Das gestern (16.8.) gesendete Kammerkonzert kam von den Salzburger Festspielen, wo die beiden Tetzlaffs mit Lars Vogt - also eine hinlänglich bekannte und bedeutende Formation - Dvoráks Trio f-moll op.65 und Schuberts Es-Dur-Trio temporeich, fulminant und virtuos darboten.
Dennoch war ich vom Schubert-Trio enttäuscht, denn ihm fehlte Schuberts Herzenston, seine Melancholie und, ja, diese aus dem Nichts in höchste Sphären aufsteigende Ergriffenheit. Dies erinnerte mich an ein Gespräch, das ich mit einem in Wien prägenden Kammermusiker vor einem Jahr führte, als er auf meine Frage, wie er zu Guldas Schubertinterpretation stehe, meinte, das war großartig und berührend, aber so kann man das heute nicht mehr spielen. Dazu fällt mir eine Begebenheit in einem Gesprächskonzert mit Stefan Mikisch ein, der von der himmlichen Schönheit in der Musik sprach. Kaum hatte er dies ausgesprochen, fuhr ihm der Moderator, ein bekannter Kulturjournalist, heftig in die Parade und herrschte ihn an: Schönheit? Was ist Schönheit!
Mit dieser Vorrede will ich den gravierenden Unterschied früherer Interpretationen, wo man noch großen Wert auf Schönheit und Herzenston gelegt hatte, aufzeigen - im Gegensatz zu heute, wo Reibungen, harsche Kontraste und aufgesetzte Dramatik verlangt werden. Die Gefühlslage ist offensichtlich ein alter Hut und hat in heutigen Interpretationen nichts verloren. All dies erinnert mich an ein Herrscherhaus, wo zwar bittere Todesfälle, Beziehungskatastrophen und so weiter stattgefunden haben, die davon betroffene Queen mitsamt ihrer Entourage strikte Contenance zu wahren haben ... (Ist halt so, die neue Zeit!)
Als vor Jahrzehnten di Stefano im 3.Akt "Tosca" in unnachahmlicher Weise deren dolci mani besang, war das ganze Haus vor Ergriffenheit überwältigt. Oder als sich die Sena in der "Butterfly" den Tod gab, blieb wahrlich kein Auge trocken ...
Dazumal durfte man noch Gefühl, Ergriffenheit und Herz, vermittelt auch von großartiger Musik, zeigen - heute ist Sachlichkeit und psychologische Tiefschürferei an der Tagesordnung.
So gesehen bin ich ein Ewiggestriger, und dafür habe ich meine Gründe, die ich hier darzulegen versuchte.