Beiträge von brunello

    Also wahnsinnig interessant ist der Spielplan der kommenden Saison für mich ja wirklich nicht. Dass die (auch relativ) zeitgenössische Oper fehlt - angeblich kommt aber in der letzten Saison des Hausherren noch eine Uraufführung - und die Zeit vor Mozart nicht existent ist, wurde ja schon geschrieben. Aber auch das bestehende Reservoire an Werken wird nicht genutzt. Dabei gäbe es genügend noch nicht zu Tode gespielte Inszenierungen von interessanten Werken im Depot. Und sage mir niemand, eine "Frau ohne Schatten", eine "Cosi", ein "Fidelio" und, und, und wären unbesetzbar. Und das angeblich beste Opernhaus der Welt kann ganz ohne echte Belcantooper auskommen - wo bleibt wenigstens EIN Bellini oder "großer" Donizetti.


    Natürlich vermisse ich in der Ankündigung auch ein paar Sänger- und Dirigentennamen. Es ist schon richtig, dass viele Persönlichkeiten nur kommen, wenn es für sie eine Prmiere gibt (oder wenigstens eine geprobte Wiederaufnahme). Aber das legendäre Repertoiresystem gibt es an der Staatsoper schon lange nicht mehr, denn auch hier hat die Semistaggione mit ihren Blöcken von fünf bis sieben Aufführungen in kurzer Zeit längst Einzug gehalten (schon vor der jetzigen Direktion, von dieser aber perfektioniert).


    Wir sind in Wien aber in der glücklichen Lage, innerhalb der Stadt auf andere Musiktheater ausweichen zu können - die Volksoper, das Theater an der Wien, die Kammeroper und noch ein paar weniger prominente Gruppen. Viele der fehlenden Werk werden hier gespielt und das häufig in nicht nur passabler szenischer und musikalischer Qualität. Im Hof der Rossauer Kaserne habe ich in den letzten Jahren "Ernani" oder "Corsaro" durchaus hörenswert erlebt, die Volksoper bietet einen mehr als achtbaren "Evangelimann" (und in der kommenden Saison eine Oper von Krenek !), das Theater an der Wien füllt einige der von der Staatsoper geöffneten Nischen (zuletzt etwa "Medee" und in der kommenden Saison "Turco in Italia") und wird vielleicht deshalb vom Staatsoperndirektor ständig madig gemacht.


    Fairy Queen hat Recht - wir sind in Wien privilegiert. Vielleicht nicht unbedingt wegen der Staatsoper, aber ganz sicher wegen der Leistungen der Opernhäuser insgesamt.


    So - jetzt warte ich auf die Watschen der hardcore Staatsopernverteidiger.


    Michael 2


    PS: Wer kritisert mit mir die Tatsache, dass ALLE Häuser gleichzeitig im Sommer (Touristenzeit) geschlosen haben, damit Chor, Orchester und Solisten ihren verdienten Urlaub als Mitwirkende bei diversen Festspielen genießen.



    Also bei Verdi würde ich (sehr subjektiv) dieser Aussage nicht zustimmen. Da erinnert er mich in seiner Art des Singens doch zu sehr an FiDi - und der war bei aller Wertschätzung - wahrlich kein großer Verdi-Bariton (nicht nur im Vergleich zu Gobbi oder Bastianini etwa). Sein Padre Germont hat mich schon in der legendären (?) Produktion der Salzburer Festspiele nicht begeistert (noch weniger als A.N., von der ich bekanntlich kein Fan bin) und er ist seither nicht kompetenter für das italienische Fach geworden.
    Was seine Leistungen bei Mozart und vor allem als Liedinterpret nicht schmälert !


    Michael 2

    Da in der Wiener Volksoper in der kommenden Saison "DER VETTER AUS DINGSDA" Premiere haben wird (da einzelne Solistenproben schon am Probenplan stehen, darf - obwohl noch nicht offiziell - das Vorhaben schon angekündigt werden), möchte ich mich entsprechend vorbereiten (ich kenne diese Operette absolut nicht). Beim googeln habe ich aber nur Querschnitte gefunden.


    Hat, liebe Taminos oder Paminas, jemand eine Gesamtaufnahme, die er/sie mir überspielen kann ?


    mit Dank im Voraus
    Michael 2



    Hallo Peter,
    da du kein PN empfangen kannst, melde dich bitte direkt bei mir. Zu diesem Thema würde ich gerne außerhalb des Forums mit dir reden. Syrinx hat da schon sehr Richtiges angesprochen.


    ein herzhaftes SHALOM
    Michael 2

    Zu ihrem 10. Todestag wurde heute im Theatermuseum in Wien eine kleine aber hervorragend kuratierte Ausstellung über Leonie Rysanek eröffnet. Rund um sieben Rollen (verkörpert durch Originalkostüme - u.a. Sieglinde aus Bayreuth, Medea von Arik Brauer und natürlich Kaiserin) wird die Karriere dieser bedeutenden in Wien geborenen
    Künstlerin noch einmal in die Gegenwart gehoben.
    Leonie Rysanek debütierte 1949 in Innsbruck und war eine der wichtigsten Sängerinnen der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera, in München und Berlin sowie bei den Festspielen in Bayreuth. Zu ihren bedeutendsten Rollen zählen Sieglinde, Senta, Elsa (alle auch in Bayreuth), Tosca, Ariadne, Amelia (Maskenball), Aida, Lady Macbeth (an der Met 1959 als Einspringerin für die Callas !) Salome und natürlich die Kaiserin in der Frau ohne Schatten (in dieser Rolle hat sie bis heute keine gleichwertige Nachfolgerin gefunden). Sie sang unter allen bedeutenden Dirigenten ihrer Zeit und war Partnerin der wichtigsten Sänger.
    WienerInnen und Gäste sollten sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen.


    Michael 2

    Zitat

    Original von Harald Kral
    +++ Putin ehrt Netrebko +++



    LG


    In aller gebotenen "Demut" - dafür ist Frau Netrebko die Staatsbürgerschaft der Republik Österreich nachgeworfen worden !? Für die Nichtösterreicher im Forum - unser Staatsbürgerschaftsrecht ist eines der restriktivsten innerhalb der EU und zahllose Personen, die in Österreich ihren Lebensmittelpunkt haben - also hier leben und Steuern zahlen, aber leider nicht prominent (Sportler, Künstler) sondern einfach "normal" arbeitende Menschen sind, werden davon ausgeschlossen.
    Sorry. Ich weiss, das ist ein kunstbezogenes und prinzipiell unpolitisches Forum. Dieses Posting ist mir dennoch ein Bedürfnis.


    Michael 2

    Also ich finde in den meisten Operetten der (wiener) goldenen oder silbernen Operettenära die Duette zwischen Tenor und Sopran viel schöner als die reinen Arien (bei den Duetten werde sogar ich häufig sentimental).
    Die "Fledermaus" bietet ja zwei klassische Sopranpartien (Rosalinde und Adele), die beide mit dankbaren Arien ausgestattet sind und zu den Highlights des jeweiligen Faches gehören. Ich erweitere die Liste daher um
    "Klänge der Heimat" - Csardas der Rosalinde im 2.Akt der Fledermaus
    "Mein Herr Marquis" - Arie der Adele im 2. Akt der Fledermaus


    viele Grüße aus der Operettenstadt
    Michael 2


    Beim Eingeständnis, dass du mit französischer Musik an sich wenig anfangen kannst, haben sich meine Emotionen wieder etwas abgekühlt. Über Geschmack und/oder Vorlieben braucht man nicht zu diskutieren.
    Sonst muss ich Fairy Queen aber vollinhaltlich zustimmen. Vor allem bis zum früheren 20. Jahrhundert sind Sprachfarbe und Musik aufeinander abgestimmt. Und natürlich ist es auch richtig, dass es - für meine Ohren insbesonders bei den Männerstimmen - auch einer speziellen Gesangstechnik und Stimmfärbung bedarf, damit die Werke optimal klingen. Ich bin jetzt natürlich sehr subjektiv, aber ich würde beinahe jede Wette eingehen, dass auch dir "Werther" personifiziert von George Thill oder Alfredo Kraus oder Nicolai Gedda eher gefällt, als mit einem der heutigen stilistisch austauschbaren, weil immer "italienisch" singenden Tenöre.


    viele Grüße
    Michael 2

    Mitte der 70er Jahre gab es in Graz eine Produktion von "La Sonnambula" (Inszenierung: Alfred Woppmann) unter der Leitung von Argeo Quadri mit der noch jungen Sona Ghazarian (die damals als große Zukunftshoffnung galt; leider konnte sie das Versprechen nicht ganz einlösen), einem traumhaften Adolf Dallapozza (der für kleine Häuser ein wunderbarer Tenor war und seinem Stammhaus, der Wiener Volksoper, immer treu geblieben ist) und Giovanni Gusmeroli. Davon gab es sogar eine Übertragung im ORF (besitzt jemand diesen Mitschnitt ? für eine Kopie wäre ich dankbar).
    Damals habe ich mir die Callas-Bernstein-Aufnahme aus der Scala zum "Einhören" gekauft und bin seither dieser Oper verfallen.



    Michael 2

    Als ich noch zu Schulzeiten zur Aufbesserung des Taschengeldes ab und zu in der Volksoper statierte, sprachen die Komparsen respektlos vom „Land des Röchelns“. Und immerhin standen damals Kaliber wie Rudolf Schock, Rudolf Christ oder der damals junge Adolf Dallapozza auf der Bühne. Nun, geröchelt wurde bei der gestrigen Premiere von Franz Lehar`s „Das Land des Lächelns“ an der Wiener Volksoper nicht, aber wirklich sesselreißend waren die stimmlichen Leistungen auch nicht. Auch wenn der Beifall nach dem Schlussvorhang einen großen Erfolg suggeriert.
    Seit Mai 1999 stand die chinaorienterte Herz-Schmerz-Operette nicht mehr am Spielplan des Hauses und eine Neuinszenierung war also mehr als überfällig. Die Direktion legte die aktuelle Produktion in die Hände von Beverly Blankenship (Regie), Heinz Hauser (Bühnenbild), Elisabeth Binder-Neururer (Kostüme) und Allen Yu (Choreographie). Dieses Team vermeidet zwar jegliche „Staubinszenierung“ und arbeitet mit viel Symbolik, einer zeitgemäßen Deutung gehen sie aber ebenso erfolgreich aus dem Weg. Was übrig bleibt ist ein billig wirkendes Nichts, das dem Premierenpublikum hörbar gefiel und sich vermutlich längerfristig im Repertoire behaupten kann. Wenn das angestrebt worden ist, was man vermuten kann, dann ist der Plan aufgegangen. Das Palais des Graf Ferdinand Lichtenfels ist nur angedeutet – im Zentrum steht ein Klavier, auf dem sich Lisa lasziv räkelt; eine wintergartenartige Veranda ist durch ein Gitter angedeutet, das später in Peking wieder zitiert wird und dann offenbar die gefangenschaftsähnliche Enge des chinesischen Lebens symbolisieren soll, viel Trockeneis wird auf die Bühne geblasen, die chinesischen Berge und Bäume sind auf den Bühnenhintergrund gepinselt und können in der Landschaft so ähnlich auch wirklich erlebt werden (das kann ich aus eigenem Erleben bestätigen) – nicht aber in Peking, ein paar Klischees – Buddha-Statue, Drachentanz, geschwungene Stoffbahnen, ... – dürfen auch nicht fehlen. Nicht Fisch und nicht Fleisch. Wirklich störend aber sind zusätzlich eingeführte Figuren, die kommentierend durch den ganzen Abend ziehen.
    Dass die Volksoper weder über einen auch nur annähernd idealen Operettentenor und noch weniger über eine Diva verfügt, trübt viele Operettenabende des täglichen Repertoires. Noch mehr aber das Vergnügen an einer Premiere. Ki-Chum Park, als Sou-Chong aus Deutschlnd an den Währinger Gürtel geholt, verfügt über wenig stimmlichen Schmelz und rettet sich häufig in Lautstärke, setzt aber damit vermutlich das musikalische Konzept von Sascha Goetzel um, der bei seinem Dirigat den Militärkapellmeister Lehar hervorhebt. Und auch Ursula Pfitzner ist für die Lisa von der Idealbesetzung weit entfernt und war zumindest gestern auch stimmlich mit schrillen Höhen in suboptimaler Verfassung. Da war das zweite Paar schon deutlich besser. Thomas Sigwald wäre bei einer anspruchsvolleren Regie ein durchaus auch sehenswerter Gustl; die Mi der Johanna Arrouas ist der eigentliche stimmliche Höhepunkt des Abends. Heinrich Schweiger als Graf Lichtenfels und Onkel Tschang spielt rollengerecht, Gerald Pichowetz wird als General und Obereunuch zu teilweise peinlicher Outrage vergattert, fünf junge Mädchen sind nicht nur als Lisas Freundinnen sondern ab dem zweiten Akt vor allem als undefinierbare Kommentatorinnen in jeder Weise einfach peinlich.
    Der gutstudierte Chor hat nicht viel zu tun, das Ballett zeigt sich operettensicher, zahlreiche Komparsen mimen eine (zeitlich und regionalunpassende) Tonkriegerarmee, sauber und engagiert diesmal das Orchester.
    Lauter Jubel, dem Publikum hat es gefallen – mir weniger.


    Michael 2

    Zitat

    Original von Felipe II.


    Rydl ist also nicht mehr der große Hit mittlerweile?


    Liebe Grüße :hello:



    In aller gebotenen Subjektivität - ich höre Herrn Rydl seit gut 30 Jahren in zahllosen Rollen und Aufführungen an der Staatsoper. Aber für mich war er nie der große Hit; nicht einmal der zweitgrößte. Und der letzte Sarastro, den ich von ihm in der Volksoper gehört habe (vergangenes Jahr) war nahe daran, die Grenze der Peinlichkeit zu überschreiten X(. Das waren bloß marginale Reste einer einstigen Stimme.


    Michael 2

    Spät - aber doch - gibt es einen kurzen Bericht über diese wirklich gelungene Produktion von "Mesdames de la Halle" (und ich hoffe, auch noch ein paar Bilder). Ich habe den Ausflug von Paris nach Lille in keinster Weise bereut und sage bei dieser Gelegenheit ein öffentliches DANKE für die gewährte Gastfreundschaft.


    Da in voranstehenden Beiträgen schon viel über das Werk und vor allem auch den Inhalt geschrieben worden ist, kann ich mir eine Wiederholung ersparen. Nur so viel - im Gegensatz zu anderen Werken Offenbachs steht in diesem Werk weniger die Kritik der politischen Verhältnisse offen im Mittelpunkt (wenngleich sie natürlich auch erkennbar ist), als eine Karikatur der Kleinbürger und der sie repräsentierenden Figuren. Die Besetzung der Produktion hält sich offenbar an die Uraufführung (siehe einen vorhergehenden Eintrag von Fantasio), was zum einen der Aufführung eine gewisse Ursprünglichkeit verleiht und zum anderen den Witz hervorhebt und unterstreicht. Ohne dass die drei titelgebenden Marktfrauen - dargestellt von Männern - auch nur einen einzigen Ton singen, und der Gesang wird zum Teil gewollt "schräg" verfremdet, kommt hintergründiger Humor auf.
    Gesungen wird auf durchaus achtbarem Niveau auch im Chor, einzig die Sängerin der Ciboulette fällt ab (die ist aber auch kurzfristigest wegen Erkrankung der Originalbesetzung eingesprungen und entzieht sich daher der Kritik; ihren nur genannten Namen - im Programm steht die Originalbesetzung - habe ich auch vergessen). In der im Programm genannten Reihenfolge: Xavier de Laroche Lambert (Madame Madou), Henri Salvaire (Madame Beurrefondu), Patrick Ferrette (Mademoiselle Poiretapée), Marie-Hélène Blondeau (La marchande de plaisir), Francois Burie (Le marchand de marée), Maria de Padova (La marchande de chapeaux), Frédéric Millet (Le marchand de pois verts), Francois Mulard (Le commissaire), Gérard Dumont et Alain Haas (deux grenadiers de la Garde), Denis Mignien (Raflafla - eine hörenswerte tenorale Karikatur eines Tamburmajor, Mathilde Cardon (Croute-au-pot - liebenswert und schön singend in einer Hosenrolle als jugendlicher Liebhaber).
    Unter der Leitung von Guy Mignien (Regie) und Valérie Uriot (Choreographie) sang und spielte ein buntes Ensemble seinen Offenbach, so wie man sich das vorstellt und wünscht. Da wurden alle erdenklichen Klischees bedient - und das ist absolut positiv gemeint. Die orchestrale Seite lag in den Händen des Orchestre de Chambre d´Hellemmes, das in marginalisierter Besetzung (jeweils ein Instrument für jede Gruppe) unter der leitung von Jean-Francois Droulez mehr als ambitioniert spielte.
    Ich denke, dass diese Umsetzung der Opéra-Bouffe in einem Akt werkgetreuer war (was auch immer unter diesem so oft missbrauchten Begriff zu verstehen ist), als es in vielen "großen" Produktionen der Fall ist. Vor allem der Witz und die Spielfreude aller Beteiligten bis hin zu Kleinstdarstellern und Ballett trugen wesentlich zum Erfolg bei. Dass ich den Ihalt des Stückes auch ohne kenntnis der französischen Sprache in groben Zügen verstanden habe, spricht für die Arbeit vor und auf der Bühne. Bravo !

    Als Pina Bausch 1975 "Orpheus und Eurydike" im Tanztheater Wuppertal schuf, verwies sie deutlich auf die in der Tradition des Barock liegenden Wurzeln dieser Oper - Musik, Tanz und Gesang als gleichberechtigtes Gesamtkunstwerk. An der Pariser Oper wurde diese Produktion erstmals 1993 gezeigt, 2005 mit dem hauseigenen Ballett einstudiert und jetzt unter der Leitung von Pina Bausch mit vier Wochen Probenzeit wieder aufgenommen.
    Zur Umsetzung des Konzeptes bedarf es starker Personen. Nicht nur, weil die Szene beinahe ohne Dekorationen und im letzten Bild ganz ohne auskommt. Sondern vor allem auch, weil die Saengerinnen neben den Tanzern nicht untergehen sollen.
    Das gelingt im Palais Garnier, der alten Oper im Zentrum von Paris, nur bedingt. Zwar gibt es, weil beinahe jeden Tag gespielt wird, zwei Besetzungen in jeder Rolle (und bei den Taenzern sogar drei), die konnten aber unterschiedlicher nicht sein. Und zwar nicht nur in stimmlicher Hinsicht, sondern vor allem auch was die Persoenlichkeiten betrifft.
    Dieser "Orpheus" wird in Paris als Ballett angesetyt und scheint auch im eigentlichen Opernspielplan nicht auf. Fuer einen Grossteil der Besucher steht daher auch der Tanz im Mittelpunkt des Intereses und die Taenzer sind die eigentlichen Stars des Abends. Das ergibt aber auch Rahmenbedingungen, mit denen Opernsaenger erst vertraut werden muessen. Der Chor - ausgezeichnet der von Detlef Bratschke einstudierte Balthasar Neumann Chor - ist in den Orchestergraben verbannt, den Solistinnen bleibt in dem von Pina Bausch verpassten Korsett kein Rahmen fuer eigene darstellerische Entfaltung. Ware nicht ab und zu ein Gang quer von rechts nach links und umgekehrt, man koennte beinahe von einem szenischen Oratorium sprechen. Und doch - bei Saengerinnen mit Charisma und Persoenlichkeit geht dieses Konzept auch auf.
    Maria Riccarda Wesseling, Orpheus in der Premiere am 4. Februar, erfuellkt diese Ansprueche nur bedingt. Weder stimmlich noch von der Persoenlichkeit ist sie in dieser Produktion eine Idealbesetzung. Natuerlich kann man auch ueber die subjektiv empfundene Schoenheit von Stimmen trefflich streiten, aber Schoenheit und Ebenmass im Vikalen habe ich bei ihr vermisst. Sie singt jeden Ton richtig, jedoch die Hoehe naehert sich enger Schrille und die Tiefe klingt immer wieder unschoen. Yann Bridard, der als einziger Tanzsolist auch am folgenden Tag das alter ego zum Gesangssolisten tanzt, hat neben ihr leichtes Spiel. Ganz anders Elisabeth Kulman in der zweiten Auffuehrung am 5. Februar. Mit ihrer Buehnenpraesenz reduziert sie die Taenzer - und unter denen finden sich einige, die sonst solistisch auftreten - beinahe zu Nebendarstellern. Und auch stimmlich werden die Wuensche und Erwartungen erfuellt. Ihre in allen Lagen volle und wohlklingende Stimme ist die ideale Ergaenzung zur Figur. Man muss den Text nicht verstehen - es wird deutsch gesungen; eine Sprache, die eine deutliche Mehrheit im Publikum nicht spricht - um Trauer (um den Tod der geliebten Gattin), Freude (ueber das von Amor versprochene Wiedersehen) oder Leid (weil Eurydike fuer immer verloren ist) allein aus der Stimmfarbe zu verstehen. Die Goetter wissen, warum ihr die Premiere vorenthalten worden ist.
    Julia Kleiter und Svetlana Doneva alternierren als Eurydike. Beide sind absolut rollendeckend stimmlich wie darstellerisch. Und Obwohl Frau Doneva bereits mehrmals mit Thomas Hengelbrock gearbeitet hat und seine Art des Musizierens daher kennt, hat Julias Kleiter als Saengerin der Premiere auf mich einen besseren Eindruck hinterlassen. "Begleitet" wurden die beiden von Marie-Agnes Gillot (Kleiter) bzw. Eleonora Abbagnato (Doneva).
    Sunhae Im, in der Serie von 2005 die Eurydike, singt jetyt den Amor mit fuer mich zu voller Stimme. Helene Guilmette in der zweiten Auffuehrung ist da vokal doch rollenentsprechender. Als Person ist es dagegen genau umgekehrt. - hier profitiert Im von ihrer Kenntnis der Inszenierung und ihrer beinahe zerbrechlichen Figur. Miteki Kudo und Muriel Zusperrguy sind die Taenzerinnen.
    Als Orchester wurde wie schon 2005 das Balthasar Neumann Ensemble engagiert, ein auf "alte Musik" spezialisierter Klangkoerper. Dass zum Teil auf Originalinstrumenten gespielt wird, ist im grossen Haus zwar nicht unproblematisch, aber es wird ein idealer Klangteppich ausgebreitet. Ein besonderes Lob gilt dabei dem Floetensoli im 3. Bild. Dass dieser "Orpheus" zu einem trotz aller kritikasterischen Einwaende zu einem musikalischen Ereignis wurde, liegt nicht zuletyt an der Leitung von Thomas Hengelbrock. Einmal mehr zeigt sich, dass er bei entsprechenden Bedingungen (Saenger und Musiker) auch ein guter Operndirigent und aufmerksamer Begleiter ist.


    Nachsatz: Die Produktion wird am 16. Februar in ARTE direkt gesendet.



    Michael 2



    Ich versuche - zugegeben mühsam und nicht unbedingt erfolgreich - diese Formulierung nicht als puren Antisemitismus zu deuten sondern als "sachliche" Kritik.


    Michael 2

    Liebe OrganisatorInnen des Adventkalenders,


    ausnahmsweise komme ich schon am Nachmittag aus der Arbeit nach Hause (ohne, dass ich mich gleich ins Kulturleben stürze) und finde ein Geschenk im Postkasten. Dafür ein herzhaftes DANKE :hello::hello::hello:


    Damit ihr euch aber nicht zu früh freut - diesen Dank verbinde ich mit der Drohung, dass ich mich am nächsten Adventkalender wieder beteilige.


    Viele Grüße aus Wien
    Michael 2

    Zitat

    Original von severina


    Ich auch, drum freue ich mich auf die MET-Übertragung des "Barbiere" mit Elina Garanca heute Abend! :] :] :]
    lg Severina :hello:



    Ich sei - gewährt mir die Bitte - in eurem Bunde der Dritte.


    Es kann aber auch Alt sein (auch dann, wenn die Alt jung ist :D) - und so freue ich ich auf "Orpheus" in Paris ab 4.2.


    Michael 2

    Die Wiener Volksoper (VOP) ist - ich kann es wohl als bekannt voraussetzen - ein Mehrsparten(musik)theater, das (als Bundestheater) die Pflege von Oper, Operette, (klasisches) Musical und Ballett als gesetzlichen Auftrag hat. Da praktisch nie "echte" Musicalsänger engagiert werden, müssen sich die OpernsängerInnen oder "ausgeborgte" Schauspieler auch in diesem Genre bewähren. Das gelingt manchen besser und anderen weniger gut. Der legendäre Adolf Dallapozza war ein hervorragender Tony in der "West Side Story" (aber ist dieses Werk wirklich ein Musical ?), Peter Minich war ausgezeichnet in "Kiss me Kate", Michael Kraus macht in "Sound of Music" durchaus gute Figur (ganz im Gegensatz zur Popsängerin Sandra Pires an Seite) und auch Schauspieler wie (nur ein Beispiel) Michael Heltau haben im Musical in in der VOP berechtigte Erfolge erspielt und ersungen.
    Sie alle haben den Vorteil, dass sie erstens singen können und zweitens dafür auch kein Mikro benötigen (würden). Und sie sind (waren) solche Künstler, dass die Stilfrage nie gestellt worden ist, weil es so passend war/ist.
    So wie manche OpernsängerInnen in der Operette kläglich versagen, so sind auch nicht alle wirklich begnadete Musicalsänger. Das ist aber nach meiner ganz bescheidenen Meinung nicht auf Oper versus Musical zu reduzieren, sondern ist wahrscheinlich primär eine Frage der Musikalität und der Fähigkeit, sich auf andere Gesangsstile einzustellen. Es können ja auch viele SängerInnen (auch prominente und an so genanten ersten Häusern) nicht wirklich vom Stil her französisch singen.


    Michael 2



    Die Aufnahme aus der Wiener Staatsoper ist tatsächlich mit Leonie Rysanek (Mitschnitt der Premiere) und auf italienisch (die Angabe dieser berlioz-Seite würde die französische Fassung nahe legen). Jones hat in meiner Erinnerung in Wien nie Medea gesungen, es gibt/gab aber eine Plattenaufnahme mit ihr (Jones, Cossotto, Lorengar, Prevedi, Diaz; Gardelli DECCA). Die Aufnahme mit Rysanek ist als CD erschienen und sollte erhältlich sein (wenn nicht, finde ich einen Weg, dass du zu dieser Aufnahme kommst).


    Im Theater an der Wien ist übrigens in dieser Saison eine französische Medea geplant (ab 6. März, mit Iano Tamar - Medea - und Olaf Bär - Creon - unter der Leitung von Fabio Luisi)


    viele Grüße
    Michael 2

    Wenn die Aufnahme noch im Handel ist (ich habe das jetzt nicht überprüft :untertauch:) wäre diese mein heißer Tipp:


    Blaubart - György MELIS
    Judith - Katalin KASZA
    Budapester Philharmoniker
    Dirigent: Janos FERENCSIK
    (1971 für Hungaroton aufgenommen)


    viele Grüße
    Michael 2



    Lieber Rideamus,
    ich habe zu "Anatevka" oder "Fiddler on the Roof" einen wahrscheinlich emotional und familiär bedingt anderen Zugang. Du hast natürlich Recht, dass es ein amerikanisches Musical ist und nicht wahnsinnig autentisch, aber ...
    - die Musik zitiert sehr viele Originalthemen aus der ostjüdischen Kultur, die in der Klezmer-Musik überlebt haben
    - in der Hochzeit und vor allem beim Gebet am Schabbes finden sich jede Menge jüdische Riten und Melodien
    Gute Inszenierungen könnten mit diesem Musical hervorragende Bildungsarbeit leisten und beitragen, das Verständnis für die jüdische Kultur zu heben. Ich bin mir schon im Klaren, dass es eine heikle Gratwanderung zwischen Realismus, Kitsch und Klischee wäre, würde eine bis ins Detail stimmige Produktion auf eine Bühne gestellt werden (die im Idealfall von Künstlern getragen wird, die zur jüdischen Kultur auch eine innere Beziehung aufweisen), aber es wäre den Versuch wert, in Deutschland oder Österreich schon aus historischen Gründen das Leben in einem gleichsam "echten" Anatevka zu zeigen.


    Michael 2


    PS: Wenn ich an die Erzählungen meiner Mutter über ihre Erlebnisse in Wien 1938 und 1939 denke (dann gelang ihr die Emigration), kämpfe ich in der letzten Szene, wenn die Bewohner aus Anatevka vertrieben werden, in jeder Aufführung mit den Tränen. So schlecht kann eine Inszenierung gar nicht sein.

    Vielleicht können ein paar der (gleich mir nicht mehr ganz jungen) Taminos oder Paminas aus Wien und Umgebung meine Erinerung auffrischen. Es ist sicher beinahe 40 Jahre her (ich bin jedenfalls noch im Gymnasium gewesen), als es im Theater an der Wien eine Produktion von "Anatevka" gab, in der Yossi Yadin (ich hofe erschreibt sich wirklich so) den Tewje gab. Ich kann mich an die Iszenierung nicht mehr erinnern und die anderen Mitwirkenden (Lydia Dullitzkaja war Tewjes Frau) habe ich auch vergessen. Es war aber ein großer Erfolg - die Produktion lief über mehrere Wochen und wurde auch noch ein zweites Mal aufgenommen - und es gab auch einen Querschnitt davon auf Platte.


    Zur Zeit wird "Anatevka" an der Wiener Volksoper gespielt, die Wiederaufnahme der drei oder vier Jahre alten Produktion war letzten Sonntag (Regie: Matthias Davids, Bühnenbild: Matthias Fischer-Dieskau).
    Ich bin über diese Produktion nicht wirklich glücklich; einerseits vermittelt das Bühnenbild nicht wirklich das Shtetl, wie es um 1900 in Galizien oder der Ukraine noch existiert hat sondern eher ein ländliches Straßendorf in den 50er Jahren des 20.Jahrhunderts und andererseits gelingt es auch den Darstellern nur bedingt, die spezifische Stimmung etwa einer jüdischen Hochzeit oder beim Schabbat-Gebet zu spielen (ich rede gar nicht davon zu leben). Dazu kommt, das vor allem auch Adi Hirschal (ein in Wien durchaus schätzter Schauspieler) für den Tewje viel zuwenig Persönlichkeit aufbringt und manche andere DarstellerInnen nur bedingt musicalgeeignet sind. Ich spreche nicht davon, dass einzelne Textstellen (es wird natürlich auf deutsch gesungen und gesprochen) für sensible Menschen problematisch sind (zB. was soll der Text "arm wie eine Synagogenmaus").


    Wenn ich richtig informiert bin, gibt es eine auf der originalen Brodwayproduktion basierende Aufnahme mit Zero Mostel in der Role des Tewje (ich habe Ausschnitte davon gehört). Die suche ich - und finde sie nicht. Hilfe dazu nehme ich gerne an.


    viele Grüße aus Wien
    Michael 2

    Also bei 11.3.und 12.3. brauche ich nicht mehr überlegen, wie ich diese Veranstaltung allenfalls besuchen kann, denn ab 11. März bin ich für 10 Tage in China (nix Peking-Oper oder Ähnliches, harte Arbeit bei Gesprächen im Partnerbezirk in Peking zu den Themen Kommunalpolitik, Bildung, usw.)


    Michael 2

    [quote]Original von mucaxel
    Also ich hab heute in meiner Plattensammlung gefunden und
    höre gerade nach langer, langer Zeit wieder die Aufnahme des
    Don Giovanni mit ihm und bin restlos begeisert.


    Don Giovanni mit


    Cesare Siepi Don Giovanni
    Komtur Gottlob Frick
    Donna Anna Elisabeth Grümmer
    Donna Elvira Lisa dell Casa
    Don Ottavio Leopold Simoneau
    Leporello Fernando Corena
    Masetto Walter Berry
    Zerlina Rita Streich


    Wiener Philharmoniker Dirigent Dimitri Mitropoulus
    Feslenreitschule Salzburg 24.07.1956


    [/B]



    Ich stimme dir absolut zu. Das ist eine jener Aufnahmen, die die bezeichnung LEGENDÄR verdient. Und zwar nicht nur wegen Siepi, sondern vor allem auch wegen Leopold Simoneau, der eine Lektion in Mozartgesang erteilt, und auch wegen Fernando Corena. Für mich der einzige Schwachpunkt (und dieser Begriff ist relativ zu den anderen Sängern zu nehmen) ist Lisa della Casa, die damals noch nicht die stimmliche Reife dafür hatte und auch vom Typ für meine Begriffe nicht ganz zu Grümmer passt (aber diese Problematik, wie werden Donna Anna und Donna Elvira unterschiedlich und doch passend besetzt, ist nach meinem Empfinden in vielen Aufnahmen nicht optimal gelöst).


    Michael 2

    Ich hätte noch den Mitschnitt der Premiere im Nationaltheater München vom 25. Dezember 1978 als heissen Tipp (nicht nur, weil ich diese Aufführung auch miterleben konnte und diese CD - Legato Classics LCD 202-1 - für mich die Erinnerungen an diesen Abend aufrecht erhält).


    Santuzza - Leonie RYSANEK (Rollendebut)
    Turiddu - Placido DOMINGO
    Alfio - Benito DI BELLA
    Lola - Ruth FALCON
    Mamma Lucia - Astrid VARNAY
    Chor und Orchester des Nationaltheater München
    Dirigent: Nello SANTI


    Mir tut es leid, dass es von dieser Produktion und in dieser Besetzung kein Video (bzw DVD) gibt. Was Domingo, Rysanek und vor allem auch Varnay an diesem Abend auch ausdrucksmäßig geboten haben, kann die CD nicht wirklich vermitteln. Erlebenswert ist diese Aufnahme auf alle Fälle.


    Michael 2

    Aribert Reimann hat für einige Schubert-Lieder die originale Klavierbegleitung für Streichquartett bearbeitet. Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber derartigen Experimenten muss ich zugeben, dass diese Bearbeitungen gelungen sind und den Charakter der Lieder unterstreichen und vielleicht sogar deutlicher machen.
    Ich konnte ein paar dieser Lieder 2004 beim Schleswig Holstein Festival bei einer Matinee von Elisabeth Kulman und dem Haydn Quartett Eisenstadt hören (davor schon bei einem Konzert in Wien) - und empfinde das Gehörte als eine nicht unwesentliche Erweiterung meines musikalischen Horizontes.


    Michael 2

    Lieber audiamus,


    ich bekomme große Augen und Ohren bei dieser Ankündigung.
    Wann findet dieser Workshop statt ?
    Können/dürfen daran auch Menschen teilnehmen, die nicht schulgeschädigt (also keine Lehrer) sind ?
    Und nicht zuletzt - was würde die Angelegenheit kosten ?
    Das ist ein Thema, für das ein Ausflug von Wien nach München lohnen würde. Die Berlioz-Version habe ich (zumindest wissentlich) noch nie gehört, obwohl mir ihre Existenz bekannt ist. Diese Fassung wird auch demnächst an der Pariser Oper nicht gespielt, wo ich den "Orpheus" sehen werde.


    Michael 2

    Weil ich nicht alle historischen Eintragungen nachlese, bin ich eben erst jatzt auf die Würdigung eines meiner Lieblingssänger gestoßen. Was an Lob über ihn geschrieben worden ist, kann ich aus der Erinnerung des eigenen Hörens nur bestätigen und unterschreiben.


    Ich habe Martti Talvela oft und in verschiedenen Partien in Wien gehört, ein paar Mal in Hamburg und in einer Aufführung in Covent Garden. Ewig in Erinnerung wird mir ein "Holländer" in Wien bleiben, in dem Talvela die Inkarnation eines Daland war und Theo Adam an seiner Seite einen kongenialen Holländer sang. Von der Premiere des "Don Carlos" (ebenfalls Wien) gibt es ja einen mehr oder weniger offiziellen Mitschnitt; die Szene Philipp (Ghjaurov) - Großinquisitor (Talvela) war für mich eine der Sternstunden meines Opernlebens (und kommt am Tonträger nicht ganz so gut rüber, weil der optische Eindruck dazu fehlt). Und mit Wehmut erinnere mich an "Parsifal" in Hamburg (mit Rysanek und dem jungen Peter Hoffmann), in dem Talvela durch seine pastose Stimme ein Interpretationsideal war.


    Michael 2