Beiträge von petra

    Der Riccardo ist neben dem Manrico die Rolle, in der ich Jussi Björling am liebsten höre. Der MET-Mitschnitt von 1940 ist auch für mich eine herrliche Aufnahme; nicht nur Björling, sondern das gesamte Ensemble stellt eine spannende und sängerisch hervorragende Aufführung auf die Bühne (nur als Renato hätte ich mir statt Alexander Sved Leonard Warren gewünscht).


    Bezüglich der Frage, warum Björling die Arie aus dem 3. Akt nicht singt, habe ich ein wenig in der "Jussi"-Biographie von Andrew Farkas und Anna-Lisa Björling geblättert.


    Danach war der Riccardo eine von Björlings Lieblingsrollen; die bewusste Arie hat er jedoch nie einstudiert, weil sie in seinene ersten Auftritten in dieser Rolle wohl nie von ihm verlangt worden war.


    Der Dirigent der Aufführung aus New Orleans von 1950 wollte die Arie von Björling gesungen haben, zog aber wohl in dem Disput den kürzeren; jedenfalls wurde sie auch in dieser Aufführung weggelassen.


    Nachdem eine Einstudierung der Rolle mit Toscanini 1954 wegen gesundheitlicher Probleme Björlings abgebrochen werden musste, hoffte dieser, 1960 unter Solti die Rolle im Studio einspielen zu können.
    Nach einem Streit mit Solti flog Björling aus der Produktion; Carlo Bergonzi sprang später in dieser Aufnahme ein.


    :hello: Petra

    Zitat

    Original von musicophil:


    Interpret: Hermann Prey
    Oper/Rolle: Die Zauberflöte/Papageno
    Aufnahme: Solti, Decca 1971 (LP), 1985 (CD), jpc-Bestellnummer 5109281
    Klangqualität: 1-2


    Eben wollte ich zur Tastatur greifen und für Herman Prey als Papageno stimmen, also von mir ein unbedingtes: "Verdoppelt!"


    Und alle Wunderlich-Verehrer mögen mir verzeihen, aber Stuart Burrows in dieser Aufnahme ist "mein" Tamino: aristokratisch, manchmal ein bisschen indigniert und schnippisch, und wunderbar elegisch in den Szenen mit Pamina (besonders in derjenigen, in der sie zusammen die Prüfungen bestehen).


    Interpret: Stuart Burrows
    Oper/Rolle: Die Zauberflöte/Tamino
    Aufnahme: Solti, Decca 1971


    Und jetzt einen Sprung zu Verdi:


    Interpret: Jussi Björling
    Oper/Rolle: Il Trovatore/Manrico
    Aufnahme:
    Entweder der Live-Mitschnitt von 1939 aus dem Covent Garden unter Vittorio Gui (allerdings Klangqualität 6)
    oder die Studio-Aufnahme von 1952 unter Renato Cellini (Klangqualität 3)


    Björling ist für mich der ideale Manrico, weil er als lirico-spinto nicht nur die Durchschlagskraft für die härteren Szenen der Oper, sondern auch den Lyrismus für die Darstellung Manricos als Troubadour und Liebhaber hat.


    Und bei den genannten Aufnahmen kann ich mich einfach nicht entscheiden, also Hälfte-Hälfte :D


    Für die 1939er Aufnahme sprechen der Stimmklang eines wirklich jugendlichen Manricos, ein überirdisch schönes "Deserto sulla terra", ein "Ah si! ben mio" mit einem Pathos, das nie albern wirkt, sondern ganz natürlich klingt;
    dafür hat die 1952er Einspielung eine sehr spannende und eine wirklich rührende Szene Manrico-Azucena (1. und 4. Akt) und ein sehr lyrisches kleines Duett mit Leonora vor der Stretta, das in der älteren Aufnahme leider fehlt.


    :hello: Petra

    Hallo Zauberton,


    ein schöner thread, in dem ich endlich einmal meinen Lieblingscomprimario Paul Franke unterbringen kann.


    Ich habe ihn auf einigen Studio-Aufnahmen der 50er Jahre (EMI und RCA) und bin der Meinung, dass er dort aus seinen kleinen Rollen wirklich hörenswerte Momente macht, insbesondere als Parpignol in der Beecham Bohème mit Björling und de los Angeles.


    Die Rufe "Ecco i giocattoli di Parpignol" habe ich nie suggestiver gehört; ich mag die Marktszene der Bohème mit ihrer impressionistischen Vielstimmigkeit sowieso sehr gern und "warte" in dieser Aufnahme immer auf die Rufe des Parpignol, bei denen man wirklich den Eindruck hat, sie kämen aus der Ferne immer näher heran.


    Auch das Ständchen des Beppe in den "Pagliacci" singt er sehr süß und charmant; außerdem fällt mir noch sein Ruiz im Trovatore unter Cellini ein.


    Geboren wurde er 1922 in Boston, und er debütierte 1948 an der MET, deren Ensemble er über 20 Jahre lang angehörte.


    Das Zitat aus dem Sängerlexikon von Kutsch/Riemens, Bern 1975, er habe "zumeist Comprimario-Rollen" gesungen, "die er in meisterhafter Weise vortrug", kann ich aus meinen Aufnahmen nur bestätigen.


    Eine seiner Buffo-Partien ist wohl der Monostatos gewesen, den ich aber von ihm noch nicht gehört habe (eine Rolle, in der ich Gerhard Stolze unerreicht finde), und den ich mir eigentlich mit dem feinen lyrischen Tenor Frankes nicht so recht vorstellen kann.


    Paul Franke wirkte 1954 auch an der MET-Erstaufführung von Strawinskys "The Rake´s Progress mit".


    :hello: Petra

    Zitat

    Oringinal von Fairy Queen:
    Interpret: Leonard Warren
    Oper/Rolle: Rigoletto/Rigoletto
    Aufnahme: Renato Cellini 1950


    Warrens Stimme charakterisiert m.E. den zerrissenen und ambivalenten Narren hervorragend. Er schluchzt und weint und zürnt und wird zynisch, gemein und hässlich, wo es eben notwendig ist.
    Seine Interpretation der Rolle erzeugt in mir echtes Mitgefühl mit dem fehlgeleiteten Vater, der am Ende verzweifelt mit ganz leeren Händen dasteht.


    Dieser Charakterisierung des Warren-Rigolettos kann ich nur noch ein
    "Verdoppelt" hinzufügen!


    Und hier einer, dem die Rolle buchstäblich "auf den Leib geschrieben" wurde, denn der Komponist hatte seine Stimme vor Augen, als er die Oper komponierte:


    Interpret: Peter Pears
    Oper und Rolle: Peter Grimes
    Aufnahme: 1958, Dirigent Benjamin Britten
    Klangqualität: 3-4


    Den rauen, ungefügten Fischer der Vorlage wollte Britten nicht; sein Grimes, verkörpert durch Peter Pears, ist eher ein fragiler Visionär auf der Suche nach einem Zuhause, das er in seiner Umgebung und in dieser Welt nicht finden kann. Um so verstörender wirken dadurch seine Ausbrüche von Gewalt und Verzweiflung.


    Und ähnlich wie beim Orfeo gibt es auch hier einen Gegenpol, der wohl auf seine dramatische, unmittelbar expressive Art ebenso grandios ist, den ich aber leider noch nicht vollständig kenne (habe bisher nur Auszüge gehört): die Aufnahme mit John Vickers als Grimes.


    :hello: Petra

    @ musicophil


    Lieber Paul,


    Ich habe eben erst im Ferrier-thread gelesen, dass der Orpheus ihre letzte Rolle auf der Bühne war, und dass sie unmittelbar darauf ins Krankenhaus musste. So sehr viel habe ich bisher nicht über sie gelesen und besitze außer der Orfeo-Einspielung nur zwei Lieder, die sie mit Baillie gesungen hat und die herrliche Alt-Rhapsodie.


    Ich habe aber einmal ein Bild von ihr gesehen, dass sie als Oprheus zeigt, mit kurz geschnittenen Haaren, schmalem Gesicht und weit geöffneten Augen. Ich habe mir schon damals überlegt, dass sie sich sehr stark mit dieser Rolle identifiziert haben muss. Dass sie wusste, wie krank sie war, hat sicherlich zu dieser dramatischen, intensiven Darstellung mit beigetragen.


    Lg Petra

    Eine meiner Aufnahmen für die einsame Insel:


    Zitat

    Original von Rideamus: Interpretin: Marilyn Horne
    Oper/Rolle: Orfeo ed Euridice/Orfeo
    Aufnahme: Solti, London Covent Garden Orchester
    Aufnahmequalität: 3


    Das ist auch mein Lieblings-Orfeo; das Lamento über den Tod Euridices im ersten Akt geht mir besonders unter die Haut - gerade wegen der Verzierungen, die Horne hier einsetzt. Bei ihr höre ich eher den mythischen Sänger. Kathleen Ferrier hat einen direkteren, dramatischeren Zugriff auf die Rolle; sie kommt als Gegenpol in meiner Rangliste aber gleich nach Horne.



    Eine andere wäre:


    Interpret: Jussi Björling
    Oper: Un Ballo in Maschera
    Rolle: Riccardo
    Live-Mitschnitt vom 14. Dezember 1940 aus der MET
    Dirigent: Ettore Panizza
    Aufnahmequalität (leider) 5-6


    Wie sein Vorbild, der historische Gustav III von Schweden, ist Riccardo eine sehr widersprüchliche Persönlichkeit, und Björling singt meiner Meinung nach alle Facetten dieser Rolle: den Übermut, als man beschließt, zu der Wahrsagerin zu gehen; ein ironisch-melancholisches "Di´tu se fedele"; den Spott über die Prophezeihung, der plötzlich in Unsicherheit umschlägt; im Liebesduett die Leidenschaft, aber auch das "soave brivido" - und eine Sterbeszene voller Pathos, aber nie larmoyant.


    Und Ettore Panizza bringt sowohl das Schwungvolle, Leichte, Tänzerische der Musik als auch die düstere Schwere wunderbar zum Ausdruck.

    :hello: Petra

    Liebe Operettenfreunde,


    Zitat

    Zitat Alfred Schmidt:Gute Operette hat zumeist einen Hauch Ironie - ver diesen unterschlägt, nimmt IMO der Operette etwas wesentliches und degradiert sie zu einer zweitklassigen komischen Oper - was sie aber nicht ist.


    Zitat

    Zitat Maggie: Möglicherweise klingt eine leichtere Stimme in der Operette glaubwürdiger, weil ironischer. Wie immer man das Wort "leicht" in diesem Zusammenhang auch definieren will.


    Leichtigkeit und eine gewisse Ironie sind zwei Kriterien, die auch ich mit
    dem Genre der Operette verbinde.
    Sie müssen beide vorhanden sein; nur leichte Stimme ohne Ironie oder nur Ironie mit schwerer Stimme funktionieren hier nicht.


    Ein Negativbeispiel fällt mir ausgerechnet bei meinem Lieblingssänger ein :D:
    Jussi Björling hat 1938 eine Aufnahme der Erzählung des Paris aus "La Belle Hélène" gemacht, die auf den ersten Eindruck wunderbar klingt -
    wenn man den Kontext der Operette außer Acht lässt:
    Er singt mit Verve, Grandeur - und einem Pathos, das viele seiner Opernaufnahmen unvergleichlich macht, hier aber meiner Ansicht nach verfehlt ist.


    Und er hatte zwar eine leichte Stimme, jedoch in diesem Fall nicht die Leichtigkeit, die dieses Stück erfordert.


    Liebe Grüße,
    Petra

    Meine Lieblingsaufnahme ist leider keine vollständige Gesamtaufnahme, sondern ein nicht ganz vollständig erhaltener Live-Mitschnitt einer konzertanten Aufführung aus der Royal Albert Hall London vom 17. August 1964:


    Mozarts "Idomeneo", dirigiert von John Pritchard, mit Luciano Pavarotti als Idamante, außerdem u. a. mit Gundula Janowitz, Enriqueta Tarrès, Richard Lewis.


    Diese Aufnahme zeigt, dass Pavarotti in den frühen Jahren seiner sängerischen Laufbahn auch ein sehr guter Mozart-Tenor war.


    Liebe Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original Frank: Auch mein Sohn mit seinen gerade 4 Jahren ist schon Pavarotti-Fan. Es begann damit, dass wir uns auf Y..tube verschiedene Sänger und Sängerinnen angehörten und immer wollte er nur mehr Pavarotti hören. Andere Sänger und Sängerinnen, welche ich selbst sehr schätze, kamen bei ihm nicht so gut an.


    Es gibt Sänger, deren Stimmen besonders berühren, und Pavarotti hatte sicherlich eine solche. Besonders Kinder, die sich ja noch nicht um die Kritiken wegen künstlerischer "Untiefen" ihrer Lieblinge kümmern, spüren dies.


    Mein Sohn hört seit seiner Kleinkinderzeit gerne Herman Prey und war auch sehr traurig, als er erfahren musste, dass dieser Sänger nicht mehr lebt. Und bei mir war es Joseph Schmidt, den man Anfang der 60er Jahre noch häufig im Radio hörte.


    Auch der Fähigkeit wegen, in Kindern die Liebe zur Musik zu wecken, sollen Sänger wie Pavarotti in guter Erinnerung bleiben!


    Liebe Grüße,
    Petra

    Er debütierte, als ich gerade geboren war, und ich hatte lange Jahre nur den "Big P" vor Augen, der seinen Ruhm feierte und mit zwei anderen Tenören durch die Lande tourte.


    Erst durch die Beschäftigung mit aus meiner Sicht historischen Aufnahmen lernte ich den Sänger und Künstler kennen, der er in seiner Anfangszeit war, und mir bleibt er vor allem als tenore di grazia in den lyrischen Partien in Erinnerung: als Idamante, Edgardo, Tonio - und natürlich als Rudolfo.


    Damit hat er sicherlich seinen Platz in der Gesangsgeschichte -
    und jetzt im Engelschor.


    R.I.P.


    Petra

    Lieber Draugur,


    Zitat

    Zitat von Draugur: Ich habe so meine Schwierigkeiten mit den sehr oft zu lesenden Begriffen "stimmig", "schlüssig", "Lösung", "geht auf" usw. bei Inszenierungen. Das klingt nach Mathematik, philosophischer Logik bzw. danach, als könnte eine Inszenierung objektiv "richtig" sein.


    nein, ich wollte ganz bestimmt nicht Operninszenierungen den objektiven mathematischen Kriterien unterwerfen, sondern habe das auf meinen vorherigen Satz bezogen:


    Zitat

    eigenes Zitat: Das Regietheater wird für mich dann problematisch, wenn Musik, Text und Bühnenbild und Ausstattung zu weit auseinander klaffen.


    Ich betrachte eine Oper zunächst einmal in einem bestimmten historischen Kontext, da sie in einer bestimmten Epoche entstanden ist. Dazu passen Musik und Text. Und ich persönlich habe Probleme damit, wenn in einer Inszenierung ein Rahmen vorgegeben ist, in den Musik und Text meiner Ansicht nach nicht so gut hineinpassen.
    Lohengrin in einer Schulklasse wäre für mich problematisch;
    mit dem Giulietta-Akt aus "Hoffmanns Erzählungen", den ich vor einiger Zeit in ein modernes urbanes Nachtleben versetzt sah, hatte ich keine Probleme.


    Das kann natürlich immer nur eine subjektive Bewertung sein. Da es viele unterschiedliche Interpretationsansätze für ein Werk gibt, kann es natürlich auch eine in objektiver Hinsicht einzig richtige Inszenierung nicht geben.


    LG, Petra

    Hallo miteinander,


    meine Meinung dazu hat Severina bereits auf den Punkt gebracht:


    Zitat

    Oiginal von Severina: Für mich ganz klar:
    BEIDES GLEICHWERTIG, sofern es gut gemacht ist (Mist gibt's da wie dort!)


    Das Regietheater wird für mich dann problematisch, wenn Musik, Text und Bühnenbild und Ausstattung zu weit auseinander klaffen. Aber ich habe schon genug Inszenierungen gesehen, in denen diese Problematik stimmig und schlüssig gelöst wurde.


    LG Petra

    Zitat

    Zitat Harald Kral: Da stehen Sänger drauf wie Inge Borkh, Ernst Kozub, Sandor Konya, Josef Traxel, Maria Cebotari usw.
    Die Frage ist nur, ob man auch genug Mitstreiter findet, die dazu beitragen bzw. sich überhaupt für die "Vergessenen" interessieren....


    Ich melde mich auch als Mitstreiter: Ob ich mit meiner noch eher bescheidenen Sammlung viel dazu beitragen kann, weiß ich nicht, aber das Interesse ist unbedingt vorhanden, ich würde mich über einen entsprechenden thread freuen!


    Ich interessiere mich sehr für die Geschichte des Opern- und Liedgesangs, soweit sie auf Tonträgern dokumentiert ist und hatte gerade vor einigen Tagen über einen thread im Schellack-Forum nachgedacht, in dem ich gern Künstler vorstellen würde, deren Wurzeln noch im 19. Jh. lagen. Ich hatte mich aber auch gefragt, ob für solche Themen Interesse vorhanden ist.



    :hello: Petra

    @ Harald


    Ja, die nicht (mehr) im Handel befindlichen Spezialitäten ...
    Gerade bei älteren Aufnahmen ernte auch ich oft ein Kopfschütteln im Klassikgeschäft und freue mich dann vielleicht über Schnäppchen bei ebay. Aber meine Sammlung steckt noch in den Babyschuhen.


    Petre Munteanu hat ja eine ziemlich Bandbreite in seinen Aufnahmen abgedeckt. War er eigentlich allgemein bekannt oder eher ein Tenor für Kenner, der die ganz große Popularität nicht erreicht hat?


    LG Petra

    Lieber Peter,


    die Sache mit der Romantik als „Demarkationslinie“ ist eine spannende Geschichte, denn ich finde gerade in dieser Epoche immer Züge, die schon auf die Moderne hinweisen, und die sie von früheren Epochen abheben: die Betonung der Zerrissenheit des Menschen, das Zulassen auch der dunklen Seiten, das Fragmentarische, eben nicht abgerundet Harmonische ...
    Dass die Natur gerade in dieser Zeit in der Musik eine eigene Stimme bekommt, ist dann sicherlich kein Zufall.


    LG Petra

    Lieber Peter,


    Zitat

    Zitat pbrixius:Und das Murmeln des Baches durch eine Flöte darzustellen, war bei Keiser wie bei Smetana (Vltava) das musikalische Mittel ...


    auch ich sehe die Unterschiede in der Bewertung des Natürlichen eher in den Kontexten als in den musikalischen Mitteln, die verwendet wurden.


    Meine Überlegungen gingen eher in Richtung Quantität: Wurde Lautmalerei in einigen Epochen und Strömungen häufiger eingesetzt als in anderen, und hängt der häufigere Gebrauch mit einer unterschiedlichen Bewertung der Natur und des Natürlichen zusammen?


    Ich war durch einige Beiträge auf diesen Ansatz gekommen:


    Zitat

    Zitat Rideamus: Auch umgekehrt wird ein Schuh draus: warum konnten die Klassiker so unbefangen mit dem lautmalerischen Naturzitat umgehen (wobei die meisten Tiernamen der Haydn-Symphonien ja nicht auf ihn sekbst zurück gehen, er sich diese womöglich sogar verbeten hätte) und zugleich so wenig Interesse daran haben, dieses Stilmittel anders als spielrisch zu nutzen?

    Hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass im Barock nur die künstlich verfeinerte Wiedergabe natürlicher Vorkommnisse und Emotionen etwas galt?


    Zitat

    Zitat pbrixius: Bei Gluck ist - wie Du richtig einwendest - gegenüber dem Artifiziellen des Barocks das Natürliche des Menschenbilds der Aufklärung angestrebt.


    Zitat

    Zitat Alfred Schmidt: Ob Lautmalerei akzeptiert wird oder nicht, das hängt in der Regel auch von der Epoche ab in der sie entstanden ist. Im siebzewhnten und achzehnten Jahrhundert konnte man die Menschen in helles Entzücken versetzen, wenn man eine Naturstimmung mittels Musikinstrumenten darstellen konnte - es war eben in Mode.


    Liebe Grüße,
    Petra

    Ich bin heute hier in einem thread zufällig auf einen Namen gestoßen, der bei mir irgendwo ganz weit hinten im Gedächtnis verschüttet gewesen sein muss: Petre Munteanu.


    Der Name erweckte Assoziationen an ein Radio mit großen Knöpfen, irgendwann in den 60er Jahren, und an ein kleines Mädchen, das fasziniert davor saß, als ein unbekannter Sänger eine italienische Canzone sang (ich glaube, es war Tostis "Marechiare").


    Den Namen "Petre Munteanu" hatte ich vorher noch nie gehört und so sehr viele Aufnahmen dieses Sängers habe ich auch danach nicht kennengelernt (ich meine, ihn einmal als Tamino gehört zu haben?);
    ich kann mich aber noch daran erinnern, dass ich die Stimme sehr gern mochte. Dennoch ist er danach auch bei mir irgendwann in Vergessenheit geraten...


    ... bis heute, und ich habe bisher Folgendes über ihn gefunden:


    Petre Munteanu
    - wurde am 26. 11. 1916 in Campina (Rumänien) geboren
    - studierte am Konservatorium von Bukarest Gesang und Violine
    - debütierte 1940 an der Königlichen Oper Bukarest
    - wurde in Berlin Schüler von Weißenborn
    - kam 1947 an die Mailänder Scala und wirkte dort in den Premieren von Strawinskys "Persephone", Cimarosas "Credulo" und Alban Bergs "Wozzec" mit
    - sang 1961 am Teatro Fenice von Venedig in der Uraufführung von Luigi Nonos Oper "intolleranza 60"


    So sehr viele Aufnahmen scheint es mit ihm nicht (mehr) zu geben:
    "Don Pasquale", die Matthäuspassion, "Ascanio in Alba", "Zaide", "Oberon", mehr habe ich bisher nicht gefunden.


    :hello: Petra

    Hallo miteinander,


    wenn wir unter Lautmalerei in erster Linie die Nachahmung von Naturlauten verstehen, so schwirrt mir eine Frage im Kopf herum, zu deren Beantwortung mir die Musikexperten sicherlich einiges sagen können:


    Inwieweit spiegelt sich das unterschiedliche Verhältnis zur Natur und zum Natürlichen, das in den einzelnen Epochen zum Ausdruck kommt, in der Musik wider?


    Im Barock mit seiner Betonung des Religiösen und damit des Geistigen herrschte sicherlich ein anderes Verhältnis zu Naturlauten in der Musik als zur Zeit der Aufklärung, die ja auch die Naturwissenschaften stark in den Vordergrund stellte. Im Rokkoko war der Umgang mit der Natur in der Kunst ja sehr spielerisch-anakreontisch; die Empfindsamkeit betonte wiederum das „Echte“ in der Natur, während die Romantiker in der Natur ja eher in Zeichensystem sahen und das „Als-Ob“ in den Vordergrund stellten. Der Naturalismus setzte wieder auf „Natur pur“, der Expressionismus betonte eher die Künstlichkeit usw. - bis hin zur Umweltbewegung in den 70ern und 80ern und der Ästhetisierung in den 90er Jahren des 20. Jh.

    Wenn ja auch in der Kunst die Natur immer stilisiert wird, so war es doch ein stetiges Auf und Ab in der Darstellung und Bewertung des Natürlichen – inwieweit kommen die unterschiedlichen Auffassungen in dem musikalischen Kunstmittel der Lautmalerei zum Ausdruck?


    :hello: Petra

    Hallo miteinander,


    ich würde mich auch gern an der Diskussion beteiligen.
    Ich kenne das Werk noch nicht, wollte mich jedoch sowieso etwas
    mehr mit neuerer Musik beschäftigen, und eine Diskussion über ein Werk Janaceks wäre eine gute Gelegenheit dafür.


    :hello: Petra

    Zitat

    Zitat von Peter: Es ist ja ein Musikinstrument, was da spielt oder imitiert wird, kein Naturlaut. Es ist so ähnlich bei der Militärmusik - indem ich das Instrumentarium einsetze (oder imitiere) habe ich sofort die musikalische Situation vor Augen, kann dann auch narrative Musik schreiben, je nachdem wie ich mit der Militärmusik umgehe.


    Lieber Peter,
    auch deshalb von mir das Fragezeichen: Ein enger Begriff der Lautmalerei würde Fälle, in denen das Imitierte bereits ein Symbol ist, wohl ausschließen; es wäre zugegebenermaßen eine sehr weite Fassung des Begriffs, die aber sicherlich interessante Beispiele enthalten würde (auf die Bedeutung der Zinken im Orfeo wäre ich ohne deine Erklärung nie gekommen).


    LG, Petra

    Zitat

    Zitat KSM: Dementsprechend frage ich hier nur:
    Welche Beispiele nach R Strauss gibt es? Wurde die Lautmalerei seit größerer Verbreitung von Schellack- und sonstigen Platten nicht zunehmend uninteressant?


    Mir fällt ein Beispiel ein, das ich aber in eine Frage kleiden muss, da ich eigentlich die Oper (noch) nicht als Ganzes gehört habe, sondern nur ein paar Schnipsel kenne:


    In Brittens "Albert Herring" gibt es den Monolog des betrunkenen Albert, in dem immer wieder eine (in meinen Ohren) "romantisierende" Folge dreier Töne ( in C-Dur wären es, glaube ich c - a - f ?) die Deklamation unterbricht. Es klingt in dieser Tonfolge wie der Ruf eines (Jagd)horns und wird von Albert in einer Vokalise auf "u" imitiert.
    Ist dies eine Persiflage und ein Beispiel, das hier passen würde?


    :hello: Petra

    Hallo Heldenbariton,


    dieser Rigoletto steht ganz oben auf meinem (dank Tamino immer länger werdenden) Wunschzettel für neue Sammelstücke.
    Ich habe auf einer LP einige Ausschnitte daraus, in denen Lina Pagliughi mit Giuseppe Taddei zu hören ist: wirklich :jubel:
    Und nicht zuletzt wegen Ferruccio Tagliavini als Herzog, auch :jubel:


    Eine CD mit Ausschnitten aus der frühen Aufnahme des Rigoletto von 1928 unter Carlo Sabajno steht bei mir auch im Regal; mir gefällt Pagliughi in der späteren Aufnahme jedoch besser; das kann jedoch auch daran liegen, dass die soprani leggieri auf den ganz alten Aufnahmen so schlecht rüberkommen ...


    :hello: Petra

    Liebe Mitsammler,


    bei mir ist das Sammeln bisher sehr personenzentriert gelaufen: Ausgehend von Komponisten oder Interpreten, die mir besonders gut gefallen, versuche ich zunächst einmal, möglichst viele ihrer Aufnahmen zu erwerben. Oft habe ich mir dann daraus ein neues Sammelgebiet erschlossen:


    Als Schülerin war es - in noch bescheidenem Rahmen - Sibelius, entweder auf LP oder als Mitschnitt auf Kassette.
    Sein Lied "Svarta Rosor" brachte mich auf die Spur eines schwedischen Sängers, der bis heute bei mir im CD-Regal ganz oben steht. Dessen Repertoire war in erster Linie die italienische und französische Oper, und eine Fundgrube wurden für mich in dieser Hinsicht die Rundfunksendungen "Belcanto-Museum" bzw. "Die großen Stimmen".


    Die Beschäftigung mit der auf Tonträgern festgehaltenen Geschichte des Opern- und Liedgesangs brachte mich zu weiteren Favoriten, mit derem bevorzugtes Repertoire ich mich dann wiederum näher beschäftigte:


    So kam ich durch Callas zum italienischen Belcanto, durch Burrows zu Mozart und hörte mich durch zahlreiche Liedaufnahmen mit Peter Pears, die mein Interesse am Kunstlied und am Werk Brittens weckten.
    Einige Aufnahmen französischer Sänger brachten mich zur Opéra comique. Bach und Händel mag ich in historischen Aufnahmen weniger, hier sind es eher zeitgenössische Sänger, die mir den Zugang zu dieser Musik erleichtern.


    Da ich mich aber nicht einseitig festlegen, nicht bei der Historie stehenbleiben möchte und gern unterschiedliche Pole in der Interpretation eines Werkes auslote, gehe ich anschließend in die "Tiefe" und vergleiche Aufnahmen aus verschiedenen Jahrzehnten.


    Eigenartigerweise habe ich im Instrumentalbereich keine ausgesprochenen Interpretations-Favoriten und sammle eher in die Breite, um ein möglichst breites Spektrum eines Komponisten bzw. einer Epoche zu erhalten.


    LG, Petra

    Hallo,


    ich hole diesen thread wieder aus der Versenkung, weil ich im letzten Jahr drei Opernaufnahmen mit Solti erstanden habe, die zu meinen absoluten Favoriten im CD-Regal gehören.


    Dabei war ich bis dahin von seinem Dirigat nicht sehr angetan. Ich bin, als ich anfing, mich mit dem Operngesang zu beschäftigen, mit italienischer und französischer Oper eingestiegen und konnte Soltis Einspielungen wie dem erwähnten Otello oder dem Maskenball nicht viel abgewinnen. Letztere gehört zu meinen Lieblingsopern, und ich habe mein Ideal dort in Panizzas Dirigat (Met 1940) gefunden. Solti erschien mir dagegen schwerfällig.


    Mein jüngster Sohn wünschte sich eine Aufnahme der "Zauberflöte" und sein Lieblingssänger Hermann Prey sollte den Papageno singen. Ich wollte Burrows als Tamino - also erstand ich die Einspielung unter Solti und war begeistert, dass der "Schmetterer", als der er mir in Erinnerung war, so subtil dirigieren konnte.


    Seine Einspielung von Glucks "Orfeo ed Euridice" mit Marilyn Horne, Pilar Lorengar und Helen Donath wäre eine meiner Opernaufnahmen für die einsame Insel. Ähnlich gelungen die schon erwähnte "Nozze di Figaro" mit einem luxuriösen Aufgebot an Sängern, die schon fast zu perfekt klingt (als kühl und seelenlos empfinde ich sie jedoch nicht).


    Was mir an diesen Aufnahmen gefällt, wurde von Gerrit schon gesagt:


    Zitat

    Zitat: unsentimental, vorwärtsdrängend, schnörkellos


    Vielleicht auch "a little bit British"? Ich habe nämlich oft ein Faible für Künstler aus Großbritannien, und Solti hat ja eine ganze Weile dort gewirkt.


    :hello: Petra

    Hallo Alviano,


    Zitat

    Zitat: Wobei es schon auch Aufnahmen von Warren gibt, die weniger inspieriert sind, als z. B. die "Rigoletto"-Einspielungen oder -Mitschnitte. Dazu würde ich auch - insgesamt, nicht nur in Bezug auf Warren - die erwähnte "Aida" rechnen. Was beim "Trovatore" gut gelang, wurde bei dieser "Aida" in vergleichbarer Besetzung nicht erreicht.


    da stimme ich Dir voll zu: Die "Enttäuschung auf hohem Niveau" bezieht sich in dieser Aida-Aufnahme auch auf Björling, Milanov und Barbieri.
    Der "Trovatore" in dieser Besetzung war meine erste Opern-Gesamtaufnahme, und ich war total begeistert. Und wohl auch von der Voraussetzung ausgegangen, die Aida in dieser Traumbesetzung müsste ebenso gelungen sein. Aber es gab wohl vor der Aufnahme schon Querelen. Björling war, glaube ich, wegen Alkohol-Problemen später angereist als vereinbart, und seine Kollegen waren entsprechend genervt ...


    :hello: Petra

    Hallo zusammen,


    seit ich vor ca. 10 Jahren anfing, Opernaufnahmen zu sammeln, ist Leonard Warren für mich im italienischen Fach die Besetzung für alle Rollen, die entweder den Ausdruck einer gequälten Seele oder den eines sinistren Charakters erfordern - im Idealfall kommt dann beides zusammen.


    Rigoletto (live 1945 mit Björling und Bidú Sayao):
    Abgrundtiefe Traurigkeit im "Deh non parlare al misero"; die Schreie "Gilda! Gilda", die herzzerreißend, aber nicht aufgesetzt-pathetisch klingen, die sinistre Fröhlichkeit in "Lara .. .lara ...", die verzweifelte Bitte an die Höflinge, die Tochter herauszugeben, die Schluss-Szene: Das ist Expression pur!


    Im "Trovatore" (1952 mit Björling und Milanov) vor allem das "Il balen del suo sorriso": Kein Luna, den ich bisher gehört habe, bringt die unterdrückte Leidenschaft für Leonora so stark zum Ausdruck wie Warren.


    In "Pagliacci" (1953 mit Björling, de los Angeles, Merrill) der grandiose Monolog und die tapsige Verschlagenheit im Duett mit Nedda;


    dann der bitterböse Scarpia in der "Tosca" aus dem Jahr 1957.


    Die einzige Rolle in der er mir nicht ganz so gut gefällt, ist der Amonasro in der "Aida" 1955; es ist allerdings eine "Enttäuschung" auf hohem Niveau.


    Merrill ist für mich in vielen Aufnahmen der Antipode Warrens: Er ist mit seiner weichen, sonoren Stimme die ideale Besetzung für die Rolle des Freundes oder - wie in Pagliacci - des Liebhabers.
    Das Ambivalente, Sinistre, das Warren zum Ausdruck bringen kann, ist ihm nicht so gegeben.


    Meine Aufnahme für die Insel ist, was Warren betrifft, die Arie "Eri tu" aus Verdis Maskenball, die ich leider nur auf einer Kassette habe und von der ich nicht weiß, ob es ein Ausschnitt aus der Gesamtaufnahme oder eine Einzelaufnahme ist.
    Aber der Wechsel zwischen Enttäuschung und Wut, und dann die Erinnerung an die erste Zeit mit Amelia: Das letzte ist mit einem Lyrismus gesungen, der mich bei dem "dramatischen" Warren wirklich überrascht hat - ich kenne keine vergleichbare Aufnahme der Arie!



    LG Petra

    Hallo zusammen,


    wenn ich Clemens richtig verstanden habe, ging es ihm gar nicht so sehr um die rein sexuelle Komponente, sondern eher um eine unterschwellige Homoerotik in geistig-seelischer, aber auch sinnlicher Beziehung iin Stücken, die sich eigentlich mit diesem Thema gar nicht beschäftigen.


    Zitat

    Zitat: aber es geht mir mehr um die Frage der Homoerotik im geistig-sinnlichen Sinne, als um tatsächliche, körperliche Homosexualität.
    ..., das ich oft die Vereinigung von Frauenstimmen in der Oper als homoerotisch empfinde, etwas Vergleichbares finde ich zwischen den Herren kaum.


    Da sich die Verschmelzung von Männerstimmen häufig im Bereich der Freundschaftsduette findet, habe ich mir das Duett aus "Forza", das mir in Zusammenhang mit dieser Frage im Kopf herumging, noch einmal in drei Versionen angehört. Ich habe mich nämlich dabei gefragt, ob die unterschwellige Erotik, die ich hier immer heraushöre, in diesem Duett wirklich enthalten ist, oder ob eine besonders enge Verblendung der Stimmen eine solche Interpretation nur für eine bestimmte Aufnahme nahelegt.


    1. Die Aufnahme mit Jussi Björling und Robert Merrill könnte eine solche unterschwellige Erotik zwischen Alvaro und Carlo nahelegen: Die Stimmen verschmelzen perfekt, hinzu kommt der Kontrast zwischen der hell timbrierten Stimme Björlings und dem dunklen Bariton Merrills, sowie die Tatsache, dass sich Björling hier wie so oft perfekt an die musikalische Linie und an die Stimme des Partners (sonst auch oft an die der Partnerin) anpasst, ja fast anschmiegt.


    2. In der Aufnahme mit Robert Hutt, der einen etwas kräftigeren Tenor hatte, und Heinrich Schlusnus ist dieser Eindruck bei mir auch noch vorhanden, aber bereits schwächer.


    3. Der Aufnahme mit Richard Tucker und Carlo Tagliabue würde ich jede unterschwellige Erotik absprechen, was meiner Meinung nach jedoch vor allem an den aufgesetzten Schluhuchzern Tuckers liegt, die dieses wunderbare Duett in dieser Einspielung für mich kaputtmachen.


    Das, was ich meinte, herauszuhören, gilt in diesem Fall also in erster Linie für eine Aufnahme. Könnte es auch im Bereich der Frauen-Duette vielleicht so sein, dass man aus einer besonders geglückten Aufnahme eben durch die Verschmelzung der Stimmen etwas heraushört, was vielleicht gar nicht darin ist? ?( DAs frage ich mich jetzt wirklich!


    :hello: Petra