Beiträge von S.Kirch

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    Original von Zwielicht


    Das Problem ist doch folgendes: Wer kann sich schon seriös über eine Inszenierung äußern, die er gar nicht gesehen hat?


    Und das wird schon schwierig wenn man eine Opern-Übertragung im TV gesehen hat, wie das während der Festspielwochen sehr oft möglich ist.


    Das Vorspiel der Meistersinger sowie einen Teil des 3. Aktes hörte ich vergangene Woche im Radio und es begeisterte mich nicht. Einzig Volle als Beckmesser war überzeugend von der Stimme. Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch die Besetzung mit einem Sänger ungefähr gleichen Alters wie Stolzing, so ist die Konkurrenz der Männer um Eva betonter. Vogt ist für mich indiskutabel, den hörte ich in Köln und Berlin schon in einigen Rollen...


    Was szenisch im TV an Ausschnitten präsentiert wurde und was die Presse so schreibt, erwarte ich fast ein Stückwerk denn eine schlüssige und konsequente Aufführung. Daher ist die Spannung auf den diesjährigen Bayreuthbesuch bei ungefähr -100.


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    Keine Ahnung, ob irgendein Forumsmitglied die diesjährigen Bayreuther „Meistersinger“ vor Ort miterlebt hat oder noch sehen wird – bisher hat sich jedenfalls keiner geoutet.


    Vielleicht schlicht noch keine Lust sich zu outen denn wie sagst Du selber: Warum reden wenn man es noch nicht gesehen hat. In 2 1/2 Wochen sind wir da, zu den Meistern und dem Teletubbie-Tannhäuser. Die Plätze sind etwas sichtbehindert, 2/3 der Bühne ist i.d.R. jedoch zu erkennen.

    Hallo Alviano,


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    Original von Alviano


    solche ironischen und sehr, ja, "slapstickhaften" Szenen sind bei Konwitschny schon immer zu sehen gewesen. Der Eboli-Traum, das Ehepaar, dass mitten in der Lulu einen Krach bekommt, er tötet sie und die kleine Szene läuft dann wie im Film rückwärts ab, bis beide wieder in ihrem Theatersessel sitzen...


    Seine Lulu kenne ich nicht. Seine besten Arbeiten sind m.E. Parsifal und Wozzeck.


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    wie alle Inszenierungen von Metzmacher/Konwitschny an der Staatsoper Hamburg - nicht wiederaufgenommen werden


    Geht im Moment nicht die 2. Spielzeit von Young zu Ende? Vielleicht muß man ihr und dem Publikum noch Zeit lassen, sich von der Prägung der Vorgänger Metzmacher/Langevoort zu lösen. Vor einigen Monaten gab es eine Pressemeldung in der Young sinngemäß sagte, sie möge keine Unterbrechungen in Opernaufführungen und verhandele aus diesem Grund mit Konwitschny wegen der Meistersinger. Wenn da was dran ist, macht sie jedenfalls nicht die gleiche "Riesendummheit" wie der Intendant in Dresden, der die Csardasfürstin in veränderter Form aufführen ließ.


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    Ja, was bleibt: wenn ich nicht ganz irre, soll es demnächst ein neues Buch über Konwitschny geben - und bis es neue Inszenierungen von Peter Konwitschny gibt, könnte ich ja vielleicht in Amsterdam die "Daphne" besuchen (wohl eine Übernahme aus Essen...? Mit Metzmacher am Pult)


    Fein, dann kannst Du ja über Aachen fahren ;). Die Daphne ist die Übernahme aus Essen, hier dirigierte Soltesz. Mir hat die Aufführung damals (trotz Strauss) sehr gut gefallen und ich hoffe, daß die Aufführung in Essen nochmal zu sehen sein wird. Soltesz gilt als Strauss Liebhaber und vergangene Spielzeit munkelte man schon von einem Strauss-Zyklus.


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    endlich mal den "Holländer" anschauen, ist eigentlich kaum verständlich, dass ich den bislang noch nicht gesehen habe.


    :no: , das ist natürlich nachzuholen ;) . sonst bleibt noch Stuttgart, Elektra und Zauberflöte. Zum Land des Lächelns melde ich mich nochmal, wenn das Programm da ist und die Aufnahme wieder angeschaut wurde.

    Hallo Alviano,


    es ging mir nicht um Parallelen in der Handlung sondern um Parallelen in verschiedenen Inszenierungen des gleichen Regisseurs. Daß ein Regisseur eine wiedererkennbare Handschrift hat kann man bei vielen Regisseuren beobachten, wenn man mehrere Arbeiten des gleichen Teams kennt. Es soll hier ebenfalls (noch) keine Bewertung vorgenommen werden, daß es sich bei Konwitschny nun so häuft ist m.E. auffällig. Gleichzeitig gewinne ich den Eindruck, daß er seine Arbeiten zunehmend "verjuxt". Extreme Beispiele waren "Cosi fan tutte" in Berlin und "La clemenza di Tito" in Hamburg. Und es liegt für mich ein möglicher Verdacht nahe, ob er das Theater auf dem Theater noch ernst nimmt.


    Ich will die Beispiele kurz an der Opernhandlung verdeutlichen:


    Zitat

    Original von Alviano


    Zu den Beispielen:


    Die Situation in der sehr unterhaltsamen, ironischen „Clemenza di Tito“-Produktion in Hamburg war etwas anders: die erste Sopranistin verliess mitten vor der Schlussphase ihrer Arie die Bühne und der Dirigent Ingo Metzmacher fragte die zweite Sopranistin, ob sie vielleicht das Stück fertig singen könne – was diese dann tat. Eine andere Ähnlichkeit liesse sich eventuell finden: der Tenor singt ja diese Arie, wo er sich ein anderes Herz wünscht – und wo ihm dann tatsächlich ein anderes auf offener Bühne eingepflanzt wird (das Herz muss erst getunt werden, bis die Spracheinstellung wieder stimmt) – das erinnert ein wenig an diesen Müller-Text „Herzstück“.


    Es gab noch eine weitere Unterbrechung (neben der des Anfangs). Wenn Tito Servilia zur Gattin auswählt und Annius zu seiner Geliebten kommt um ihr diese Neuigkeit zu überbringen. Sie beginnt schrill zu lachen, die beiden schwören sich ihre Liebe, fallen küssend übereinander her, die Musik bricht ab und geht weiter, als Metzmacher mit dem Dirigentenstab die beiden zum weitermachen auffordert.


    Zitat

    Dass die Rollos abgerissen würden, daran kann ich mich nicht erinnern. Sie werden immer wieder heraufgezogen und heruntergelassen, aber heruntergerissen glaube ich nicht. Ebenfalls muss ich zugeben, dass ich mich zwar an andere Bilder aus den Hamburger „Meistersingern“ erinnern kann, aber nicht an die Schusterstube, da müsste ich nachschauen.


    In den HH Meistern steht eine Bühne auf der Bühne. In der Johannisnacht wird die Verkleidung des Gerüstes abgefackelt und es bleibt nur das Skelett stehen. (Mit Beginn des 3. Aktes sitzt Sachs vor einer Luftbildaufnahme des zerstörten Nürnberg und singt seinen Wahnmonolog.)


    "Das Land des Lächelns" habe ich erst einmal gesehen, es läßt sich aber wegen einer Aufzeichnung nachholen und damit die Eindrücke überprüfen.


    Zitat

    Im Programmheft ist ein Interview mit Petrenko und Konwitschny abgedruckt, in dem beide betonen, wie ernst sie die Operette nehmen, was man, wie ich finde, auch am Ergebnis sehen und hören kann.


    Das interessiert mich und da das Programmheft inzwischen auf der Internetseite der KOB zum Bezug angeboten wird ist es kein Problem sein, das nachzulesen.

    Zitat

    Original von Alviano
    Kurze Frage:


    hat schon jemand die neue Cosima-Wagner-Biografie von O. Hilmer gelesen?


    In Köln ist das Buch schon verschrien, weil Elke Heidenreich es in ihrer letzten "lesen" Sendung vorstellte :untertauch:, zu Gast war übrigens Nike Wagner. (Überwinden konnte ich mich trotzdem nicht, diesen Unsinn anzusehen.) Daher wird das Buch reißenden Absatz finden, es gibt Gerüchte, daß potentielle Buchinteressenten gezielt nach Empfehlungen der Literaturkritikerin fragen.


    Das Buch selber soll einige "Widerwärtigkeiten" über das Benehmen von Cosima sofort nach RW`s Tod beinhalten. Die Aussage stammt allerdings von jemand, der Wagner weder als Person noch seiner Musik etwas abgewinnen kann.

    noch ein Klassiktermin im TV: heute in 3sat ab 22.25 Uhr.


    William Shakespeares Romeo & Julia


    (William Shakespeare´s Romeo and Juliet)
    Spielfilm, USA 1996
    Länge: 116 Minuten


    Romeo Leonardo DiCaprio
    Julia Claire Danes
    Ted Montague Brian Dennehy
    Tybalt John Leguizamo
    Pater Laurence Pete Postlethwaite
    Fulgencio Capulet Paul Sorvino


    Regie: Baz Luhrmann


    Wer den Film noch nicht gesehen hat sollte sich das mal antun ;).


    Weiß jemand etwas über die Nachholung der Aufführung (und Übertragung im Radio oder TV) von Mozarts` "Nozze di Figaro" in Aix en Provence? Bis auf ein Interview im DLF mit einem ziemlich verärgerten Frieder Reininghaus, da diese Premiere ins Wasser fiel, habe ich nichts mehr darüber gehört.

    Da ich die Übertragung in 3sat ebenfalls gesehen habe ein paar Eindrücke, fernab einer detaillierten Szenenbeschreibung:


    Zitat

    Original von Alviano
    ...anstatt über die Inhalte der Konwitschny-Arbeit zu diskutieren, das ist schade.


    Auffällig an dieser Operette (die ich vorher weder vom hören noch sehen oder gar von der Handlung kannte) fand ich den Gegensatz zwischen der durchweg traurig/melancholisch interpretierten musikalischen Seite und der lustig/schrill/hektischen Seite im Spiel der Figuren auf der Bühne. Der 1. Teil - wohl bis zur Pause - überzeugte mich szenisch mehr als der 2. Teil. Letzterer war m.E. so stark verfremdet, daß die Handlung auch immer weniger selbsterklärend wurde.


    M.E. hat Konwitschny einige Szenen aus früheren oder auch anderen Produktionen abgekupfert. Dazu gehören


    - die Szene in der sich Lisa / Sou-Chong küssend auf dem Boden wälzen und die Fortführung der Produktion vom Dirigenten gefordert wird. Das gab es in Hamburg bei "La clemenza di Tito"


    - das Bühnenbild des 2. Aktes, wenn Rollos/Vorhänge usw. abgerissen werden und nur noch das Gerippe dieses Gestells stehen bleibt. So ein gedeutetes Bild gab es in Hamburg in den "Meistersingern" zum Auftakt des 3. Aktes.


    - Aus der Froschperspektive sah die "Chinesische Mauer" aus wie die Semperoper als Hintergrundbild der Radeberger Werbung (irgendeine TV-Werbung vor Jahren für eine Brauerei). Inzwischen habe ich gehört, daß es im Frankfurter Tannhäuser solch eine Deutung von Vera Nemirova, einer Schülerin Konwitschnys` gibt.


    Die Frage ist, was Konwitschny bezweckt: wiederholt er sich weil ihm nichts mehr einfällt (was ich für unmöglich halte), will er einen Wiedererkennungswert innerhalb seiner Arbeiten schaffen. Oder nimmt er gar das Theater als Institution nicht mehr ernst indem er sich zitiert.


    Falls Du das Programmheft hast, gibt es darin ein aussagekräftiges Interview mit ihm und Bettina Bartz oder Ingo Gerlach?

    Hi Peter,


    Zitat

    Original von pbrixius
    "Erzählungen aus den tausendundein Nächten"


    Ich habe die "Erzählungen" immer wieder gelesen - und immer wieder Neues und Schönes entdeckt. Ich bedauere jeden, der eine andere Übersetzung oder gar eine kastrierte Ausgabe lesen musste, in der die Poesie und manches andere fehlte.


    entspricht der Inhalt der (gekürzten) Schwab-Ausgabe der 1001 Nacht, also geht es um das Gleiche? Von der Wortschöpfung "Nächten" habe ich noch nie gehört, aber bei Zeiten suche ich erstmal nach Hermione ;).


    Sophia


    Ob es sich um die Pressung der Liveaufnahme aus der Berliner Philharmonie oder spätere Studioeinspielung handelt weiß ich nicht mehr. Gemeint ist jedenfalls die kürzlich aufgeführte Symphonie mit Boulez. Auf der Internetseite der Deutschen Grammophon ist sie für Oktober 2007 angekündigt, eben bin ich noch einmal auf die Suche gegangen:
    http://www.deutschegrammophon.com/



    Mal sehen ob der Link funktioniert...

    Vor Jahren schrieb Willi Winkler in der SZ Wochenendbeilage einen Beitrag über Wagner: seine Musik und die Hörer seiner Musik. U.a. wurde dort ein unfreiwilliger Wagnerhörer zitiert mit "mach` die Katzenmusik leiser".


    =)

    Heute höre ich auch mal wieder was: Mahler!


    Entweder das hier:



    oder das hier:


    LIVE - Rheingau Musik Festival: Eröffnungskonzert mit dem hr-Sinfonieorchester
    Waltraud Meier, Mezzosopran
    Limburger Domsingknaben
    MDR-Rundfunkchor Leipzig
    Leitung: Paavo Järvi
    Mahler: 3. Sinfonie d-Moll
    Übertragung aus der Basilika des Klosters Eberbach
    hr2

    Die öffentlich rechtlichen Radiosender veröffentlichen Ihr Programm für die Musikfestspiele 2007, z.B. hier:
    http://www.br-online.de/bayern4/festspiel/
    oder gleich als PDF hier:
    http://www.hr-online.de/websit…1446460&row=0&rubrik=6494


    und damit steht fest, daß der Salzburger "Freischütz" unter der musikalischen Leitung von Markus Stenz am 18.08. übertragen wird.


    SALZBURGER FESTSPIELE
    CARL MARIA VON WEBER:
    "DER FREISCHÜTZ"
    Markus Butter, Roland Bracht, Petra Maria Schnitzer, Aleksandra Kurzak, Peter Seiffert, John Relyea, Günther Groissböck, Alexander Kaimbacher
    Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
    Wiener Philharmoniker
    Leitung: Markus Stenz
    Aufnahme vom 3. August 2007


    Das ist ein doofer Termin. Da bin ich in Bayreuth, zugegeben, auch schön ;). Wäre jemand bereit, mir diese Übertragung aufzunehmen? Kostenerstattung ist natürlich selbstverständlich.

    Zitat

    Original von pbrixius
    Glucks Meisterwerk: Paride ed Elena in einer maßstäblichen Einspielung:


    oooouh, Nachtigall, ick hör` dir trapsen: liebäugelst Du mit Berlin Anfang November :D ?


    Ich nähre gerade mein Vorurteil gegen WDR3, sie spielen wieder Häppchen. Wie ich aus der Liste "Gespielte Titel" suchen durfte, handelt es sich um diese Aufnahme, daraus das Scherzo. Klingt gut genug, um nach der Einspielung, die mir schon mit den Wanderern und aus Heimbach vorliegt, mal Ausschau zu halten:


    Lieber Peter,


    eine Begründung für die Kürzungen wurde nicht genannt. Das Programmheft enthält die Übersetzung von von Chris Alexander.


    Vor einigen Jahren sah ich das Stück mal an der RSC, die Spieldauer war ca. 1 Stunde länger. Ich müßte das Stück mal wieder lesen...., die auffälligste Änderung war natürlich das Romeo&Julia Zitat und der Schluß. Die Dialoge fehlen, bis auf die Wiederbelebung der Hermione wird die Handlung von Mamilius zusammengefaßt.


    Mir wurde mal gesagt, daß "Hermione" übersetzt "Säule" bedeutet und damit ein sprechender Name wäre. Weißt Du über die Herkunft dieses Wortes etwas?


    Sophia

    Aus heiterem Himmel verstrickt sich Leontes, König von Sizilien, in den Wahn, dass ihn seine Gemahlin Hermione mit dem seit 9 Monaten zu Besuch weilenden König von Böhmen, seinem Jugendfreund Polixenes, betrügt und von diesem ein Kind erwartet. Leontes befiehlt seinem Diener Camillo, Polixenes zu töten, den beiden gelingt die Flucht nach Böhmen. Hermione kommt ins Gefängnis, gebärt dort ihre Tochter die ihr sofort entzogen wird, ebenso wie auch ihr Kontakt zu ihrer beider Sohn Mamilius. Leontes zweifelt nicht nur an seiner Vaterschaft gegenüber dem Mädchen sondern auch gegenüber Mamilius. Vor der Verurteilung Hermiones wegen Hochverrat beschließt Leontes, das Orakel von Delphi zu befragen. Das Orakel sagt, daß Hermione unschuldig ist und weissagt Leontes, er werde ohne Thronerbe bleiben, `wenn das, was verloren ist, nicht wiedergefunden wird`. Seine Frau bricht wie tot zusammen, Marmilius stirbt.


    Inzwischen hatte Leontes befohlen, das Neugeborene ins Feuer zu werfen, ließ sich dann aber überreden, das Kind auszusetzen. Gefunden wird dies Mädchen mit Papieren über seine Herkunft von einer Schäferfamilie, die das Kind Perdita nennen und großziehen. Zeitsprung: 15 Jahre später: Florizel, der Sohn von Polixenes, und Perdita lernen sich kennen und lieben. Polixenes ist gegen diese unstandesgemäße Verbindung. Das Paar beschließt mit Camillo, der seine Heimat wiedersehen will, nach Sizilien zu fliehen. In Sizilien kommt es bei Leontes, zum Treffen aller, die nach Sizilien nachgereist sind und Auflösung der Konflikte: Perdita ist die Tochter Leontes`, Polixenes ist mit der Heirat einverstanden, und Hermione wird aus ihrer scheintoten Starre zum Leben erweckt.


    Die Handlung ist teilweise hier entnommen:
    http://www.shakespearefestival.de


    Am 19.6.07 wurde das Stück beim Shakespearefestival Neuss von der Bremer Shakespeare Company aufgeführt. Beim Schlußapplaus verneigen sich vier Männer und eine Frau und man fragt sich wo die restlichen Schauspieler sind (das Stück hat 15 Figuren). Die Stück ist gekürzt (Spieldauer ca. 2 1/4 Stunden), kommentierend durch die Handlung führt das Kind Mamilius. Im 1. Akt als aufsässiger Junge, der die Beachtung und Geschenke der zukünftigen Untergebenen, weil sein Vater nicht ewig leben wird wie er sagt, befiehlt. Nach seinem Tod als Engelchen das ansagt und gleichzeitig mit aufstampfenden Fuß feststellen muß `das ist auch blöd, wenn einen keiner sieht und hört`. Gespielt wird mit Gesichtsmasken aus Pappmache. Vor allem die Gesichter der Frauen (Hermione, Perdita, Paulina) wirken holzschnittartig, es gibt große spitze Nasen, Knollen(Clown)Nasen für die Narren, zerfurchte Gesichter. Die Kostüme unterstreichen die gesellschaftliche Stellung: Brokatmäntel für die Herrscher, Bauernkostüme für die Schäfer, ein angedeutetes Clownskostüm für den Gauner/Jongleur Autolycus. Und das Besondere dieser Aufführung war, obwohl Masken starr sind und ihren Ausdruck nicht verändern, verändern sich in der Wahrnehmung des Betrachters die Gesichter und drücken Gefühle aus. Aufgeführt wurde in deutscher Sprache und gut akzentuiert, mit Konzentration auch sehr gut verständlich. Das war aufgrund der Masken - trotz eingearbeitetem Unterkiefergelenk - auch notwendig weil die Stimmen etwas stumpf klangen. Die veränderte Handlung legte einen Schwerpunkt darauf zu zeigen, wie nah sich Tragödie und Komödie sind: der verbohrte Leontes und neben ihm das Dienerpaar Antigonus und Pauline, von denen jeder seine Stellung in der Ehe behaupten will. Der Stummheit der Hermione in allen Szenen - einschl. ihrem letzten Auftritt als weißhaarige alte Frau mit verzeihendem Blick in der Maske - steht die Komik des Mamilius gegenüber der seine Mutter nervt. Der Auftritt von Florizel und Perdita zum Liebesgeständnis auf dem Schäferfest mit einem Dialog, den sie Romeo&Julia gestohlen haben:


    Romeo/Florizel: `ich schwöre [dir meine Liebe] beim Mond`,
    Julia/Perdita: `schwöre nicht beim Mond, dem wechselhaften, der ändert jeden Monat sein Gesicht`.


    worauf sich Lachen im Publikum erhob. Im Schlußbild, tritt nun Perdita als Schwangere auf, und wird auch damit zum Ebenbild ihrer jungen Mutter zu Beginn des Stückes. Und es faßt einen ein Schauder bei dem Gedanken daß sich die Geschichte wiederholen kann. So versöhnlich das Stück schließt, zeigt die Inszenierung im Schlußbild ein "Hamsterrad", die mögliche Tragödie.

    Jaja, ich merk` schon Ulli, Du kennst den Bilderwitz von Ulli Stein nicht.


    Sitzt ein Mann mit Pulle in der Hand und Pfoten auf dem Tisch vor der Glotze, in seiner Sprechblase steht "ich will so bleiben wie ich bin". Im Hintergrund steht die Frau mit den gepackten Koffern und in ihrer Sprechblase steht "Du darfst" :).

    Ausschl. zwei kurze Bemerkungen hierzu:


    Zitat

    Original von Alviano
    Als Iphigenie zögert und sich fast zärtlich an die Brust eines der Opfer legt und sich wünscht, nicht mehr töten zu müssen, erschiessen die Soldaten zwei, drei Priesterinnen um Iphigenie zu zeigen, was mit ihr passiert, wenn sie nicht tut, was von ihr erwartet wird.


    Iphigenie wird selber auch bedroht. Und sie zögert m.E. bei jedem Tod. Das ist es auch, was m.E. diese Frau so auszeichnet. Sie kennt keinen Unterschied zwischen Nahestehenden und Fremden. Bei Orest setzt sie letzten Endes auch das Messer an.


    Zitat

    Das Morden an den Fremden geht weiter.


    Ich scheue mich, in dem Zusammenhang der Taten dieser Frau von Mord zu reden. Sie muß töten, Mord geschieht m. M. nach aus eigener Motivation.

    Zitat

    Original von Kapellmeister Storch


    Vielen Dank für den interessanten und anschaulichen Bericht. Allerdings ist Jago ein Bariton und der Sänger Károly Szilágyi, oft in Essen, war zuletzt in Berlin auch als solcher zu hören.


    Ups, das habe ich ja super hingekriegt mit dem Tenor ;). Bevor nun ganz der Wurm reinkommt: der Sänger in Bonn heißt Mikael Babajanyan. Károly Szilagy singt m.W. den Jago in Wuppertal.


    Das Programmheft des Bonner Otello enthält einen langen Artikel von Frieder Reininghaus (evtl. manchen bekannt als Rezensent der FAZ) unter dem Titel "Othello, Otello und die schwarze Eifersucht bzw. Ot(h)ello und die schwarze Eifersucht".


    Und noch ein Hinweis auf eine Sendung im WDR3 heute abend - da geht es genau um diese Aufführung:


    http://www.wdr.de/radio/wdr3/s…=372138&objektart=Sendung

    Im Hintergrund sieht man das Meer, vorne stehen Häuser. Es gibt einen Laufsteg von der Bühne über den Orchestergraben und die 1. Sitzreihe entlang. Ein Haus ist nach vorne offen, es ist das Haus von Otello + Desdemona. Und das Volk vergnügt sich darin, als sei es ein öffentlicher Platz. Otello kommt erschlagen und gestützt von seinen Soldaten auf die Insel, das Wiedersehen mit seiner Frau ist hier keine Privatsache. Als die beiden verschwinden (wohin eigentlich?, sie sind in ihren Privatgemach, Desdemona und Otello werden am Ende in diesem Zimmer, das den Charme eines Krankenhauszimmers hat, sterben) besäuft sich die Menge an Wein, Weib und Gesang. Jago ist so eine Art verschlagener Dandy in Soldatenuniform mit verführerischer Eleganz in der Stimme, Rodrigo ist die Abbildung eines Juden(?) und Cassio ein selbstbewußter Leutnant der gut bei den Frauen ankommt.


    Im 2. Akt wird das Privathaus von der Bühne gerollt, ein bemalter Gazevorhang mit einer Inselsilhouette teilt nun die Bühne in vorderen und hinteren Bereich. Im vorderen läuft die Intrige Jago / Otello, im hinteren Bereich sind Desdemona und Emilia unterwegs. Cassio tritt zu ihnen und man fragt sich auch als Zuschauer, was die sich so lange zu erzählen haben.
    Die Demütigung Desdemonas im 3. Akt vor dem Volk und den Edelleuten geschieht auf dem Laufsteg. Dort ist das Ehepaar alleine, niemand traut sich an Otello heran um ihn zur Räson zu bringen. Er erstickt seine Frau schließlich unter einem Kissen, ermordet sich nach Kenntnis seines Irrtums mit einem Dolch, den ihm Jago gerade zugesteckt hat. Der Wunsch nach dem letzten Kuß bleibt unerfüllt, er stirbt einsam.


    Mir hat die Aufführung mit Einschränkung gefallen. Sie fing schwach an und brauchte bis ca. Mitte 2. Akt um an Spannung zu gewinnen, ab da lohnt sich allerdings mind. ein 2. Besuch. Meinem Eindruck nach liegt die Aufklärung der Darstellung des Otello in seinen letzten Sätzen wenn er sagt "Oh! Gloria! Otello fu." Wenn der Ruhm futsch ist bleibt ein Mensch übrig der sich selbst zu wenig ist. Der Mann ist ein Krieger, er weiß sich in der Schlacht zu schlagen, kann Befehle geben, hat Gewalt über die Männer. Im Privatleben versagt er vollständig. Er ist nicht in der Lage seine Gedanken, Gefühle, Bewegungen zu koordinieren, erwidert nicht eine Umarmung seiner Frau und weiß auch körperlich nicht mit ihr umzugehen. Da hat Jago fast zu leichtes Spiel. Die Qualen des Otello finden immer isoliert statt, er wendet sich in seiner Wut und Hilflosigkeit an niemanden, und scheint sich eher vor den eigenen Hirnwindungen zusammenzukrümmen.


    Sängerisch war Jago der Beste. Ein heller Tenor mit starker Textverständlichkeit. Desdemona hatte eine ausgesprochen starke und laute Stimme, mir fehlten etwas die Abstufungen in der Lautstärke. Gleichzeitig sorgte das zusammen mit ihrem selbstbewußten Auftreten für eine starke Persönlichkeit. Otello war leider ein ziemlicher Schreihalz, auch wenn das zu seinem kriegerischen Gebaren paßte. Die Überraschung war schlicht das Orchester, das ganze Stück klang musikalsich wie die Untermalung einer Schlacht im Krieg mit Trompeten und Kanonendonner. Ob das Blech etwas gequetscht klang weil die unter dem Laufsteg saßen bleibt eine Vermutung.

    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Und dann bitte einen Bericht!


    :hello:


    Eine schwierige Bitte. Stehen doch die Meinungen fest von `öde, langweilig, lala, unerfüllte Erwartungen` etc. Und selbst Bianca hat sich zu verhüllen.


    Schaumermal ;)

    Zitat

    Original von Antracis
    Gestern in Berlin auch ein wahrer optischer Augenschmaus:


    Mozarts "La Clemenza di Tito" in der Berliner Staatsoper in der Neuinszenierung von Nigel Lowery.


    Die Kostüme wurden offenbar irgendwo im Keller des Staatsopernfundus entdeckt und waren natürlich minutiös abgestimmt auf die moderne Komponente, nämlich die handgemalten Bühnenbilder mit Chagall-Optik. Wie das alles sinnvoll zusammenhängt, ist mir leider verschlossen geblieben. Erinnerte mich aber stark an eine Schultheater-Aufführung der "Drei Musketiere", mit der wir seinerzeit unsere Aula zum Kochen brachten.


    Mich erinnerte das an ein Schachspiel. Der Bühnenboden angedeutet als Schachbrett, die (Haupt-)figuren wie Holzfiguren aus der längst verstaubten Kiste, nur die Königin darf sich auf dem Brett bewegen wie sie will. Im anschl. Publikumsgespräch (besuchte Aufführung am 10.6.) wurde vom Dramaturgen mitgeteilt, daß die Figuren Märchenfiguren sein sollen. Interessant fand ich den Raum, 4 Wände ohne Tür und vergitterte Fenster.
    Leider stimmte da die Beleuchtung nicht, weil das Licht ohne Gitter-Schatten einfiel.


    Zitat

    Musikalisch hats mir dagegen außerordentlich gut gefallen, aber davon in einem anderen Thread. ;)


    Die musikalische Qualität hat mir weniger gefallen. OK, Roberto Sacca wurde als indisponiert angekündigt, er klang leider ziemlich verschnupft und hat die Höhe nur rausgeschrien. Elina Garanca war eine Enttäuschung. In der Höhe schneidend, ihr größtes Manko ist m.E. ihre Ausdruckslosigkeit. Egal, wovon sie singt, es klingt `wunderschön`. D. h. in der Fortführung des Gedankens daß Qualen wunderschön sind. Allerdings kreide ich diese Interpretation auch dem Regisseur an, denn daß Garanca auch zu Ausdruck fähig ist, hört man in ihrer Darstellung als Dorabella.


    Überzeugt hat mich einzig Melanie Diener als Vitellia, mit welchem Ausdruck sie ihre Rolle gestaltet hat war sehr überzeugend. Daß sie am Ende ihr Königsgewand abstreift und im einfachen schwarzen Gewand auf der Bühne steht hat auch optisch diesen Eindruck vervollständigt.


    Die Bilder (ein paar mehr gibt es auf der Internetseite des Theaters Bonn) sagen mir in diesem Fall gar nichts, deswegen fahre ich in den nächsten Tagen selber hin . In einer Rezension ist zu lesen, daß Hilsdorf sich vorrangig auf das Ehedrama konzentriert und die politischen Aspekte im Stück kaum zeigt.


    Begriffe wie "öde, unattraktiv" etc. sollen vermutlich bestätigen, was die Presse in letzter Zeit über Dietrich Hilsdorf berichtet: der Löwe sei alterszahm geworden :D .


    War hier auch jemand im "Otello" in Wuppertal?

    Zitat

    Original von Knusperhexe
    Aber mich nerven schon die Plakate: THALBACH INSZENIERT...


    Da diese Plakate bei "Lohengrin" und "Cosi fan tutte" genauso aufgemacht waren und Dir die Aufführungen gefallen haben dürfte das bei Frau Thalbach und ihrer "Jenufa" kein Hinderungsgrund sein.

    In der aktuellen Hauszeitung der Oper Köln ist eine Vorschau auf die Abonnements des WDR Sinfonieorchesters 2007/2008. Zur Aufführung kommen z.B.:


    September 2007:
    Verdi: Otello ML: Bychkov


    November 2007:
    Verdi: Requiem ML: Bychkov


    November 2007:
    Dvorak: Die Teufelskäthe ML: Albrecht


    Februar 2008:
    Albeniz/Frühbeck des Burgos: Suite espanole + de Falla: Nächte in spanischen Gärten, Beethovens` 7. ML. Frühbeck de Burgos


    Februar 2008:
    Mahlers` 6. ML: Tilson Thomas


    Mai 2008:
    Wagner: Lohengrin ML: Bychkov


    Am 24.5. erscheint die Vorschau 2007/2008 der Kölner Philharmonie, da wird das komplette Programm einsehbar sein unter http://www.koelnmusik.de . Das Einzelprogramm des WDR Sinfonieorchesters, Rundfunkorchesters usw. soll Ende Mai/Anfang Juni erscheinen.

    Zitat

    Original von Blackadder
    Da der Genuss klassischer Musik nicht selten mit dem Genuss an Lektüre einhergeht (gewagte Theorie!),


    Hast Du nicht geschrieben, daß Du Musik so gar nicht mehr nebenbei hörst :D ? Oder ist hier gar nicht die Gleichzeitigkeit mehrerer Eindrücke gemeint, wie z.B. mit einem Glas Wein ein Buch lesen, im Hintergrund plätschert Händel und im Ofen brutzelt die Gans oder so...?


    Zitat

    möchte ich gerne wissen, welche belletristischen Bücher (sprich v.a. Romane) sich mit klassischer Musik beschäftigen oder klassische Musik als Kontext benutzen und welche eurerseits empfehlenswert sind.


    Da gibt es doch Massen wie z.B. Mulisch, Cotroneo, Ortheil, E.T.A. Hofmann, Shakespeare. Für Liebhaber des "Don Giovanni" empfehle ich mal "Die Nacht des Don Juan" von Ortheil. So machen`s alle! ;)

    Zitat

    Original von lohengrins
    Mich wundert allerdings, lieber Mikko, wie Du ihn schon am 18.V. lesen konntest - bei mir war er erst in der heutigen FAZ.


    Der Artikel war gestern ab ca. 18Uhr auf der Internetseite der FAZ. In der Printausgabe erscheint der Artikel heute (diese Hinweise finden sich am Ende des Artikels.)


    Zitat

    Nach all den Schilderungen über die außermusikalische AN ist der aktuelle Beitrag so notwendig wie interessant.


    Interessant an dem Artikel ist vor allem, daß J. Spinola keinen Hehl daraus macht, daß der Artikel eine sehr emotional private Meinung ist. Mir gefällt der Artikel auch, ganz im Gegensatz zu der Stimme der Sängerin, um die es hier geht. Davon habe ich mich gestern mit dem ausgeliehenen "Russian Album" noch einmal überzeugen lassen müssen. Übertroffen wurde die Scheußlichkeit dieser Einspielung allerdings noch mit dem, was Gergiev veranstaltete, besonders in der Briefszene aus dem "Onegin".