Gestattet mir, obwohl ich mich seit Jahren aus dem Forum zurückgezogen habe, ein paar Gedanken ...
Der aktuelle Thead ist für mich ein treffliches Beispiel für das Rechtfertigen des aktuellen Status Quo. Dem Forumsbetreiber - Vorsicht: Vermutung - scheinen die Gründe, warum User nach und nach das Forum verlassen, sowie der Zustand des Forums recht egal zu sein. Hauptsache, das "Niveau" des eigenen Hauses wird hoch- bzw idealerweise noch höher gehalten. Für mich gab es zahlreiche Gründe, die mir die Teilnahme am Forum zunehmend vermiest hatten ... und bis heute haben.
In den Anfangsjahren, und in der Zeit, in der ich zum Forum gestossen war, gab es eine Vielzahl an Teilnehmern aus allen "Schichten" ... Kapazitäten, Fachleute, gefühlte Fachleute, Vielschreiber, Bilderklicker und die weite Gruppe "wissender Laien", die über das diskutieren wollten, was ihnen Spaß macht: Musik. Klassische Musik. Es wurde über Musik gesprochen, über Interpretationen (eher geschmacks- denn philosophieorientiert) und die genannten Fachleuten waren immer für klasse Beiträge und Einordnungen gut. Ich konnte viel lernen und mein Focus hat sich dank Tamino verändert. Es wurde bisweilen gestritten, sich zusammengerissen und die Forumsleitung schwankte zwischen unvermögenden Unverständnis und dem Willen, den Laden zusammenzuhalten. So weit, so gut ...
Irgendwann änderte sich das (für mich) ... die großen Themen waren irgendwann irgendwie "durch"... man wusste, ob Karajan nun ein "Guter" war oder Karl Böhm und all die anderen nicht doch nen Ticken "besser" waren ... die Diskussionen pro/contra Regietheater waren für beide Seiten aufschlussreich - schlicht weil die eigene Sichtweise zementiert wurde. Die Grabenkämpfe HIP/nicht-HIP sind ausgefochten; alle Künstler waren in ihre Schubladen gepackt. Die Claims waren abgesteckt. Und zunehmend zementiert. Das geläufige Angebot an verfügbarem "Futter" war besprochen und zum Schluss drehte es sich nicht unoft darum, ob nun in einer Aufnahme die Pauken trefflich rüberkamen. Das war dann bisweilen schnell für einige das Maß aller Dinge in Sachen Interpretationsqualität ... "tolle Pauken gleich tolle Interpreation". Das Forum wurde langweilig.
Zunehmend empfand ich das Forum - durchaus unter Zuhilfenahme der Forumsleitung - als nach "oben" abdriftend. Da wurden zunehmend Beiträge auf ein professionell-wissenschaftliches Niveau gehoben und Beiträge, die dem nicht das Wasser reichten, wurden (und werden!) von ober herab behandelt und bisweilen als ungebildet bezeichnet. Philosophie war quasi Pflichtfach geworden, um bei Tamino mitreden, bzw. mithalten, zu können. Ich empfinde die Penetranz, mit der hier Musik für Liebhaber ausschließlich aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet (und die Tatsache, dass die größte Fangemeinde sich der Musik eher emotional und als Genuss goutiert) wird, schlicht arg. Da wird gefeilscht, gerechtfertigt, verteidigt ... immer schön von oben herab. Es hat schon seinen Grund, warum so viele Liebhaber klassischer Musik das Weite suchten. Exzentriker, denen das eigene Geschriebene das Maß aller Dinge zu sein scheint und sich an Ihren Monologen ergötzen können, scheinen das gefühlte Maß aller Dinge zu sein. Das eigene Kleinreden, verbunden mit dem obligatorischen sich-betteln-lassen-wenn-man-nur-sein-aufgeben-signalisiert fühlen sich für mich schlicht peinlich an. Mögen mir die sich erkannt Fühlenden verzeihen ... es ist schlicht meine Empfindung - seit Jahren.
Wie viele tolle Leute kamen in den vergangenen Jahren zum Forum ... und wie viele davon wurden vom Forums-Establishment wieder weggebissen. Die Forumsleitung vermittelte da nur halbherzig; die Zugpferde hatten und haben dauerhaften Welpen bzw Bestandsschutz.
Die Themen, die bei Tamino heute bedient werden, sind (wen wundert es) zunehmend Rand- und Nebenthemen, in denen (vorsicht, meine Empfindung!) krampfhaft nach Futter gesucht wird, um überhaupt mitreden zu können.
Aber natürlich gibt es auch immer wieder lesenswertes. Nicht umsonst lese ich seit meinem Weggang mehr oder regelmaßig mit. Aber ein echtes breitgefächertes Diskussionsforum, in dem sich Liebhaber über ihre Leidenschaft auftauschen (können), ist Tamino nicht mehr. Die Themen sind durch. Wenn dem Betreiber reicht, ein (aus der Vergangenheit gespeistes) Kompendium teils hochkarätiger Beiträge zu verwalten, ist das ok. Liebhaber wird es vermutlich kaum mehr generieren.
Vezeiht mir mein vielleicht unreflektiertes Reingrätschen, aber der aktuelle Thread schreit geradezu danach. Aber das solls auch schon gewesen sein. Versprochen.