Beiträge von Agon

    Seine intensive Probenarbeit und seine Detailversessenheit sind bekannt. Dadurch hat jeder Musiker seine Werkauffassung, Auslegung und den vom Dirgenten gewollten Ausdruck verstanden und setzt ihn quasi im Schlaf um. Deshalb kann es sich Meister Muti leisten, sichtbar über den Dingen zu stehen, das wird vom ihm auch optisch und gestisch ausgedrückt. Häufig und das sind die entspanntesten, schwelgerischsten Momente läßt er das Orchester ganz frei laufen. Die Wiener Philharmoniker dürfen fast spielerisch zeigen, was sie drauf haben und einfach nur brillieren. Wenn es darauf ankommt kann Muti jedoch mit nur wenigen Gesten kraftvolle Dynamik ausstrahlen und strahlenden Glanz und elektrisierende Spannung aufbauen. Muti spielt wie ein Virtuose mit dem Orchester und seinen unendlichen Klangmöglichkeiten, wobei die Geschlossenheit und instrumentale Ausgewogenheit des ganzen Klangkörpers bis zum höchsten Kulminationspunkt fast immer überwältigend sind.

    Also, das unterschreibe ich sofort. Mutis Schlagtechnik und Körpersprache sind optimal werkdienlich, er kann ein Orchester zu voller Pracht- und Klangentfaltung führen, ohne daß es aufgesetzt oder gewollt wirkt. Und das ist bei diesen Walzern ganz besonders wichtig, denn wenn diese aufgesetzt wirken, wird es ganz schnell unerträglich und kitschig. Viele Walzer haben ja auch einen pathetisch-dramatischen Gestus und überhöhen mehr oder weniger eine untergegangene Epoche. Sie sind also auch nostalgisch und feiern das Vergangene. Ich finde, man kann diese Werke nicht mit zuviel Ernsthaftigkeit und Akribie dirigieren - es ist schlichtweg notwendig, um deutlich zu machen, daß sie eben keine Andre-Rieu-Musik sind, sondern kompositorische Meisterstücke, ausgefeilt bis ins kleinste Detail. Man kann sogar eine Tragik und Trauer vernehmen, eine gewisse Endzeitstimmung klingt immer wieder an - und das fasziniert mich.

    Guten Abend Agon,
    ich habe mich vielleicht nicht richtig ausgedrückt ... ich meinte die gesamte 89er Kleiber Neujahrsaufnahme im Vergleich mit der Reiner Vienna CD.
    "Unter Donner und Blitz" kann ich wenn ich richtig liege, schwer vergleichen weil auf dieser Kleiber CD schlicht nicht vorhanden :S .
    Hast du eine andere Kleiber CD dazu im Kopf?


    LG
    @: die Reiner Aufnahme ist schon sehr gut keine Frage :thumbup: - mag sie auch :angel:

    Ja, Guten Abend, wikau. Es gibt ja neben dem 89er noch ein 92er Njk mit Carlos Kleiber. Ich wußte aber jetzt nicht, wann er "Unter Donner und Blitz" dirigiert hat. Ich hatte nämlich einmal Reiner und Carlos direkt über Kopfhörer miteinander verglichen, und es hat mich erstaunt, daß Reiner dabei noch einen Tick zackiger ist. Die Einschläge kommen noch punktgenauer und dynamischer rüber. Und der Klang - naja, Living Stereo halt. Aber, mein Gott, Carlos macht das im Grunde ebenbürtig. Keine Frage.
    Besorge Dir unbedingt auch das 92er Njk mit Kleiber:



    Herzlichen Gruß,


    Agon

    Gute Idee,
    mache ich dann grad auch :)
    LG
    @:kann zwar dynamisch der Kleiber Aufnahme nicht das Wasser reichen aber macht auch Spaß

    Ja, mach das!


    Aber: kann dynamisch der Kleiber-Aufnahme nicht das Wasser reichen? Also, dann hör Dir mal direkt hintereinander "Unter Donner und Blitz" mit Reiner und dann mit Carlos an - dann sprechen wir uns wieder!


    Gruß,


    Agon

    Ich muß jetzt einfach mal diese CD auflegen:


    Vienna -
    Walzer von Johann Strauss Jr., Weber, Josef Strauss, Richard Strauss

    Chicago Symphony Orchestra,


    Fritz Reiner, Ltg.


    (RCA-Living Stereo, 1957/60)



    Alleine das Cover ist ja schon Gold wert...


    Wieso hat Fritz Reiner nie das Neujahrskonzert dirigiert? Der hätte bestimmt noch böser als Riccardo Muti geguckt... :D

    Zitat von »Agon«
    Im Übrigen schätze ich Mutis arrogante und schlechtgelaunte Art sowieso sehr.



    :thumbup: Na, aber immerhin hat er es geschafft - im Rahmen seiner Möglichkeiten - mehrfach freundlich zu lächeln.

    Ohja, hat er!
    Ich habe das auch eher leicht ironisch gemeint...
    Ich bin mir sogar ziemlich sicher, daß er ein sympathischer Mensch ist, aber distanziert und eher unnahbar, was wohl auch ein Schutz vor allzuviel Zudringlichkeit ist. Er hat sich eine Ernsthaftigkeit und Werkbezogenheit bewahrt, was im heutigen Betrieb schon viel heißt. Er will die Aufmerksamkeit weg von sich und auf die Musik lenken. So soll es sein.
    Außerdem war er wohl gut mit Carlos Kleiber befreundet. Sie hatten offensichtlich regelmäßigen Kontakt und verstanden sich gut.

    Das Gute am Dirigat Riccardo Mutis ist einfach, daß er nicht so ein peinliches Gewese wie andere Dirigenten veranstaltet, sondern ernsthaft, rhythmisch straff und unsentimental dirigiert. Er weiß natürlich genau, daß das Ganze ein "Event" ist, aber er ist souverän genug, um darüber zu stehen. Es war ein absolut vergnügliches Konzert, bei dem man sich völlig auf die Werke konzentrieren konnte. Im Übrigen schätze ich Mutis arrogante und schlechtgelaunte Art sowieso sehr.


    BREAKING BAD - STAFFEL 3


    Diese Serie überzeugt und wird sogar immer besser. War ich während der ersten Staffel noch nicht wirklich überzeugt, zog die Spannung in der zweiten doch merklich an und eine gewisse Vielschichtigkeit trat ein. Die Charaktere gewinnen an Tiefe, die Handlung wird komplexer und interessanter. Ob das Ganze nun realistisch ist, möchte ich mal dahingestellt sein lassen, aber das Entscheidende ist die Glaubwürdigkeit der Charaktere - und die ist definitiv gegeben. Und auch die herrschenden Zustände werden sehr treffend und schonungslos dargestellt.
    Walter Whites Abstieg vom Chemielehrer in die organisierte Kriminalität hat einen gewissen Reiz und wird von Bryan Cranston konsequent dargestellt. Auch sein "Partner" Jessie ist eine sehr interessante Figur. Ganz wunderbar ist der Rechtsanwalt ("Better call Saul"), der diesen Berufsstand sehr treffend auf den Punkt bringt.

    Eigentlich hasse ich Silvester. Es ist das sinnloseste Zwangsfest des Jahres. Zeit totschlagen bis Mitternacht und sich dann über ein neues Jahr freuen. Wieso?


    William Walton:

    Variations on a theme by Hindemith


    London Philharmonic Orchestra,


    Jan Latham-Koenig, Ltg.


    (Chandos, 3/1992)


    William Walton:


    - Portsmouth Point Overture
    - Capriccio Burlesco
    - Scapino: A Comedy Overture
    - Johannesburg Festival Overture
    - The First Shoot
    - Prologo e Fantasia
    - Prelude for Orchestra (Granada)


    London Philharmonic Orchestra,


    Bryden Thomson, Ltg.

    (Chandos, 1/1991)


    Die Hindemith-Variationen habe ich ja bereits in anderer Kopplung mit Szell auf SONY-CD. :!: Ich muss aber sagen, dass mir die absolut Perfekte noch energetischere Aufnahme der Hindemith-Var mit Daniel (NAXOS) noch besser gefällt.

    Ja, die Paul Daniel-Aufnahme ist schon herausragend. Sie klingt halt auch überragend.


    Bei der Sinfonie Nr. 2 ist meine Lieblingsaufnahme übrigens auch nicht die mit Szell, sondern die mit André Previn und dem London Symphony Orchestra, die er 1973 für EMI aufgenommen hat:



    Hier gibt es auch eine tolle Erste Sinfonie mit Haitink/Philharmonia Orchestra sowie Konzerte und Ouvertüren zu hören. Eine essentielle Doppel-CD für jeden Walton-Verehrer.


    Guten Rutsch,


    Agon

    Zur Zeit beschäftigt mich Walton irgendwie mal wieder vermehrt. Sagen wir so: er ist zu mir zurückgekommen - nach einer längeren Pause.
    Auslöser waren die Szell-Aufnahmen der Hindemith-Variationen, Partita und Sinfonie Nr. 2, die einfach nur absolute Spitzenklasse sind und die ich in dieser Doppel-CD-Ausgabe habe:



    Das ist eine ganz tolle Doppel-CD, die auch noch andere Werke mit Kostelanetz und Ormandy enthält. Sie war halt früher mal billiger als jetzt, aber sie lohnt sich wirklich.


    Übrigens habe ich die Erste Sinfonie in der oben von lutgra gezeigten Aufnahme mit Karabits hören können und bin davon nicht so begeistert wie Hurwitz. Es fängt zwar gut an, läßt dann aber spannungs- und rhythmustechnisch ziemlich nach, so daß bei mir eine gewisse Ernüchterung eintrat. Also, das stößt Previn/LSO und Rattle/CBSO bei mir nicht vom Thron.

    Sehe das wie Du.
    In Summe eine sehr gute Orchesterleistung.
    Allerdings ist für mich das Orchester in dieser Aufnahme im Schlussgesang teilweise zu laut.
    Nina Stemme's Stimme muss oftmals sehr stark gegen das Orchester ankämpfen ...


    Gruß
    Holger

    Ja, Holger, vermutlich ist es zu laut und Nina Stemme muß dadurch forcieren, um sich zu behaupten. Jordan hätte Ihre Stimme mehr tragen sollen. Naja, es ist, wie es ist. Aber irgendwie kommt trotzdem eine sehr gute Götterdämmerungsstimmung auf, oder?


    Gruß,


    Agon

    Richard Wagner:


    Götterdämmerung:
    - Siegfrieds Rheinfahrt
    - Siegfrieds Trauermarsch
    - Brünnhildes Schlußgesang*


    Nina Stemme, Sopran*
    Orchestre de l'Opéra National de Paris,
    Philippe Jordan, Ltg.


    (Erato, 6/2013)



    Das sind wirklich sehr gute Aufnahmen. Nina Stemme hat zwar ein zeitweise hervortretendes Vibrato und ist nicht wirklich textverständlich, wirkt aber trotzdem passend als Brünnhilde. Das Orchester ist extrem gut und klingt wunderbar.

    Ja, keine Frage, teleton, das ist eine ausgezeichnete Aufnahme - sicher eine der allerbesten der Sinfonie - wunderbar ausgeformt, tief empfunden und mitreißend. Ich höre mir danach mal wieder die William Steinberg-DG-Aufnahme aus Boston an.


    Viele Grüße,


    Agon

    Im Rahmen meines aktuellen Schumann 4 - Anfalls höre ich mich momentan durch die verschiedensten Aufnahmen. Mit erstaunlichen Ergebnissen und Entdeckungen.


    Als absolute Klassiker, zeitlos, beispielhaft, empfinde ich folgende Aufnahmen:

    - Wilhelm Furtwängler, Berliner Philharmoniker (DG, 1953)
    - Pierre Monteux, San Francisco Symphony Orchestra (RCA, 1952)
    - Otto Klemperer, Philharmonia Orchestra (EMI, 1961)
    - Klaus Tennstedt, Berliner Philharmoniker (EMI, 1980)
    - Wolfgang Sawallisch, Staatskapelle Dresden (EMI, 1972)
    - Guido Cantelli, Philharmonia Orchestra (EMI, 1953)
    - Hermann Abendroth, RSO Leipzig (Eterna, 1956)


    Ebenfalls herausragend sind:

    - Günter Wand, NDR-Sinfonieorchester (RCA, 1990)
    - Günter Wand, DSO Berlin (Profil, 1995)
    - Riccardo Muti, Wiener Philharmoniker (Philips, 1993)
    - Daniel Barenboim, Staatskapelle Berlin (Teldec, 2003)
    - Franz Konwitschny, Gewandhausorchester Leipzig (Eterna, 1961)
    - Herbert von Karajan, Staatskapelle Dresden(!) (DG, 1972)


    sowie Livemitschnitte u.a. mit Herbert Kegel, Eugen Jochum.

    Ich bin auf einem Schumann 4 - Trip. Und suche youtube danach ab.


    Was ich bereits gestern abend fand und hörte, sollte man sich anhören:



    Es spielt das Detroit Symphony Orchestra unter Cristian Macelaru.


    Live vom 29. 03. 2015.


    Das Orchester spielt um sein Leben.

    Robert Schumann:


    Sinfonie Nr. 4 d-moll op. 120


    San Francisco Symphony Orchestra,

    Pierre Monteux, Ltg.


    (RCA, 4/1952; War Memorial Opera House, SF)



    Grandios. Wer würde denken, daß hier ein us-amerikanisches Westküstenorchester der 1950er Jahre spielt? Wohl niemand. Das klingt so idiomatisch, echt, tief, "deutsch" - unglaublich. Was war Monteux nur für ein Dirigent...