Beiträge von epiphaneia


    Hallo Joerg,


    ganz subjektiv: Ja, ja, ja!


    Eine -sogar fuer den Tamerlano- erheblich zu statische Inszenierung.
    Eine -noch vorsichtig formuliert- gesanglich wie spielerisch fragwuerdige Besetzung fuer die Titelpartie.


    Aber: Graham Pushee als Andronicus. Sein "Benche mi sprezzi" ist zum Dahinschmelzen schoen, mir kommt jedes Mal ein Traenchen ins Auge (ich vermute, das liegt daran, dass meine Wohnung so staubig ist).


    Viele Gruesse vom
    aus beruflichen Gruenden lange abwesend gewesenen, aber sich jetzt wieder einfindenden


    Epi

    Einen schoenen guten Abend,


    der Verleihshop (http://www.verleihshop.de) ist recht gut sortiert und stets bemueht, jede (!) in Deutschland offiziell vertriebene DVD mit Verleihrecht im Sortiment zu haben bzw. auf Anfrage aufzunehmen. Ich selbst bin langjaehriger Kunde dort und mit Sortiment und Service aussergewoehnlich zufrieden.


    Leider werden immer weniger Klassik- bzw. Opern-DVDs mit Verleihrecht herausgegeben. Ob das seitens der DVD-Label (Hersteller/Vertriebe) die cleverstmoegliche Geschaeftspraxis ist, zweifle ich an, denn der Markt fuer 3,50 Eur pro Leihvorgang duerfte deutlich groesser sein als der fuer bis zu 49 Eur pro Neukauf.


    Beste Gruesse von
    epiphaneia

    Zitat

    Original von Joseph II.
    Kennt jemand diese beiden alternativen "Rinaldo"-Aufnahmen?
    Inkl. der von Jacobs gibt es ja scheinbar drei auf CD. Welche ist die beste? (Mir wäre eine mit Countertenören am liebsten.)


    Den Mallon kenne ich nur vom "mal drueberhoeren" - die Aufnahme fand ich nicht schlecht, insbesondere fuer die Preisklasse, aber ich habe den Hogwood und den Jacobs und dem konnte der Mallon nichts hinzufuegen.


    Die meiner Ansicht nach deutlich ueberlegene Aufnahme ist die von Jacobs: Daniels hat zwar eine angenehme, aber fuer diese Rolle zu weiche Stimme - Frau Genaux ist da ein ganz anderes Kaliber. Und Jacobs bietet musikalische Spitzenleistung und feinst ausdifferenziertes Spiel, Hogwood "nur" Solides.


    Gruesse
    epiphaneia

    Den Grad der Unverwechselbarkeit einer Stimme erkennt man oft schon daran, wie weit die Meinungen ueber selbige auseinandergehen, denn Charakter polarisiert - wie im wahren Leben :yes:


    Ich bin beispielsweise ein bekennender Verehrer klarer, purer "Gloeckchenstimmen", daher kommen mir spontan Natalie Dessay und der Kontratenor Graham Pushee als "im positiven Sinne unverwechselbar" in den Sinn.


    Beide scheinen mit ihren auch in extremen Lagen perfekten Koloraturen zu beeindrucken - oder durch "flache und ausdrucksarme" Stimmen zu langweilen, ein "geht so" habe ich zumindest in meinem eigenen Umfeld noch nicht gehoert.


    Am anderen Ende des Spektrums steht fuer mich zB Vesselina Kasarova: Eine sehr, sehr markante Stimme mit hohem Wiedererkennungswert, aber ihr charakteristisches -Pardon- "Glucksen" ist fuer mich manchmal schwer zu ertragen, waehrend sie anderswo fuer ihre expressive Stimme bejubelt wird.


    Wie eng haengen ueberhaupt "Unverwechselbarkeit" und "persoenlicher Geschmack" zusammen? Lotet man einen Stimmcharakter aus, bleibt er "haengen", wenn man ihn spontan nicht mag?


    Viele Gruesse
    epiphaneia

    Einen schoenen guten Morgen,


    die meisten "klassischen" Empfehlungen wurden ja bereits ausgesprochen und ausdiskutiert, ich koennte mich da bestenfalls mit eigenen Nuancen einbringen.


    So gestaende ich der Hickox-Alcina durchaus hohe Qualitaet zu -Herr Hickox hat oftmals ein gutes Haendchen fuer Haendel-, halte die Christie-Alcina aber gerade in ihrer Sanftheit fuer "musikalischer" und nicht zuletzt gerade wegen der Straffungen fuer "einsteigertauglicher". Naja, und allein Frau Dessay ist fuer mich einfach nicht zu ersetzen.


    Den Minkowski-Cesare mag ich aus einem einzigen Grund mehr als den unter Jacobs: Der Gesang klingt nicht nach Dosentelephon - das Va Tacito ist in letzterer Aufnahme fuer mich gar nicht zu ertragen. Musikalisch tun sich beide nicht viel: Minkowski ist halt wie gehabt schwungvoll, stellenweise regelrecht "fetzig" (L´Aure...), Jacobs gediegen, feinst ausdifferenziert, da haben beide ihre Berechtigung.


    Meine Tips jenseits von Cesare und Alcina:



    Ich stehe sicherlich noch ein wenig unter dem Eindruck des vor wenigen Stunden Gehoerten, aber fuer ein Fruehwerk ist der Rodrigo sehr gelungen. Noch oft recht einfach in der Orchestrierung und Harmonik (man koennte es die "Hamburger Schule" nennen, deren Einfluss noch sehr hoerbar ist), mit noch nicht wirklich tiefgruendig gezeichneten Charakteren... aber schon mit viel erkennbarem Potential und eingaengigen Melodien, an denen Haendel sich unter anderem im Trionfo und dem Rinaldo fleissig bedient hat. Sehr kurzweilig.


    Und die Minkowski-Ariodante kann man meiner Ansicht nach auch nicht oft genug empfehlen:



    Wunderschoene Arien, bravouroes eingespielt, gutes Gesangsensemble.
    Eine der besten Haendel-Opern, definitiv ganz oben mit Rinaldo, Alcina, Cesare.


    Wenn es auch Werke sein duerfen, die offiziell unter die Oratorien fallen, empfehle ich den Belshazzar (Einspielung Pinnock), die Semele (Einspielung Gardiner) und den "Trionfo del Tempo e del Disenganno" (so ungern ich das, liebe Fairy Queen, sage, bitte nicht die Einspielung unter E. Haim, ihr fehlt meiner Ansicht nach an vielen Stellen der Sinn fuer das richtige -also auch mal ein unvirtuoses, gefuehlvolles, langsames- Tempo, ich empfaehle hier die Martini-Einspielung).


    Viele Gruesse
    Epiphaneia

    Alessandro Scarlatti: Telemaco
    Deutsche Oper am Rhein (Duesseldorf)
    Besuchte Vorstellungen: unter anderem 12.05.2008, 01.06.2008


    Musikalische Leitung: Andreas Stoehr
    Orchester: Duesseldorfer Symphoniker + externe "Verstaerkung" fuer Lauten, Gamba, Cembalo etc.
    Inszenierung: Lukas Hemleb
    Buehne: Jane Joyet
    Kostueme: Julie Scobeltzine
    Dramaturgie: Klaus-Peter Kehr
    Spielleitung: Maria Paola Viano


    Calypso: Ekaterina Morozova
    Erifile: Alexandra von der Weth
    Telemaco: Corby Welch
    Adrasto: Laura Nykaenen
    Sicoreo: Gunther Schmid
    Mentore / Nettuno / Ombra: Markus Mueller
    Tersite: Martin Koch
    Silvina: Romana Noack
    Minerva: Veronique Parize


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    Da es sich um ein -dies vorab: leider und unverdient- rares und eher unbekanntes Werk handelt, kurz ein paar allgemeine Worte vorab:


    Der Telemaco ist die 109. Oper von Alessandro Scarlatti und eines seiner Spaetwerke des Operngenres; er entstammt ganz grob derselben Zeit wie die weitaus bekanntere Griselda.


    Telemaco wurde vor einigen Jahren von Thomas Hengelbrock wieder "ausgegraben" und 2005 bei den Schwetzinger Festspielen als Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein erstmals seit 1718 wieder aufgefuehrt.


    Es handelt sich um eine von ca. 5 auf 3,5 Stunden gekuerzte Fassung, die dramaturgisch gestrafft, aber nicht unvollstaendig oder gar durch die Kuerzungen unverstaendlich wirkt.


    Strukturell erwarten den Freund des Barocken keine Ueberraschungen - vom Aufbau der Ouvertuere ueber die ABA-Arien mit ausgefeilten da capo-Teilen bis zum lieto fine ist alles dabei.


    Die hohe musikalische Qualitaet des Werkes jedoch hat mich ausserordentlich ueberrascht - dramatische Intensitaet und eingaengige, locker perlende "Gassenhauer" wechseln hier, mit gelungenen Accompagnati verbunden, einander mit einer Selbstverstaendlichkeit ab, dass das Zuhoeren eine wahre Freude ist. Telemaco spielt in meiner kleinen "Hitparade" ganz oben neben meinen Haendel-Dauerfavoriten mit.


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    Die Handlung ist, wie stets, schnell erzaehlt:


    Neptun zuernt und ist nur durch das Blut des Odysseus -hilfsweise auch das des Telemaco, Odysseus´ Sohn- zu besaenftigen.


    Telemaco strandet unterdessen auf der Insel der Calypso, die durch den Zorn des Neptun im wahrsten Wortsinne "Land unter" ist.


    Calypso wird von Adrasto umworben, mag diesen aber nicht, stattdessen verliebt sie sich in Telemaco, ohne zu wissen, wer er ist.


    Auch Erifile, ihre Sklavin, hoffnungslos umworben von Sicoreo, Calypsos Bruder, verliebt sich in Telemaco, und er sich in sie.


    Telemaco soll nun zur Besaenftigung Neptuns geopfert werden, das verhindert Calypso jedoch. Das Wetter lichtet sich, offenbar gibt Neptun schon durch die Bereitschaft zum Opfer Ruhe.


    Sicoreo ist eifersuechtig auf Telemaco und will Adrasto dafuer begeistern, diesen zu toeten, damit ihrer beide Probleme aus der Welt geraeumt seien.


    Nach den ueblichen Irrungen und Wirrungen stellt sich letztlich heraus, dass Erifile ohnehin Antiope, Tochter des Idomeneo ist, die Telemaco als Frau vorherbestimmt ist. Calypso fuegt sich in ihr Schicksal der Ehe mit Adrasto und nur Sicoreo geht leer aus.


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    Soweit zur Praeambel, der man meine anhaltende Begeisterung fuer das Werk sicher anmerkt.


    Was haben nun die Duesseldorfer Symphoniker mit Verstaerkung und das Duesseldorfer Gesangsensemble im quasi vergleichsfreien Raum -es gibt bis auf einen Schwetzinger Radiomitschnitt mit dem Hengelbrockschen Balthasar-Neumann-Ensemble unverstaendlicherweise noch keine offizielle Aufnahme- geleistet?


    Kurz: Die musikalische Leistung war beeindruckend!


    Die Duesseldorfer Symphoniker kenne ich als technisch hochversiertes, aber im Ausdruck eher, nun ja, generisches Orchester, das erst unter einem souveraenen Dirigat diszipliniert spielt.


    Nun hat sich aber offenbar ein Teil der Duesseldorfer verstaerkt in die barocke Musik und zugehoerige Spieltechniken und Instrumentierung -andere Boegen, Darmsaiten etcetc.- hineingeuebt und unter dem schluessigen, stilsicheren Dirigat von Herrn Stoehr ergab das eine der musikalisch schluessigsten Leistungen dieses Orchesters seit langem: Nicht nur fuer Duesseldorf unglaublich gut sondern durchaus in der "barocken Oberliga" - nach meiner Einschaetzung zB musikalisch tatsaechlich einen Tick besser als die von mir hochgeschaetzten Balthasar-Neumaenner bei den Schwetzinger Festspielen.


    Gesanglich war es durchwachsen: In Summe bzw. Durchschnitt durchaus ok, aber eben mit ausgepraegten Hoehen und Tiefen - Top-Leistungen stehen regelmaessig eher duerftige gegenueber, das ist noch nicht ganz homogen, trotz eines guten Aufwaertstrends.


    Ekaterina Morozova als Calypso konnte mit ihren "schmissigen" Nummern mit mitreissenden da capo-Teilen begeistern, in den leisen Toenen fehlt ihr noch ein wenig Ausdrucksstaerke. Naja, und als Mann nehme ich mir heraus, zu sagen: Sie sieht schon toll aus :D


    Alexandra von der Weth als Erifile ist in Duesseldorf -lange Geschichte, das- natuerlich als Lokalmatador angetreten, konnte dies durch ihre Gesangsleistung aber rechtfertigen: Ihre barockuntypisch aeusserst warme, dazu sehr angenehme und koloratursichere Stimme passte perfekt zur Rolle der Erifile - sehr, sehr, sehr schoene Leistung.


    Corby Welch als Telemaco: Durchwachsen, durchwachsen. Als ich ihn das erste Mal in der Rolle sah, versaebelte er seine Einstiegsnummer und erholte sich davon nie wieder. Allgemein fehlt mir bei ihm die "tonale Reinheit", die fuer mich zur barocken Musik gehoert, im traditionellen Belcanto-Repertoire gefaellt er mir besser. Seine sicherlich gewollt gekuenstelt-ueberzogene Mimik missfiel mir ebenfalls.


    Die Stimme von Gunther Schmid, hier als Sicoreo zu sehen, mag ich ueberhaupt nicht: Er klingt mir viel, viel zu gepresst, ein typisches Kontratenor-Problem (ich mag auch die Stimme von Herrn Scholl nicht), aber es geht deutlich angenehmer. Technisch weitgehend sauber, darstellerisch ok, daher enthalte ich mich hier.


    Markus Mueller war als Mentore leider hoffnungslos ueberfordert: Wer den Telemaco kennt, weiss um die hoellisch schweren Arien dieser Rolle. Stimmlich sehr angenehm, war er in den 16tel-Laeufen meist schneller, manchmal langsamer als das Orchester, aber nie im richtigen Tempo. Sehr schade, das.


    Das Buffo-Paerchen Silvina und Tersite: Darstellerisch hochvergnuegt -da war kein Witz zu flach, um noch lustig zu sein- und gesanglich: Prima. Dass Martin Koch nur die zwei Dynamikstufen f wie forte und p wie power (ja, ich weiss, dass der Witz alt ist) zur Verfuegung stehen, war hier nicht weiter schlimm. Spassig!


    Frau Parize als Minerva bot ihre Arie mit angenehm warmem Ton und, obwohl sie in einer Art Fallschirmvergurtung von der Decke hing, gar nicht kurzatmig dar.


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    Ich warte schon jetzt gespannt auf die hoffentlich kommende Wiederaufnahme in 2010 - und vielleicht doch noch eine offizielle CD-Aufnahme? DHM... ?


    Beste Gruesse
    epiphaneia

    Gruezi Thomas,


    Zitat


    Servus,
    soviel ich weiß, gibt's davon keine Aufnahme.
    Allerdings kursieren im www Radiomitschnitte von der Schwetzinger Aufführung dieses Stück von 2005 mit Hengelbrock und seinem Balthasar Neumann Ensemble.
    herzliche Grüße,
    Thomas


    vielen Dank fuer die Information, dann war ich doch nicht nur blind. Die Schwetzinger Aufnahme hab ich, aus Schwetzingen kenn ich den Telemaco ja auch, aber bislang hatte ich das ungute Gefuehl, eine Art "Raubkopie" zu haben und haette gern jemandem Geld fuer eine CD (-Box) gegeben.


    Tip fuer Scarlatti-Begeisterte in NRW: Am 12.05. (es gibt noch weitere Termine) wird der Telemaco in der Schwetzinger Fassung in der Duesseldorfer Rheinoper gegeben. Das Orchester unter Herrn Stoehr spielt diese tolle Oper aeusserst kompetent, leider habe ich ihn nicht zu einer CD-Aufnahme ueberreden koennen :no:


    Beste Gruesse aus dem Ruhrgebiet
    epiphaneia

    Guten Abend Alfred,



    Ich bin vermutlich nicht der einzige in diesem Forum, der auf der Suche nach "seinen" Lautsprechern schon viele Paare verschlissen hat: Eine ganze Weile -und deutlich mehr als nur einmal- habe ich, immer auf der Suche nach der einzig wahren Klangwiedergabe, betoert gekauft, nach kurzer, aber heftiger Affaire auf eBay meistbietend versteigert - und die naechsten Boxen ins Haus geholt.


    So konnte es nicht ewig weitergehen also dachte ich darueber nach, was einen Lautsprecher fuer mich zu einem "guten" Lautsprecher mache:


    1. Die wesentlichen objektiven Kriterien sind fuer mich hohe Impulstreue und -festigkeit und das Klirr-/Verzerrverhalten. Diese Kenngroessen sind fuer mich seit jeher "ewige Werte" und muessen einfach stimmen, egal, ob ich grad eher warmen oder nuechterneren Klang bevorzuge. Da bediene ich mich der Hifi-Zeitschriften-Tests, aber wirklich technisch schlechte Produkte gibt es ab einer gewissen Preisklasse mittlerweile kaum noch, nach meiner Erfahrung werden die bautechnisch bedingten Qualitaetsunterschiede ab rund 500-600 Euro pro Box eher akademisch bzw. nur noch messtechnisch wahrnehmbar. Das fiel also als Kriterium fuer mich weg.


    2. Frequenzgangweite und -linearitaet, Anzahl der Wege, Material und Form der Lautsprecher - da geht es ins klangformend-Subjektive: Technisches und geschmackliches Optimum muessen nicht zwangslaeufig zusammenfallen, denn neben dem Geschmack, dem Hoerraum und der Spannbreite an Musik, die abgedeckt werden muss, spielen allein schon so viele physiologische und psychologische Faktoren eine Rolle, dass es hier kein intersubjektives "Bestes" geben kann, damit war schon mal kein Verlass mehr auf Testzeitschriften (da ist ja seit einigen Jahren ohnehin nur noch alles entweder "sehr gut" oder "exzellent", um keine Anzeigenkunden zu verprellen...).


    Also hiess es schlicht: Probehoeren mit einer Auswahl der kompletten Bandbreite meiner extrem heterogenen Musiksammlung. Und zwar: Dank gutem Haendler Probehoeren bei mir zuhause unter Alltagsbedingungen, nach der Arbeit auf der Corbusier-Liege, Einschlafen inklusive.


    Dabei habe ich festgestellt: Was im Showroom fuer 10 Minuten mit sorgfaeltig vom Lautsprecherhersteller ausgewaehltem Demomaterial imposant klingt, nervt zuhause schnell - in der Regel die billig konstruierten Boxen mit aufdringlicher Bass- und Hoehenanhebung fuer die halbtaube Discojugend.


    Charmant fand ich hingegen oftmals Boxen mit durch die Wahl einer besonderen Bauform oder eines Korpusmaterials mit charakteristischen Resonanzen gegebenem "Charakter". Leider ist ein typischer Charakterlautsprecher eher fuer die eine als die andere Musik, selten aber fuer das komplette Spektrum geeignet.


    Ich habe mich also letztlich doch fuer eher neutral abbildende Boxen entscheiden muessen, weil das musikalische Spektrum, das sie bei mir wiedergeben sollen, ein extrem breites ist. Fuer "musikalische" Boxen, die das ein oder andere Unangenehme schamhaft verdecken, konnte ich mich zB schon deshalb nicht entscheiden, weil ich gelegentlich Musik hoere, die fuer Andere moeglicherweise nach Stoergeraeuschen klingt :D


    Aber letztlich ist es dies: Der Lautsprecher, mit dem Du Dich am besten fuehlst, ist "der Richtige". Das ist (nicht hauen!) wie bei Frauen, die man irgendwann nicht mehr trotz sondern wegen ihrer Macken liebt :angel:Und hie wie da darf sich der Geschmack auch einfach nach vielen Jahren einmal aendern :untertauch:



    Beste Gruesse
    epiphaneia

    Hallo zusammen,


    ich hoffe, ich bin in diesem Thread richtig mit meiner Frage:


    Ich bin auf der Suche nach einer guten -ehrlich gesagt, ueberhaupt mal nach einer-, moeglichst vollstaendigen Einspielung von Scarlattis Telemaco, einer von mir sehr hochgeschaetzten Oper, die ich sehr gern in meine CD-Sammlung aufnaehme.


    Habe ich bislang nur an den falschen Stellen / bei den falschen Haendlern geschaut oder ist es wirklich so schwer, sie zu finden?


    Fuer sachdienliche Hinweise waere ich aeusserst dankbar :)


    Liebe Gruesse von
    epiphaneia

    Guten Abend zusammen,
    lieber Peter:


    Zitat

    Nun, dem Pessimisten muss dann ja wohl der Optimist antworten


    Prima, so vergehe ich nicht in Truebsal :)


    Auch wenn ich, um meinen Ursprungsbeitrag nicht noch deutlich laenger werden zu lassen, an der ein oder anderen Stelle ein wenig schwarz-weiss dargestellt (und, bei einem fuer mich emotional besetzten Thema sei mir dies verziehen, auch gelegentlich an der Grenze zur Polemik vorbeigeschrammt bin) habe, freue ich mich stets ueber inhaltlich spannende Diskussion.


    Du sprichst in Deinem Beitrag -so wie ich ihn verstehe- an einigen Stellen, losgeloest vom reinen Lehrinhalt methodische Defizite an, die zweifelsfrei ein ganz grosses Problem in der Schule darstellen, naemlich zB das "Abholen" der Schueler bei ihrem individuellen Wissensstand, die individuelle Foerderung und letztlich das individuell bestmoegliche Hinfuehren zu einem uebergeordneten Lehrziel.


    Wer "Stoff durchpeitscht", darf sich nicht ueber demotivierte Schueler wundern - voellig egal, ob es Mathe, Deutsch, Kunst, Physik oder Musik ist. Wer als Lehrer von seinem Fach begeistert ist und es versteht, andere mitzureissen, kann hingegen in jedem Fach gute Erfolge erzielen - nicht zuletzt, indem er den Schuelern vermittelt, was sie koennen statt was sie nicht koennen. Sicher auch nicht bei jedem Schueler, aber doch moeglicherweise bei der Mehrheit.


    Leider gilt im Verhaeltnis der Kultuspolitik zu den Lehrern Aehnliches wie im Verhaeltnis der Lehrer zu den Schuelern: Man kann "per Dekret" aus einem ueberzeugten Frontal-Einpeitscher keinen empathischen Superlehrer machen, wenn ein Lehrer kooperative Lernformen schlecht findet, wird er sie nie authentisch anwenden. Obgleich die Politik das Vermittlungsproblem erkannt und an den Rahmenbedingungen massiv positiv gearbeitet hat, besteht ein grosses Transformationsdefizit.


    Zitat

    ... Von Charpentier war keine Rede, sondern von Musik.


    ... Charpentier, Britten, Honegger, Bartok, Schnittke, de Lasso - bunt gemischt einige Exzerpte aus den Vorschlaegen innerhalb dieses Threads. Mir liegt es fern, hier jetzt ueber die Eignung einzelner Komponisten fuer eine "musikalische Grundausbildung" spekulieren zu wollen, ich finde die bisherigen Vorschlaege auch wuenschenswert und prima gelungen, ich halte sie nur fuer realitaetsfern. Zumindest, wenn wir ueber einen "Pflichtkanon" sprechen, der fuer alle verbindlich und notenwirksam ist.


    Ich bin jederzeit sofort dafuer, Kindern Moeglichkeiten an die Hand zu geben und die ueber das alltaegliche Klingeltongeklimpere hinausgehende Vielfalt der Welt der Kunst angeleitet anzubieten.


    Zitat

    Es ist nur schon viel Kind aus dem Bade geschüttet worden mit einer Reformititis, die an technokratischen Zielen orientiert, die kindgerechten Zielsetzungen schon in der Primarstufe vermissen lässt.


    Ich bin fest der Meinung, dass es weniger an den Zielen liegt als an der technokratischen, lieblosen Umsetzung eigentlich positiver Ziele. Allein in den Lehrplaenen fuer die Primarstufe stehen unglaublich viele tolle Dinge, die Kinder im Musikunterricht lernen, erfahren, aber vor allem auch selbst tun muessten... wie wenig davon im durchschnittlichen Unterricht wirklich geleistet wird, ist erschreckend, positive Ausnahmen gibt es natuerlich sicherlich.


    Insbesondere ist es ja eine ausgepraegte Staerke der deutschen Politik, das Wasser auszuschuetten, das Kind in der Wanne zu lassen und sich dann zu wundern, dass es irgendwann friert und nicht sauber wird...


    Zitat

    Eines noch drauf: Sie kommen gar nicht in einen Einstellungstest, weil sie durch ihr Verhalten beim Vorstellungsgespräch schon durchs Sieb fallen. Die soziale Kompetenz ist nämlich der kognitiven noch um einige Grade unterlegen. Aber wenn man eben Fächer, die soziale Kompetenz (aus)bilden in die Peripherie schießt, ist das die logische Konsequenz.


    Dem schliesse ich mich mit einem klaren "jein" an :)


    Inhaltlich stimme ich voellig zu, nur dass ich denke, dass es in der Arbeitswelt durchaus divergente Prioritaeten gibt. Das von Dir benannte Problem: "Ohne Sozialkompetenz keine Einstellungschance" ist schon keins mehr vom untersten Qualifikationsniveau, auf dem sich einfach erschreckend viele Jugendliche befinden.


    Soziale Kompetenzen und "Kultur" (was auch immer man darunter fasst) werden nach meiner Erfahrung mit zunehmendem Qualifikations- und Abstraktionsgrad des Berufs wichtiger.


    Andersherum ist es eben so, dass in den, hm, "robusteren" Berufen Unternehmen mit dem blossen Minimum zufrieden waeren - eben: Lesen, Schreiben, Rechnen. Unternehmen sind oft bereit, Kindern Sozialkompetenz beizubringen, aber nicht LSR.


    Ich bin fuer ein Unternehmen taetig, das von hochanalytischer Kopfarbeit bin zur robusten Kraftarbeit ein recht breites Taetigkeitsspektrum bietet, demgemaess ist das Mitarbeiterspektrum sehr heterogen und auch unsere Auszubildenden und Neueingestellten sind sehr bunt strukturiert.


    Wenn es um die Einstellung von Auszubildenden geht, steht, was die technischen Ausbildungsberufe angeht, das Vorhandensein von Basiskompetenzen wie lesen und schreiben ganz klar im Fokus. Das soziale Gefuege ist natuerlich unabdingbar, das ruettelt sich aber meist ganz "herzlich" von allein im Rahmen eines gruppendynamischen Prozesses ein, wenn Einzelne "auf dicke Hose machen"; aber wer als Mechatroniker ein Problem beim Kopfrechnen hat - hat ein Problem.


    Andererseits bewarben sich mit schoener Regelmaessigkeit fuer unsere kaufmaennischen Ausbildungsplaetze nette, liebe, bestimmt sehr umgaengliche Maedels, die aber nach der 10. Klasse Aufgaben der Art: "Susi geht mit 10 Euro in die Stadt, kommt mit 4 Euro zurueck, wie viel hat sie ausgegeben?" nicht loesen konnten. Sorry, das zu kompensieren kann nicht Aufgabe eines Unternehmens sein. Da wird auf die Einstellung ohne Diskussion verzichtet.


    Bei der Einstellung von Akademikern wiederum schaut man im Assessment Center mittlerweile kaum noch darauf, ob da wirklich der Kurs "Analysis 1" mit gutem Erfolg bestanden wurde, stattdessen unterhaelt man sich da mal locker ueber einen Artikel im FAZ-Feuilleton und schaut, wie gut derjenige mitreden kann. Dasselbe Wissen waere uns bei dem Mechatroniker-Azubi, wenn auch sehr beeindruckend, so fuer die Einstellung doch total egal gewesen.


    Das heisst in meiner Schlussfolgerung eben sequentiell:


    - In den verschiedenen Schultypen jeweils ein "Rundumprogramm" (wenn auch verschiedener Tiefe) zu lehren, waere ein absolut wuenschenswertes Ziel.
    - Das halte ich fuer unrealistisch und konstatiere, dass man realiter aus dem, was eigentlich auch Hauptschuelern vermittelt werden muesste, eine Auswahl treffen muss. Die Ursachen dessen (obsolete Lehrplaene, lustlose und demotivierende Vermittlung, soziale Rahmenbedingungen der Schueler, allgemeine Kulturmuedigkeit der Gesellschaft, ...) betrachte ich erst mal als exogen und somit nicht kurzfristig im Modell aenderbar.
    - Wenn schon nur eine Auswahl der eigentlich sinnvollen Inhalte vermittelt werden kann, ist es widersinnig, Dinge, die notwendig sind, damit Hauptschueler berufsausbildungstauglich werden, auszulassen, um ihnen ein besseres kulturelles, ethisches oder anderweitig humanistisches Fundament zu geben.


    Schwierig, keine Frage. Und eine allgemeingueltige "beste Loesung" gibt es eh nicht.


    Zitat

    Jedes Potenzial muss erst einmal geweckt und dann entwickelt werden.


    Auch hier volle Zustimmung im Grundsatz, aber hier fehlt mir in der arg gleichmacherischen Schulpolitik die Erkenntnis, dass wir -voellig wertfrei- eben nicht alle das gleiche Grundpotential in allem haben.


    ---


    Kontrapunkt:


    Zitat

    dann ist also das Heranführen an klassische Musik, um es zugespitzt zu formulieren, durchaus notwendig, um dem in aller Welt geschätzten deutschen Humankapital den letzten Schliff zu verpassen?
    Das glaube ich nicht. Ein Diplom-Ingenieur wird in einem Bewerbungsgespräch wohl kaum durch seine Liebe zu Beethoven den Zuschlag erhalten.
    Warum muss man denn die Absicht, Schülern einen weiteren musikalischen Horizont aufzuzeigen, immer wieder auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandorts rückbinden?


    Moeglicherweise war mein Beitrag in dieser Hinsicht ein wenig missverstaendlich.


    Zunaechst dies vorab: Ich schliesse mich Walter in Bezug auf die Anforderung "Bildung" an und lenke den Blick des geneigten Lesers zusaetzlich einige Zeilen zurueck nach oben zum Thema "Assessment Center". Mit anderen Worten: Doch, natuerlich ist "Kultur" Einstellungsfaktor, mit steigender Hierarchieebene ein deutlich wichtigerer als Fach- oder Expertenwissen.


    Aber zurueck zum Thema:


    Ich persoenlich trauere der klassisch-universellen "Rundumbildung" sehr deutlich nach - und habe mich seinerzeit zur Gymnasialzeit ebensogern mit Informatik wie mit Altgriechisch vergnuegt. Ich bin somit fest davon ueberzeugt, dass eine technokratische "Lehrplanumsetzungsstrategie" zu kurz gehuepft ist.


    Natuerlich geht es um die charakterliche und ethische Praegung und kulturelle Bildung junger Menschen. Zumindest soweit das moeglich ist, wo von den Eltern kein entsprechendes Fundament gelegt wird - das kann eine Schule nicht ausgleichen und das kann auch nicht Aufgabe der Schule sein.


    Mein Ansatz war ganz im Gegenteil zum moeglicherweise Vermuteten, gedanklich den "kanonischen Ansatz" und den "berufszentrierten Ansatz" einander naeher zu bringen.


    Denn selbst wer Schule als rein berufsvorbereitende Institution ansieht, wird in der heutigen Zeit damit konfrontiert, dass "der ganze Mensch" deutlich wichtiger wird als dessen Dreisatz- oder Geschichtskenntnisse.


    Mit anderen Worten: Wir sollten alle nicht Beethoven kennen, weil die Wirtschaft es so will - sondern wir sollten uns freuen, dass auch "die Wirtschaft" langsam erkennt, dass die wertvollsten Arbeitnehmer diejenigen sind, die mehr koennen als Zahlen aufaddieren.


    Beste Gruesse
    epi

    Man unterteilt Oekonomen gemeinhin in zwei Gruppen: Auf der einen Seite die "unzulaessig stark Vereinfachenden", auf der anderen Seite die "unnoetig Detailverliebten", ich versuche einmal den Spagat zwischen beidem zu schaffen - also unnoetig stark zu vereinfachen und dabei parallel auf unnoetig viele Details einzugehen.


    Auf der einen Seite gibt es das kanonische Bildungsideal, dessen vollstaendige, praktische Umsetzbarkeit sicher auch vielen seiner Befuerworter schwierig scheint - was aber natuerlich nicht heisst, dass man nicht an einem Ideal festhalten und zumindest danach streben sollte, es so weit wie moeglich zu erreichen. Das haben Ideale nun einmal so an sich.


    Kehrt man, zu stark am "ist" orientiert, vom Bildungsideal immer weiter ab, wird unser "Wissensstandort" mit noch weiter zunehmender Geschwindigkeit vor die Wand fahren. Denn reines Fachwissen anhaeufen, das koennen Andere auch, die Staerke des deutschen Bildungssystems war immer sein universalistischer Ansatz. Also ist eine moeglichst ganzheitliche Abrundung des "reinen" Schulwissens auch wirtschaftliche Notwendigkeit, weshalb Kanoniker und Arbeitsmarktorientierte dringend an einem Strang ziehen sollten.


    Wir sind ohnehin bildungspolitisch schon nicht auf dem gluecklichsten Weg:
    - Senkung des Leistungsanforderungsniveaus zur Erhoehung der Abiturientenquote, Verflachung des deutschen Diplomstudiensystems, um dessen fachliche Breite und Tiefe wir frueher in aller Welt beneidet wurden, zugunsten europaweiter "Standards", die uns zwangsweise auf Durchschnitt druecken...;
    - Allgemeine kultuspolitische Selbstzufriedenheit darueber, dass Hauptschueler nach der 10. Klasse (mit Schulabschluss!) "im Wesentlichen lesen und schreiben koennen und sich mit den Stiften nicht gegenseitig verletzen";
    - Heitere Fragestellungen wie: "Warum duerfen Jugendliche nicht schreiben, wie man es heutzutage als junger Mensch nun mal so tut?". Ein Beispiel: "Dann simma aufe Kirmess gegangn un ham voll Spass gehabt LOL" (deutscher Schueler, 5. Klasse, Aufsatz).


    Dass zumindest "irgendein" Grundschatz an Allgemeinbildung, an kulturellen Grundlagen, damit auch an musikalischem Wissen vorhanden sein sollte, ist unbestritten.


    Andererseits ist das Argument: "lesen, schreiben, rechnen - das reduziert die Menschen auf schnoede Aufgabenerfuellungsroboter", pardon, dekadent.


    Wer akademisch aus- und allgemein hoch gebildet ist, dem faellt es leicht, so zu schreiben. Wer andererseits aber aus erster Hand weiss, dass mehr als die Haelfte der Schulabgaenger noch nicht einmal in der Lage ist, die kommunikativen Mindestanforderungen, die fuer ein sicheres Bewegen in der Gesellschaft sinnvoll und erforderlich sind, zu erfuellen, begegnet dem Argument (das gewisse Aehnlichkeit birgt mit: "Wer kein Brot hat, kann ja auch einfach Kuchen essen") mit Skepsis.


    Natuerlich gilt es, das eine zu tun, das andere aber nicht zu lassen. Aber zum einen haben wir nur begrenzte Zeit und Moeglichkeiten, Kindern in der Schule etwas beizubringen, zum anderen gilt: Wo keine Erde ist, ist der Duenger vergebens. Wer sich noch nicht einmal ordentlich artikulieren kann, sollte dies lernen, bevor er sich mit Charpentier beschaeftigt.


    Wer schon mit Hauptschuelern zu tun hatte, die keine Lehrstelle bekommen, weiss: Diese Kinder fallen nicht durch Einstellungstests, weil sie nicht wissen, dass eine Motette kein Ungeziefer ist, sondern weil sie nicht 3*27 rechnen koennen.


    Ein "Hauptschulkanon" muss der Not gehorchend eben beruecksichtigen, dass die zur Verfuegung stehende Zeit zur Vermittlung von Grundkompetenzen genutzt werden muss, die bei Gymnasiasten vorausgesetzt werden koennen (sollten). Elitedenken? Nein, Notwendigkeitendenken bezueglich des sinnvollen Einsatzes knapper Ressourcen und vor allem auch humanbiologisch begrenzter Aufnahmekapazitaet pro Zeiteinheit.


    Ein weiterer wichtiger, aber gern mit Blick auf die Inkulpation der Lehrerschaft vernachlaessigter, Faktor ist das soziale Umfeld der Kinder, insbesondere der Eltern.


    Klassischer Musik haftet -Achtung, jetzt begebe ich mich wieder in den Bereich der unzulaessigen Vereinfachung- insbesondere, aber nicht nur in, pardon, "einfacheren Kreisen" etwas negativ Elitaeres an. Selbst in weiten Teilen des "Bildungsbuergertums" ist dies schon so. Hier kann ich aus persoenlicher Erfahrung berichten, durchaus dafuer als "kurios" bestaunt zu werden, dass ich doch wirklich freiwillig in die Oper gehe ("Wie halten Sie das Gequietsche denn aus?").


    Und hieran anschliessend muss der Schluss folgen duerfen, dass eben nicht jeder das Potential (intellektuell, geschmacklich, zeitlich,...) hat, sich mit Kunst auseinanderzusetzen, die ueber 1-2-3-4-dance-with-me-shalala hinausgeht.


    Aber ich schweife ab.


    Wir bemerken das Problem des sozialen Umfeldes gerade akut bei unserer Kleinen. Sie ist in der 2. Klasse und fuer sie ist es selbstverstaendlich, klassische Musik zu hoeren und das auch in die Breite zu tragen (wir konnten sie nur mit Muehe davon abhalten, bei Ihrer Karnevalsparty den Rinaldo -"wieso denn nicht? ist doch schoen..."- laufen zu lassen). Die anderen Kinder in ihrer Klasse hingegen machen sich tendenziell eher darueber lustig - und das kommt ja in der Regel ganz klar aus dem Elternhaus.


    Selbst die Lehrerin, die davon ja eigentlich begeistert sein muesste, bremst unsere Kleine da deutlich aus und verbietet (!) ihr, in der montaeglichen Morgenrunde ueber Ballett- oder Opernbesuche zu erzaehlen, das interessiere ja wohl keinen und ueberhaupt, sie sei ja wohl "nichts Besseres"... waehrend andere Kinder in epischer Breite ueber ihre Lieblings-Nintendospiele erzaehlen duerfen (!). Und das ist beileibe keine schlechte Schule in schlechtem Stadtviertel - ganz im Gegenteil.


    Diese negativen Grundhaltungen gegenueber "Kulturschnoeseln" bekommt man auch mit den ausgefeiltesten akademisierten Plaenen nicht in den Griff, befuerchte ich.


    So viel vom Kulturpessimisten... :)
    epi

    Wenn ich nur eins nennen darf, muss ich wieder schamlos Werbung fuer einen meiner Langzeitfavoriten machen:


    "Lakmé, c´est toi" aus Delibes´ Lakmé gesungen von Kunde und Dessay, fuer mich das mit Abstand emotionalste Liebesduett ueberhaupt, das geht mir direkt ins Herz.


    Gruesse von
    epiphaneia

    Es zieht mich immer wieder zurueck zu:



    Es ist viel weniger "sperrig" als sein Ruf, belohnt andererseits den mutigen und geduldigen Leser mit (anders als zB bei Pynchon nicht selbstzweckhaft) komplexer Erzaehlstruktur und sprachlicher Perfektion.


    Ein Begriff wie "perfekt" kommt mir nur sehr, sehr schwer ueber die Lippen -oder im Falle des Tippens ueber die Fingerspitzen-, aber Musil ist sprachlich unerreicht und hoechstens einhol-, nicht aber uebertreffbar.


    Man kann den MoE in einem Stueck lesen und ihn dann ins Regal stellen, um Besucher zu beeindrucken :) Ich schlage aber stattdessen vor, ihn einfach auf dem Nachttisch liegen zu lassen, jeden Abend zufaellig irgendeine Stelle aufzuschlagen und ein paar Seiten zu lesen. Dieses Werk begleitet mich durch mein Leben wie [denken Sie sich hier Ihre Lieblingsmetapher] und ich bekomme nicht genug davon - sicher auch, weil mich sprachliche Finesse mehr reizt als eine "spannende" Handlung.

    Liebe Fairy Queen,


    wir haben es hinsichtlich des musischen Interesses mit unserer 7-Jaehrigen gluecklicherweise sehr leicht. Wir haben zunaechst recht frueh angefangen, ihr "kindertaugliche" Klassik auf CD zur Verfuegung zu stellen, derer sie sich freiwillig bedienen konnte - aber zwang- und ueberredungsfrei als eine Unterhaltungsoption unter vielen.


    Das waren die "ueblichen Verdaechtigen" wie der Karneval der Tiere, Peter und der Wolf, eine gekuerzte Zauberfloete mit Erzaehlung, die Vier Jahreszeiten etc.


    Wie aber doch die Zeit vergeht: Seit sie sich vor rund einem Jahr einfach mal dazusetzte, als in unserem kleinen Heimkino die Sydney-DVD von Giulio Cesare lief, hat es sie gepackt und sie hat spontan den Sprung zum "Erwachsenen-Repertoire" gemacht. Von Monteverdis Orfeo bis La Traviata ist sie sehr zu begeistern, schon das Rheingold findet sie hingegen zu wenig melodisch, sie braucht also schon fuer sie nachvollziehbare, schoene Melodien - 12-Ton geht da gar nicht.


    Meine Haendel-Vorliebe ging nicht spurlos an ihr vorueber, aber auch die hab ich ihr nicht aufschwaetzen muessen: Geht man an ihrem Kinderzimmer vorbei, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Rinaldo laeuft und sie lauthals mitschmettert, hoeher als dass Sponge Bob oder aehnliches zu hoeren ist. Fachsimpeln ueber die besten Inszenierungen ist mit ihr locker drin.


    Vor kurzem waren wir in der Duesseldorfer Rheinoper und haben uns "Peter und der Wolf" in einer vermeintlich kindertauglichen Inszenierung angeschaut, das fand sie grausam und wollte dann das naechste Mal "doch lieber ein richtiges Ballett" sehen :jubel:


    Aber zu Deinen Leitfragen:


    1) In welche Opern würdet ihr Kinder mitnehmen? In welche nicht und warum?


    In die Oper mitgenommen haben wir unsere Kleine vor kurzem zum ersten Mal - das musste natuerlich Ihr Favorit Giulio Cesare sein. Dass sie nicht jede Arie mitgesungen hat, war da alles, die Lippenbewegungen waren da :)


    In der kommenden Saison werden es dann der Orfeo und die Zauberfloete sein, wenn sie partout mag, ggf. auch noch eine Lucia. Was sie mit uns anschauen will, darf sie also aus dem, was wir Erwachsenen uns anschauen, weitgehend frei waehlen. Da wir recht viele Opern auf DVD schauen, hat sie da einen recht guten Grundstock, auf dessen Basis sie entscheiden kann, was sie live sehen moechte. In jedem Fall hat sie schon avisiert, dass sie nicht nur keine Kinder-Ballettinszenierungen mehr sehen moechte sondern wenn, dann mit uns in die "richtige" Oper will.


    Mit dem fliegenden Hollaender, Salome oder Elektra waere ich allerdings zB nicht einverstanden, selbst wenn es ihr musikalisch gefiele. Sie ist ein sehr sensibles, schreckhaftes Kind und sollte positiv gestimmt aus der Oper kommen, nicht in den Folgenaechten Alptraeume haben. Lucia ist da schon grenzwertig, aber da amuesieren wir uns gemeinsam ueber die Divergenz von froehlicher Musik und duesterer Handlung, das heitert die Stimmung deutlich auf.


    2) Wie erklärt ihr Kindern die oft schwierigen Inhalte?


    Da unsere Kleine gerade bei altmodisch verzierter Sprache gelegentlich Probleme bei den Untertiteln hat, habe ich mir zur Gewohnheit gemacht, zu jeder Arie -bzw auch zu Rezitativen- in jeweils 1-2 Saetzen grob zusammenzufassen, was passiert, allerdings in kindertauglicher Tiefe. Kommt ihr etwas komisch vor (zB die Zwangsheirat der Lucia, das hat sie natuerlich gar nicht verstanden), gibts noch ein paar Saetze Hintergrundwissen dazu. Manchmal muss das dann erst ein paar Tage sacken, bevor sie mit tiefergehenden Fragen aufwartet.


    3) Gibt es nach eurer Ansicht Altersgrenzen für bestimmte Opern?


    Um an den unter 1) genannten Aspekt anzuschliessen: Ich denke, dass zB Salome oder Elektra fuer ihre Sujets durchaus ein "FSK12" verdient haben. Von der musikalischen Seite her betrachtet bin ich jedoch der Meinung, dass Kindern unbedingt erlaubt sein soll, was gefaellt. Die "qualifizierte" Rezeption kommt spaeter bei Gefallen von ganz allein.


    Lieben Gruss von
    epiphaneia

    ... hat ihr neues Programm vor wenigen Tagen ebenfalls bekanntgegeben.
    In der Breite sehr schoen angelegt, wir tun uns grad schwer, das Abo zu "beplanen", weil wir mit den 8 Vorstellungen nicht hinkommen werden :yes: Es gilt zu hoffen, dass die Qualitaet nicht noch weiter zu Lasten der Quantitaet geht, aber hier will ich ja nicht befuerchten sondern berichten.


    Die Premieren:


    Beethoven: Fidelio
    Charpentier: Louise
    Debussy: Pelleas und Melisande
    Dvorak: Rusalka
    Janacek: Aus einem Totenhaus
    Mozart: Lucio Silla
    Schoenberg: Moses und Aron
    Schostakowitsch: Lady Macbeth von Mzensk
    Strauss, R.: Die Frau ohne Schatten
    Wilderer: Giocasta


    Der Rest:


    Berlioz: Les Troyens
    Catalani: La Wally
    Donizetti: L’elisir d’amore, Lucia di Lammermoor
    Haendel: Giulio Cesare in Egitto
    Humperdinck: Hänsel und Gretel
    Janacek: Jenufa, Katja Kabanowa, Das schlaue Füchslein, Die Sache Makropulos
    Monteverdi: L´Orfeo, Il ritorno d’Ulisse in patria, L’incoronazione di Poppea
    Mozart: La finta giardiniera, Die Entführung aus dem Serail, Die Zauberflöte, Cosí fan tutte, Don Giovanni, Die Hochzeit des Figaro
    Mussorgski: Boris Godunow
    Offenbach: La belle Helene
    Puccini: Tosca, Madame Butterfly, Il trittico
    Rossini: Il turco in Italia
    Strauss, J.: Der Zigeunerbaron
    Tschaikowsky: Eugen Onegin
    Verdi: La traviata, Un ballo in maschera, Don Carlos
    Wagner: Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried, Götterdämmerung, Der fliegende Holländer, Parsifal


    Viele Gruesse von
    epiphaneia

    Hier meine "Dauerbrenner" ohne Rangfolge:


    Keiser - Croesus
    Monteverdi - L´Orfeo
    Lully - Persée
    Haendel - Giulio Cesare
    Haendel - Alcina
    Wagner - Der fliegende Hollaender
    Delibes - Lakmé
    Gounod - Faust
    Debussy - Pelleas et Melisande
    Donizetti - Lucia di Lammermoor


    Gruesse
    Marc