Hallo keith,
Ich versuche mal, ein paar deiner Fragen zu beantworten Wenn ich irgendetwas falsch darstellen sollte, wird mich sicherlich jemand korrigieren.
1. Was meinst du denn genau mit "tonaler Rahmen"? Funktionstonale Strukturen des Werkes? (Und wieso erst nach dem ersten bzw. zweiten Zwölftonreihenablauf?) Wenn ja, sei hier Edwin zitiert:
Zitat
Original von Edwin Baumgartner
Musik wird auch dann als "tonal" empfunden, wenn eine tonale Melodie von atonaler Harmonik oder eine atonale Melodie von tonaler Harmonik gestützt wird. Soll heißen: Wenn man aus dem zwölftönigen Satz eine Melodie herausdestilliert, die tonale Merkmale hat, und diese in Oktaven ausführt, ist es ziemlich egal, was sich harmonisch tut: Der Zuhörer wird das Gefühl einer tonalen Musik haben.
Das ist nicht Ziel und Zweck der Zwölftontechnik. Aber es ist eine ihrer Möglichkeiten.
Solche tonal klingende Zwölftonmusik gibt es (Edwin führt bereits im ersten Beitrag zum Thread zwei Beispiele an), sind aber eher die Ausnahme. Schönberg selbst hat keine Musik dieser Art komponiert; die Musik von Alban Berg geht, glaube ich, schon eher in diese Richtung (wobei auch da extrem dissonante Passagen vorkommen).
2. Muss dir jemand anders beantworten, bei Brahms kenne ich mich nicht aus
3. Ja! Und nein! Einengt, in Bezug auf was? Sie engt in der Motivik ein, da in der Regel nur eine Zwölftonreihe pro Werk benutzt wird (doch auch da gibt es, auch schon bei Schönberg, Ausnahmen). Die Zwölftonreihe ist so etwas wie das Hauptthema deines Werkes, auf das sich alles beziehen soll. Das heißt aber nicht, dass kein Ideenreichtum seitens des Komponisten mehr möglich wäre. Immerhin hat er 48 Variationen (die Reihe, ihre Umkehrung, ihr Krebs, die Krebsumkehrung und jede dieser Reihenformen auf alle zwölf möglichen Anfangstöne transponiert) einer Zwölftonreihe zur Auswahl, die er beliebig rhythmisch strukturieren, instrumentieren, auf die Instrumente verteilen kann.
Im Grunde wurde ja die Zwölftontechnik erfunden, weil dadurch Bezüge (zumindest theoretisch) viel klarer zu hören sind; man fühlt (ebenfalls theoretisch, zumindest in meinem Fall bei den meisten Werken auch praktisch), dass sich Alles (oder zumindest Vieles) auf ein Grundthema bezieht, das sich durch die gesamte Komposition zieht. Besonders bei Reihen, die nur wenige verschiedene Intervalle benutzen - eine Zwölftonreihe, die vor allem aus Quarten und kleinen Sexten besteht (wie in Schönbergs Suite, Op. 29) wird die viel eher thematische Anhaltspunkte bieten können als eine Allintervallreihe (eine Zwölftonreihe, die alle elf möglichen Intervalle benutzt).
Eigentlich müsste frei pantonale Musik dem Hörer viel eher Schwierigkeiten bereiten als zwölftönige, da sich in der frei pantonalen Musik ja keine Anker finden müssen (aber können).
4. Soweit ich weiß (warte lieber aber noch Edwins nächsten Beitrag ab), hat Schönberg die Sequenzierung weder erfunden noch angewandt. Die Repetition verwendet er (meines Wissens) sehr spärlich und beschränkt sich dabei auf Gruppen von nur zwei oder höchstens drei Tönen (die in der Reihe sowieso aufeinander folgen).
Was Schönberg in seinen späteren Werken verwendet hat, waren (wie Edwin bereits erwähnte) Oktavverdopplungen (wodurch Melodien klarer hörbar werden); außerdem war es ihm nicht mehr wichtig, Anklänge an tonale Musik (zufällige Dreiklangsbildungen) zu vermeiden, da er diese nicht mehr als Gefährdung der thematischen Einheit und der Gleichberechtigung der Töne ansah.
5. Siehe meine Antwort zu Frage 3 Zwölftontechnik kann (und soll ja auch!) sehr wohl Anker bieten.
Und die direkte Wiederholung war gar nicht so verboten, wie oben dargestellt; Schönberg selbst hat sie schon in einem seiner ersten Zwölftonwerke angewandt (die gesamte Exposition des ersten Satzes seines Bläserquintetts, Op. 26 steht zwischen Wiederholungszeichen), aber auch in seinen späten Zwölftonwerken teilweise angewandt (bspw. in seinem Streichtrio, Op. 45, wo in der Reprise die ersten paar Takte auch exakt wiederholt werden).
6. Siehe abermals meine Antwort zu Frage 3: Zwölftontechnik stellt durchaus nicht "Zweck an sich" dar, und so eng ist das Regelwerk (wie auch schon von Edwin dargestellt) ja nun auch nicht
7. Lediglich den tonalen Rahmen (jetzt weiß auch, was du damit meinst... wodurch ich den Sinn deiner ersten Frage jetzt leider aber noch weniger verstehe...). Musik, die auch die Rhythmik(, Dynamik etc.) einschränkt, nennt man seriell. Serielle Musik wurde nicht von Schönberg erfunden (Und nebenbei, die Zwölftontechnik betrifft die Harmonik ja nur in relativ geringem Maße, da der Komponist ja immer frei entscheiden kann, welche Töne hintereinander, und welche gleichzeitig als Akkorde erklingen sollen. Dadurch ergeben sich eigentlich so viele verschiedene verwendbare Akkorde, wie du dir nur vorstellen kannst. Wenn die Harmonik immer gleich wäre, würde das Ganze ja sehr langweilig ausarten.)
In der Hoffnung, wenigstens ein bisschen geholfen zu haben grüßt
Philipp