Beiträge von Ullrich

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Du weißt, worauf ich mich mit meinem Zitat bezogen habe. Unabhängig davon, weiß ich auch nicht genau, ob Du mir zustimmen oder mir widersprechen möchtest - bzw. warum Du mich zitiert und dabei dieses Smiley verwendet hast. - Macht aber nichts: Ich bin mit dem, was Du schreibst, gerne einverstanden.

    Lieber Wolfgang, ich habe mich gefreut über Deine Formulierung "quasi-axiomatische Wertstellungen in der Kunst", in der ich eine gelungene, vulgo schöne Kurzbeschreibung der in den Parallelthreads unternommenen Bemühungen um die Erläuterung des Schönen wahrnahm. Deine Formulierung schien mir alle Aspekte der verschiedenen Auseinandersetzungen in den Threads zusammen zu führen und rundum zu erschlagen und erfreute mich in ihrer konzentrierten Knappheit. Dass es sich dabei Deinerseits um ein Zitat handelte, war mir entgangen. Mir schien dies ein treffsicherer Sarkasmus, der mich zu dem möglicherweise bei nachgelagerter Betrachtung nicht ganz passenden Smiley greifen ließ, mit dem ich meine erfreute Zustimmung zu Deiner Anmerkung signalisieren wollte. Ich bitte, mir die Missverständlichkeit nachzusehen. Worauf bezog sich Dein Zitat?

    quasi-axiomatische Wertstellungen in der Kunst

    :baeh01: Letzthin gelang es mir wieder einmal, einen besonders schönen Vertrag zu schreiben - den Anderen zog ich über den Tisch, ohne dass er es merkte. :yes: Das war einseitige Interessenwahrnehmung in höchster Perfektion. Das Perfekte ist aber keine Grundvoraussetzung für das Schöne: Letzte Woche schloss ich einen schönen Vergleich, obwohl ich dabei tüchtig draufzahlen musste. Es war eben das geringere Übel, auf dieser Ebene abzuschließen, statt noch zwei Jahre zu prozessieren.


    Auch für mich sind der Wald, die Natur Äußerung allerhöchster Schönheit, und das obwohl dort Mord und Totschlag herrschen und schleimige Schnecken und anderes ekles Getier dahinkriechen.


    Das Hässliche ist nun einmal Teil des Schönen und beides nicht ohne das Andere existent. Aber mit derartigen Aufweichlichkeiten lässt sich bestimmt kein ästhetischer Blumentopf gewinnen.


    Ach ja: Wäre es anders, ließe sich in den schönen Künsten ja nie etwas Häßliches darstellen.

    Aus 650,00 EUR Jahresbeiträgen (24 Voll- und 2 Fördermitgliedern á 25,00 EUR) dürfte sich kaum ein "nettes Zusatzeinkommen" für die "Funktionäre" ergeben. :no: Schaut man auf die Mitgliederliste, sind Mitglied jene, die es bereits "aus eigener Kraft (durch die Qualität ihres Spiels) ... geschafft haben". Von daher halte ich es für ziemlich weit neben der Sache, hier Pöstchenschacherei und Versorgungsmentalität zu argwöhnen. Aber möglicherweise hat man in Österreich besonders schlechte Erfahrungen mit dergleichen gemacht ...


    Wie dem auch sei, ich begrüße es sehr, dass im Kammermusikumfeld, das auch bei Tamino eher als Randbereich wahrgenommen wird, eine Initiative entsteht, die zumindest die Chance in sich trägt, dem Streichquartettspiel aktiv eine stärkere Stimme in der Klassikszene zu geben. Sehr gespannt bin ich, zu welchen Aktivitäten dies führen wird.


    Es mag den, der die Ausgabe öffentlicher Gelder für Musikdozenturen mit angeschlossenen Residenzen beklagt, verblüffen, aber solche Leute arbeiten auch für ihr Geld und stellen so professionell sicher, dass wir endverbrauchenden Taminos weiterhin Nachschub für unser Hobby erhalten. Und Thielemann kostet die öffentlichen Kassen ja, wie man jüngst in der Dresdener BILD las, eine satte Million. Da verblüfft es mich schon, wenn gegen die Finanzierung der für die Basiskultur grundlegenden Funktionen geschossen wird.

    Ist es sinnvoll, mehrere Interpretationen eines Werkes mit demselben Dirigenten zu haben? ... Bisher war Wands Interpretation mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester für mich eine die herausragende Spitzenaufnahme. ... Wer diese Einspielung kennt (und liebt), wird das verstehen. Ähnlich erging es mir, als ich vor kurzer zeit auch die 8. Sinfonie Bruckners mit dem NDRSO unter der Leitung von Wand aus dem Lübecker Dom gehört habe. Brauche ich jetzt auch noch die Berliner Einspielung(en)?...

    Lieber Andrew, diese Erfahrung wirst Du wohl jedes Mal wieder machen, wenn Du Wands Hamburger Einspielungen gegen die aus Köln setzt. Da ist nicht nur der - selbst gegenüber dem jüngst veröffentlichten neuen Remastering des Kölner Zyklus - hörbar bessere Klang. Die von Dir völlig richtig beschriebenen Eigenschaften dieser Fünften lassen sich ohne Weiteres auf die anderen Wandaufnahmen aus Hamburg übertragen. In Wands Kölner Zeit war das RundfunkSO eben noch nicht ein Klangkörper seiner jetzigen Güte. Und während Wands Arbeit mit den Hamburgern war das bereits ein Brucknerorchester ganz anderer Klasse. Vor allem scheint aber die enge persönliche Bindung Wands an dieses Orchester ihren Beitrag zu leisten zu diesen Bruckneraufnahmen. Ob es - gegenüber den Hamburger Aufnahmen - zusätzlich auch noch die Berliner sein müssen - darüber gehen die Meinungen trefflich auseinander. Die Berliner Aufnahme der Vierten finde ich ergötzlich, bei den übrigen bin ich eher der Meinung, dass keine Verbesserung gegenüber den Hamburger Aufnahmen vorliegt, die die Anschaffung als zwingend nahelegen würde. Klanglich fehlt den Berliner Aufnahmen das - sagen wir mal: - freie Schwingen, das sich bei den Hamburger Aufnahmen mitteilt.

    und wenn Wolfram meint, Kozeluch zu hören sei Zeitverschwendung, so meine ich eben, dass mir die Einspielungen auf "Originalinstrumenten" genügen.

    Die - beispielsweise - Klarinettenkonzerte von Kozeluch habe ich jetzt aber auch nur auf unoriginalen Instrumenten mit Klöcker und dem Prager Kammerorchester gefunden. Schlägst Du solches Repertoire dann dem großen Ausschnitt zu, den Du ohnehin nicht hören wirst, oder dem Teil, der Dich ohnehin nicht interessieren würde? Oder hörst Du dann gegebenenfalls doch "unoriginal"?


    Überhaupt mal "Originalinstrumente" zu hören, ist ja als solches schon eine klangliche Bereicherung ohnegleichen, die sehr viele mit dem Spruch: "... das klingt alles so dünn ..." von sich abwehren. Diese "Einschätzung" "alles so dünn" ist eine ähnlich der Objektivierbarkeit entbehrende Fluchthaltung wie die lebenslange Diskreditierung der gesamten Schönberg'schen Musik nach zwei gehörten Takten eines beliebigen seiner Werke.


    Ob die Ausklammerung aller Musik, die nicht auf Originalinstrumenten gespielt ist, mit dem Hinweis, "... es ist so viel, ich kann sowieso nicht alles hören ...", eine stärkere Sachgrundlage hat, lasse ich mal dahinstehen. :angel: Einen "Aufruf alles zu mögen, weil einem sonst etwas entgeht" fände ich in seiner Flachheit allerdings mit Dir auch ganz schlimm. So einen Aufruf kann ich bei Wolfram aber auch beim bösesten Willen nirgends herauslesen. :D

    Lange, vielleicht viel zu lange Zeit war ich der Ansicht, außer historischem Instrumentarium kommt mir nichts auf den Tisch, und zwar möglichst mit Originalinstrumenten, Nachbauten nur notfalls. Dem lag die Auffassung zugrunde, dass eine historisch informierte Aufführung nur auf historischen Instrumenten möglich sei und dass eine historisch informierte Aufführung die einzig "richtige" Herangehensweise sei, um dem in dieser oder jener Form dokumentierten Willen des Komponisten gerecht zu werden. Die immer wieder gerne geäußerte Rechtfertigung, Beethoven habe sich stets um eine Weiterentwicklung der Klaviermechanik bemüht, der historisch vorhandene Zustand der Klaviere habe ihm zu keiner Zeit genügt, hat mich nie überzeugt und tut dies bis heute nicht. Denn tatsächlich hatte er eben nur die Instrumente zur Verfügung, die es mit dem damaligen Entwicklungstand nun einmal gab. Das Leben ist kein Wunschkonzert, und ich sehe es als Augenwischerei an, wenn wir aus heutiger Sicht meinen, Beethoven habe sich immer bessere Klaviere gewünscht, also müsse er sich den heutigen Flügel gewünscht haben - wer bitte will das denn wissen?


    Inzwischen sehe ich die Wahl des Instruments aber pragmatischer. Anders als zum Beispiel Alfred bin ich nicht (mehr) der Auffassung, dass bestimmte Instrumententypen besser zu bestimmten Komponisten oder zu einzelnen Zeitabschnitten innerhalb der Kompositionskarriere bestimmter Komponisten passen. Wie atemberaubend die späten Beethovensonaten auf dem Nachbau eines historischen Instruments klingen können, hat zum Beispiel Brautigam unter Beweis gestellt. Viele andere haben dasselbe bewiesen auf modernem Konzertflügel. Mir würden so viele Aspekte dieser Musik entgehen, wenn ich nicht beide Klangwelten für mich zuließe.


    Was für ein Verlust wäre es für mich gewesen, auf der Ausführung von Mozarts Klaviersonaten auf dem historischen Instrument zu beharren, und deswegen Gulda auf dem Bösendorfer zu verpassen oder die Schlichtheit der Interpretation bei Uchida.


    Badura-Skoda hat es vorgemacht, wie schön beide Klangwelten zum Beispiel bei Schubert zusammen gehen, und ich möchte weder seinen Schubert auf seinen diversen Hammerflügeln missen, noch jenen auf seinen Bösendorfern.


    Die Wahl des Instruments durch den Musiker - hoffentlich durfte er eine Wahl treffen - ist teil der uns zur Verfügung stehenden klanglichen Vielfalt und der Klang ist Bestandteil der Interpretation. Wenn ich Richters Schubert hören möchte oder, wie Willi, Radu Lupus, bekomme ich das nun mal nur auf Steinway. Das bedauere ich noch nicht einmal, denn ich will ja Richters oder Lupus Interpretation hören.


    Statt uns hier künstlich fest zu legen, dürfen wir die uns heute gebotene Auswahl doch schätzen und genießen.


    Und am wirkungsvollsten kann diese Sonaten dasjenige Instrument ins Publikum tragen, das der Musiker für seinen Vortrag ausgewählt hat. Denn mit diesem Instrument wird er sich am wohlsten fühlen und am ehesten das zum Ausdruck bringen, was ihm bei dieser Musik am Herzen liegt.


    ps.: Dass das mit der Wahl für die Ausführenden heute oft eher theoretisch ist und genommen werden muss, was auf der Bühne steht, ist mir bei diesen eher idealtypischen Überlegungen natürlich schon bewusst.

    Der Sänger erreicht hier Dimensionen des Ausdrucks, die ich ihm aufgrund seiner Studio-Aufnahmen nicht zugetraut hätte. Unglaublich. Eine Sternstunde.


    :yes: Diese Aussage entspicht exakt meiner Wahrnehmung, wenn ich FiDi im Konzert zusammen mit Horowitz mit Schumanns Dichterliebe höre, zwar 1976 mit um 17 Jahre gealterter Stimme, aber einem Erfindungsreichtum, einer Ausdrucksstärke und einer "Lockerheit", die ihresgleichen suchen - und hochspannend gestaltet. (So sehr ich Wunderlich/Giesen Salzburg 1965 bewundere, dieses FiDi Konzert ist noch einmal eine ganz andere Hausnummer.) Übrigens: Hubert Giesen in allen Ehren, aber was Vladimir Horowitz hier aus der Gestaltung herauszaubert, gehört zu den raren Sternstunden der Liedbegleitung (vergleichbar vielleicht mit Richter oder Brendel).

    Hier der Link zur CD, bitte zielen: ->()


    Robert Schumann: Dichterliebe op. 48


    Dietrich Fischer-Dieskau
    Vladimir Horowitz
    NewYork live 18. Mai 1976

    Danke, Sagitt!


    Das 1979 in Cornwall gegründete Klavierquartett Domus, nicht zu verwechseln mit dem im Süddeutschen stationierten, mit Holzbläsern besetzten Domus-Ensemble, hat wirklich bemerkenswerte und einige bepreiste Einspielungen hinterlassen. Leider löste sich das Ensemble 1994 auf, nicht ohne noch als letzte Einspielung für Hyperion mit Anthony Marwood die Fauré Klavierquintette aufzunehmen. Aufnahmen entstanden sowohl für Hyperion als auch (z. B. Brahms) für Virgin. Gründungsmitglieder von Domus waren Susan Tomes (Klav.), Krysia Osostowicz, Robin Ireland und Timothy Hugh. An die Stelle von Robin Ireland und Timothy Hugh traten zuletzt Timothy Boulton und Richard Lester. Tomes, Marwood und Lester waren seit 1995 das Florestan Trio, das sich 2012 auflöste.


    Als Aufnahmen sind hervor zu heben eben diese Klavierquintette von Fauré, dto. seine Klavierquartette
    und natürlich Brahms' Klavierquartette.

    Ist das nicht eine etwas sehr optimistische Sichtweise, die uns da präsentiert wird? :angel:


    Meinen die Dresdener und ihre Staatskapelle wirklich, ihr Licht derart unter den Scheffel stellen und ihr Schicksal von einer solchen Einzelperson abhängig machen zu müssen? Die Einmaligkeit der Zauberharfe und ihres spezifischen Klangs, die viereinhalb Jahrhunderte alte Tradition der Staatskapelle hat doch nicht ein Thielemann erfunden! :no:


    Schade, dass BILD eine so schlechte Meinung über die Staatskapelle hat ...

    Ensembles in der Besetzung eines Klavierquartetts, also üblicherweise Klavier mit Streichtrio, die laufend in dieser Besetzung zusammen spielen, gibt es so furchbar viele nicht. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass der mit 10.000 EUR aus der Schenkung von Herrn Konsul Uwe Böttcher dotierte Brahms-Preis der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein e. V. in Heide (hatetepe://www.brahms-sh.de/preis.htm) in diesem Jahr wieder einmal die Richtigen trifft, nämlich das Fauré Quartett (hatetepe://www.faurequartett.de/the_quartett.php). Herzlichen Glückwunsch.


    Das Fauré Quartett - das sind seit seiner Gründung 1995 Erika Geldsetzer, Violine, Sascha Frömbling, Viola, Konstantin Heidrich, Cello, und Dirk Mommertz, Klavier - wird (erwartungsgemäß) für seinen Einsatz für das Kammermusikwerk Brahms' ausgezeichnet.


    In einem Interview (hatetepe://www.brahms-sh.de/aktuell.htm - abgerufen: 23.05.2012) weist Dirk Mommertz auf die Aktivitäten des Fauré Quartetts speziell im schulischen Bereich hin: "Daher investieren wir viel Zeit bspw. für Schulkonzerte. Wir arbeiten sehr eng zusammen mit dem Projekt „Rhapsody in School“, das im September 2005 auf Initiative des Pianisten Lars Vogt gegründet wurde und seitdem mehr als 20.000 Schüler an über 700 Schulen erreicht hat. Seit diesem Jahr haben wir unser eigenes Festival, den Festspielfrühling Rügen, und verpflichten die Musiker, die wir einladen, uns an die Schulen zu begleiten.
    Das hat den Effekt, dass die Jugendlichen in die Abendkonzerte kommen. Das sind so kleine Schritte, die man geht, aber die sehr wichtig sind. Auch durch die Produktion der CD „Popsongs“ konnten wir Türen aufgestoßen und ein Publikum erreichen, das sonst nicht auf Klassikkonzerten anzutreffen ist. Wenn nur ein Schüler dadurch abends in ein klassisches Konzert kommt, ist schon viel erreicht." Das sind, wie ich finde, erfreuliche Aktivitäten dieses Ensembles, denen der angestrebte Erfolg zu wünschen ist.


    Die oben gezeigte Aufnahme des 1. und 3. Brahms Klavierquartetts ist hnireißend. Die Faurés entdecken Brahms mit einer jugendlichen Frische und Begeisterung neu, die Aufführungen dieser Musik oftmals zu fehlen scheinen. Sehr empfehlenswert.


    Eine weitere Empfehlung geht an die Aufnahme des Fauré Quartetts mit den Klavierquartetten von Theodor Fürchtegott Kirchner und Robert Schumann. Besonders das Quartett des Schumann-Zeitgenossen Kirchner ist überaus entdeckenswert, und zwar allemal, wenn es so gespielt wird, wie von den Faurés.


    Welche Klavierquartett Ensembles haltet Ihr für empfehlenswert, dto. welche ihrer Einspielungen?

    Völlig begeistert höre ich zur Zeit diese beiden CDs rauf und runter. Die Box habe ich glücklicherweise noch für einen sehr akzeptablen Preis ergattert, eigentlich ging es mir nur um Fischer-Dieskaus Beitrag hierin, aber jede einzelne Aufnahme ist so was von hörenswert. Das Juilliard String Quartet spielt


    - mit Rudolf Firkusny Dvoràks Klavierquintett A-Dur op. 81 (1975)
    - mit Dietrich Fischer-Dieskau Barbers Dover Beach op. 3 (1967)
    - mit Yo-Yo Ma und Walter Trampler Schönbergs Verklärte Nacht op. 4 (1991)
    - mit Leonard Bernstein Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44 (1964)
    - mit Aaron Copland (Klav.) und Harold Wright (Klar.) Coplands Sextett für Klarinette, Klavier und Streichquartett (1966)
    - mit Jorge Bolet Francks Klavierquintett f-moll (1978).


    Natürlich sind diese Aufnahmen verteilt auch anderweitig erhältlich. Aber es macht einfach Spaß, diese erlesene Auswahl an Musikern gebündelt hier vorliegen zu haben und anhören zu dürfen.


    Das Schönberg Sextett gehört - zu meinem Erstaunen - zu den besten Aufnahmen, die ich kenne. Es wird jede Dickleibigkeit , Zähigkeit oder Tranigkeit des Klangs vermieden. Obwohl die Sechs zu einem vollen Sextettklang finden, bleibt das Stimmgefüge durchsichtig. Zugleich ist dies ohne Abstriche der von dem Werk verlangte spätromantische vollmundige Klang. Sehr gut!


    Was gäbe es bei Firkusny und Bernstein schon zu sagen ... Weltklasse.


    Die Werke von Copland und Franck habe ich hier erst kennen gelernt. Sehr lohnend, besonders dieses Copland Sextett! Und Fischer-Dieskau präsentiert Dover Beach (kannte ich bisher nur mit Mezzosopran) hier ganz von der lyrischen Seite. Ich bin sicher, dass es Barber gefallen hat, sein Studienwerk so zu hören.

    Ich hoffe, dass wir hier von der gleichen Winterreise sprechen, lieber Ullrich.

    Lieber Willi, leider, ja, doch, und ich schäme mich ja auch in Grund und Boden dafür, dass ich das so anders höre als Du, alle Tamino-KollegInnen, die Rezensenten und der Rest der Welt. Aber ich kann nicht anders. Vielleicht, wenn Du das mal in den direkten Hörvergleich nehmen würdest zu Prégardien, oder zu einer beliebigen der FiDi Aufnahmen ... aber das hast Du bestimmt schon getan. Ich muss mich wohl damit abfinden, dass ich mit meiner Ablehnung alleine da stehe. Und das kann ich mir nur so erklären, dass es eben Goernes Stimme ist, die mich (subjektiv und höchstpersönlich) nicht anspricht, und dass ich deshalb einfach keinen Draht zu seinem Gesang finde.


    Brendel ist - auch auf dieser Aufnahme - ein begnadeter Beleiter in der Individualität und differenzierten Ausarbeitung seiner Begleitung, und er kommt Richter unbedingt gleich. Ganz hervorragend! Da stimme ich völlig mit Dir überein.

    Bei den Frauenstimmen wiederum sind es eher die tiefen Stimmen, die ich bevorzuge.


    Bei Christianne Stotijn nahm mich die Stimme schon bei ihrem Debut-Album gefangen, ihre Entwicklung seitdem zeigt ganz viel Potential nach oben und in die Breite, hier höre ich eine Liedersängerin mit großer Bedeutung für die Liederszene der Zukunft.


    Ausdrucks- und deklamationsstark, mit klarer Stimme singt Anne Sofie von Otter und deckt dabei ein breites Band liedsängerischer Möglichkeiten und Inhalte ab. Ich halte sie für eine der immer noch maßstäblichen Liedsängerinnen - oder gar die maßstäbliche.


    Obwohl Bernarda Finks Stimme mir über alle Maßen liegt, lässt ihr weitausschwingendes Vibrato mir das Blut gefrieren ... ich kann's nicht ab.


    Die Nennung einer/s weiteren Kandidatin/en behalte ich mir vor.


    Kandidatin 4: Christianne Stotijn
    Kandidatin 5: Anne Sofie von Otter

    Die Überlegenheit dieser Riege können auch so hervorragende Liedgestalter wie Peter Schreier, Tenor und Kurt Moll, Bass nicht ändern.

    Wenn es so wäre, woran könnte das liegen?


    Mir zum Beispiel ist neben Peter Schreier, der seit Ende 2005 nicht mehr öffentlich singt und deshalb von diesem Thread nicht als Liebling zugelassen ist, vor allem Christoph Prégardien als lyrischer Tenor von Stimme und Gestaltung her sehr nahe, vielleicht am nächsten. Seine Winterreise steht für mich gestalterisch auf Augenhöhe mit Interpretationen von z. B. FiDi. Ähnlich schätze ich bei den Tenören auch Werner Güra.


    Nicht gilt dies z. B. für den hier so geschätzten Matthias Goerne, dessen verwaschene Sprachgebung mich eher abstößt (seine Winterreise habe ich schnellstmöglich wieder abgestoßen. Wer so undeutlich und polternd gestaltet, kann mir auch bei ausdrucksvollster Tongebung nicht imponieren.


    Bei Christian Gerhaher wiederum treffen stimmliche Schönheit, sprachliche Deutlichkeit und Gestaltungskraft zusammen, und er gehört tatsächlich zu den Baritonen, die mir besonders lieb sind.


    Also hier einmal drei Kandidaten:
    Kandidat 1: Christoph Prégardien
    Kandidat 2: Christian Gerhaher
    Kandidat 3: Werner Güra

    Die für mich stimmigste, in sich geschlossenste und ausdrucksstärkste Aufnahme von Brahms' Requiem aus der Zeit der "großen Alten" ist nicht etwa die unter Klemperer, in der FiDi Elisabeth Schwarzkopf zur Seite hat. Es ist diejenige unter Rudolf Kempe vom Juni 1955 mit Elisabeth Grümmer, dem Chor der St.-Hedwigs-Kathedrale und den Berliner Philharmonikern. FiDi kommt hier zu einer Freiheit und Großartigkeit der Gestaltung, wie er sie unter Klemperer nicht erreicht. Absolut hinreißend.

    Vielleicht ist dies nichtmals seine beste Aufnahme des Lieds von der Erde ... aber in dem Zusammentreffen mit Wunderlich ist diese "Ausgrabung" doch die für mich ergreifendste, persönlichste Äußerung, die FiDi zu diesem Werk hinterlässt - persönlicher als unter Kletzki, wenn auch dort vielleicht besser gesungen, gestalterisch reicher als unter Bernstein. Mit diesem Mahler wird er mir in Erinnerung bleiben.

    Zitat

    Der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau ist tot. Er starb im bayerischen Berg bei Starnberg kurz vor seinem 87. Geburtstag, wie seine Frau Julia Varady mitteilte. Der "Jahrhundertsänger" Fischer-Dieskau galt als der wahrscheinlich bedeutendste Vertreter des romantischen Liedgesangs. Er machte aber auch als Opernsänger, Musikpädagoge und Schriftsteller Karriere.

    (*)


    Er ruhe in Frieden.


    (*)Quelle: Meldung der dpa, am 18.05.2012, 13.26 h, entnommen aus hatetepe://www.general-anzeiger-bonn.de/news/ticker/Saenger-Dietrich-Fischer-Dieskau-gestorben-article765473.html

    :hahahaha:
    Ehrlich? Problematisch?


    Ich dachte, es wär' super, wenn die Musikhörer endlich mal ganz unverstellt auch das in der Musik von Beethoven und Brahms wiederfinden, wofür sie mal mindestens auch geschrieben wurde: Spaß an der Freud'.


    Aber hast schon Recht: diese "Eventkultur" hat schon was Ekliges. :stumm:


    Für meine Vordergründigkeit entschuldige ich mich auch recht artig. Ich bin so niveaufrei, ich kann nicht anders.

    Woran liegt es, dass der genialische Equilibrist Fritz Kreisler - abseits seiner Interpretationen klassischer Werke - mit seinen so umwerfend-beeindruckenden Piècen kaum Beachtung erlangt?


    Lieber Milletre, so ist das ja gar nicht. Gerade Kreisler wird im karnevalistisch grundierten Rheinland von Jung und Alt ohne Ende bejubelt. Zum Beweis: Bitte schau doch mal in diesen Beitrag (interner Tamino-Link) hier und schlage, wenn Du magst, die dort zitierte Rezension eines Geigenabends in der Kölner Philharmonie mit viel Fritz Kreisler nach. :baeh01:

    Die Verklärung einer ... Sonate ... usw. zu einem Ganzen, das nur ungeteilt und in andachtsvoller Haltung bei gedämpftem Licht rezipiert werden dürfe, ist eine kunstmetaphysische, die in Teilen auf Wagner zurückgeht und im 20. Jhd. ihren Höhepunkt hatte.

    ... und im 21. Jhd. offenbar wieder in Frage gestellt wird. Jedenfalls drängt sich dieser Eindruck auf, wenn ich heute die Rezension (*) vom 17.05.2012 eines "Kammerkonzerts" in der ausverkauften Kölner Philharmonie, einem 2.000-Seelen-Saal, lese. David Garrett, Violine, Julien Quentin, Klavier, und Marcus Wolf, Gitarre. Auf dem Programm: Johannes Brahms, 2. Violinsonate, Ludwig van Beethoven, Kreutzer-Sonate, diverse Eigenarrangements meist nach Fritz Kreisler.


    Der Rezensent findet durchaus lobende, aber auch kritische Worte zu Garretts Spiel und meint zur Sensibilität des Publikums für schöne Stellen: "Das begeisterungsfähige Publikum bestand aus Jung und Alt, klatschte nach jedem Sonatensatz bei Johannes Brahms und Ludwig van Beethoven und ließ seine iPhones so gewitterartig blitzen, dass die Ordnungskräfte mit ihren Mahnungen nicht mehr nachkamen." (*) Genau: heute, im 21. Jhd., klatscht man nach jedem Sonatensatz von Brahms und Beethoven - pfeif' auf die kunstmetaphysische Verklärung des Kunstwerks als unteilbar zu genießende Gesamtheit.


    Daraus folgt:
    1. Es behaupte keiner mehr, Kammerkonzerte seien nicht gut besucht. 2. Es ist offensichtlich und ich finde es herrlich, dass das Publikum bei Beethoven und bei Brahms "schöne Stellen" am laufenden Band hört und sich vor Begeisterung kaum zurückhalten kann.


    (*) Zitat: (Autor: Christoph Zimmermann, General-Anzeiger Bonn, entnommen am 17.05.2012 aus hatetepe://www.general-anzeiger-bonn.de/lokales/kultur/David-Garrett-ueberzeugt-mit-Durchdachtem-und-Raffiniertem-article764194.html)

    Lieber Johannes, es ist schon erstaunlich, dass nirgendwo im Internet unter den verschiedensten Stichwörtern eine Information zu finden ist, erst recht nicht in den mir vorliegenden Booklets. Als Jahreszahl wird meist 1987 genannt, mancherorts auch 1988, aber nur mit dem Zusatz retired, also: sie haben sich zurückgezogen vom Konzertleben, das Quartett aufgelöst. Am aufschlussreichsten finde ich noch den Satz: "Im Mai 1987 beendete das LaSalle Quartett nach über 40 Jahren seine Konzerttätigkeit." ( hatetepe://www.dradio.de/dkultur/sendungen/konzert/890172/ ).


    1946 bis 1987, das sind immerhin 41 Jahre und eigentlich braucht es keinen darüberhinaus gehenden Grund für ein retirement. :angel:


    Es gibt zwar ein sehr lesenswertes Interview mit Walter Levin in der NMZ ( hatetepe://www.nmz.de/artikel/ein-halbes-jahrhundert-quartettgeschichte ), aber auch dort kein Wort über den Auflösungsgrund. Auch in einem Portrait über ihn ( hatetepe://www.klassikinfo.de/Portraet-Walter-Levin.338.0.html ) - kein Wort dazu.


    Wenn es denn einen "Grund" gegeben haben sollte, dürfte er genannt werden in Robert Spruytenburg, Das LaSalle-Quartett - Gespräche mit Walter Levin, März 2011, 428 Seiten, ISBN 978-3-86916-102-0. Wenn also mal jemand in die UB kommen sollte, wäre eine Recherche super.

    Anders als bei den allfälligen Erweiterungen des Streichquartetts um ein fünftes Instrument (Klarinette, Klavier, etc.) verstand Schönberg sein zweites Streichquartett fis-Moll op. 10 für zwei Violinen, Viola, Violoncello und eine Sopranstimme offenbar als Quartett, nicht als Erweiterung zu einem Quintett, und dies, obwohl der eingemischten Sopranstimme tatsächlich Georgetexte untergelegt sind. Würde diese Mischform auch unter den Titel dieses Freds fallen?

    Zuerst dachte ich an einen April-Scherz, aber die Pressemitteilung datiert schon vom 19. März d. J., und letzten Endes: warum auch nicht ... Also:


    "Der Verband Deutscher Streichquartette e.V. (VDSQ) gibt seine Gründung bekannt. Gründungsmitglieder sind Vertreter der Quartette Auryn, Diogenes, Henschel, Klenke, Kuss, Leipziger, Mandelring, Minguet und Vogler. Der VDSQ ist der weltweit erste Verband von Streichquartett-Ensembles. Für Streichquartette, die ihren Sitz in Deutschland haben, fungiert er als Standesorganisation und Interessenvertretung in der Öffentlichkeit.

    Der VDSQ sieht sich als Beobachter und Impulsgeber des aktuellen Branchengeschehens. Der Verband setzt sich für den Erhalt der einzigartigen Streichquartett- und Kammermusiklandschaft ein und bemüht sich um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Deutschland. Das Engagement des VDSQ gilt vor allem den hauptberuflich arbeitenden Streichquartetten, sowie denen, die eine professionelle Tätigkeit in einem Streichquartett anstreben. In enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Musikrat und der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen bemüht sich der VDSQ um den Auf- und Ausbau von Ensemble-Residenzen in Deutschland im Sinne der gemeinschaftlichen Einbindung eines gesamten Quartetts in die Lehrtätigkeit an derselben Musikfakultät, wie sie im angelsächsischen Kulturraum eine lange Tradition haben und dort bereits eine tragende Säule der Streichquartett-Landschaft bilden. Es ist auch in Deutschland notwendig, dafür Sorge zu tragen, dass professionelle Streichquartette an demselben Ort in die grundsichernde Teilzeit-Lehrtätigkeit eingebunden werden. Gleichzeitig profitieren Musikfakultät, Ort und Bundesland vom Ensemble als Kulturbotschafter. Der VDSQ engagiert sich auch für ehemalige Mitglieder von Streichquartetten und die Anerkennung ihrer im Streichquartett geleisteten Arbeit durch die Deutschen Orchester.

    Für das Präsidium zeichnen verantwortlich: Monika Henschel, Vorsitz - Matthias Moosdorf, stellvertretender Vorsitz - Bernhard Schmidt, stellvertretender Vorsitz - Ernst Gülpen, stellvertretender Vorsitz - Dr. Wolfgang Gärtner, Schatzmeister.

    Kontakt und weitere Informationen:


    Verband Deutscher Streichquartette e.V.
    Kreuzdornweg 9
    81547 München


    Tel. +49 (0) 89. 538 19 322
    http://www.vdsq.de"
    Pressemeldung des VDSQ vom 19. März 2012, entnommen am 15. Mai 2012 aus hatetepe://www.vdsq.de/presse/pressemeldung/


    Da fehlen doch aber schon noch eine Reihe von Streichquartett-Mitgliedern mit steuerlichem Sitz in Deutschland in der Mitgliederliste, oder? An den moderaten Mitgliedsbeiträgen von 20,00 EUR Aufnahme und 25,00 EUR jährlich kann's nicht liegen. Ist das Interesse an einer organisierten Interessenvertretung "in der Öffentlichkeit, gegenüber Politik, Medien und Geschäftspartnern" und das Angebot einer "Beratung in branchenrelevanten Bereichen" bei Streichquartettlern doch nicht so groß? Immerhin hat Vorsitzende Monika Henschel die Existenz und Inhalte des Verbands gestern Abend im WDR 3 etwas öffentlicher gemacht.


    Welche Chancen bietet ein derartiger Verband den Mitgliedern aus Eurer Sicht? Oder hat der Verband selbst überhaupt Überlebenschancen? Haltet Ihr die Organisation von Quartettmusikern in einem Interessenverband für notwendig oder auch nur förderlich?

    Das zweite Streichquartett 'Intime Briefe' von Janácek ist original für zwei Violinen, Viola d'amore und Cello gesetzt (in dieser Besetzung z. B. das Mandelring Quartett für Audite oder - mir lieber - das Quatuor Diotima für Alpha - beide ziehen "externe" Musiker mit der Viola d'amore heran). Als silbrig, angenehm und lieblich wird der Klang der Viola d'amore beschrieben, und diese Besonderheit verändert für mein Gespür den Klang der Musik ganz erheblich.


    Der Untertitel Intime Briefe ist mit diesem intimeren Klang erst so recht verstehbar. Die meistens gespielte und aufgenommene, von Janácek entsprechend eingerichtete Fassung für herkömmliches Streichquartett gibt diese sinnliche Klanglichkeit nicht in dieser Weise her.

    Wer aber eine Beethoven Symphonie "anpassen" muss, weil die Akkustik es nötig macht, sage mir vorher Bescheid, so das ich fernbleibe.

    Dürfen wir daraus schließen, lieber Thomas, dass Du gar niemals in ein Konzert gehst? Das, was hier beschrieben wurde, ist nunmal notwendige Begleiterscheinung praktischer Musikausübung und Du wirst dem wohl nicht entkommen können. Den Lübecker Dom baulichen Maßnahmen unterwerfen zu wollen, um Günter Wand darin eine Bruckner-Sinfonie dirigieren zu lassen, ist allerdings schon eine humoristische Anmerkung loriot'scher Attitüde. :hahahaha:

    Fallen jene Komponisten, die aktuell nichts Neues mehr veröffentlichen, tatsächlich durchs Raster? Also Boulez deshalb, weil er zuletzt 2006 veröffentlicht hat? Seine letzte Neukomposition war sogar, wenn ich es recht sehe, Incises von 1994, danach kamen "nur" noch Überarbeitungen. Dass sein Komponistenruhm aus frühen Jahren stammt, darauf hat Johannes schon hingewiesen.


    Andererseits hat Sibelius nach Tapiola 1926 angeblich seine 8. Sinfonie 1929 vollendet, sie dann vernichtet und fortan gar nichts mehr komponiert - bis 1957. Hat ihm das seinen Status als großer alter Komponist der Finnen in irgendeiner Weise geschmälert?


    Auf eine noch aktuelle kompositorische Aktivität sollte es für den Status "großer Alter" meines Erachtens nicht ankommen.