voices of the Opera“ habe. Er scheint doch ziemlich in Vergessenheit geraten zu sein oder hat vielleicht doch nicht so viele Aufnahmen gemacht wie ich gehofft hatte?


    Und so gibt es wohl auch leider keine klingenden Zeugnisse seiner Zusammenarbeit mit Lili Boulanger, von deren Werken er zwei zur Uraufführung brachte: „Faust et Helène“ im Jahre 1913 und 5 Jahre später den Liederzyklus „Clairières dans le ciel“. Lili Boulanger soll bei der Komposition des Zyklus von seiner Stimme inspiriert worden sein.


    Ich kenne bisher noch kein Werk dieser Komponistin und würde dies insbesondere im Bereich des Kunstliedes gern nachholen. Könnt ihr dazu bestimmte Einspielungen empfehlen?


    Liebe Grüße
    :hello: Petra

    Liebe Taminos,


    nachdem ich in den letzten Wochen leider wenig Zeit hatte, Musik zu hören, geschweige denn über sie zu schreiben, möchte ich jetzt mit den “Winter Words” weitermachen und meine Eindrücke zu Lied Nr. 5 schildern.

    The Choirmaster’ s Burial
    (or The tenor man’s story)

    He often would ask us
    That, when he died,
    After playing so many
    To their last rest,
    If out of us any
    Should here abide,
    And it would not task us,
    We would with our lutes
    Play over him
    By his grave-brim
    The psalm he liked best–
    The one whose sense suits
    ‘Mount Ephraim’–
    And perhaps we should seem
    To him, in Death’s dream,
    Like the seraphim.

    As soon as I knew
    That his spirit was gone
    I thought this his due,
    And spoke thereupon.
    ‘I think’, said the vicar,
    ‘A read service quicker
    Than viols out-of-doors
    In these frost and hoars.
    That old-fashioned way
    Requires a fine day,
    And it seems to me
    It had better not be.’


    Hence, that afternoon,
    Though never knew he
    That his wish could not be,
    To get through it faster
    They buried the master
    Without any tune.

    But ’twas said that, when
    At the dead of next night
    The vicar looked out,
    There struck on his ken
    Thronged roundabout,
    Where the frost was graying
    The headstoned grass,
    A band all in white
    Like the saints in church-glass,
    Singing and playing
    The ancient stave
    By the choimaster’s grave.

    Such the tenor man told
    When he had grown old.

    (aus: Moments of Vision and Miscellaneous Verses, erschienen 1917; in: The Complete Poetical Works, Volume II, S. 284/85.)


    In textlicher Hinsicht sind hier zwei Ebenen deutlich gegenüber gestellt: die des Chorleiters und des tenor manauf der einen und die des Pfarrers auf der anderen Seite.


    Verdeutlicht wird dies zunächst auch durch die Musik: Das Stück beginnt (bis “died”) mit unbegleitetem Gesang, die Vortragsbezeichnung ist “simply”; erst am Ende des zweiten Taktes setzt im pianissimo die Begleitung ein. Leise beginnt die Erzählung von einem Chorleiter, der sich seines Wertes für die Gemeinde durchaus bewusst war, der seine Bitte jedoch höflich und bescheiden vorgebracht hat. Der Eindruck des betont Schlichten wird jedoch durch die Musik in meinen Ohren schon dadurch gebrochen, dass durch die Betonung von “us” statt “ask” und die Betonung bei “aný” auf der zweiten Silbe des Wortes gegen die Prosodie akzentuiert wird. Besonderer Nachdruck wird in diesem Teil auf die Erwähnung des Liedes “Mount Ephraim” gelegt (durch zweimaliges crescendo in der Singstimme eingeleitet).


    Dann erklingen 13 Noten auf der ersten Silbe des Wortes “seraphim”, und dieses Melisma unterstreicht die Bedeutung, die der Gesang und das Spiel am Grab für den Chorleiter haben würde. Sehr schön finde ich die im pianissimo gesungene Wiederholung der Phrase “the seraphim”- als kleiner Nachhall und in Kontrast zu der liturgisch anmutenden Melismatik jetzt syllabisch und nachdenklich, mit fast “tonloser” Stimme gesungen. Eine Stelle, auf die ich in diesem Lied immer „warte” und die vielleicht in ihrem “fragenden”, offenen Ende (sie endet nicht auf dem Grundton) schon eine Überleitung zum zweiten Teil darstellt.


    ---

    Der Taktwechsel (von 3/2 auf 2/2) und die Vortragsbezeichnung “quicker” markieren insofern einen Wendepunkt, als von dem Tod des Chorleiters erzählt wird und der “tenor man” als “Erzähler in der Erzählung” von seinem Gespräch mit dem Pfarrer berichtet. Statt der ruhigen, akkordischen Klavierbegleitung im ersten Teil steht hier nun die Vortragsbezeichnung “heavily”, statt der leisen Akkorde erklingen kräftige, aufsteigende Tonfolgen, verstärkt durch Pedaleinsatz.


    Die Rede des Pfarrers klingt schroff und bestimmt: Er spielt seine Autorität aus und erklärt seine Ansicht, dass eine derartige Begräbniszeremonie an frostigen Wintertagen nicht angebracht sei. Diese Bestimmtheit, die hier wohl als Karikatur eines autoritären Geistlichen daherkommt, weicht jedoch bei den Worten “And it seems to me, it had better not be” einem leiser werdenden, nachdenklichen, fast fragenden Ton, der zu der aufgesetzten Attitüde am Anfang der Rede nicht recht passen will – fast so, als habe der Pfarrer hier bei der ganzen aufgesetzten Pragmatik doch kein gutes Gefühl. Diese Passage, die auch in musikalischer Hinsicht wieder ein “offenes Ende” hat, kann man vielleicht wieder als Überleitung zum dritten Teil hin sehen?


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    Dieser dritte Teil ist ohne crescendo zunächst im pianissimo, dann im piano gehalten. So lange der Text sich noch mit dem verstorbenen Tenor befasst (“Though never knew he that his wish could not be”), herrscht ein gebundenes Singen vor. Dagegen wird die Eile, mit der das Begräbnis vollzogen wird, durch eine staccatohaft wirkende Singstimme und einen ebensolchen Klavierpart verdeutlicht: ein bewusst “gehuschtes” Singen und Spielen, das außer der Eile für mein Empfinden auch so etwas wie ein Unbehagen der Teilnehmer an dem Begräbnis verdeutlicht, nach dem Motto: “Wir wissen, dass es nicht richtig ist, was wir hier machen, deshalb lasst es uns schnell hinter uns bringen.”


    ---


    Der vierte Teil nimmt musikalisch Motive des ersten wieder auf, und die Erzählung bekommt durch die fast flüsternd im pianissimo vorgetragene Einleitung “But ’twas said, that, when ... At the dead of next night“ und die im ppp notierte Begleitung bei ”A band all in white ...“ eine geheimnisvolle, unwirkliche Atmosphäre.


    In diesem Teil ist, soweit ich in einer Biographie über Britten gelesen habe, auch das Lied „Mount Ephraim“ in die Musik mit eingewoben. Da ich dieses Musikstück jedoch nicht kenne, kann ich leider nicht erkennen, wo, wie und inwieweit dies geschehen ist. Es handelt sich dabei wohl um ein Lied aus dem 19. Jh.., dessen erste Strophen wie folgt lauten:


    For all thy saints, o Lord,
    our grateful hymn receive,
    who followed thee, obeyed, adored,
    and strove in thee to live.


    For all thy saints, o Lord,
    accept our thankful cry,
    who counted thee their great reward,
    who strove in thee to die.


    “Like the saints in church-glass” erscheint auch die gespenstische Gruppe, die am Grab des Chormeisters jetzt dessen Lieblingslied singt und spielt. Ein fortlaufendes crescendo auf “singing and playing” läutet den Höhepunkt des Liedes ein; die Melismatik auf der ersten Silbe des Wortes “ancient” und auf der ersten Silbe des Wortes “choirmaster’s” stellen eine Verbindung mit dem ersten Teil her, die umso enger ist, als bei “choir” dieselbe Tonfolge erklingt wie auf der ersten Silbe von “seraphim” im ersten Teil. Der Kreis ist geschlossen, könnte man meinen und die Gerechtigkeit wiederhergestellt, da die Bitte des verdienten Chorsängers schließlich im Metaphysischen doch erfüllt wurde. Wäre da nicht der Nachsatz, der dieses trostreiche Ende der Geschichte dadurch relativiert, dass er ihm den Anschein der Authentizität nimmt, indem er es ausdrücklich als Erzählung aus der Erinnerung heraus deklariert - und die Erinnerung kann bekanntlich trügen oder verklären.


    Eine Andeutung der Famahaftigkeit dieser Geschichte wird ja schon in der Erzählung selbst durch die Formel ” ’twas said” erreicht, hier am Ende jedoch durch die Hervorhebung des Charakters einer Erzählung noch stärker verdeutlicht. Und dieser Nachsatz ist auch musikalisch dadurch von dem Erzählten abgehoben, dass er ohne Begleitung gesungen wird.


    “The Choirmaster’s Burial” ist ein Lied, das auch für mich insbesondere in seinen zarten Passagen sehr anrührend klingt und das dadurch eine besondere musikalische Spannung erhält, dass die Eindrücke, die in einem bestimmten Teil vorherrschend sind, zugleich auch immer wieder etwas relativiert werden.


    Liebe Grüße
    Petra

    Liebe Alle,


    zur Frage nach dem Status des Zuschauers fiel mir als erstes eine Unterscheidung ein, die hier auch schon angesprochen wurde:


    Zitat

    Original von ThomasNorderstedt:


    Eine deutlich stärkere Aktivierung würde der Zuschauer erfahren, wenn er zum Mitmusizierenden würde. So berichtete mir ein Arbeitskollege von einem Opernbesuch in der Arena von Verona. Es wurde Nabucco gegeben. Die Zuschauer wurden aufgefordert, den Gefangenenchor nicht mitzusingen. Aber alle haben es getan! Ein ähnliches Geschehen ist bei der last night of the Proms zu erleben, wenn das Publikum ebenfalls lautstark mitsingt (ja, ich weiß, keine Oper).


    Man stelle sich vor: Es wird der Freischütz gegeben. Der Text und die Noten des Jägerchores werden auf die Bühne projiziert und der Dirigent wendet sich an das Publikum: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte singen Sie mit!“


    Hier werden ja zwei Richtungen angesprochen: einmal die gelenkte, "von der Bühne zum Publikum", zum anderen die Richtung "vom Publikum zur Bühne", die einen größeren Improvisationsspielraum beinhaltet.


    Von Micha wurden ja schon weitere Beispiele für die vom Publikum selbst initiierte Publikumsbeteiligung gebracht, mir fällt da noch die berühmt-berüchtigte "Da capo-Arie" ein, bei der die Zuschauer durch Beifallsstürme teilweise auch das mehrfache Wiederholen eines Musikstückes durchsetzten, also den dramatischen Kontext eigentlich durchbrachen.
    Also auch schon eine "Renitenz" ( ;) ) seitens des Publikums, ähnlich wie das vielstimmige "Va', pensiero" in Verona.


    Auf jeden Fall ist das ein spannendes Thema!


    :hello: Petra

    Schnapsleiches Schwestern sprengen herbei:


    Blaufichte
    Kornrade
    Wacholde
    und
    Wermuthe



    Manch Recke möchte freien um:


    Blondine



    Weniger begehrt sind dagegen:


    Schreckschraube
    und
    Bartnelke



    ... und etwas aus der Art geschlagen:


    Hupfdohle
    Transuse
    und
    Knalltüte



    Alaaf und Hojotoho :D


    :hello: Petra

    Hallo Joseph II.,


    auf meiner Merkliste habe ich vor einiger Zeit notiert, aber noch nicht genauer nachgeforscht: Von dem mir bisher unbekannten Label GALA gibt es eine „Bohème“ aus dem Jahre 1952 mit Lauri-Volpi. Als „Bonus-Tracks Lauri-Volpi“ sind angegeben: „Arias Roma 1957, Madrid 1973“.


    Vielleicht sind es ja diejenigen, die Du suchst? Ich war aber bisher immer von nur einer existierenden Aufnahme des 80-jährigen Sängers ausgegangen ("Nessun dorma?").


    :hello: Petra

    Hallo m.joho,


    Zitat

    Original von m.joho:


    Das Problem bei der aufgetretenen Übereinstimmung von Keith und Severina scheint mir nur zu sein, dass damit die Beurteilung von Sängerleistungen wieder eine Geschmacksfrage wird und die weiter oben aufgeführten Parameter keine Geltung mehr haben.


    das Problem sehe ich eigentlich nicht, denn die Parameter, die Keith aufgestellt hat, zielen ja eher auf die Frage, wie man eine Gesangsleistung möglichst objektiv bewerten kann. Und da haben sie sicherlich ihre Geltung.


    Die "Geschmacksfrage" hat neben allen objektiven Kriterien, die man anführen kann, um zu dem Schluss zu kommen: "Das ist wirklich eine großartige Leistung", doch auch ein stark subjektives Element, das darauf zielt, ob einen dieses großartige Singen auch wirklich "packt".


    Und eine derartige Begeisterung kann doch durchaus auch von Künstlern hervorgerufen werden, bei denen man objektiv auch einige Mängel feststellen kann, während andere, bei denen man objektiv hervorragendes Singen hört, einen relativ kalt lassen.


    Und ich gebe Severina in diesem Punkt Recht, wenn sie sagt, dass dieses "Geheimnis" eben nicht objektiv fassbar ist. Und so wie ich Keith verstanden habe, ging es ihm eben um die rein objektiv feststellbaren Parameter.


    Der Idealfall ist natürlich der, in dem objektives Bewundern einer tollen Leistung und subjektive Begeisterung zusammen fallen, aber das ist sicherlich nicht immer der Fall. Und die Toleranzgrenze ist da sicherlich bei jedem unterschiedlich und hängt wohl auch von der Bewertung anderer Kriterien ab, die Du ja auch schon in Deinen Beispielen genannt hast.


    :hello: Petra

    Liebe Taminos,


    ich habe ein wenig in meiner von Anna-Lisa Björling und Andrew Farkas verfassten "Jussi“-Biografie geblättert: So oft Björling und Warren auch gemeinsam auf der Bühne oder im Studio standen – eine Aufnahme des Duettes aus den „Perlenfischern“ ist zwar von Björling in Erwägung gezogen, aber wohl leider nicht realisiert worden.


    Aus einem Briefwechsel der RCA von Ende 1948 geht hervor, dass es lt. Richard Mohr eine Anfrage von Björling gegeben habe, der sehr gern die Arien „Dai campi“, „Non piangere Liù“ aufgenommen hätte, dazu die Duette aus „Otello“ und den „Perlenfischern“, ”with Leonard Warren, if possible“ (S. 211).


    Anschließend wird jedoch hinsichtlich der Duette lediglich auf die Aufnahmen mit Robert Merrill Bezug genommen, so dass wohl leider keine weiteren mit Leonard Warren existieren.


    Ein Grund dafür, dass die Wahl auf Robert Merrill fiel, war wohl der erfolgreiche Met-Opener „Don Carlos“ mit Björling und Merrill (zugleich Rudolf Bings Einstand). Diesen Erfolg wollte RCA anscheinend nutzen.


    So gern ich die perfekte Harmonie der Stimmen in dem „Perlenfischer-Duett“ höre: Ein Vergleich mit einer Björling-Warren-Aufnahme wäre zu schön gewesen – allein schon wegen der so unterschiedlichen Stimm-Charaktere der beiden Baritone.


    :hello: Petra

    Liebe Taminos,


    die von Operus aufgeführte Synthese aus Erlebnisfähigkeit und Kognition spricht mir aus der Seele: kein "Entweder-Oder" , sondern ein "Sowohl-als auch".


    Ich bin auch kein Profi auf dem Gebiet der Musik, analysiere und vergleiche aber gern. So steht bei mir auch die Freude am Musikerlebnis im Vordergrund. Wenn sich jedoch ein Singen so sehr bei mir "festhakt", dass ich gern und viel Weiteres von diesem Sänger hören möchte, erwacht bei mir die Neugier und ich möchte auch wissen, warum das so ist. Und dann geht das Nachforschen los :] : Welche Technik, welche Stilmittel wurden eingesetzt? Ist es ein spezielles Repertoire, in dem der (oder die) Betreffende gesungen hat. usw ...


    Und das ist auch der Grund dafür, dass ich gern in die Geschichte der Tonaufzeichnung zurückschaue und wiederum vergleiche: Sänger der alten Belcanto-Schule, die mit dem Verismo konfrontiert wurden. Oder die Belcanto-Renaissance ab den 50er Jahren: Was machte z.B. Maria Callas anders als ihre Vorgängerinnen? Oder: Wie wurde die Musik von Bach und Händel vor 50 Jahren gesungen, wie singt man sie heute usw.
    Und da sind die Parameter, die keith63 hier aufgestellt hat, sicherlich eine Hilfe und ein Angebot für diejenigen, die Gesang auch gern analysieren wollen.


    Liebe Grüße
    :hello: Petra

    Lieber Paul,


    auch von mir herzlichen Dank für diese hervorragende, mit großer Kenntnis und viel Liebe zusammengestellte Biographie.


    Ich muss gestehen, dass ich bisher noch keine Aufnahme mit Eduard van Beinum kenne, aber wie der Zufall es will: Das Bild in Kapitel III ist mir vor einiger Zeit begegnet und ich war von dem zugleich intelligenten und intensiven Blick dieses Dirigenten so angetan, dass ich sofort dachte: Von dem will ich eine Aufnahme hören. Und dabei sind musikalische Entscheidungen nach dem optischen Eindruck bei mir wirklich selten.


    Meine erste Aufnahme wird wahrscheinlich die von ihm dirigierte Altrhapsodie sein, da ich mir die 6 CD-Box mit den Aufnahmen von Aafje Hejnis bestellen möchte, auf der diese Einspielung ja auch enthalten ist.


    Liebe Grüße
    Petra

    Lieber Peter,


    ich kenne leider noch nicht viele Lieder von Reynaldo Hahn, mag aber diejenigen, die ich bisher gehört habe, sehr gern, und als ich vor einiger Zeit zum ersten Mal einige wenige Aufnahmen bekam, in denen er auch als Sänger zu erleben ist, entstand der Wunsch, mehr davon zu hören.


    Deine Vorstellung dieser CD ist daher eine schöne Anregung für mich, vielen Dank!


    Liebe Grüße
    Petra

    Liebe Taminos,


    ich kannte bisher nur wenige Aufnahmen von Koslowskij, mochte die Stimme jedoch auf Anhieb so gern, dass ich den Namen immer für Weiteres im Hinterkopf behalten habe. Antracis hat mit seiner Empfehlung hier und im Thread über Fernando de Lucia meinem Vorsatz wieder auf die Sprünge geholfen. Seit ein paar Tagen dreht sich daher das Myto-Recital auch bei mir im Player – abwechselnd mit meinen de Lucia-CDs, da ich nun mal für mein Leben gern Interpretationen vergleiche.


    Es mag jetzt etwas schräg klingen, aber wisst ihr, an wen mich sein Singen (jetzt nur der Ausdruck, unabhängig vom Timbre und der stupenden Technik) aufs erste Wiederhören erinnert hat? Nicht so sehr an die alten Belcantisten, sondern eher an den jungen Giuseppe di Stefano! Ich weiß, Koslowskijs Timbre ist heller und Stil und Technik sind bei ihm sicherlich ausgefeilter, aber es ist im italienischen Repertoire derselbe entwaffnende Charme und ein sehr gestisches Singen, verbunden mit einem lächelnden, „sonnigen“ Timbre.


    Und sein Singen passt meiner Meinung nach wunderbar zu der Rolle des leichtsinnigen, hedonistischen Duca, der mit lächelnder Rücksichtslosigkeit durchs Leben geht und der von manch anderem Sänger zu einem kalten, zynischen Macho vergröbert wurde.


    Andererseits stimme ich hier zu:


    Zitat

    Original von Antracis:


    Der zauberhaften Eleganz, der zarten Lyrik des Anfangs stehen vergleichsweise rohe Elemente gegenüber, das Ganze wirkt unausgewogen und stilistisch uneinheitlich.


    Das war auch mein erster Eindruck hinsichtlich seines Stils, der ja eigentlich viele Elemente des Belcanto enthält, auf der anderen Seite jedoch manchmal durch den breiten Klangstrom auch allzu direkt wirken kann. So, als ob die Elemente der Alten Schule zwar zitiert werden, der Gesamteindruck sich jedoch schon recht stark von den Sängern des ausgehenden 19. Jh.s. als dessen Erbverwalter er ja manchmal gesehen wird, entfernt.


    Wenn ich Fernando de Lucia zum Vergleich nehme, so wirken dessen Aufnahmen im Gegensatz dazu einheitlicher: Ich weiß, dass seine Rubati manches Rhythmische bei Verdi allzu ausgiebig dehnen; die Verzierungen und dynamischen Schattierungen passen jedoch dazu, es wirkt „wie aus einem Guss.“ Koslowskij singt linearer, rhythmisch pointierter auf der einen Seite, baut dann auf der anderen Seite seine technischen Finessen ein - und manchmal auch überflüssige Stunts, wie beim schon erwähnten „Ecco ridente“, wo der herausgestellte hohe Ton und der Schluss, der eigentlich gar nicht dazu passt, die zauberhafte Wirkung seines Singens (bei ihm sieht man wirklich die Morgenröte!) leider schwächen.


    Die Ausschnitte aus dem „Lohengrin“ sind traumhaft und machen neugierig auf die Gesamtaufnahme, ebenso sein herzzerreißender Gottesnarr, den ich leider bisher auch nur in Auszügen kenne. Auch Glucks Orfeo würde ich gern einmal mit ihm hören, denn seine Stimme gehört gewiss zu denen, die jeden Hades-Bewohner erweichen könnten!


    Bass erstaunt war ich, als ich bei Kesting las, dass er auch den Tenorpart in Brittens Serenade gesungen hat. Kennt jemand diese Aufnahme?


    Es ist ein Repertoire, das ich nicht unbedingt mit ihm verbunden hätte, und neugierig wie ich bin, habe ich mir diese Aufnahme bestellt. Jetzt bin ich erst einmal wieder gespannt, zumal auch die „Dichterliebe“ und Beethovens „An die ferne Geliebte“ auf der CD mit enthalten sind.


    Liebe Grüße
    Petra

    Lieber Zauberton,


    diese Besetzung der MET-Aufnahme ist noch unbedingt ein weiterer Grund für mich, diese Aufnahme zu erstehen, denn ich höre sehr gern Aufnahmen mit Sängern, die noch mit einem Fuß in der Gesangstradition des 19. Jh.s stehen. Charles Hackett kannte ich bisher nicht einmal dem Namen nach, bei Léon Rothier komme ich ins Grübeln, denn dieser Name sagt mir etwas, ich kann nur spontan keinen Höreindruck zuordnen. Da aber bei mir vieles "Lange-nicht-mehr-Gehörte" auf Kassetten schlummert, ist nicht auszuschließen, dass von ihm eine Aufnahme dabei ist.


    Die Aufnahme mit Björling und Sayao von 1947 kenne ich und stimme Dir auch hinsichtlich des Abhebens auf die "äußere Brillanz" zu, weshalb sich bei mir die Aufnahme mit Björling und Schymberg aus Stockholm von 1940 (in schwedischer Sprache) auch etwas häufiger dreht. Björling war da noch etwas mehr der lyrische Tenor, wie man ihn aus den 30er Jahren kennt und singt den Roméo etwas verinnerlichter und wohl auch dem französischen Stil angemessener als in der späteren Aufnahme, die mir (obwohl brillant gesungen) in der gesamten Ausführung auch bei den anderen Mitwirkenden etwas "knalliger" erscheint und mehr auf den äußeren Effekt setzt.


    :hello: Petra

    Lieber Zauberton,


    ich wusste bisher gar nicht, dass es auch eine Gesamtaufnahme mit Eidé Norena gibt, vielen Dank für die Vorstellung der CD, die kommt garantiert auf meine dank Tamino immer länger werdende Liste der unbedingt anzuschaffenden Aufnahmen!


    Denn gerade das, was Du hier über ihre Ausstrahlung schreibst,


    Zitat

    Original von Zauberton:


    Norena ist nämlich auch gerade keine Sängerin der Kategorie freundliches Seelchen, sondern hat diese schwer fassbare ahnungsvolle Traurigkeit in der Stimme, eben wie eine wissende "Fee aus dem Eis".


    ist es auch, das mich besonders an dieser Sängerin fasziniert und sie deutlich von der Klein-Mädchen-Ausstrahlung manch anderer Koloratur-Sopranistin abhebt.


    Ich kenne bisher einige Ausschnitte aus „Roméo et Juliette“, die sie mit dem korsischen Tenor Gaston Micheletti aufgenommen hat. Letzteren höre ich auch gern und habe mir in letzter Zeit einige Aufnahmen mit ihm zusammengesammelt. Ihn werde ich hier wahrscheinlich als Nächsten vorstellen.


    Liebe Grüße
    Petra

    Liebe Maggie,


    auch von mir kommen ein herzliches Dankeschön und Gratulation zu dieser Riesenauswertung, die auch immer wieder interessante Ergebnisse zutage fördert.


    Dass die tiefste Frauenstimme im Vergleich zu den höheren Stimmlagen so stark unterrepräsentiert ist, hat mich doch überrascht. Die Bässe müssen zahlenmäßig zwar auch den Tenören den Vortritt lassen, aber dort ist das Verhältnis doch etwas ausgewogener.


    Grund genug (und da fasse ich mich durchaus auch an die eigene Nase ;) ) , im allgemeinen Bewusstsein die Altistinnen wieder etwas mehr in den Vordergrund zu rücken.


    Liebe Grüße :hello:
    Petra

    Ich kenne die Sinfonie Nr. 14 noch nicht, werde aber immer gespannter auf das Werk, je mehr ich hier mitlese, so dass ich meine Lücke sicherlich möglichst kurzfristig schließen werde.


    Und danke an Michael für die Übersetzung und die Erläuterungen zu "De Profundis". Ich verstehe leider im Spanischen nicht alles und muss vieles nachschauen, bin aber ein großer Bewunderer der so einfach wirkenden und doch so ausdrucksvollen poetischen Sprache García Lorcas.


    Zitat

    Original von Pius:


    Interessanter finde ich, ob Cordoba eine konkrete Bedeutung hat.


    Meiner von Ian Gibson verfassten Biographie (Federico García Lorca. Eine Biographie. Aus dem Englischen von Bernhard Straub, 1999 bei suhrkamp erschienen, S. 76/77) entnehme ich, dass zumindest für den Dichter der Ort Córdoba sehr stark mit dem Thema des Todes verbunden war.


    Im Jahre 1916 unternahm García Lorca eine Studienreise, die ihn u.a. auch nach Córdoba führte. Besonders stark beeindruckte ihn eine Ausstellung der Ölbilder des Malers Juan Valdés Leal wegen der in ihnen zum Ausdruck kommenden "Todesobsession" (insbesondere das Bild Finis Gloriae Mundi).


    Und im Sommer 1935 traf García Lorca in Córdoba auf Fernando Vázquez Ocana, dem Herausgeber der Zeitung El Sur. Als dieser ihn auf seine "Besessenheit" von dem Gedanken an den Tod ansprach, antwortete der Dichter:


    "Ich kann nicht anders. Ich bin wie ein Glühwürmchen im Gras, voller Angst vor dem schrecklichen Fuß, der es zertritt." (Gibson: Federico Gárcia Lorca, S. 548 ).


    "Córdoba" scheint hier also eher eine individuelle Chiffre für den Tod zu sein.


    Liebe Grüße
    Petra

    Lieber Edwin,


    danke fürs Nachschauen (dann kann ich die Ausgabe der Hardy-Gedichte ja weiterhin als Basis nehmen) und für Deine Erläuterungen zu Brittens Entwicklung als Liedkomponist. Wenn mir etwas so gut gefällt wie dieser Zyklus hier, so möchte ich gern auch wissen, was es ist, das mich daran so begeistert. Und vielleicht ist es gerade diese Hinwendung zu neuen Ausdrucksformen im Lied.


    Hardys Gedichte verbinden ja oft eine auf den ersten Blick recht karg und bewusst “kunstlos” wirkende Sprache mit ungewöhnlichen Wendungen und Bildern, so dass das Ganze manchmal ein wenig „in sich versponnen” wirkt. Und das wird hier meiner Meinung nach von Britten so suggestiv ausgeformt, dass ich z. B. die düstere November-Szenerie mit ihrer Verbindung aus Flüchtigem und Statischem oder den Jungen im Zug wirklich bildlich vor mir sehe.


    ***


    Ich habe mir die Noten bestellt, um bei dem, was da so plastisch und (scheinbar) illustrativ in Szene gesetzt ist, auch die technische Seite besser mitverfolgen (und vielleicht auch hier ein wenig erläutern) zu können. Bis dahin werde ich erst einmal die Texte einstellen.


    Als „große Brocken” können in diesem Zyklus sicherlich “Midnight on the Great Western”, “The Choirmaster’s Burial” und “Before Life and After” betrachtet werden. Hier kommen die Texte der nächsten beiden Lieder, eher kleinere Momentaufnahmen, von denen die erste das Thema der „Störung” der Natur durch den Menschen auf sarkastische Weise behandelt, wogegen die zweite eher leise, resignative Züge trägt:



    Wagtail and Baby
    ( A satire)


    A baby watched a ford, whereto
    A wagtail came for drinking;
    A blaring bull went wading through,
    The wagtail showed no shrinking.


    A stallion splashed his way across,
    The birdie nearly sinking;
    He gave his plumes a twitch and toss,
    And held his own unblinking.


    Next saw the baby round the spot
    A mongrel slowly slinking;
    The wagtail gazed, but faltered not
    In dip and sip and prinking.


    A perfect gentleman then neared;
    The wagtail, in a winking,
    With terror rose and disappeared;
    The baby fell a-thinking.


    (aus: Time’s Laughingstocks, erschienen 1909, in: The Complete Works Volume I, S. 357.)





    The Little Old Table


    Creak, little wood thing, creak,
    When I touch you with elbow or knee;
    That is the way you speak
    Of one who gave you to me!


    You, little table, she brought –
    Brought me with her own hand,
    As she looked at me with a thought
    That I did not understand.


    – Whoever owns it anon,
    And hears it, will never know
    What a history hangs upon
    This creak from long ago.



    (aus: Late Lyrics and Earlier, erschienen 1922, in: The Complete Works Vol. II, S. 425.)



    Liebe Grüße
    Petra

    Liebe Fairy,


    auch bei Thomas Hardy gibt es einen Gedichtband mit dem suggestiven Titel “Winter Words in Various Moods and Metres”, der postum im Jahr seines Todes 1928 publiziert wurde. Britten hat daraus nur ein Gedicht, die “Proud Songsters” vertont; die restlichen 7 seiner “Winter Words” stammen aus anderen Gedichtsammlungen Hardys.


    Von Brittens Zyklus habe ich auch erst in diesem Jahr erfahren. Dagegen sind mir auch als Werktitel neben seinen Opern z.B. die “Serenade” oder die “Michelangelo-Sonnets”, das “War Requiem” oder die “Songs and Proverbs” nach William Blake schon früher begegnet; die “Winter Words” scheinen im allgemeinen weniger bekannt zu sein.



    Lieber Bernd,


    die Betrachtung des Liedes “The Choirmaster’s Burial” als Herzstück des Ganzen finde ich sehr interessant, denn ich habe mich schon gefragt, unter welchen Gesichtspunkten die Reihenfolge der Anordnung erfolgt ist. Der allgemeine thematische Zusammenhalt in Brittens Zyklus ist ja sehr stark von dem triadischen Modell “Paradiesischer Urzustand – Irritation durch den Menschen, Verlust der Unschuld – ungewisse Zukunft” bestimmt, aber die “Feinabstimmung” innerhalb des Zyklus ist für mich noch eine offene Frage.


    ***




    Hier kommen zunächst einmal die ersten beiden Texte, zitiert nach: The Complete Poetical Works of Thomas Hardy, hrsg. v. Samuel Hynes, Oxford 1982-1985.



    At Day-Close in November


    The ten hours’ light is abating,
    And a late bird wings across,
    Where the pines, like waltzers waiting,
    Give their black heads a toss.


    Beech leaves, that yellow the noon-time,
    Float past like specks in the eye;
    I set every tree in my June time,
    And now they obscure the sky.


    And the children who ramble through here
    Conceive that there never has been
    A time when no tall trees grew here,
    That none will in time be seen.


    aus: Satires of Circumstance, Lyrics and Reveries with Miscellaneous Pieces, erschienen 1914.
    (The Complete Poetical Works Volume II, S. 43/44.)




    Midnight on the Great Western


    In the third-class seat sat the journeying boy,
    And the roof-lamp’s oily flame
    Played down on his listless form and face,
    Bewrapt past knowing to what he was going,
    Or whence he came.


    In the band of his hat the journeying boy
    Had a ticket stuck; and a string
    Around his neck bore the key of his box,
    That twinkled gleams of the lamp’s sad beams
    Like a living thing.


    What past can be yours, O journeying boy
    Towards a world unknown,
    Who calmly, as if incurious quite
    On all at stake, can undertake
    This plunge alone?


    Knows your soul a sphere, O journeying boy,
    Our rude realms far above,
    Whence with spacious vision you mark and mete
    This region of sin that you find you in,
    But are nor of?


    aus: Moments of Vision, erschienen 1917.
    (Volume II, S. 262.)


    In meinem Booklet zu den “Winter Words” ist kursiv der Untertitel (or The journeying boy) hinzugefügt, ebenso sind die Verszeilen anders umbrochen, so dass jede Strophe statt aus 5 aus 8 Versen besteht. Ich vermute, dass diese Umformung auf Britten zurückgeht (?).




    Liebe Grüße
    Petra

    Vielen Dank für alle Rückmeldungen und Tips zu weiteren Aufnahmen. Je häufiger ich diesen Zyklus höre, desto lieber mag ich ihn und ich freue mich darüber, dass ich mit meinem Interesse hier nicht allein bin.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner:


    Seltsam, daß die "Winter Words" so gut gefallen, das ist, sieht man von den "Songs and Proverbs by William Blake" ab, wohl Brittens kargster Zyklus - allerdings auch einer der schönsten.


    Ich finde das gar nicht so seltsam. „Ausdrucksintensivierung durch Reduzierung der Mittel“, wie Wulf es so treffend benannt hat, ist ein Prinzip, das mir in der Kunst eigentlich immer zusagt, sei es in der Musik oder auch in der Literatur. Und Britten war, soweit ich es hören kann, ein Meister darin, mit wenigen Strichen eine Stimmung hervorzurufen.
    Und gerade in diesem Zyklus finde ich die Kargheit besonders gut zu dem "kunstvoll einfachen" Stil Hardys passend.


    Allerdings höre ich auch seine etwas üppiger gesetzten "Michelangelo Sonnets" sehr gern, während sich die kargeren „Songs and Proverbs by William Blake“, von Fischer-Dieskau gesungen, bei mir noch nicht verfangen haben, obwohl ich den FiDi sonst gern höre.
    Und ich fürchte, das liegt an meiner ausgeprägten Vorliebe für Peter Pears. Ich mag dessen Stimme und Singen so gern, dass wohl gerade für meine Begegnungen mit dem Werk Brittens die „Gefahr“ besteht, das ich seine Aufnahmen für das Nonplusultra halte. Daher bin ich gerade hier auch für Tips zu anderen Interpreten sehr dankbar, um nicht auf eine Interpretationshaltung festgelegt zu werden..


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner:


    Britten gewinnt aus - scheinbar - illustrativen Elementen wie dem Klang einer Dampfschiffsirene oder dem einer Sologeige ungeheure Stimmungsdichte ...


    Hier interessiert mich besonders das Wort „scheinbar“, denn das Lautmalerische, Illustrative ist mir schon beim ersten Hören besonders stark aufgefallen und ich habe mich auch gefragt, ob es eigentlich „nur“ illustrativ ist, oder ob diese lautmalerischen Klänge hier nicht ein Eigenleben entwickeln. Aber in diesem Punkt würde ich gern bei den einzelnen Liedern noch einmal nachhaken.


    Das letzte Lied ist für mich eines der schönsten Kunstlieder, die ich bisher gehört habe, besonders der schmerzlich-schöne Beginn, in dem der paradiesische Urzustand beschrieben wird.


    Als Nächstes werde ich morgen aber erst einmal die Texte einstellen.


    :hello: Petra

    Liebe Taminos,


    seit einigen Tagen dreht sich in meiner Anlage immer wieder eine bestimmte CD und von dieser CD in erster Linie der mir bis dahin unbekannte letzte Teil: die “Winter Words” nach Gedichten von Thomas Hardy.



    Wie bei allen Werken Brittens, die ich bisher gehört habe, spricht mich seine Musik auch hier wieder unmittelbar an: eine strenge, schnörkellose, auf mich immer irgendwie introvertiert und doch expressiv wirkende Musiksprache, die sich bei mir stärker festhakt als die jedes anderen Komponisten. Wäre ich auf musikalischem Gebiet stärker beschlagen, könnte ich es besser ausdrücken, aber ihr versteht hoffentlich auch so, was ich meine.


    Britten vertonte in diesem Zyklus acht Gedichte aus Thomas Hardys “Lyrics and Ballads”. Das Thema dieser Lieder ist, soweit ich es nach dem ersten Eindruck interpretiere, die Konfrontation eines Urzustands der Unschuld “before the birth of consciousness, when all went well” (wie es im letzten Lied heißt) mit einigen flüchtigen Momenten der menschlichen Erfahrung.


    Der Zyklus umfasst folgende Lieder:


    1. At day-close in November
    2. Midnight on the Great Western (or The journeying boy)
    3. Wagtail and baby (A satire)
    4. The little old table
    5. The choirmaster’ s burial (or The tenor man’s story)
    6. Proud songsters (Thrushes, finches and nightingales)
    7. At the railway station, upway (or The convict and boy with the violin)
    8. Before life and after


    Ich eröffne diesen Thread zunächst einmal als Baustelle, denn mit Hardys Gedichten habe ich mich, soweit ich mich erinnern kann, zuletzt in meiner Schulzeit etwas näher beschäftigt – and it´s a long time ago! Außerdem stelle ich das, was mich mit meinen Laienohren in musikalischer Hinsicht begeistert, auch gern auf musiktheoretische Füße und möchte mich deshalb auch in der Richtung etwas einlesen. Ich werde mich also auf die Suche nach Literatur zu diesem Thema begeben und hoffe, dass ich dann etwas mehr dazu beitragen kann.


    Über Meinungen, Anregungen, vielleicht auch Vorstellung eurer Favoriten aus diesem Zyklus würde ich mich freuen – und da diese “Winter Words” bei mir sicherlich nicht allein bleiben werden, auch über weitere Tips zu Einspielungen (Anthony Rolfe Johnson wurde mir beispielsweise schon empfohlen).


    Liebe Grüße
    Petra

    Lieber Sascha,


    ich kenne leider nicht sehr viele Aufnahmen von russischen Tenören der Schellackzeit, aber von den wenigen, die ich kenne, höre ich die Ivan Koslovksys am liebsten. Sein Timbre gefällt mir ausgesprochen gut und sein Duca, von dem ich leider auch nur Ausschnitte gehört habe, entspricht genau dem Bild, das ich von dieser Figur habe – leichtlebig, verspielt, charmant, die Rücksichtslosigkeit nicht demonstrativ, sondern eher indirekt zum Ausdruck bringend. Viele Tenöre des 20. Jh.s (leider auch Jussi Björling) haben ihn eher als vordergründigen Macho angelegt, vielleicht eine Folge des Verismo?


    Über einen Koslovsky-Thread mit Diskussion der stilistischen Thematik würde ich mich daher freuen. Passenderweise steht auf meinem Wunschzettel auch Michael Henstocks Biographie über Fernando de Lucia, von der ich mir durch Berichte von Zeitzeugen auch Anmerkungen zum Stil seiner Zeit erwarte. Besonders interessant finde ich in dem Zusammenhang die Frage, wie dieser ja noch ganz am Belcanto geschulte Sänger auf den Verismo reagiert hat, dessen Werke er ja zum Teil gesungen und mit bekannt gemacht hat. Das was ich bisher an veristischen Schnipseln auf den Samplern gehört habe, gefällt auch mir, die ich nicht unbedingt ein Fan des Verismo bin, sehr gut, gerade weil de Lucia – wie auch z.B. Nellie Melba oder Mario Ancona – diese Musik nicht mit den später üblichen Drückern aufgeladen hat, sondern „nur“ in stilistischer Hinsicht ganz richtig ohne die Verzierungen des Belcanto singt.


    Koslovsky seinerseits ist für mich auch deswegen ein interessanter Sänger, weil er noch wesentlich später, in der Blütezeit des Verismo, sehr stark auf die Stilmittel des Belcanto gesetzt hat. Mich würden z.B. auch seine Ausbildung und sein Werdegang in dieser Zeit interessieren. Er hat ja in den 40er und 50er Jahren eine ganze Reihe von Gesamteinspielungen in russischer Sprache gemacht; seinen Orfeo z.B. würde ich sehr gern hören, seinen Duca, Puccinis Rodolfo oder auch einige Rollenporträts aus den mir leider noch viel zu wenig bekannten russischen Opern.


    Die von Dir empfohlene CD wäre sicherlich ein schöner Einstieg, und ich werde mir auch einmal wieder die Kassette mit den Filmen der Reihe „Belcanto- Tenöre der Schellackzeit“ heraussuchen, von denen ja auch einer Koslovsky gewidmet war.


    Liebe Grüße
    Petra