Also wahnsinnig interessant ist der Spielplan der kommenden Saison für mich ja wirklich nicht. Dass die (auch relativ) zeitgenössische Oper fehlt - angeblich kommt aber in der letzten Saison des Hausherren noch eine Uraufführung - und die Zeit vor Mozart nicht existent ist, wurde ja schon geschrieben. Aber auch das bestehende Reservoire an Werken wird nicht genutzt. Dabei gäbe es genügend noch nicht zu Tode gespielte Inszenierungen von interessanten Werken im Depot. Und sage mir niemand, eine "Frau ohne Schatten", eine "Cosi", ein "Fidelio" und, und, und wären unbesetzbar. Und das angeblich beste Opernhaus der Welt kann ganz ohne echte Belcantooper auskommen - wo bleibt wenigstens EIN Bellini oder "großer" Donizetti.
Natürlich vermisse ich in der Ankündigung auch ein paar Sänger- und Dirigentennamen. Es ist schon richtig, dass viele Persönlichkeiten nur kommen, wenn es für sie eine Prmiere gibt (oder wenigstens eine geprobte Wiederaufnahme). Aber das legendäre Repertoiresystem gibt es an der Staatsoper schon lange nicht mehr, denn auch hier hat die Semistaggione mit ihren Blöcken von fünf bis sieben Aufführungen in kurzer Zeit längst Einzug gehalten (schon vor der jetzigen Direktion, von dieser aber perfektioniert).
Wir sind in Wien aber in der glücklichen Lage, innerhalb der Stadt auf andere Musiktheater ausweichen zu können - die Volksoper, das Theater an der Wien, die Kammeroper und noch ein paar weniger prominente Gruppen. Viele der fehlenden Werk werden hier gespielt und das häufig in nicht nur passabler szenischer und musikalischer Qualität. Im Hof der Rossauer Kaserne habe ich in den letzten Jahren "Ernani" oder "Corsaro" durchaus hörenswert erlebt, die Volksoper bietet einen mehr als achtbaren "Evangelimann" (und in der kommenden Saison eine Oper von Krenek !), das Theater an der Wien füllt einige der von der Staatsoper geöffneten Nischen (zuletzt etwa "Medee" und in der kommenden Saison "Turco in Italia") und wird vielleicht deshalb vom Staatsoperndirektor ständig madig gemacht.
Fairy Queen hat Recht - wir sind in Wien privilegiert. Vielleicht nicht unbedingt wegen der Staatsoper, aber ganz sicher wegen der Leistungen der Opernhäuser insgesamt.
So - jetzt warte ich auf die Watschen der hardcore Staatsopernverteidiger.
Michael 2
PS: Wer kritisert mit mir die Tatsache, dass ALLE Häuser gleichzeitig im Sommer (Touristenzeit) geschlosen haben, damit Chor, Orchester und Solisten ihren verdienten Urlaub als Mitwirkende bei diversen Festspielen genießen.