Beiträge von ben cohrs

    Leider stehen, soweit ich weiß, zur Zeit keine weiteren Aufführungen unserer Aufführungsfassung des Finales an. Einzige Neuigkeit in Sachen Finale ist die verspätete Uraufführung des Auftragswerkes vom Linzer Brucknerfest an Heinz winbeck. Er hat nun allerdings doch nicht ein ganz neues Finale unter nicht-Berücksichtigung der Originalskizzen geschrieben (was einigermaßen beruhigt), sondern eine der üblichen "Dialoge eines Komponisten mit dem Material". Das neue Werk erklingt auch zu Anfang des Konzertes ...

    Liebe Forianer - nur um einige Gerüchte richtigzustellen:


    In der Tat bekam ich im letzten Jahr eine Anfrage von Marius Stieghorst, Kapellmeister in Osnabrück, der sich für das Finale interessierte; er würde Bruckners Neunte Ostern 2009 in Osnabrück aufführen.
    :jubel:


    Ich sandte ihm Infomaterial und CDs; er versprach, sich bis letzten Herbst wieder bei mir zu melden. Dann habe ich nichts mehr von ihm gehört, bis ich im März endlich einmal selbst nachfragte. Daraufhin kamen die üblichen Ausreden -- zu langes Programm (es stand noch Wagners Parsifal-Vorspiel und Karfreitagszauber auf dem Programm); Angst um die Kondition der Blechbläser usw. So erfolgte die Aufführung in der Tat ohne Finale.
    :no:


    Eine Erklärung dafür, warum man mir dies nach dem anfänglichen Interesse nicht mitteilte (geschweigedenn eine Entschudigung für diese Oberflächlichkeit) bekam ich nicht. Stattdessen ließ Herr Stieghorst ohne Kommentar meine CDs von seiner Sekretärin an mich zurückschicken.
    :kotz:


    Meinen Presserecherchen zufolge handelt es sich um einen aufstrebsamen jüngeren Mann. Typische Maestro-Verhaltensweisen zeigt er jetzt schon ...
    :untertauch:


    Zur Zeit stehen leider keine weiteren Aufführungen des Finalsatzes an.

    Bei Tempi muß man immer fragen "bezogen auf was?". Das betrifft bei Bruckner insbesondere die reale harmonische Bewegung und die kleinsten Notenwerte. In der Einleitung zur Fünften dominieren ungeachtet der zupfenden Bässe Ganze und Halbe; mit dem alla breve macht Bruckner den Bezug der Tempo-Angabe auf die Halben eigentlich unmißverständlich klar.

    Giulinis Neunte mit den Wienern: Elend langsam, und vom Ergebnis weit mehr die Art des Orchesters, die Neunte in ihrer ureignen Tradition zu spielen (böse gesagt: ihren eigenen Stiefel zu machen), als das gestalterische Wirken des Dirigenten. Seine NACH diesem Konzert entstandene Arbeit mit dem RSO Stuttgart, auch auf CD nebst einem verfilmten Proben-Mitschnitt halte ich da für weitaus signifikanter und überzeugender.
    Aber de gustibus...
    :untertauch:

    Hallo Roman: Das "sehr langsam" im Adagio der Fünften bezieht sich ausdrücklich auf das vorgezeichnete Alla breve, wie auch in der Introduktion ds ersten und letzten Satzes. Zur Frage der Tempi in der Fünften empfehle ich den Aufsatz von Hans Swarowsky in "Wahrung der Gestalt. Gesammelte Schriften von Hans Swarowsky, herausgegen von M. Huss" (Universal Edition, auch als Taschenbuchausgabe über zvab.com aniquarisch zu bekommen).

    Der Titel beinhaltet übrigens ein Wortspiel:
    "Nového svta" (neue Welt) nannte man schon zu Dvoraks Zeiten ein Viertel in Prag, und Dvorak meinte einmal, jeder, der ihn kenne, wisse, was damit gemeint sei ...
    Die Kertesz-Aufnahme ist übrigens auch noch sehr gut.

    Hi Christian! Hast Du nie gegoogelt? Bei Operone fand ich z. B. folgenden Ausschnitt aus der Biographie Bizets:


    "1857 gewann er nicht nur den Rompreis, sondern teilte sich auch mit Charles Lecocq in den von Offenbach gestifteten Preis für eine einaktige Operette. So erlebte Bizet vor seiner Abreise nach Rom, daß sein erstes Bühnenwerk, Le Docteur Miracle (Libretto: Léon Battu und Ludovic Halévy), am 9. April 1857 in den Bouffes-Parisiennes aufgeführt wurde. Am 21. Dezember desselben Jahres ging er nach Rom, wo er am 27. Januar 1858 eintraf. Der eigentliche musikalische Ertrag seines Italienaufenthalts war viel weniger wichtig als die Erweiterung seines kulturellen und künstlerischen Horizonts. Zwar wissen wir aus seinen Briefen von Plänen für Opern, sinfonische Werke und Kantaten; vollendet hat er aber in Italien nur drei Werke: ein Te Deum, das nie aufgeführt oder veröff. worden ist, Don Procopio, eine opera buffa (1858-59 geschrieben), und Vasco da Gama, eine sinfonische Ode (1860). Don Procopio, dessen Libretto und Musik Donizettis Don Pasquale sehr ähnlich sind, hatte ital. Text, zu dem Bizet absichtlich ital. Musik schrieb. Die Oper ist zwar nicht sehr eigenständig, aber geschickt, melodisch, voller Vitalität und zeigt nichts von dem Gounodschen Einfluß, der in den schwächeren Teilen des Vasco da Gama so deutlich zutage tritt. Diese sinfonische Ode ist nach dem Vorbild von Félicien Davids Le Désert gearbeitet. Zwar ist die Musik großenteils handwerksmäßig, aber das Werk zeigt, wie sehr die Forderungen des Lokalkolorits und die Möglichkeit dramatischer Behandlung Bizets Phantasie anfeuerten, und ist dadurch von Bedeutung für seinen Werdegang."


    Im Werkverzeichnis von Winton Dean ist das Werk als WD 124 katalogisiert.
    Vgl. auch der Wikipedia-Artikel über Bizet.


    Bei einer anderen Website finden wir:
    Titel: Vasco da Gama
    Untertitel: Ode-Symphonie nach Louis Delâtre
    Entstehungszeit: 1859-60
    Uraufführung: 8. Februar 1863
    Erstdruck: Paris: Choudens, 1880
    Opus: WD 124: »Vasco da Gama«, Ode-Symphonie


    Die Arie "Ouvre ton coeur" daraus gibt es auf verschiedenen CDs.
    Hören kannst Du sie unter hbdirectPUNKTcom/album_detail.php?pid=990158
    Aktuell gibt es diese Aufnahme mit Joan Sutherland auf der Veröffentlichung The Originals - Joan Sutherland - Romantic French Arias
    mit Orchester (unter Richard Bonynge)
    Decca, CD Nr. DEC B000897702


    Nur eine Gesamteinspielung konnte ich nicht finden. Aber das ist bei Bizet noch vieles im Argen.

    Der Fairneß halber muß noch dazu gesagt werden, daß die "Londoner Fassung" nur aus dem großen Band der Gesamtausgabe I/5 explizit hervorgeht; die Studienpartitur enthält jedoch lediglich die neu edierte Letztfassung und nicht die alternativen Seiten der "Londoner Fassung". Der Revisionsbericht zur Partitur mit allen Details ist auf der Breitkopf-Homepage (breitkopf.com) als Download verfügbar.

    Es handelt sich hier um die Ausgabe der Sinfonie von Thomas Schmidt-Beste im Rahmen der Leipziger Mendelssohn-Ausgabe (Breitkopf und Härtel).
    Bei der "Londoner Fassung" handelt es sich um eine Arbeitsphase, die kurz nach der Leipziger Uraufführung erfolgte, hinsichtlich der Aufführung im Juni 1842 in London. Freilich hat Mendelssohn auch nach dieser Londoner Aufführung weiter an dem Werk gefeilt. Es handelt sich also lediglich um eine "Zwischenfassung", die man nur festhalten kann, weil inzwischen eine Abschrift davon zugänglich wurde... Es ist halt so, daß im Mendelssohn-Jahr diverse sogenannte kritische Ausgaben miteinander konkurrieren. Schon aus Marketing- ud Copyrights-Gründen möchte jeder Herausgeber was neues herausbringen. Der Kunde hat nurmehr die Qual der Wahl, und in der Tat ist mancher Etikettenschwindel dabei ...

    Es ist neuerdings eine seltsame Mode und wohl eine Begleit-Erscheinung des Gedenkjahres, das immer neue Fassungen von Mendelssohns Werken auftauchen.
    :D


    Tatsache ist: Mendelssohn war als Dirigent eben auch Interpret seiner eigenen Werke und hat anlässlich verschiedener Aufführungen viele Werke immer wieder umgearbeitet, mitunter auch nur auf andere klangliche Verhältnisse angepaßt (z. B. das größere Londoner Orchester gegenüber dem damals nur kleinen Gewandhausorchester) - ein Stapel von Quellen mit immer neuen, widersprüchlichen Angaben (insbesondere auch Tempo-Änderungen und fallweise immer neue Metronom-Angaben).
    :no:


    So hat der Dirigent nunmehr die Qual der Wahl - bei der Hebriden-Ouvertüre etwa zwischen den von Christopher Hogwood herausgegebenen Fassungen Rom 1830 und London 1832 mit jeweils zwei Untervarianten, also vier Fassungen im Stimmenmaterial und eine praktisch nicht zu gebrauchende Dirigierpartitur -- ob Mendelssohn mit so etwas gedient ist?
    :stumm:



    Hogwood dirigierte kürzlich in Bremen die Rom-Fassung der "Hebriden", und mein Eindruck war, Mendelssohn war in diesem Fall mit der Umarbeitung bestens beraten... In anderen Fällen ist das anders. Die nicht zuende geführte Revision der "Italienischen", die J. E. Gardiner eingespielt hat, wirkt beispielsweise auf mich weniger schlüssig als die bekannte, bisher gespielte Erstfassung.
    :untertauch:

    Ich bin selbst auch mit den langsameren Bruckner-Aufführungen groß geworden und kann das im Prinzip verstehen.
    Allerdings bin ich im Laufe der Jahre mit vertiefender Erkenntnis (25 Jahre Umgang mit Bruckner-Partituren und -Autographen) immer mehr von verschleppten Tempi abgekommen.
    Ich glaube, das ist auch eine Frage des Aufführungs-Stils:
    Da Bruckners Partituren unglaublich Detail-reich sind, braucht der Hörer subjektiv Zeit, um so viel wie möglich davon zu erfassen.
    Andererseits hat sich in den letzten 60 Jahren ein Stil breit gemacht, durch Dauer-Vibrato, Dauer-Sostenuto und Ausdrucks-Überladung jedes Details Bruckner immer mehr zu verdicken; infolgedessen wurden die Tempi immer langsamer. Ein Teufelskreis.

    ...interessant, zu welche Spekulationen diese CD hinzureissen vermag.
    Andrerseits gibt es meines Wissens noch keine einzig umfassende quellenkundliche Untersuchung und Publikation des gesamten Skizzenbestandes.
    Oder ist mir da etwas entgangen?
    :no:

    Lieber Rolo: Norrington ist nicht der einzige, der ein zügiges Tempo anschlägt.
    Sogar der von mir sonst nicht sonderlich geschätzte Leon Botstein kam zu einem ähnlichen Ergebnis, und einige historische Aufnahmen (Kabasta, Ormandy, Horenstein) brauchen zumindest nicht viel mehr als 17 Minuten.
    :yes:


    Wenn Du persönlich den Satz lieber im "Andante" heruntergeschleppt hören möchtest, bitte, gern, de gustibus.
    :jubel:


    Nur eine provokante Frage: Angenommen, es gäbe keine einzige Aufnahme des Werkes, in denen der Satz länger als 18 Minuten dauert, und Du hättest schlicht keine Möglichkeit einer Hörerfahrung des Satzes in langsamem Tempo gehabt ...?
    :untertauch:

    Manfred Wagners Büchlein ist inzwischen 25 Jahre alt und wird Dir nicht viel sagen. Es ist in der Tat recht kurz und ziemlich allgemein gehalten...
    Wenn Du alle Fassungen vergleichen willst, empfehle ich die SonArte Box mit Johannes Wildner, zu der ich das Booklet verfaßt habe. Sie enthält alle drei Fassungen sowie das Adagio 1876.

    Die beste Empfehlung, die mir einfällt:


    Thomas Roeder: Auf dem Weg zur Bruckner-Symphonie
    Gebundene Ausgabe: 232 Seiten
    Verlag: Steiner Franz Verlag (Januar 1998)
    ISBN-10: 3515045600
    ISBN-13: 978-3515045605


    Dieses Buch ist nicht identisch mit dem kritischen Bericht zu allen Fassungen, den der gleiche Autor in der Gesamtausgabe vorgelegt hat.
    Derzeit ist es vergriffen, aber vielleicht bei zvab.com zu finden.

    Hat zufällig jemand die Rezension des Konzertes aus den "Stuttgarter Nachrichten" ("Norrington dirigiert Bruckner")? Ich wäre dankbar um Zusendung per PN.
    :hello:
    Neuerdings sind solche Artikel ja schon im kostenpflichtigen Online-Archiv verschwunden, ehe Google sie überhaupt entdecken kann.
    :angry:
    Kennt jemand zufällig eine bessere Suchmaschine für Zeitungsartikel?
    :no:

    Hingewiesen sei nochmals auf die Live-Übertragung des Konzertes von Roger Norrington am 26. 9. aus der Liederhalle Stuttgart auf SWR II, 20.03. Das Konzert gestern war einfach hinreißend. Ich habe die Siebente noch nie so flüssig, zugleich innerlich glühend gehört. Wer immer schon einmal wissen wollte, wie der Kopfsatz im richtigen Allegro moderato Tempo klingt (und etwa 15.30 dauert), sollte die Sendung nicht verpassen.


    Ein Erlebnis war auch Haydns Sinfonie Es-Dur Nr. 103. Ich habe noch nie einen besseren Haydn gehört. Norrington hatte sogar ein Fortepiano aufgeboten.

    Liebe Bruckner-Fans:
    Aus gegebenem Anlaß erlaube ich mir, auf die beiden Aufführungen der Siebten Bruckners mit dem RSO Stuttgart unter Roger Norrington hinzuweisen, der das Werk meines Wissens erstmals dirigiert.
    Die Konzerte sind am 25. und 26. 9. um 20 Uhr in der Liederhalle. Ich halte dazu jeweils um 19 Uhr die Einführung. Das Konzert am 26. wird live im Radio übertragen. Vielleicht kommt ja der ein oder andere Stuttgarter Taminoaner? Dann bitte zu mir kommen und sich zu erkennen geben!