Beiträge von Dreamhunter

    Diese Opera Seria von Wolfgang Amadeus Mozart hatte vor einigen Jahren Premiere und findet sich nach längerer Pause wieder am Spielplan. Nach den Eindrücken dieser Aufführung bin ich mir nicht ganz sicher, ob dieses Stück in die Staatsoper passt. Bei aller Verehrung, aber Mozart hat bessere Opern geschrieben, die im modernen Opernbetrieb auch ihren Platz gefunden habe. Idomeneo ist schon eher ein Stück für Liebhaber der Musik des 18.Jahrhunderts und für Liebhaber von Bravourarien und langen Rezitativen. Wobei hier im Prinzip auch nur eine Arie ihren Weg ins Konzertrepertoire gefunden hat – die der Elettra im 3.Akt. Ansonsten viele gefällige Melodien, die aber nicht wirklich im Ohr bleiben. Wir reden hier von einem ganz anderen Mozart als landläufig bekannt ist. Wer erwartete etwas wie Don Giovanni oder Nozze zu hören, war sicherlich enttäuscht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich jemals einen so leeren Stehplatz nach einer Pause gesehen zu haben. Am Balkonstehplatz war überhaupt niemand zu sehen, auf der Galerie geschätzte 50 Leute, auch im Parterre war fast gähnende Leere…


    Die Produktion, für die Regisseur Kasper Holten und Bühnenbildnerin Mia Stensgaard verantwortlich zeigen, ist sehr gelungen. Mit modernen Mitteln wird die Geschichte so erzählt, wie sie im Libretto steht, auch die Kostüme von Ana Vang Kragh, eher in der Renaissance angesiedelt, sind herzeigbar. In Opernzeiten wie diesen ist man ja schon dankbar dafür! Dass es meistens eine „Stehpartie“ ist, das ist dem Libretto geschuldet, das nicht viel „Action“ hergibt. Entsprechend kann man sich aber mehr auf den musikalischen Teil konzentrieren.

    Der Titelheld Idomeneo wurde von Bernhard Richter gegeben. Richter hat eine schöne Mozart-Stimme, im Vergleich zu Benjamin Bernheim aber lyrischer. Ich hatte den Eindruck, dass er im 3.Akt ein wenig müde wirkte, doch gehört er auf jeden Fall zu den Pluspunkten des Abends.


    Pavel Kolgatin sang den Arbace – wie es so schön heißt – rollendeckend. Solide und im Prinzip unauffällig. Als Oberpriester kam Carlos Osuna erst im 3.Akt zu seinem Auftritt. Da hätte ich mir mehr Durchschlagskraft gewünscht. Peter Kellner als Stimme machte seine Sache gut.


    Rachel Frenkel hat ihren Weg vom großen Strom der „Weiden“ ins virtuelle Kreta gefunden und überzeugte in der Hosenrolle des Idamante. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ihr relativ hoch gelegener Mezzosopran für die Rolle so geeignet ist – eine tiefer timbrierte Stimme wäre wünschenswert. Valentina Nafornita spielte die Ilia überzeugend, leider dürfte sie – obwohl vom Publikum umjubelt – nicht in Höchstform gewesen sein, da man doch an und ab ein leichtes Tremolo hörte.

    Die gesanglich beste Leistung des Abends bot Irina Lungu. Als Elettra hatte sie auch die dankbarste Arie des ganzen Stückes. Technisch sehr sauber gesungen, mit klaren Höhen, gut zu hören konnte sie ihre Stärken ausspielen. Man kann sich auf das Wiedersehen mit ihr im Juni schon freuen.


    Tomas Nepotil dirigierte das Staatsopernorchester, ohne irgendwelche Akzente zu setzen- man hätte aus dem Stück mehr rausholen können.


    Fazit des Abends – freundlicher Applaus des Publikums, der sich bei den vier Hauptdarstellern steigerte. Musikalisch hätte man mehr draus machen können.

    Die Neuinszenierung von Laurent Pelly ist unter Opernfreunden – gelinde gesagt – umstritten. Ich möchte einige Details, die mir aufgefallen sind, näher beschreiben.


    1)     Das Bühnenbild erinnert an eine Mischung der Produktionen von Eugen Onegin (auch hier schneit es), der Regimentstochter (wie dort auch ein kleiner Hügel, über den der Chor rauf und runter schreitet) und das stilisierte Schloss (?) im Hintergrund erinnert ein wenig an die Decker-Inszenierung der Pierrot-Szene aus der Toten Stadt

    2)     Wenn man die Regimentstochter gesehen hat sieht man Ähnlichkeiten bei der Personenführung des Chors (was dort funktioniert hat, aber die Darstellung der Hochzeitsgesellschaft ist leider misslungen)

    3)     Die Kulissen sind SEHR sängerunfreundlich

    4)     Wenn Edgardo im 1.Akt zum Abschied der Lucia einen Ring gibt – ja, das macht Sinn. Ein wenig seltsam ist es, dass sie dann in ihrem Wintermantel kramt und auch einen Ring für Edgardo herbeizaubert…

    5)     Die in schwarz gehaltene Hochzeitsgesellschaft geht ja überhaupt nicht – es wird davon gesungen, dass durch die Hochzeit der Clan der Ashtons mächtiger wird und sich alle darüber freuen. Das Ganze im Trauerflor?!??


    Auf der anderen Seite hat Pelly intensiv mit der Darstellerin der Lucia gearbeitet – die Zeichnung der Heroine als Mädchen, das psychisch gestört ist, ist nicht gegen das Libretto. Lucia zeigt schon durch ihre Körpersprache von Anfang an, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Insofern kann man die Aussage Pellys nachvollziehen, dass Edgardo sie nur aus politischem Denken aus zur Frau nimmt. Es gibt auch in der gemeinsamen Szene kaum Körperkontakt. Ebenso glaubwürdig unter diesen Umständen ist dass die Figur der Alisa als Gouvernante gezeigt wird, die sich intensiv um Lucia kümmert.


    Zum Musikalischen – Olga Peretyako hat es naturgemäß in Wien schwer – man ist einfach durch die vielen Auftritte von Edita Gruberova vorbelastet. Wie oben besprochen war ihre Darstellung außergewöhnlich gut – Oper ist ja Musiktheater und den zweiten Teil des Wortes erfüllte sie tadellos. Pelly zwang sie zu einer speziellen Körperhaltung, die die psychischen Störungen widerspiegeln sollte. Ein englischer Ausdruck fällt dazu ein – „She sees the world from a different angle“. Leider merkte man, dass sie sich bei den Koloraturen plagte, von Leichtigkeit war nichts zu spüren. Und schon zum wiederholten Mal in dieser Serie misslang ihr der hohe Schlusston, was einen Schatten über ihre Leistung noch zusätzlich legte. Nichtsdestotrotz war der Publikumszuspruch besser – vielleicht hatte es auch damit zu tun, dass es keine „Bravo“-Rufe gab, die andere Besucher dazu verführten mit „Buhs“ zu antworten.


    Leonardo Navarro als Normanno und Virgine Verrez (Alisa) erfüllten ihre Parts zufriedenstellend. Das kann man leider von Lukhanyo Moyake nicht berichten. Sein Arturo klang gepresst und geknödelt. Für den Gesamteindruck der Aufführung wäre es von Vorteil gewesen, wenn Lucia ihn nicht erst zwischen dem zweiten und dritten Akt hingemetzelt hätte…


    Über die anderen drei Interpreten gibt es viel Positives zu berichten. Jongmin Park hat sich in den letzten Jahren mit Recht zu einem Publikumsliebling entwickelt. Er hat eine profunde Tiefe und war ein idealer Darsteller des Raimondo.


    Sehr angetan war ich an diesem Abend auch von George Petean, der nicht nur das Volumen und ein sehr angenehmes Timbre hat, sondern auch bombensichere Höhen vernehmen ließ. Seine Darstellung ließ keine Wünsche offen.


    Den größten Applaus heimste Juan Diego Flórez als Edgardo ein. Seine Stimme ist noch immer nicht die größte, er klingt, obwohl er stimmlich etwas an Breite gewonnen hat, noch immer etwas „weiß“. Das macht er mit einer stupenden Technik und viel Gefühl in seinem Vortrag wett. Im Vergleich zu den ersten Aufführungen war er an diesem Abend noch einen Deut besser (und wieder ein Fun Fact – der Bart, den er noch letzte Woche getragen hat, ist nun wieder ab).


    Evelino Pidó war ein stets aufmerksamer Dirigent, der das Orchester umsichtig leitete – und auch bei gewissen heiklen Stellen zum Wohle der Sänger die Lautstärke variierte. Der Staatsopernchor war von Martin Schebesta perfekt einstudiert.


    Fazit – eine sehr gute Vorstellung, allerdings wäre es besser gewesen, hätte sich als Vorbereitung der Rezensent nicht die Gesamteinspielungen mit Callas, Gruberova und Sutherland angehört.

    Samuel Scheidt (1587 - 1654) gehörte zu den bekanntesten Komponisten des 17.Jahrhunderts. Sein Oevre beinhaltete vokale und instrumentale Stücke. Er schuf als einer der ersten deutschen Komponisten eine Synthese aus traditionellem deutschen Choral und Kontrapunkt mit der Madrigalkunst aus Italien. Er war ein vielseitiger Komponist geistlicher und weltlicher Musik, dessen Ruhm jedoch fast ausschließlich auf der Qualität seiner Instrumentalmusik beruht.


    Heutzutage ist er weitgehend unbekannt und wird ganz selten aufgeführt.


    Ich "stolperte" über ihn, als ich erstmals die CD "War & Peace" 1618:1918 der Lautten Compagney/Dorothee Mields hörte. In dieser Zusammenstellung sind von ihm einige Stück enthalten, so z.B. Galliard Cantus XX (1621), Galliard Battaglia SSWV 59 und Paduan Cantus V, ebenfalls aus 1621.


    Geboren in Halle ware er ebenda Hilfsorganist an der Moritzkirche. Nach einem Aufenthalt in Amsterdam, wo er bei Jan Sweelinck studierte, kehrte er 1609 als Hoforganist zurück und arbeitet dort auch mit Michael Praetorius zusammen.


    Scheidt war auch ein Experte im Orgelbau und in dieser Funktion nahm er 1619 gemensam mit Praetorius, Schütz und Johann Staden eine Orgel in Bayreuth ab. Ebenso interessant ist, dass seine Sammlung von Werken für Orgel, Cembalo und Clavichord der erste Tastenmusik-Druck in Deutschland war, bei dem die Partiturnotation Anwendung fand.


    Zu Scheidts ersten veröffentlichten Werken gehörten geistliche Vokalmusik, insbesondere Cantiones sacrae (1620) für acht Stimmen und vier Bücher von Geistliche Concerten (1631-40) für zwei bis sechs Stimmen und Continuo. Die Veröffentlichung seiner Tabulatura nova (dreiteilig, 1624) war ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der Orgelmusik. Der Titel bezieht sich auf die verwendete musikalische Notation: Keyboard-Tabulatur im italienischen Sinne (d.h. Stabnotation statt der in der früheren deutschen Orgelmusik verwendeten alphabetischen Tabulatur). Die Sammlung enthält Fantasien, Toccaten, "Echo-Stücke", Orgelreaktionen für den liturgischen Gebrauch und vor allem Variationen von Choralmelodien.


    Scheidts Unterwerfung der Choralmelodie unter musikalische Variationen und seine Verwendung verschiedener Stimm- und Instrumentenkombinationen in den verschiedenen Stanzen deuteten auf die späteren lutherischen Kantaten auf der Grundlage von Chorälen hin. Scheidts Werk, obwohl von Sweelinck beeinflusst, zeigt seine eigene Fähigkeit zum Kontrapunkt. Sein Tablatur-Buch ("Görlitzer Tabulatur" - 1650) enthält harmonisierte Begleitungen für 100 heilige Lieder und Psalmen, die auf die wachsende Praxis des Gemeindegesangs in lutherischen Kirchen hinweisen.


    Durch die Wirren des 30-jährigen Krieges verlor er seine Stellung, da sein Dienstherr flüchten musste. Nach einem kurzen Intermezzo als Musikdirektor für die drei großen Kirchen in Halle war er ab 1630 ein reiner Privatier und verdiente seinen Lebensunterhalt als Musiklehrer.

    Kriegsbedingt verlor er sein gesamtes Vermögen und er erhielt nur ein Armenbegräbnis.


    Zum Reinhören -




    von Disc 1 - Beispiele 4 und 16, von Disc 2 - 1 und 5


    Wer von Euch hat Erfahrung mit der Musik von Scheidt gemacht - und kann eventuell weitere Aufnahmen empfehlen? (Auf Youtube fand ich noch eine Aufnahme mit Jordi Savall)


    Es dauerte „nur“ 53 Jahre, um DIE amerikanische Oper wieder am Spielplan der Volksoper zu sehen – und der Direktion kann dafür gar nicht zu viel gedankt werden! Packende drei Stunden Musiktheater (ja, das ist auch bei einer konzertanten Aufführung möglich!), ein hervorragend disponiertes Volksopernorchester und ein ebenso perfekt vorbereiteter Chor und Zusatzchor der Volksoper (Einstudierung Thomas Böttcher) trugen unter dem Dirigat von Joseph R. Olefirowicz zu einem fulminanten Erfolg bei.

    George Gershwin hatte seinerzeit bestimmt, dass nur farbige Sänger für szenische Produktionen engagiert werden dürfen (mit ganz wenigen Ausnahmen wie den Detective), daher wird diese Oper in Europa meistens konzertant (wenn überhaupt) aufgeführt. Einige Häuser haben sich über die Wünsche Gershwins hinweggesetzt und sich dementsprechend großen Ärger eingehandelt.




    „Porgy and Bess“ wird oft als Jazz-Oper beschrieben, manchmal als „Folk-Opera“. Obwohl Gershwin die beiden meiner Meinung nach ur-amerikanischen Musikstile, den Südstaaten-Blues und den Jazz, einfließen ließ, sind die stimmlichen Anforderungen doch für ausgebildete Stimmen ausgelegt (als Ausnahme kann man eventuell den Sporting Life sehen) – und immer wiederkehrende Leitmotive rücken dieses Stück auch eher in die Richtung der Oper als die des Musicals, als dass es auch manchmal beschrieben wird. „Schuld“ daran ist wahrscheinlich die Verfilmung Ende der 1950er-Jahre, für die Andrè Previn die Oper neu arrangiert hatte und Rezitative gestrichen wurden. Fun Fact – der Sänger des Porgys beim Soundtrack war Robert McFerrin, Vater des bekannten Jazzers Bobby McFerrin, der ja auch schon die Wiener Philharmoniker dirigiert hat.


    Im Vergleich zur Premiere dieser Produktion musste dieses Mal Bongiwe Nakani passen, da sie ein ärztliches Auftrittsverbot erhalten hatte. Kurzfristig sprang für die Rolle der Maria Bonita Hyman ein, die sich gerade in Berlin aufgehalten hatte und so die Vorstellung rettete. Hyman sang eher zurückhaltend, konnte aber das Publikum durch einen sehr pointierten Gesang für sich gewinnen und erhielt auch Szenenapplaus.


    Morris Robinson war der unumschränkte und umjubelte Star des Abends. Große Zustimmung nach „I‘ve got plenty of nothing‘“ war ihm sicher. Nicht nur durch seinen fundierten Bass beeindruckte er, nein, auch schauspielerisch überzeugte er. Überhaupt muss angemerkt werden, dass durch das ständige Kommen und Gehen der Sänger eine Dynamik entstand, die der einer szenischen Aufführung schon sehr nahekam. Die Beleuchtung (Wolfgang Könnyü) war auch perfekt auf das Geschehen eingestimmt.

    Als Bess hinterließ Melba Ramos einen ausgezeichneten Eindruck – eine ganz kleine Unsicherheit sei ihr nachgesehen. Lester Lynch stellte den brutalen Crown sowohl schauspielerisch als auch stimmlich großartig dar – leider gibt es ja auch heutzutage noch Frauen, die solchen Typen verfallen…


     
    Melba Ramos, Lester Lynch, Morris Robinson


    Sporting Life – das ist nach meinem Dafürhalten die einzige Figur, die man nicht unbedingt mit einem ausgebildeten Opernsänger besetzen muss. Dieser drogen-dealende Dandy hat eine gewisse Leichtigkeit, die den anderen Figuren des Stückes abgeht. Der zweite Welthit dieser Oper, „It ain’t necessarely so“, verlangt mehr Rhythmusgefühl und stellt den Sänger auch vor die Aufgabe, ein wenig „scatten“ zu müssen. Dies ist naturgemäß leichter für Darsteller, die mehr aus dem Bereich des Musicals oder des Jazz kommen. Ein hervorragendes Beispiel dafür war Cab Calloway, der ja nicht nur bei der Erstaufführung von „Porgy and Bess“ in Wien gesungen hat, sondern auch die Rolle des Sporting Life für den Soundtrack der Oper eingespielt hat. Nun, Ray M.Wade Jr. schlug sich gut und war sehr bühnenpräsent. Ich würde seinen Tenor als Mittelding zwischen heldisch und Charaktertenor bezeichnen.



    Ray M. Wade jr.


    Marcel Prawy bezeichnete einst Korngolds „Glück, das mir verblieb“ als letzten Opernschlager – da widerspreche ich, alleine diese Oper enthält drei Stücke, die sich zu Standards des Jazz oder Rocks entwickelten. Von Louis Armstrong und Ella Fitzgerald bis zu Miles Davis – kaum eine Jazzgröße konnte an diesen Themen und Melodien vorbeigehen. Neben den bereits genannten Stücken beziehe ich mich selbstverständlich auf „Summertime“ – da gibt es eine großartige Einspielung von Chet Baker, und Ende der 1960er-Jahre nahm auch Janis Joplin das Lied auf, eine absolute Jahrhunderteinspielung des Rock…


    An diesem Abend eröffnete Rebecca Nelsen als erste Solokünstlerin mit diesem Stück – für meinen Geschmack hätte sie den ersten „Durchgang“ (Summertime wird ja noch von der Clara zwei Mal wiederholt und schlussendlich auch noch einmal von Bess) etwas lyrischer anlegen können, das ist allerdings der einzige Einwand, den ich vorbringen kann. Den Ehemann der Clare, Jake, wurde von Ben Connor sehr überzeugend gesungen. Auch seine Bühnenpräsenz überstieg die Größe seiner Rolle. Ich bin gespannt auf seine Entwicklung!

    Julia Koci, die beim Schlussapplaus vom Publikum ebenfalls bejubelt wurde, überzeugte als Serena, Morten F. Larsen als schmieriger Advokat. Eine Luxusbesetzung als Annie war Iseyar Khayrullova, die anderen Protagonisten des Abends seine pauschal gelobt.

    Wie ich erfahren habe, wird es leider nur bei dieser Serie bleiben – zumindest für die nächste Saison wird dieses wirklich wichtige Stück der Musikliteratur nicht am Spielplan aufscheinen. Es bleibt zu hoffen, dass man nicht wieder mehr als 50 Jahre darauf warten muss diese Oper in Wien wieder zu erleben.


    Insgesamt dauerte die Vorstellung inklusive einer Pause knapp 3 Stunden – und diese waren wirklich kurzweilig. Gesungen wurde übrigens in der Originalsprache mit deutschen Übertiteln – und die Übersetzung war sehr gut – auch da gebührt den Verantwortlichen ein Kompliment!


    Für die weiteren Vorstellungen – 18., 22. und 25 Februar gibt es noch Restkarten. Wer in oder um Wien herum weilt, der sollte zuschlagen. Eine spannende Produktion wartet!

    Liebe Ramona,


    auch von meiner Seite aus ein herzliches Willkommen! Ich beziehe mich auf die "Meistersinger" - Du solltest auf jeden Fall auch "meine" Lieblings-DVD in Betracht ziehen - Meistersinger unter Thielemann in Wien mit dem leider viel zu früh verstorbenen Johan Botha als Stolzing.. (ich war bei dieser Serie 3 x drinnen - ein absoluter Genuss...). Inszenierung von Otto Schenk - ein Augen- und Ohrenschmaus (okay, Falk Struckmann schwächelt zum Schluss ein wenig, dafür Adrian Eröd als Beckmesser sensationell!!!!)



    @ Cosi - wir wissen heutzutage nicht 100%ig genau WIE es seinerzeit Da Ponte genau gemeint hat, als er das Libretto schrieb. Daher kann man meiner Meinung nach sicherlich den Inhalt in einer gewissen Weise interpretieren - ist es eine Komödie, ist es eine Tragikomödie oder sogar eine Tragödie, in Zuckerwatter gepackt.


    Wir werden es nie wissen - im Gegensatz der Geschichte, wo seinerzeit eine Neuinszenierung der "Toten Stadt" im Rahmen einer Matinée besprochen wurde. Da begang Paul zu Ende des Stückes Suizid. Marcel Prawy fragte den Regisseur warum das so sei, das stünde ja nicht im Libretto. Der Regisseur - "Ich habe mit Ringel gesprochen (Anm: Dr. Erwin Ringel, Psychiater der "österreichischen Seele")". Prawy "Ich habe mit Korngold gesprochen...".


    Was mich bei moderneren Inszenierungen immer wieder anspricht ist die genaue Personenführung. Ich denke, dass das damit zu tun hat, dass viele Regisseure heutzutage vom Theater kommen und von den Sängern einfach mehr verlangen als früher. Leider ist das oftmalig gepaart mit - wie Alfred nicht zu Unrecht anmerkte - kargen und etwas deprimierenden Bühnenbildern und ich frage mich oft warum das so ist. Ehrlich, die einzige Antwort die ich halbwegs plausibel finde ist die, dass das Produktionsteam die Zuseher nicht von den Protagonisten, von den inneren Kämpfen, ablenken möchte. Das ergibt dann eine ganz andere Ästhetik - und das ist dann wieder Geschmackssache - und über Geschmack kann man ja nicht streiten... Das ist für mich übrigens nicht RT!

    okay - weitere Ausschnitte der Cosi -


    Cosi 1


    Cosi 2


    Cosi 3


    Eine Inszenierung von Claus Guth (Salzburg) - in modernem Gewande, aber auch dem Geiste der Oper (IMHO) entsprechend. Gut, kein Neapel - aber in der Oper geht es mir vor allem um die Frage der "Treue"...


    Cosi Guth


    Fur mich ebenfalls eine sehr gelungene Deutung - Madrid/Haneke - da finde ich besonders spannend das Verhältnis Don Alfonso - Despina.


    Cosi Haneke


    Und im Gegensatz dazu eine klassische Ponnelle-Inszenierung aus 1988


    Ponnelle 1

    Ponnelle 2

    P.S. Das ist eine Liste von Opern, die man nicht in eine andere Zeit oder einen anderen Ort transponieren sollte, da sie m.E. vom Libretto und von der Handlung/Handlungslogik in einer bestimmten Ära verwurzelt sind.


    Ein Beispiel - La Traviata

    Ort muss Paris sein, Zeit muss Mitte des 19.Jahrhunderts sein; wenn man das jetzt in Paris belässt und ins 20./21. Jahrhundert transponiert -> das macht keinen Sinn, da es heutzutage komplett andere Moralvorstellungen gibt. Oder eine Verortung in den Nahen Osten? Statt Montmatre ein Basar irgendwo in Anatolien ?!???


    Adriana Levouvreur

    Ariadne auf Naxos

    Boris Godunov

    Capriccio

    Der Rosenkavalier

    Die Fledermaus

    Die Meistersinger von Nürnberg

    Don Giovanni

    Elektra

    Eugen Onegin

    I Vespri Siciliani

    Il Barbiere di Siviglia

    Le Nozze di Figaro

    La Forza del Destino

    La Traviata

    Madama Butterfly

    Manon

    Manon Lescaut

    Maria Stuarda

    Nabucco

    Norma

    Otello

    Peter Grimes

    Rigoletto

    Roberto Devereux

    Tosca

    Tristan und Isolde

    Un Ballo in Maschera

    Wozzeck


    P.S. Ausnahmen bestätigen die Regel....

    Liebe Mitdiskutanten,


    ich habe mich bis jetzt aus dieser Diskussion rausgehalten. Meiner Meinung ist alles gesagt worden - aber nicht von mir ;-) - und ich versuche meinen Standpunkt zum RT/zur Oper in heutiger Zeit darzulegen. Ich nehme mit Absicht aus meiner Betrachtung die klassischen Konzerte aus - für diese wird es meines Erachtens nach immer ein Publikum geben - allerdings nicht unbedingt ein junges - aber auch bei mir hat es bis in meine 40er gedauert, bis ich dauerhaften Gefallen daran gefunden habe. Und - trotz vieler Bemühungen, Konzerte auch für jüngere Menschen auch finanziell zu ermöglichen - Karten für den Muskiverein oder das Wiener Konzerthaus sind nun einmal im Vergleich zur Wiener Staatsoper oder Volksoper doch in den günstigeren Kategorien teurer. Daher muss man sich diese auch leisten können - und das ist einfacher, wenn man schon länger im Berufsleben steht.


    Ich möchte mit der Frage beginnen - Ist die Oper eine zeitgemäße Kunstform ?


    Meiner Meinung nach nicht, es ist eine Form von Unterhaltung, die meiner Meinung nach ihren Höhepunkt im 19.Jahrhundert hatte. Heutzutage - wenn wir Formen betrachten, die auf einer Bühne aufgeführt werden, ist sicherlich das Musical die Form, die am ehesten passt. Und auch da möchte ich einschränken, da auch hier der Höhepunkt schon vorbei scheint. Was sind die erfolgreichen Stücke aktuell? Nun, es sind Stücke, die rund um erfolgreiche Lieder von Künstlern zusammengestellt werden, die allerdings auch aus den 1970er bis 1980er Jahren stammen (Musik von z.B. ABBA, Queen, Udo Jürgens, Fendrich). Das Musiktheater per se steckt in einer Krise, was die Wahrnehmung der Generation X oder der Millenials betrifft. Die Kunstform (und ja, es ist eine), die am ehesten noch in Verbindung mit Musik wahrgenommen wird, ist die der Video-Clips.


    Wird man jüngere Besucher zur Oper führen, wenn man Produktionen bringt, wo die Handlung abstrahiert wird, das auf der Bühne Gesehene mit dem Libretto nur ansatzweise was zu tun hat?


    Sicherlich nicht. Um wieder auf das Musical zurückzukommen - das ist der Ort, wo man auch heutzutage zauberhafte Bühnenbilder und Kostüme sieht - und die jungen Leute lieben das! Mit GANZ WENIGEN Ausnahmen sollten Opern so aufgeführt werden, dass sie der Zeit der Handlung entsprechen. ALLERDINGS spricht nichts dagegen, wenn man dafür moderne Technik verwendet (z.B. die Unterstützung von Videoeinspielungen oder die Produktion von "Romeo et Juliette" in Wien, wo ausschließlich mit Lichteffekten gearbeitet wird). Und es gibt das eine oder andere Werk, das es verträgt, in ein anderes Jahrhundert transponiert zu werden.


    Für mich am Wichtigsten ist aber die Personenführung. Ich versuche immer das Bühnenbild zu ignorieren (egal ob jetzt traditionell oder modern) und mich auf die Sänger zu konzentrieren. Und da bevorzuge ich wirklich "Singschauspieler" wie z.B. eine Elina Garanca, eine Anna Netrebko, eine Diana Damrau, einen Adrian Eröd oder einen Clemens Unterreiner. Sänger, die auch aus einer "Wurzn", wie man bei uns in Wien sagt, das Beste rausholen. Rampensingen geht für mich überhaupt nicht. Zurück zur Personenführung mit dem Beispiel "Cosi Fan Tutte" unter der Regie von Patrice Chereau. Das Bühnenbild war hässlich, aber was die Sänger mit kleinen Gesten oder Bewegungen zu Stande brachten, brachte mich dazu alles rundherum zu vergessen. Ich habe die Produktion im Theater an der Wien gesehen und bin noch immer ergriffen von folgender Szene -


    Soave sia il vento


    Ist das RT? Für mich ist es eine perfekte Personenführung...


    Ich habe auch kein Problem damit, wenn man HEITERE Opern mit einem ironischen Touch auf die Bühne bringt - auch da ein Beispiel von einer Produktion, der ich oft in Wien - mit verschiedenen Besetzungen - beigewohnt habe. Ich spreche von "La Fille du Regiment" in der Regie von Laurent Pelly (der leider gerade die Neuproduktion der "Lucia" in Wien ziemlich in den Sand gesetzt hat). Ich finde beide Szenen schlicht entzückend und sie respektieren das Flair des Werkes.


    "The Ironing Opera" - copyright Tomoko Vlach (meine bessere Hälfte)


    Fille du Regiment - Dessay & Flórez


    Wo wird die Grenze zum sogenannten RT gezogen?? Kann das jemand erklären? Oder ist die Grenze individuell verschieden ?!??? Folgender Ausschnitt der Wiener "Manon" - ja, ist in eine andere Zeit transponiert? ABER - ist das bereits RT?


    Manon - STOP Netrebko


    Als Freund der Barockmusik - wie soll man "alte" Opern auf die Bühne bringen?? Die Handlungen spielen in der Antike, sind teilweise Märchen und Sagen - wo ist da die Grenze??


    Orphee et Eurydice - Paris Production

    Ist das bereits RT??


    oder sollten Opern aus dieser Zeit wie folgt gezeigt werden ? Ehrlich - das ist eine ernsthafte Frage (ich bevorzuge Paris...) - beides hat seinen Reiz...


    Orfeo ed Euridice - Wiener Version 1762


    Ich würde mich über Eure Eindrücke und über Antworten Eurerseits freuen - ich selbst habe schon furchtbare "traditionelle" Aufführungen gesehen und ganz, ganz tolle Abende erlebt, die einige Taminos als ganz ganz pöses ;-) RT bezeichnen würden.


    Ich glaube, es gibt kein SCHWARZ und WEISS - nur GUT UND SCHLECHT...

    Um diesen Thread wiederzubeleben -


    MORGEN, um 19:00 auf Österreich 1 - Liveübertragung der Premiere von Lucia di Lammermoor


    Besetzung -

    Enrico (Lord Henry Ashton) George Petean
    Lucia,seine Schwester Olga Peretyatko

    Edgardo (Sir Edgar Ravenswood) Juan Diego Flórez 

    Raimondo,Erzieher Lucias Jongmin Park 

    Arturo Lukhanyo Moyake
    Alisa Virginie Verrez 

    Normanno Leonardo Navarro 

    Dirigent Evelino Pidó


    Eine Bekannte von mir war in der Generalprobe und war sehr angetan. Evelino Pidó hält sich an die Originalversion und sie meinte, dass das teilweise ein ganz anderes Hörerlebnis war als in den "normalen" Lucias. Es wird auch eine Glasharmonika zum Einsatz kommen (zuletzt in Wien bei der Serie, in der Anna Netrebko sang).


    Besonders angetan war sie von Juan Diego Flórez. Da ich erst für den 18.2. Karten bekommen habe werde ich diese Übertragung morgen anhören.


    Was das Bühnenbild und die Inszenierung betrifft - sie ist von Laurent Pelly und Chantal Thomas (beide auch verantwortlich für die in Wien enorm erfolgreiche Produktion der Fille de Régiment vor einigen Jahren.


    Hier ein paar Bilder der Produktion - alle Copyright Wr.Staatsoper/M.Pöhn


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    Ich habe die neue Carmignola-Aufnahme der Sonaten und Partiten letzte Woche bei Gramola am Graben gesehen und mich ein wenig darüber unterhalten. Ich selbst habe zu Hause neben beiden Milstein-Aufnahmen auch die BWV 1001-1006 mit Viktoria Mullova. Mir wurde gesagt, dass Carmignola wärmer als Mullova klingt. Ich "befürchte", dass ich da demnächst zuschlagen muss..