Beiträge von brunello

    Ich kenne von Mario Lanza nur zwei Filme ("Der große Caruso", "Der Sänger von Capri"), bei denen die Tonqualität nicht so ist, dass ich mir ein Urteil über die Qualität der Stimme erlaube. Auf den paar CD´s, die ich mit ihm habe, klingt er in meinen Ohren nicht nach einem Genie, aber nach einem mehr als ordentlichen Sänger. Aus diesen Aufnahmen schließe ich auch, dass er genau gewusst hat, wo seine stimmlichen Grenzen liegen und was er sich und seinem Publikum zumuten kann. In den Aufnahmen mit Songs etwa von Gershwin und aus Musicals halte ich ihn für absolut stimmig (vor allem bei den "alten" Musicals gefällt mir das Schmalz in seiner Stimme).
    Ich habe aber den Eindruck, dass er ein bequemer Mensch war, der mit relativ geringem Aufwand mit Filmen und Shows mehr Geld verdienen konnte, als es mit Auftritten auf Opernbühnen möglich gewesen wäre. Irgendwie erinert er mich da an den späten Pavarotti. Dazu kommt natürlich, dass zu seiner Zeit vor allem in Italien einige sehr gute Tenöre sangen, die dann auch in den Vereinigten Staaten auftraten. In den USA begann zu diesem Zeitpunkt auch der Stern von Richard Tucker überhell zu strahlen.
    Dass Lanza ein verkanntes Genie war, würde ich bestreiten (nicht verkannt und auch nicht Genie), ein mehr als guter Unterhaltungskünstker war er aber sicher.


    Michael 2

    Ich versuche jetzt die Originalsprache von einer anderen - vielleicht heiteren - Seite zu betrachten.
    Vor zwei oder drei Jahren habe ich in Dresden eine "Fledermaus" gesehen, und das ist doch wohl die wienerischeste aller Operetten. Über die Inszenierung will ich jetzt nicht schreiben (das würde zu weit führen), das Ensemble war international und der Text einigermaßen verständlich (gut, ich gebe zu, ich weiß was die Leute auf der Bühne singen und sprechen sollen). Dann kam im 3. Akt der Gefängniswärter Frosch und trotz relativ guter Kenntnis des Textes war das Verstehen vorbei. Der gute Mann (ich habe den Namen vergessen, es war ein in Dresden bekannter Schauspieler) sprach nämlich sächsich - das ist zwar bekanntlich ein deutscher Dialekt, nur verstanden habe ich dennoch kaum ein Wort (ich verstehe aber auch die Vorarlberger nicht, wenn sie in ihrer heimatlichen Mundart miteinander reden !).
    Ich kann mir durchaus vorstellen, das Franzosen bei "Carmen" auf deutsch oder Italiener mit "Rigoletto" auf englisch ähnliche Probleme haben.
    Und noch eine wahre Begebenheit zum Abschluss. In der vergangenen Spielzeit wurde an der Wiener Volksoper Janacek´s "Die Ausflüge des Herrn Broucek" in detscher Sprache gegeben. Zum besseren Verständnis dieser Oper gab es Überrtitel - auf deutsch !


    Michael 2

    Meine Erinnerungen an Ewald Aichberger sind etwas andere. Selbst in kleinen Rollen versuchte ich immer wegzuhören. In größeren (und schon gar nicht in großen) hätte ich ihn mir nie vorstellen können und wollen.
    Walter Fink singt in der Zwischenzeit auch in Wien erstes Fach - und das durchaus überzeugend und mit Erfolg.



    Im "Don Carlo" fallen mir zwei Rollen ein, bei denen man sicher diskutieren kann, ob sie in die Kategorie Nebenrolle fallen - der Mönch und die Stimme vom Himmel (in dieser Partie hörte ich an der Wiener Staatsoper als damals ganz junge Sängerin noch Edita Gruberova). Und den Marcese di Calaztava in der "Forza" würde ich auch in diese Liste aufnehmen. Ich bin übrigens der Meinung, dass diese drei genannten Rollen mit sehr guten Sängern besetzt werden müssen und nicht zum Absingen von Abenden geeignet sind.

    Grüße aus Wien
    Michael 2

    Liebe Severina,
    zu deinen Aussagen über das Sängerpotential der Volksoper muss ich in aller Bescheidenheit doch etwas an Widerspruch anmelden. Ich gebe dir ja (leider) Recht, dass viele Sänger dieses Hauses nicht zu den Großen der Branche zählen. Aber so schlecht, wie man es aus deinen Zeilen lesen kann, ist die Situation auch wieder nicht.
    Gute Stimmen hat es auch noch nach Dönch oder Wächter gegeben - viele sind nur nicht an der Volksoper geblieben. Das hat durchaus unterschiedliche Gründe - persönliche Weiterentwicklung, Repertoire, geringe Gagen,... Einige der Stützen des Hauses hat der wegen seiner Ideen angefeindete Mentha an die Volksoper geholt (zB. Larsen, Simonian, Kulman), einige davon (zB. Nakajima, Bobro) sind in der Zwischenzeit sehr erfolgreich freiberuflich tätig. Und auch in der Direktion Berger sind einige durchaus hörenswerte SängerInnen ans Haus gebunden worden (zB. O´Loughlin, Montazeri, Fally, ...). Zu den ständigen Gästen, die beinahe ins Ensemble gehören, zählen immerhin SängerInnen wie Walter Fink, Alexandra Reinprecht, Markus Koch, Janina Baechle oder Lars Woldt.
    Ja, es fehlt der Volksoper ein Tenor, wie es seinerzeit Dallapozza war, aber den könnte das Haus aus Gagegengründen ohnehin nicht lange halten. Und nochmals ja, ich könnte mir im Repertoirealltag in Oper wie Operette die eine oder andere attraktivere Besetzung vorstellen. Aber auch die hochgerühmte Staatsoper kocht häufig nur mit Wasser (davon konnte ch mich zuletzt am Freitag in einer "Zauberflöte" überzeugen.
    Abschließend: Domingo, Gedda und Kraus haben an der Volksoper immer nur gastiert und das Debut von Botha in Wien fand an der Volksoper statt.


    Michael 2


    PS: Sollten wir zur Volksoper vielleicht ein eigenes Thema eröffnen, ich diskutiere da gerne mit (schließlich besuche ich dieses haus regelmäßig und fühle mich emotional verbunden) ?

    Ich möchte zu Severina ein paar Ergänzungen und Anmerkungen anbringen.


    Auch mir hat die Produktion im Großen und Ganzen gut gefallen, wenn sie auch mit Offenbach nicht so wahnsinnig viel zu tun hat. Das liegt nicht an der Inszenierung, sondern an der für mich grausamen Textfassung. "Orpheus in er Unterwelt" ist nicht primär ein Beziehungsdrama zwischen einem in die Jahre gekommenen Ehepaar (eine Freundin bezeichnete die Fassung als "Szenen einer Ehe") sondern politische Satire auf das Frankreich der 1850er Jahre. Das in die heutige Zeit zu transponieren, ohne mit dem Vorschlaghammer zu kommen, ist - zugegeben - nicht einfach, aber dafür wird der Übersetzer/Bearbeiter ja auch fürstlich entlohnt. Wie ein gescheiter Kopf den Text sinngemäß adaptiert, hat weiland Karl Kraus bewiesen.
    Gut gezeichnet und charakterisiert fand ich die handelnden Personen bis zu den kleinsten Göttern, über das Bühnenbild könnte man wohl stundenlang kontroversiell diskutieren (ähnliche Lösungen haben in der Volksoper schon Buh-Orkane entfacht), die Szene im Olymp und die dazugehörigen Götter und ihr Dienstpersonal ist ein Kabinettstück.
    Das Musikalische spiegelt das Niveau des Hauses. Sebastian Reinthaller als Orpheus (seine Schülerin Caroline Löffler spielt auf der Violine deutlich schöner als er singt) spielt sich selbst, Jennifer Bird ist eine sehens- und hörenswerte Eurydike (warum darf das Ensemblemitglied Barbara Payha nicht die Premiere singen ?), Carlo Hartmann gibt einen umwerfenden Jupiter, seinen unterirdischen Bruder Pluto vereiht Christian Baumgärtel hintergründigen Höllencharme. Die Göttinnen (Martina Dorak - Diana, Regula Rosin - Venus, Helga Papouschek - Juno, Ulrike Pichler-Steffen - Minerva) sind mehr als ordentlich und rollendeckend besetzt, ebenso die kleineren (ausgezeichnet der Mars von Stefan Tanzer) und größeren (Gerald Pichowetz gibt einen wunderbar gelangweilt aufsässigen Cupido, Wolfgang Gratschmeier eine Charakterstudie des Merkur) Götter. An der öffentlichen Meinung der Erni Mangold scheiden sich die Geister - ich fand die Ablehnung von Teilen des Publikums nicht gerechtfertigt.
    Und das Orchester ? Ich stelle mir Offenbach doch etwas spritziger vor. Was formal gut musiziert aus dem Graben kam, war jener Offenbach wie er seit Jahrzehnten von den deutschsprachigen Plattenaufnahmen bekannt ist. Für mich ist das nicht prickelnder Champagner sondern lauwarmer deutscher Sekt (ich will keine Negativwerbung für die Marke MM machen).


    Damit man mich nicht falsch versteht - dieser "Orpheus in der Unterwelt" ist in Summe hörens- und sehenswert und wird mich im Zuschauerraum noch ein paar Mal erleben.


    Michael 2

    Hallo chero,


    die derzeit in der Wiener Volksoper - das Haus ist beinahe ein Muss für Operettenfreunde und -liebhaber - gespielte Fassung (Regie: Helmut Lohner) entspricht in etwa der von Maggie gefundenen Variante. Diese Form scheint mir auch einigermaßen logisch, hat Boccaccio doch ein Auge auf Fiametta geworfen und hilft Leonetto im gespielten Duell aus der Patsche.


    Michael 2

    Barezzi:
    "nur leider musste ich mich heute mal wieder von der relativ bescheidenen Klangqualität überzeugen (frühes Stereo, das bei mir irgendwie nicht richtig durchkommt) - vielleicht wird man auch nur langsam zu anspruchsvoll aufgrund der neueren (HIP-)Aufnahmen, die man in letzter Zeit gehört hat..."
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    Mit dem steigenden Qualitätsanspruch (aus technischer Sicht) magst du durchaus im Recht sein. Ich bevorzuge dennoch Aufnahmen, die vielleicht technisch nicht ganz optimals sind, aber dafür auch nicht ganz so steril wie der OP-Trakt eines Krankenhauses klingen. Da haben die Aufnahmen aus der Frühzeit der Stereophonie - und noch mehr natürlich die wirklich alten Aufnahmen - den subjektiven Vorteil, dass sie "echter" klingen und im Regelfall auch in längeren Bögen aufgenommen und nicht Ton für Ton (oder Takt für Takt) zusammengeschnippselt worden sind. Und bei nachträglichen Bearbeitungen der alten Bänder hat noch keine Aufnahme in meinen Ohren wirklich gewonnen.


    Michael 2

    Aus meiner ganz persönlichen Erfahrung - nicht alle OpernsängerInnen sind ideal für Operetten. Und schon gar nicht dann, wenn in ihrem Gesangsstil der Manirismus á la FiDi überwiegt.
    Aber es gibt natürlich auch den ultimativen Beweis, wie gut OpernsängerInnen Operette auf die Bühne bringen - der Mitschnitt der "Fledermaus" aus der Wiener Staatsoper unter Karajan mit Güden, Kunz, Berry, ... und als Stargast im 2. Akt di Stefano. Die Aufnahme gibt es in der Zwischenzeit auf verschiedenen Labels zu kaufen.
    Michael 2

    Dann starte ich auch einen (unzulänglichen ?) Versuch:


    Interpret: Giuseppe Taddei
    Oper: Don Giovanni
    Rolle: Leporello
    Aufnahme: Giulini (mit Wächter, Alva, Sutherland, Schwarzkopf, Sciutti, Cappuccilli- Opernherz, was willst du mehr !!!)
    Aufnahmequalität: 2-3


    Michael 2

    @ Felipe II.
    Da sieht/hört/liest man wieder einmal, wie unteschiedlich die musikalischen Geschmäcker sein können. Für mich hat das Mozart-Requiem aus der Stephanskirche bloß historischen Wert, weil als Requiem zu Mozarts 200. Todestag aufgeführt (geplant war übrigens, dass Bernstein dieses Requiem dirigieren sollte, aber er ist zu früh verstorben). Aber weder vom Orchesterklang und schon gar nicht von den Solisten (trotz sehr prominenter Namen) halte ich diese Aufnahme für ideal (und auch nicht repräsentativ für Solti).


    Ich habe ihn nur an zwei Konzertabenden (5. Mahler mit Chicago Symphonie Orchestra in Wien und 8. Mahler mit Orchestre de Paris in Paris) und einmal als Operndirigent ("Falstaff" in der Wiener Staatsoper) erlebt und habe da ganz andere Erinnerungen, als bei dieser Mozartaufnahme (ich habe damals das Bild im TV gesehen und den Ton im Radio gehört - und auf Video aufgenommen). Aber das ist vielleicht/wahrscheinlich wirklich eine Frage des persönlichen Geschmackes.
    Während ich den "Ring" auf DECCA als eine Referenzaufnahme betrachte, kenne ich bei Mozart jede Menge Einspielungen, die ich doch deutlich über Solti´s Interpretationen setzen würde. Und ebenso ein Maßstab ist für mich seine Einspielung der 8. Mahler (Bernstein dirigiert dieses Riesenwerk vielleicht etwas sensitiver, bei Solti bevorzuge ich jedoch die Qualität die Solisten und die insgesamt höhere Dramatik).


    Michael 2

    An Maggie -


    was für eine Frage ! Natürlich kann man über Inhalte von Operetten diskutieren - und zwar von der textlichen wie von der musikalischen Seite. Nicht jede Operette ist ein Meisterwerk, aber ebenso ist nicht jede Operette unnötig. Es gibt ausgezeichnete Operetten und es gibt schlechte Opern - und umgekehrt.
    Ich denke, dass es in der Entstehungsgeschichte zwischen Oper und Operette grundlegende Unterschiede gibt und dass diese Unterschiede das gängige Vorurteil - Operette ist musikalisch und textlich flach und seicht - (mit)begründen.
    Die meisten Opern (und ich meine jetzt die Werke bis zum Ende des 19. Jhdt.) wurden im Auftrag oder im Einflußbereich von Kaisern, Königen, Fürsten oder sonstig Herrschenden oder vermögenden Menschen komponiert und die "normale" Bevölkerung (Bauern, Handwerker, Dienstleister,..) hatten keine Gelegenheit damit vertraut zu werden. Auch die Bearbeitung etwa der Opern Mozarts als Harmoniemusik hob zwar etwas den Bekanntheitsgrad des Originals, aber für ein breites Echo konnte auch diese Hausmusik nicht sorgen. Das Volk hatte je keine Möglichkeiten, Zugang zu dieser Musik zu finden.
    Es ist sicher kein Zufall, dass die so genannte "leichte Musik" als Teil der der E-Musik in etwa um das Revolutionsjahr 1848 entsteht. Meine These ist, dass die Couplets bei Nestroy den Weg zur Operette führen. Es ist ja auch kein Zufall, dass Offenbach in seinen Operetten die politische Stuation in Frankreich ebenso karikierte wie die große Oper. Und so wie die Revolution in Österreich eher schaumgebremst abgelaufen ist, füllte sich die Operette mit äußerlichen Herz-Schmerz-Themen; Kritik an herrschenden Verhältnissen wurde, wenn sie überhaupt vorkam, in Watte verpackt und in Nebensätzen versteckt. Daran hatte zweifellos das nicht wirklich überwundene System Metternichs bedeutenden Anteil (und der vorauseilende Gehorsam gegenüber "denen da oben" ist ja bis heute nicht gaz ausgeräumt). Da trifft es sich dann gut, wenn der Wunsch eines Großteils der (städtischen) Bevölkerung nach Schönem und Gutem auf (zumeist wirklich) harmlose (aber nicht unbedingt inhaltslose) Texte und Melodien trifft. Johann Strauss ist eben häufig leichter hörbar als Richard Wagner. Auch wenn es vielleicht an musikalische Blasphemie grenzt, Johann Strauss war sicher der Andrew Lloyd Webber im 18. Jahrhundert.
    Ich glaube, dass im Kern auch in der Wiener Operette (über die Berliner Operette fehlt mir jegliches Wissen) die Texte, wenn man sie von Äußerlichkeiten entkleidet, gehaltsvoller sind, als sie scheinen (und das ist kein wirklicher Widerspruch zu oben Gesagtem). Ich überzeichne jetzt ganz bewußt - man kann in der "Fledermaus" auch emanzipatorische Ansätze sehen, man kann das Ungarnbild vieler Operetten auch als indirekte Bestätigung der Ideen der Kaiserin Elisabeth deuten (die ja in dieser Frage in Opposition zur Linie des Kaiserhauses stand) und selbst "Das Land des Lächelns" kann als Kritik am geistigen Kolonialismus der Habsburger interpretiert werden. Sieht man die Operettentexte unter derartigen Gesichtspunkten, dann sind sie plötzlich nicht mehr seicht, unbedeutend oder langweilig sondern regen zum Nachdenken an. Jedenfalls jene Librettis, die zur "Goldenen" und teils noch zur "Silbernen Operette" gehören.
    Dass die Operette im 20. Jahrhundert aber zunehmend an Gewicht und Qualität bei Text und Musik - nicht zuletzt auf Grund der politischen Rahmenbedingungen - verloren hat, ist leider eine Tatsache.


    Michael 2

    Mit einer Platten- oder CD-Hexe kann ich nicht dienen.
    Aber ich erinnere mich großem Vergnügen an den unvergeßlichen Karl Dönch, der seinerzeit an der Wiener Volksoper eine unvergleichbare Hexe gespielt und gesungen hat (die bis heute nicht mehr erreicht wurde - schon gar nicht zuletzt von Mara Zampieri). Ich könnte mir vorstellen, dass einige Kinder, die ihn erlebt haben, von der schrecklichen Krankheit "Opernleidenschaft" befallen worden sind. Ich war damals wahrlich kein Kind mehr, aber seinetwegen habe ich diese Oper häufig gesehen.


    Michael 2

    @ Harald Kral


    Die Aufnahme firmiert zwar mit Chor und Orcheter der Wiener Staatsoper (solche Einspielungen gibt es beinahe wie Sand am Meer - sie haben nur mit der Statsoper beinahe alle nichts zu tun), hat aber nach meinem Wissensstande definitiv mit der Staatsoper nichts zu tun. Neben der jährlichen "Fledermaus" zum Jahreswechsel - dieses Werk wird alle heiligen Zeiten auch neu einstudiert - hat es vor einigen Jahren eine nicht wirklich geglückte "Lustige Witwe" gegeben und irgendwann in den 70er Jahren einen "Zigeunerbaron" (der war aber in meiner Erinerung auch kein Hit). Sonst sind mir Operettenproduktionen in der Wiener Staatsoper in en letzten Jahrzehnten nicht erinnerlich.


    Michael 2


    PS: In der Volksoper gibt es eine "Boccaccio"-Inszenierung von Helmut Lohner mit einem Mezzo als Boccaccio. Die Aufführungen sind immer gut besucht - ob wegen des Werkes oder aus der Tatsache heraus, dass hier nahezu alle Publikumslieblinge eine Rolle finden, will ich nicht beurteilen.

    Es ist mir so ähnlich gegangen wie Uwe.
    Ich ging noch ins Gymnasium und habe mir von meinen Eltern eine Karte für ein Konzert von Ella (mit Trio - ich finde das Programm sicher noch irgendwo, wer mit ihr gespielt hat; nicht sehr gute Leute hatte sie ja nie um sich) im Wiener Konzerthaus zum Geburtstag schenken lassen. In Wien gab es damals eine Serie "Stimmen der Welt", in der auch eine eigene Jazz-Schiene lief. In der Regel waren das Konzerte, die vom legendären Norman Granz als Jazz at the Philharmonicorganisiert worden sind.
    Und an einem Abend sang SIE.
    Ich kann mich nicht mehr erinnern, welche der Evergreens von Gershwin und Co sie sang und auch nicht, welche sonstigen Komponisten an diesem Abend erklangen. Wahrscheinlich war es ein ähnliches Programm wie in Berlin, von dem es ja einen Mitschnitt gibt.
    Seit damals habe ich aber eine Vorstellung, wie Jazzgesang klingen muss. Und für mich, der ich damals schon viel in "klassische" Konzerte gegangen bin, hat sich an iesem Abend eine andere Welt eröffnet, in der jeder seine Emotionen frei zeigen kann und das Echo aus dem Publikum spontan und frei erfolgt. Das Autogramm, das ich mir nachher geholt habe, hüte ich b.is heute wie einen Schatz.
    Ich habe Ella Fitzgerald nach diesem Konzert noch drei- oder viermal hören dürfen, aber dieses erste Erlebnis wird wohl unvergessen bleiben.


    Michael 2

    Wenn Herbert am Beginn sagt, dass Leonard Warren sein absoluter Lieblingssänger ist, so schränke ich für mich das nur so weit ein, dass ich sagen würde "einer meiner Lieblingssänger". Leider habe ich ihn nie erleben dürfen (nicht immer ist die späte Geburt wirklich eine Gnade) und kenne ihn nur von Aufnahmen. Da die aber alle aus einer Zeit sind, in denen vor allem bei Mitschnitten noch "ehrliche" Aufnahmen gemacht worden sind, ergibt sich doch ein recht gutes Bild über diesen Künstler. Wäre es aus zeitlichen Gründen nicht absolut unmöglich, könnte ich mir vorstellen, dass Verdi bei der Komposition an so eine Stimme gedacht hat (wie an eine Stimme a la Bergonzi in vielen Tenorpartien).
    Ich habe jetzt ganz schnell in meine Sammlung gegriffen und auf die Schnelle ein paar Aufnahmen gefunden (nicht alle technisch optimal), die euch vielleicht interessieren könnten - und die auch auf andere Lieblinge von mir schließen lassen:
    TOSCA ist ja schon erwähnt worden; ich habe die mit Tucker und Tebaldi unter Mitropoulos (Met, 7.1.1956)
    BALLO IN MASCHERA - Jan Peerce, Zinka Milanov, Kerstin Thorborg als Ulrica, Dirigent Bruno Walter (!) (Met, 15.1.1944)
    ERNANI - das ist (für mich) überhaupt der ultimative Ernani; del Monaco, Milanov, Siepi unter Mitropoulos (Met, 29.12.1956)
    FORZA DEL DESTINO in zwei verschiedenen Jahren (192 und 1956) von der Met. Da ist es dann reine Geschmacksache, welchen dieser Mitschnitte der Hörer präferiert
    29.11.1952 - Milanov, Tucker, Hines, Miltred Miller (Preziosilla); Fritz Stiedry
    17.3.1956 - Milanov, Tucker, Siepi, Corena (Melitone), Rosalind Elias (Preziosilla); und auch Stiedry am Pult
    Und natürlich findet sich auch der legendäre MACBETH mit der Rysanek und auch wieder Tucker unter Leinsdorf (live und Studio) im Regal und irgendwo in meinen LP´sgibt es auch einen RIGOLETTO (nach dem habe ich jetzt aber nicht mehr gesucht).


    Wem habe ich jetzt Lust auf mehr von Warren gemacht ? :)


    PS: Wer meint, dass bei Verdi Tucker und Milanov auch Lieblinge von mir sind, liegt richtig.

    Liebe Severina und Fairy Queen !


    Ich habe Ileana Cotrubas in ihrer Zeit an der Wiener Staatsoper oft und gerne gehört. Ja, es hat in beinahe jeder ihrer Rollen in Wien auch andere (da und dort bessere) Sängerinnen gegeben, mit denen heute vermutlich auch (zu unrecht) nur mehr der Generation 50+ etwas anfangen kann - Reri Grist oder Jeanette Pilou etwa, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ich würde mir aber wünschen, Sängerinnen dieser Qualität - wie die Cotrubas - würden heute Premieren singen, damals sangen sie Repertoireabende.
    Tempora mutantur.


    Michael 2

    Hallo zusammen,


    auch diese Aufnahme bedarf der Erwähnung:



    Die Darsteller wirken harmonisch aufeinander abgestimmt. Nach solchen Ensembles sehnt man sich heute.





    Die Aufnahme ist natürlich ein Zeitdokument und die Sänger waren auch Spitzenkünsttler ihrer Zeit (auch wenn ich nicht ganz so sicher bin, ob Ferdinand Leitner je der optimale Dirigent für dieses Fach war; da hat es in München doch immerhin Karl Richter gegeben, der noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhundersts als stilbildend für Barockmusik galt - mit seinen Interpretationen der großen Passionen im Wiener Musikverein bin ich groß geworden). Aus dieser Sicht ist dieser "Julius Cäsar" zweifellos erwähnens und hörenswert. Ich denke nur, dass sich gerade bei Barockmusik die Hör- und Interpretationsgewohnheiten in den letzten 20 Jahren dramatisch gewandelt haben. Und ich bin mir nicht ganz sicher, ob Jacobs und wie sie alle heißen, mit diesem SängerInnenensemble glücklich wäre. Ganz unabhängig von der Frage, mit welcher Stimmlage die eine oder andere Rolle besetzt werden soll.


    Michael 2

    vitelozzo-tamare ist mir zuvor gekommen. Ich habe mir diese Aufnahme aus der Wiener Staatsoper 1955 vor ein paar Monaten gekauft und bin auch klanglich damit durchaus zufrieden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist absolut in Ordnung. Natürlich ist das Klangbild nicht so transparent, wie wir es von heutigen (Studio)aufnahmen gewohnt sind und diese Transparenz vielleicht auch erwarten. Aber die Aufnahme gibt ein ungeschminktes Bild, wie Böhm damals und im Stress der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper den "Wozzek" gesehn und dirigiert hat. Berry ist vielleicht noch etwas zu jung, Goltz ist für mich mehr als rollendeckend und Lorenz einfach grandios. Tipp: kaufen und hineinhören.


    Hat jemand im Forum eigentlich im April den "Wozzek" in Klagenfurt in der Regie von Olivier Tambosi gesehen ? Ich fand die Inszenierung in ihrer Dichte ausgezeichnet (obwohl man über die Einstiegsszene - Übertragung der TV-Abendnachrichten auf den Vorhang - sicher lange diskutieren kann) und auch musikalisch war es für mich ein Erlebnis. Die wahrhaft nicht problemlos zu spielende Partitur wurde vom Orchester mit Anstand gemeistert (da habe ich in Klagenfurt schon "einfachere" Werke schlechter gehört) und die Solisten waren perfekt besetzt.

    Guten Morgen allseits !


    In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "profil" gibt es ein Interview mit dem (formal noch designierten) Direktor er Wiener Volksoper, Robert Meyer, in dem er sich unter anderem auch zum Thema Originalsprache versus deutsche Übersetzung äußert.
    Wertfrei würde ich sagen, die Äußerungen sind interessant.
    Im Kontext mit dem gesamten Gespräch ergibt sich aber doch ein etwas eigenartiges Bild. Etwas überspitzt betrachtet und absolut wörtlich genommen würden seine Aussagen bedeuten, dass zB. ein Pavarotti (nicht als Perso, sondern als Typ) nie an der Volksoper singen dürfte, denn (und jetzt folgen zwei Zitate) er ist "der deutschen Sprache nicht mächtig" und "kann sich überhaupt nicht bewegen, weil er so kugelrund ist, dass man ihn rollen müsste".
    Besagter Herr Meyer hätte aber vermutlich kein Problem, die wiener Operette von Sängern mit norddeutchem oder sächsischem Akzent singen zu lassen, denn das ist ja zuminest ein deutscher Dialekt.


    Michael 2

    In meiner Sammlung finden sich einige Aufnahmen mit Bruno Walter. Der "Don Giovanni" von der Met ist ja schon erwähnt worden und auch der 1. Akt "Walküre" (das ist für mich eine der besten Aufnahmen dieses Opernaktes überhaupt).
    Und dann besitze ich (ich bin versucht zu sagen natürlich) auch die 5. Mahler mit den New Yorker Philharmoniker und das legendäre "Lied von der Erde" mit Partak und Ferrier und noch ein par andere Aufnahmen.
    Auf ARKADIA ist vor einiger Zeit ein Mozart Requiem aus Paris (29.6.1937) mit Elisabeth Scumann, Kerstin Thorberg, Anton Dermota, Alexaner Kipnis, Chor der Winer Staatsoper und Wiener Philharmoniker in durchaus brauchbarer Tonqualität heraus gekomen.
    Vom Pianisten Bruno Walter besitze ich eine Aufnahme vom Edinburgh Festival 1949. Bei diesem Mitschnitt der BBC begleitet Bruno Walter in einem Liederabend die unvergleichliche Kathleen Ferrier bei ausgewählten Liedern von Schubert und Brahms und Schumann´s "Frauenliebe und Leben" (DECCA; Kathleen Ferrier Edition Nr. 9). Auf einer anderen Ferrier-CD meiner Sammlung gibt es zwei Lieder von einem Liederabend in der Usher Hall, an dem auch Walter die Sängerin begleitet hat.
    Ganz vergessen ist Bruno Walter zum Glück nicht. Und vielleicht wird mit der Zeit och der eine oder andere Schatz aus einem Archiv gehoben und veröffentlicht. Verdient hätte er es.

    Manchmal wird auch ein alter Esel wie ich selbst in der Operette sentimental ("selbst in der Operette" deshalb, weil die Aufführungen von Operetten auch abseits von Mörbisch oder Baden leider häufig was Besetzung, Dirigat oder Regie betrifft nicht entsprechen) - aber wenn in der "Witwe" die Lippen schweigen, und die Witwe und Danilo passen vom Typ und stimmlich zusammen und singen auch noch gut, dann zerquetsche ich schon ab und zu eine Träne.
    Und einer meiner ganz besoneren Favoriten ist das "Schwipslied" aus "La Perichole". Aber bitte auf französisch gesungen !


    Michael 2

    Da ich ja erst kurz dabei bin, beginne ich die verschiedenen Themen zu durchblättern und bin dabei auf die Beiträge über Kathleen Ferrier gestoßen.


    Für mich ist - richtiger war - sie eine der bedeutendsten Sängerinnen des 20. Jahrhunderts und wahrscheinlich die wichtigste der britischen Insel (aber das ist auch eine sehr subjektive Wertung). Ich habe irgendwann bei einer Freundin ihre Aufnahme des Orpheus aus Amsterdam gehört - und seither bin ich dieser Stimme verfallen. In all den Jahren, in denen ich in die Oper oder in Konzerte gehe, habe ich nie eine ähnlich berückende Stimme live erlebt (eine junge österreichische Sängerin, die am Beginn ihrer Karriere steht, berührt mich vor allem in der Barockliteratur ähnlich - auch wenn die Stimmen natürlich ganz anders sind). Ihretwegen habe ich mir sogar die Matthäuspassion unter Karajan (Wien 1950) gekauft (zunächst auf Schallplatte und später auf CD), obwohl ich Karajan bei Barockmusik überhaupt nicht ausstehen kann.
    Es gibt nur wenige KünstlerInnen bei denen ich es aufrichtig bedauere, dass ich sie nie real hören konnte (ja ja, die Jugend) - Kathleen Ferrier gehört eindeutig dazu (wie auch Bruno Walter, mit dem sie ja mehrfach zusammen gearbeitet hat). Und sollte irgendwo ein Messias mit ihr auftauchen - er wäre in Sekundenschnelle ein wesentlicher Teil meiner Sammlung.


    Michael 2

    [quote]Original von Liebestraum



    Vom Wiener Publikum verabschiedete sich Bergonzi, der auf eine 43jährige Bühnenlaufbahn zurückblickte, 1995 im Konzerthaus mit einem speziellen Lieder-Arienabend.


    ___________


    An diesen Abend kann ich mich zwar nicht erinnern, der (in meiner Erinnerung) letzte Abend, den Bergonzi in Wien gesungen hat, war ein Liederabend in der Wiener Staatsoper am 1. Juli 2000. Der damals schon im hohen Alter stehende Tenor gab an diesem Sommerabend begleitet von Vincenzo Scalera noch einmal Einblick in seine fulminante Gesangstechnik und Phrasierungskunst. Natürlich hatte er nicht mehr jenen stimmlichen Glanz, an den sich die älteren Opernbesucher noch erinnern können (und den uns die Schallplatte auch auf den - nicht immer legalen - Mitschnitten von Aufführungen erhalten hat), aber jeder, der HÖREN konnte, hat mitbekommen, dass hier ein Jahrhundertsänger auf der Bühne stand und und noch einmal für sein Publikum sang (als letztes Stück im offiziellen Teil aus Otello "Niun mi tema").


    Michael 2

    Vergessen wir nicht "Anatevka" (im Original "Fiddler on the roof") - um einen Abstecher zum Musical zu machen. Tevje fleht den Herren an und schildert eindringlich was den alles wäre "Wenn ich einmal reich wär" ("if I were a rich man"). Und auch in Kurt Weill´s Operette "Der Kuhhandel" - nicht unbedingt ein wirklich starkes Werk - dreht sich fast alles um das liebe Geld.


    ein Gruß aus Wien
    Michael 2

    Bevor ich meine Bewerbung abgebe, hätte ich gerne noch ein paar Fragen geklärt bzw. beantwortet:
    - Ab wann ist die Position ausgeschrieben (die Vorbereitungszeit ist für die Spielplangestaltung und für Engagements nicht ganz unbedeutend)
    - Wie sehen die bestehenen Verträge aus (befristet, kündbar, unkündbar)
    - Können (finanzielle Grenzen) und/oder dürfen für einzelne Produktionen auch Gäste engagiert werden
    - Wenn es 40 Werke im Repertoire gibt bedeutet das "echtes" Repertoiretheater (wie es einstmals in Wien der Fall war), bedeutet das Semi-Staggione (was Wien heute de facto bietet) ode ist eher an ein System wie in Zürich gedacht. Oder kann ich mir als neuer Direktor das aussuchen ?


    Oder sollten wir zu diesem Fragenereich (welche Rahmenbedingungen hat/braucht ein Intendant) ein neues Thema eröffnen ?


    Michael 2

    Ich habe diese Produktion am letzten Abend (12.8.) gesehen und erlebt (ich hatte den Amor bei der im Publikum spielenden Szene direkt hinter mir sitzen !) und kann mich der Begeisterung nur anschließen. Das war ein durchaus erfreulicher Opernabend, auch wenn ich der Überzeugung bin, dass Akiko Nakajima der Rolle der Eurydike eigentlich entwachsen ist. Dennoch, nie möchte ich einen chlechteren Abend erleben.


    Michael 2


    PS1: Ich freue mich schon auf die Produktion im Februar in Paris mit Elisabeth Kulman als Orpheus.
    PS2: Eröffnen wir dazu passend ein neues Thema "Mein liebster Orpheus auf Platte/CD". Ich oute mich gleich - es ist Kathleen Ferrier