Beiträge von KUS

    Lieber(r) Rheingold - da muss ich widersprechen:


    Gerade weil ich die Erlebnisbeispiele, die Sie anführen, nur aus tiefem Eigenerinnern bestätigen kann, ist mir's nicht egal. was die nackten Kaiser machen, in Bayreuth noch weniger als flächendeckend auf deutschen Opern- und Theaterbühnen - und vor allem dort, dass wir uns nur verstehen, denn in Frankreich, Italien, auch England, von Übersee nicht zu reden, da würden solche Hochstapler und Nichtswisser nicht rangelassen, an ausgewählt-bestimmten Plätzen der Kulturpflege gar von der Rampe gefegt, wie in Montpellier, Rom, Ednburgh, NYC geschehen. Ich möchte einerseits daran erinnern, dass sich mit den Werken, die ihnen unter die Finger kommen. eine große wunderbare nicht nur Werk-, sondern auch Rezeptions- und Erkenntnisgeschichte verbindet, mitgetragen von bedeutenden Dirigenten, Szenikern, Sängerinnen und Sängern, die uns Maßstäbe vermittelt haben und ein Vermächtnis hinterließen. Zum anderen gebe ich zu bedenken: Bayreuth wie alle anderen Theater in öffentlicher Trägerschaft genießen (und vertobaken) Jahr um Jahr Millionen-Zuschüsse, wären ohne die Bürgergelder, verteilt über Kultusbehörden, Volksvertretungen und Finanzbürokratien überhaupt nicht lebensfähig, da sollte es uns schon interessieren, was mit diesen Ressourcen geschieht. Um mich keinem Falschverdacht auszusetzen: Ich bin entschiedener Anhänger des deutsch-europäischen Trägersystems und seiner demokratisch fundierten Strukturen, halte gar nichts davon, Bankern, Industriellen und anderen Großgeldpropriateuren die Finanzierung und damit Ermöglichung der öffentlichen Kultur zu überlassen und in ein (natürlich wiederum steuerlich absetzbares, also im Effekt dann doch vom allgemeinen Steuerzahler getragenes) "Sponsoring"-Wesen münden bzw. fallen zu lassen - in dem dann subjektiv ermessensbefugt, also nach Einstellung, Laune und Lust entscheidende Kapitalbesitzer verfügen können, was in der Kunst- und Kulturpflege/-interpretation/-produktion geht und was nicht - mir steht das in weithin ungute, lang erlebte Beispiel Dussmann vor erinnernden Sinnen.


    A b e r : Ein engagiertes Publikum, durch Kenntnis, Erfahrung und - ja auch: Liebe zum Kunstwerk so motiviert wie legitimiert, sollte sich nicht wehrlos, nicht ohnmächtig, nicht resignativ den heftig normierenden Kräften des Faktischen (faktisch? Nein: Durch Hinnahme, Trotzdem-Hinfahren, "sündhaft teuer" Bezahlen und Gleichmutzyne zeigen erst auf Dauer ermöglicht!) ergeben, sondern so lautstark wie möglich dagegen aufbegehren. Ein erster Ansatz ist artikulierter Widerspruch an die käuflich-opportunistischen Medien und ihre Lohnschreibe-Brembecks, ein anderer der Protest an Ort und Stelle, ein dritter die Kündigung von Abonnements, wenn schon gezielte Steuerverweigerung nicht möglich ist (wie zumindest teilweise bem Protest gegen die subventionierten Aberglaubenshüter per Kirchenaustritt), vor allem aber die nichtteilnehmende Verweigerung. Natürlich bleiben das zunächst mal die in der Geld- und Mediengesellschaft negier- und verhöhnbaren Spuren im Sand. Aber hier könnte gelten und wirksam werden, was noch die Arbeiterbewegung der Vorjahrhundertwende wusste: Enen Finger kann man brechen, fünf Finger sind eine Faust. Auf unser Thema bezogen: Eine Stimme kann man niedertönen, Tausende Stimmen sind ein Sturm.


    Drum kann ich - auch so etwas wie ein "Wagnerianer" (wenn auch vielleicht in anderer Bedeutung des Begriffs, aber doch vom Nachkriegsbayreuth als Studiosus und Stipendiat u.a. bei Wieland nachhaltig geprägt) - mich unserem Operus diesmal nicht anschließen: Gerade weil ich dem Werk treu verbunden bin, nehme ich an seiner allsommerlichen (und im Anschluss alltäglichen) Verramschung und Zertrümerung durch angemaßte Nichtwisser, Nichtskönner, dreiste Ausbeuter, widerwärtige Abkocher ... und ihre Hofschranzen nicht teil. Ich wünsche mir viele mit gleicher Motivation und ähnlichen Folgerungen. Nur dann nämlich wäre - vielleicht - der Trend irgendwann zu brechen oder doch zu dämmen. Leider bin ich kein Stets-Heiter-Gestimmter - denn die Preisgabe des Erbärmlichen an homerische Lächerlichkeit wäre natürlich die effizienteste Strategie gegen die Übermächte des Verdummungsboulevards.


    Saluti cordiali all'amici de la musica scenica vera - vom KUS

    (Auch als Ergänzung zu Überlegungen von Alfred Schmidt zur waltenden Musikkritik - in anderem Tamino-Spazio):


    In meinen Bemerkungen zu TV-Featurereien aus Anlass der Bayreuth-Eröffnung 2011 hatte ich beiläufig den Namen Dr. Brembeck eingeflochten. Daraufhin fragen zwei Forum-Nutzer bei mir an, was es mit diesem auf sich habe. - Nun, jener ist eine der Verkörperungen meines Leidens an der großen, hierorts (im deutschen Süden und überregonal) unverzichtbaren, ruhmbedeckten und ansehensbekränzten Süddeutschen Zeitung, mit der ich als ehem. Leitender im Hause und jetziger Redakteurin-Ehegatte seit über 40 Jahren schmerzvoll verbunden bin. Näheres mögen die Anfrager aus meiner Spontanreaktion auf eine Analyse-Suada des Besagten zum Thema Pavarotti-Nachfolgesuche im Januar dieses Jahres entnehmen. Scusi für den Platzbedarf. Also dann:


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    Doktor Brembeck beim Italiener


    "Immer wenn Du meinst,
    dümmer und dreister geht's nicht mehr -
    kommt im SZ-Feuilleton der Brembeck her!"


    Heute hat er wieder ein Stück über Gesang bzw. Sänger veröffentlicht. Nämlich über den Tenor als solchen und den italienischen Tenor im Allgemeinen, doch namentlich einen "Pavarotti-Nachfolger" im Besonderen. Die Liebste warnte: "Lies es nicht, Du wirst wieder nur wüten!" - Ich konnte es aber nicht lassen – ed io tremo.


    Das Lesewerk steht am 13. Januar 2011, auf Feuilleton-Seite 3 = S. 11 des SZ-Hauptteils, vierspaltig unter der feinen Titel-Head


    Immer wieder zum Italiener



    Im Untertitel wird behauptet: "Tenöre sind Italiensehnsucht pur". Und: "Seit dem Tod Luciano Pavarottis sucht die Welt nach einem Nachfolger".


    Wusstet Ihr das? Ich nicht. Weiß allerdings auch nicht, wer oder was mit "die Welt" gemeint ist. Brembeck schon. Er ist ja - unlängst in der SZ doppelseitig in ca. 30 Punkt Head-Größe ausgelobt:


    Experte für Kunstgesang „


    Und darum weiß er:
    "Und es ist mehr als befremdlich, sich Ian Bostridge als Verdi-Tenor vorzustellen. Dem steht nicht nur die Stimme, sondern auch die Intelligenz entgegegen."


    Nun können wir raten:
    Ist Bostridge zu intelligent - oder umgekehrt nicht intelligent genug für Verdi? Wer hingegen auf die Idee käme, den Epheben Liricissimo Bostridge, im Stimmtypus ein Orpheus Britannicus, allenfalls als stimmlicher & sängerischer Verwandter von Sir Peter Pears o.ä. besetzbar, mit Verdi zu verbinden, der - ja?: Der müsste eben ein "Experte für Kunstgesang" sein, für Intelligenz sowieso.
    Aber das ist noch gar nichts. Über eine Spalte lang befasst sich der Gesangsexperte damit, welche Beziehungen der Mann und Phänotypus Silvio Berlusconi zum Phänomen "Tenore Italiano" verkörpert, und dass der Mafioso-Ministerpäsident „sich wahrscheinlich Abend für Abend grämt, dass es bei ihm nicht zum Tenor gereicht hat". Wahrscheinlich.


    Verbindungen von Berlusconi zu Pavarotti zu halluzinieren – das erfordert die Kompetenz eines "Experten für Kunstgesang", ganz unbestreitbar. Und bis hierher könnte das ja auch alles als Jokus durchgehen.


    Doch Experte Brembeck meint es ernst. Er erklärt es uns in atemberaubenden Analysen – wörtlich so:


    1.


    "Neben Paraotti konnte kein anderer italienischer Tenor bestehen" –
    (in was? nach welchem Maßstab? in welchem Fach? mit welchem Repertoire?)
    "Aber auch kein Nicht-Italiener". Also kein Viñas, Lazaro-Cortis-Fleta, Esacalais-vanDyk-Clément, Slezak, Piccaver, Sobinov-Smirnov-Koslowski, Thill, Bjoerling, Tucker?
    Demnach also überhaupt keiner. (D e n n - jetzt kommt Experten-Knowhow):


    "Domingo war zu dunkel timbriert, zu unversell"
    (Was ja bekanntlich ein schwerer Malus ist!)


    "Alfredo Kraus, Carlo Bergonzi und Nicolai Gedda waren zu feinsinnige und zu strenge Musiker"
    (Das wusste auch die Fachwelt noch nicht, musste drum die Welt endlich erfahren!)


    "Roberto Alagna war (er singt bekanntlich aktuell auf allen Weltbühnen) ein zu großer Leidensmann". (Non capisco niente).


    "José Carreras zumindest in seiner Anfangszeit zu lyrisch-belcanistisch". (lyrisch = belcantistisch. Aha!)


    “Und die Vielzahl der lateinamerikanischen Sänger" (er meint: Tenöre) "von Rolando Villazón bis Ramon Vargas, von José Cura bis Francisco Araiza, Juan Diego Flórez oder Marcelo Alvarez waren" (Ihr glaubt es nicht): "teilweise zu grob, teilweise zu sehr nach Frankreich oder auf traditionellen Belcanto ausgerichtet" .....


    "zu" und "zu sehr" - Fachbegriffe der Gesangskritik.
    So klar, dass Erläuterungen, Verständlichmachungsbemühungen von vornherein entbehrlich scheinen.


    Was der Mensch meinen könnte, erschließt sich von selbst:
    Er meint n i c h t s , denn er weiß nichts. Er will bloß Experte spielen.


    2.


    "Also ist seit Pavarottis Tod kein Nachfolger als italienischer Spitzentenor auszumachen".
    "Andererseits aber ist die Sehnsucht (!) nach solch (!!) einem singenden Erlöser (!!!) ungebrochen".
    "Umso" (er meint: „Je“) "schlimmer Berlusconi sich geriert, umso dringender wird ein Pavarotti-Erbe erwartet, um das Italien-Bild (!) wieder (!) ins Lot (!!!) zu bringen".
    Brillante veramente – wer hätte die italienische Politik je so gesehen!

    Aber:
    "Das sollte ja nicht so schwer sein. Italien hat Enrico Caruso, Alessandro Bonci und Fernando de Lucia hervorgebracht, Giovanni Martinelli, Aureliano Pertile, Beniamino Gigli, Tito Schipa, Cesare Valletti, Giuseppe di Stefano, Mario del Monaco ... Doch wo sind die Enkel?"


    Doch, irgendwo und irgendwann hat er mal irgendwelche Namen gehört. Ob er auch die Stimmen, gar sängerischen Spezifica dazu kennt, bleibt offen. Oder eigentlich doch nicht: Dass er Weiteres, Konkreteres, Fachlicheres weder weiß noch in Betracht zieht – Stimmfarben, -typologien, -gewichte, Timbres, Fachzuordnungen, Stile, Techniken, Eignungen, Bewährungen, Hinterlassenschaften: Alles ohne Belang.


    Natürlich stimmen auch die Zeitebenen nicht: Er hangelt sich von den jüngeren zu den früheren und wieder zurück oder auch überkreuz. Epochen- und Generationsunterschiede, Partien, Repertoires, Profile – alles geht bunt durcheinander, ohne irgendeinen Ordnungsraster oder Zusammenhang oder Kenntnishintergrund.


    Die 1930er bis ca. 1945 kommen nicht vor. Er stellt neben di Stefano und del Monaco (als wären die vom gleichen Holze) den Leggiero Valletti – hat aber offenbar von Tagliavini noch nix gehört.


    Er schwafelt von einem Werte+Wirkungs-Gegensatz Pavarotti versus Berlusconi – und weiß offenkundig nichts von den Verbandelungen einiger ihm maßgeblicherJahrhundert-Tenöre zum Franco- und Mussolini-Faschismus, so Lauri-Volpi, Pertile und vor allem Gigli.


    Der Mann hat keine blasse Ahnung. Was er über Bergonzi und Gedda absondert und Kraus gleich mit verfrühstückt, ist genauso abstrus neben jeder Realität wie die Zusammenordnung von Caruso und Bonci (von De Lucia nicht zu reden!), von Martinelli und Schipa, Pertile und Gigli bis hin zu Cura und Flórez.


    Keiner der Genannten hat irgendwas mit dem jeweils anderen zu tun, nicht mal die Zeit oder die direkte Konkurrenz oder eine Stil-Identität bzw. wenigstens Fachnähe. Alles reiner Quatsch und Quirl. Italiener und Spanier sind ihm eins – aber ein Bjoerling oder Thill sind ihm keine Silbe wert.


    Dennoch wird das Name-Dropping wird fortgesetzt, von Licitra bis (ja wirklich): Andrea Bocelli. - Rasenmäher! - Corelli und Bonisolli sind ihm ausgekommen.


    Das Ganze geht noch zwei Spalten weiter, kommt final natürlich auf den angesagten Nachwuchs Grigolo zu sprechen. Dass dieser ein Simpatico im Marketing-Design, aber im dramatischen Repertoire ein weitgehend gefährdeter allenfalls Lirico ist, früh verschlissen werden könnte, weil er (noch?) nicht über das sängerische Können etwa eines Blake oder Flórez verfügt: Was weiß dieser Experte davon?


    Zum Schluss ermutigt er uns zu warten. Worauf? Auf einen - klar doch:


    " T e n o r - M e s s i a s ".


    Benedetto! Erlöser! Drunter geht's nicht auf dem Billig-Boulevard.


    Merke: "Das einzig Wahre an der Erlösung ist nur der Erlös daraus".
    (Ihr wisst schon, von wem das stammt).


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    Sollen wir lachen? Vielleicht. Doch ich denke an den hanebüchenen Multiquatsch der "Rezension" desselben Experten zum 2010er Bayreuther Laborratten-"Lohengrin", die in der Frage "Ist es Hitler?" nur gipfelte, aber auch sonst vor Dummbeutelei, dreister Inkompetenz und GaGa-Gedankenführung durchgängig strotzte. Nein, sowas hat längst Kontinuität.


    Und das sollte peinlich sein für das - immer noch - angesehene Blatt, in dem einer wie dieser sich austoben darf, das aber mal einen Ruppel und einen Panofsky zu seinen Kompetenzfedern zählte, die sich niemals als "Experten für Kunstgesang" ausschreien ließen, sich hingegen angesichts eines solchen Erben abwenden müssten.


    Für mich ist derlei ein Ausweis des allgemeinen, für die SZ speziell bedrückenden, im Falle des SZ-Feuilletons nahezu skandalösen Niedergangs einer einst großen, auch kulturell bedeutenden publizistischen Erscheinung - ab ins parterreste Boulevardige.


    Man wird bescheidener. Aber alles muss man nicht schlucken!


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    Soweit die Kostprobe. Wer mehr möchte, kann sich heute in der Süddeutschen an Neuem delektieren: Dr. Brembeck enttäuscht uns nicht. Er ist bereits in Bayreuth, hat im Festspielhaus herumgeschnuppert, sich von den Sisters einen lieben Gruß zuwinken lassen, mit Akteuren über Orchestergraben und Szenik geplaudert. Er bringt uns nahezu ganzseitig ganz neue Wissensinhalte über die Bayreuth-Architektur, -Akustik und -Dirigierproblematik zur Kenntnis (das erspart dem Noch-nicht-Informierten unter den SZ-Feuilletonkonsumenten die Lektüre ganzer Fachbücher) - und macht sich Gedanken darüber, wo im Zuschauerraum Frau Merkel Platz nehmen und welche Impressionen sie auf welche Weise meinend-fühlend wohl umsetzen werde (er schreibt "würde"). Wir dürfen uns also auf neue schöne Stücke fachkompetenter Beurteilungsschreibe freuen. Ab morgen. Videant Musici!

    Die Präzisierung vorweg:


    Zwei fachkundige Korrespondenz-Freunde machen mich darauf aufmerksam, dass der Bayreuther „Tannhäuser“-Zurichter Sebastian Baumgarten ein Enkel des bedeutenden Cembalisten, lehrenden Musikwissenschaftlers und zeitweiligen Intendanten der Berliner Staatsoper zu DDR-Zeiten – Hans Pischner – sei. Dem gilt meine Reverenza, und ich bedauere die in Unkenntnis gewählten schnoddrigen Bemerkungen in diesem Detailpunkt – sie galten dem weit vom Stamm gerollten Äpfelchen und keineswegs dem Stamm, von dem es gefallen. Von dem aber ist zu sagen, dass er ein Musiker der traditionellen Maßstäbe und Wertsetzungen war. Ist es nicht bezeichnend, dass er zwar als Vorfahr des wichtigen Jung-Regisseurs und „an der Lindenoper tätig gewesen“ erwähnt, aber ungeachtet seiner tatsächlichen Bedeutung und Prominenz nicht mal mit Namen genannt wird, wenn öffentlich-rechtliche Kulturfeaturisten auf die Mattscheibe gehen? Pischner soll, über 90jährig, noch unter dem Lebenden sein. Möge ihm die Karriere des Nachkommen keine allzu schwere Last sein!


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    Spannend fand ich eine Zuschrift des mir sehr lieben und vielrespektierten älteren Compagno-Kommunikators Einhard Luther – Zeit- und Heroenbiograph der dahingegangenen Epoche großer Wagnertenöre, Kenner der Opern- und Gesangsgeschichte im Allgemeinen und Spezialist wie auch ressourcenstarker Archivar der Berliner Opern und ihrer Macher im 20. Jahrhundert im Besonderen – zur Causa „Zeitgenössisches Regietheater“ bzw. was dafür gilt. Mit seiner Genehmigung ein Textauszug, pointiert-subjektiv (er weiß, dass ich durch Wieland überhaupt opern-sozialisiert worden bin) und darum diskurs-animativ. Ecco:


    ..... Um im Tannhäuser-Stil zu bleiben: Auch ich muss mich so glücklos nennen, zu schaun, was, Guter, du geschaut! ... Schon seit Jahrzehnten bei Wagner-Inszenierungen: Für mich läuft das alles unter "Sachbeschädigung". Ich will zugeben, schon vom heiligen Wieland an. Dem geschieht eigentlich recht, wenn er jetzt im Grabe rotiert. Wenn das nicht nur eine Redensart wäre, dann würden wir schon seit einem halben Jahrhundert in einem gefährlichen Erdbeben-Gebiet leben, wegen der vielen Grab-Rotierer, angefangen vom Meister selbst, über Sohn Siegfried bis zu Tietjen, Furtwängler und Knappertsbusch und vielen anderen mehr. Wer von den Alten schlau ist, dreht sich nur auf die andere Seite und brummt: Ich lieg und besitz (eine schöne Plattensammlung), lasst mich schlafen!


    Allerdings hat der frivole Theaterwitz sich des Tannhäuser seit je weidlich angenommen - und offenbar schon früher die genialen Ideen des Regisseurs von 2011 vorweg genommen. Ludwig Suthaus hat bei dem schwierigen Chorfinale des 2. Aktes – er sang es noch gewissenhaft, was seit Windgassen und Jess Thomas ja schon lange nicht mehr Mode ist - einige Änderungen.


    Original: Dich wird dies Schwert dennoch erreichen!
    Suthaus: Das ist zu schwer, das muss man streichen!


    ... Sollte Herr Sarrazin auf die Idee kommen, ein Buch zu schreiben mit dem Titel Bayreuth schafft sich ab, dann kann man nur abwinken und sagen: "Das hatten wir schon vor Jahrzehnten". Und dem Bayreuth-Pilger kann man Wagners Worte zurufen: "Wahnsinniger, entweihe nicht mein Ohr! Treibt es dich dahin? Grausen fasst mich, hör ich dich!" Das trifft übrigens auch auf die aktuellen vokalen Geräuschproduzenten zu - das Wort Sänger will mir dafür nicht über die Lippen. Was der (kurz zu hörende) unsägliche Wolfram-Darsteller als Lied an den Abendstern anbot, kann nur Wagner selbst wieder kommentieren: "Wer nennt das Gesang, es ward einem bang, eitel Ohrengeschinder, auch gar nichts dahinter ..." "Versungen und vertan" trifft es nicht einmal mehr.


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    Soweit Einhard Luther. Übrigens, wie man dem Bayreuth-Aviso des ORF Österreichischen Rundfunks entnehmen kann, hat die Bayreuther Frau Ko-Direktorin Eva Wagner-Pasquier für diesmal die Festlegung getroffen: „ W i r . w o l l e n . w e l t w e i t . d a s . B e s t e . b i e t e n ! “.


    Fassungs-, wenn auch (hoffentlich) nicht sprachlos, also sagen wir: gefasst grüßt


    Euer KUS

    Allora, cari amici!


    Am Freitagabend, 22. Juli, habe ich mir gegen 23.30 Uhr im ZDF in "aspekte" einen vollkommen wirren, mit Null Deutungs-Aussagen behafteten Feature-Beitrag über den neuen Bayreuther "Tannhäuser" reingezogen. Das Elend, das inzwischen selbst angesehenste Kultur-Magazine erfasst hat, offenbarte sich bereits in der Anmoderation der m.W. bisher als kenntnisreich & souverän besprochen gewesenen Studiodame Luzia Braun. Die sagte an:


    "Wagners Tannhäuser präsentiert einen Sängerwettstreit auf der Wartburg, der darum geht, wer von den Minnesängern die Fürstin Elisabeth heiraten darf“ – Aha! Man war also fundiert auf Schlimmes vorbereitet.


    Dann kam ein "Interview" mit dem so apostrophierten Regisseur S. Baumgarten (als "Tannhäuser"-kompetent lt. Off-Stimme schon dadurch ausgewiesen, dass sein Vater oder Opa oder Onkel mal eine Rolle – Dramaturg, Inspizient o.ä. – an der Berliner Lindenoper innegehabt habe): jung noch, schnöselig, reichlich zerstreut, inkonsistent und fahrig wirkend. Er hatte zum Interview in die Berliner Akademie der Künste (Pariser Platz am Brandenburger Tor) geladen, weil "die Architektur so neu, clean, perfektionistisch-transparent" sei, und weil sich "hinter einer so glatten, sterilen Architektur immer Haufen von Dreck verstecken". Diesen "Dreck wegzufegen", sei "die Aufgabe der Kunst". Sonstiges Gerede war inhaltlich nicht zu verstehen; noch weniger: was das mit "Tannhäuser" zu tun haben könnte.


    Dann Überblendung nach Bayreuth. Nach dem Vorjahres-"Lohengrin" von Neuenfels mit brabandtischen Damen & Mannen im Laborratten-Outfit und -Ambiente, spielt der dortige neue "Tannhäuser" nun in oder auf oder an einer Art Müllkraftwerk-Binnenszenerie (Die Zeit: "Ramstein in Bayreuth ... grob gesagt eine Art Recyclingzentrum mit Alkoholaufbereitungsanlage"). Die hat eine Seiteneingangstür, kann also betreten werden, was Elisabeth gern nutzt, wenn sie "sich aus Leid oder Bedrängtsein von der Szene zurückziehen will". Das KW-Interieur ist blau, matt lackiert, die Szene taghell, auch im 3. Aufzug, wenn Wolfram sein "Lied an den Abendstern" nicht etwa an denselben, sondern an eine mürrische hochschwangere Matrone richtet. Vor dem KW-Zylinder tun die Wartburg-Edlen was? Klar doch: Mit Riesenbesen fegen sie die Bühne – s. oben (weil die Festspielhaus-Architektur von 1875 so glatt, steril und transparent ist ??).


    Man sieht noch, dass im 3. Akt-Finale, wenn Tannhäusers Erlösung durch die Himmelfahrt der "Jungfrau, deren Blüte ..." von Chören mitgeteilt und gepriesen wird, die zuvor schwangerleibig gepolsterte Matrone (= Elisabeth?) einen Käthe-Kruse-Säugling präsentiert: "Heilige Elisabeth, bitte für ..." – die Wagner-Sisters? den Wieder-mal-PKW-Regisseur? Doch wohl für PR-Success und Feuilleton-Geschwurbel. Ich freue mich schon auf den (lt. Selbstanzeige) „Experten für Kunstgesang“ Dr. Brembeck im SZ-Feuilleton , der uns doch nicht etwa mit dem Kollegen Egbert Tholl im Juliregen stehen lassen wird?


    Die Ausschnitt-Fetzen sind natürlich nur Voraus-Hinweise, ergeben kein Gesamtbild, lassen aber ahnen, was sich da wieder begibt. Eine Deutung, wenigstens ein paar eine Denkrichtung andeutendende Stichworte, gab es im gesamten ZDF-Beitrag so wenig wie im einleitenden "Interview". Offen bleibt darum zunächst auch die Frage, wer vom Minnesänger-Team denn nun die Fürstin "heiraten darf" (erotisch oder karrieristisch oder gar religiös motiviert kann er angesichts dieses Preises in dieser Zurichtung kaum sein).


    Bleibt nachzutragen, dass der Dirigier-"Spezialist für historische Musik-Aufführungspraxis" Hengelbrock sein Hügel-Debüt gibt. Ob er schon mal Wagner dirigiert hat, entzieht sich meiner Kenntnis: Falls JA, wäre das natürlich angesichts heutiger Berufungs-Moden ein erheblicher Malus für ein Bayreuth-Debüt. Soweit man Sängerstimmen hören konnte, lässt sich ein solides Klangbild und anständige Rollenbewältigung erwarten – mehr wohl nicht, doch selbst das ist ja schon lange-lange keine Normalität mehr im Urenkelinnen-Bayreuth.


    Wieland mag im Grabe rotieren, WoWa hat's durch jahrelanges charakterloses liebedienerisches Wurst-nach-der-Boulevardspeckseite-Werfen vorbereitet. Eine auf den Hund gekommene "Fach"-Kritik sorgt für Jubelsteigerungen des Unverdaulichen ins Unendliche. Und da sagt mir mein ältester Herzensfreund, Dr. Detlef Krumme in Berlin, im Kosmos der Musikbühnenarbeit weltweit seit über vier Jahrzehnten so ubiquitär wie universell be- und gelehrt: Das Elend des sog. "zeitgenössischen Regietheaters" sei doch seit Langem out, längst im Abseits, auf dem Weg in den Orkus, eigentlich schon beendet. Anderswo sehe man es doch nur noch als Lächerlichkeit an. Tja, vielleicht ist's das! Buhstürme gelten als Erfolg. Zweck der rotzfrechen Dummbeutel-Szenikerei ist es, ein Publikum ordentlich zu verarschen und ins Gemächt zu treten und sich über etwaigen Jubel auszuschütten, hingegen allfällige lautstarke Ablehnung als Bestätigung zu genießen. Nun, in Bayreuth ging es damit vor etwa 10 Jahren trendkrönend los, in München steht es jetzt erst richtig bevor – opportunistisch, peinlich, ekelhaft, meist überdies sinn- und erkenntnisfrei. Wann kommt das Kind, das diese Kaiser als nackt deklariert, aus dem Winkel der Verzweifung in die Feuilletons?


    Merkel ist wieder dabei. Und Westerwelle. Und Margot Werner, Gloria von Tumb und Texas, Th. Gottschalk, "Kaiser Franz", Markwort+Riekel – die ganze Blase.


    Auf impressives Grauen grüßt Euch


    Euer KUS

    Eine Frage: Sind CD-Titel des kleinen Labels „Uracant“ noch im Handel?


    Keine Frage: Er ist wahrscheinlich der auf Tonträgern gestern und heute und weiterhin Meistpräsentierte aller deutschen Bassisten, inkl. der deutschstämmigen aus anderen Herkunftsländern: Gottlob Frick, den viele Stimm- und Gesangsfreunde für den „schwärzesten aller Bässe“ halten (was ich gerade der Zuspitzung = Einschränkung wegen nie so ganz nachvollziehen mochte).


    In der keineswegs zutreffend betitelten Preiser-Recitalreihe „Dokumente einer Sängerkarriere“ (leider trotz Dritt- und Viertauswertungen stets zum Full Price) sind bisher drei Volumes zu Gottlob Frick erschienen – sie bieten allerlei Gängiges aus weitverbreiteten Aufnahmen der Schallplattenindustrie plus Ausschnitten aus Radio-Gesamt- und/oder Querschnittproduktionen. Drum sei nochmals auf zwei Portrait-CDs des bedauerlicherweise nicht mehr aktiven, mit schmalem Katalogschwerpunkt Sänger/innen aus Süddeutschland (Schwaben+Bayern) äußerst verdienstvoll gewesenen Labels URACANT hingewiesen, die den großen Bassisten mit zwar auch nicht gänzlich neuen, aber im Repertoirewert und Raritätenstatus attraktiveren Tondokumenten vorstellte.


    Unter diesen sind diverse frühe, also Vor- und direkte Nachkriegs-Einspielungen wieder zugänglich gemacht, die in der LP-Ära bei entlegeneren Labels wie Acanta oder Bayer als ursprüngliche Funkproduktionen (mehrheitlich als Gesamtaufnahmen) kurzzeitig herausgekommen, dann bald wieder im Brunnen des Vergessens oder der Nichtlieferbarkeit versunken waren. Sie zeigen den schon in voller Stimmpracht und Timbrefülle profilierten, im Einzelfall aber noch einen Hauch heller als später gefärbten, in der Höhe noch breiter entfalteten, ansonsten typischen Frick-Klang, vermehrt um eine Nuance mehr Beweglichkeit und Färbungsfähigkeit, vor allem in enormer Vielseitigkeit. Also nicht nur den uns so vertrauten klangreichen, tiefdunklen, aber manchmal – je nach Tagesform – gelegentlch ein wenig gaumigen, über dem System leicht eng geführten Ton des Basso serioso tedesco. Neben Aufnahmen aus Dresden, Wien, München (darunter rare Doubletten zu den bekannteren späteren, vorzugsweise EMI-Stücken von Mozart, Beethoven, Rossini, Nicolai, Verdi, Wagner und dazu auch Rares von Goetz, Auber, Dvorák, H.Wolf, Wehding, Orff).


    Lesenswert nicht zuletzt die fachkenntnisreichen, aus großer Detailnähe zur Vita und Kunst des bedeutenden Sängers schöpfenden Kommentare von Hans A. Hey in beiden Booklets. Wer sich für mehr Hintergrund und vollständige Diskographie-Ressourcen des großen Frick interessiert, sollte an diesen beiden CDs nicht vorbeigehen - tja sofern sie noch aufzutreiben sind.
    Meint Euer


    K U S

    Den Namen hatte ich schon ein paarmal gehört/gelesen, ohne mir irgendwas dazu vorstellen zu können. In einer einzigen Radio-Operngesamtaufnahme stand er seit je aufgeführt - ausgerechnet als die Alte Madelon (eine Alt-Partie!) in der deutschsprachigen BR-Gesamtproduktion von Giordanos ANDREA CHÉNIER aus 1956 mit Hopf, Metternich, Schech unter dem jungen Sawallisch. Sonst keinerlei Spur von einer Erstfachsängerin mit Stimmausstattung und Gesangsfähigkeiten wie nur die erste Sopranistinnen-Garde der 1950-1980er: Elisabeth Löw-Szöky, seit Beginn der 1960er als Nachfolgerin von Kapper, Eipperle und Kinas(iewicz) die erste Diva der Württembergischen Staatsoper Stuttgart, Protagonistin neben Mödl, Wissmann, Hillebrecht, Pütz, Silja, Gr.Hoffman, Res Fischer, Plümacher, Sailer, Windgassen, Traxel, Tobin, Alexander, Wolansky, Nöcker, Neidlinger, von Rohr und einem Dutzend weiterer großer Namensträger.


    Durch den rührigen Privatsammler, Kenner + Zeitzeugen der großen Stuttgarter Nachkriegs-Ära und lieben Freund Helmut Vetter kamen mir letzten Winter erstmals private Mitschnitte dieser, wie ich sie dann genannt habe: „Diva ignorata“ vor Ohren - Poppea, Medea, Vitellia, Donna Anna, Fiordilligi, Trovatore-Leonora, Aida, Desdemona, Senta, Elisabeth, Elsa, Tosca, Lisa, Ariadne. Was für ein Spektrum! Und ein Erlebnis mit frappantem Überraschungs-, ja Unglaublichkeits-Effekt. So eine wunderbare Sängerin – und nicht ein einziges offizielles Tondokument? Nicht zu glauben!


    Jedem Gesangsfreund, -liebhaber, -kenner sei diese Erstrangsopranistin ans Herz bzw. Ohr gelegt. Sie wird im August dieses Jahres 90 – in, wie Vertraute berichten, großer geistiger Frische und physischer Regsamkeit. Ihr zu Ehren hier ein beschreibendes Wort:


    Wir hören einen atemtechnisch sicher fundierten, runden, vollen, dabei kernigen und expansionsfähigen Sopran, mit strömender Phrasierung, exzellent registerverblendet, mit dezentem Vibrato entfaltet, von „sahniger“ Opulenz, bei Bedarf auch metallisch-klirrender Durchschlagskraft und einem im Stimmzentrum dramatisch-gesättigtem Habitus. Die Stimme ist nicht so schlank geführt wie bei Eipperle oder Watson, nicht so metallisch wie bei Kinas oder Bjoner, nicht so flackernd wie bei Kupper oder Cunitz. Löw-Szöky verbindet warmes, farbenreiches Klanggepräge mit schwingender, sinnlicher Tonfülle. Ihr Atem wird wohldosiert eingesetzt, wirkt daher fast unerschöpflich. Besonders faszinierend: Sie beherrscht das Instrumentarium für sängerische Effekte, wie man sie, selten genug, fast ausschließlich von nach der „alten“ Schule geformten Virtuosa des Verdi-Gesangs, wie etwa Martinis oder Gencer, zu hören bekommt. Belege bieten ihre fast explosiv wirkende Intonation und Tonbildung, darauf aufbauend eine fabelhafte Strömungstechnik mit meisterlichen Crescendi und Diminuendi – besonders fesselnd bei souverän modulierten Piano-Passagen im oberen Stimmregister.
    Und nicht zuletzt: Ihre Persönlichkeit teilt sich in künstlerisch ausgewogener Balance als „feminin und heroisch“ mit. Es erscheint, auch im Vergleich mit den populären Konkurrentinnen ihrer Ära, unfassbar, dass eine Gesangskünstlerin dieser Klasse von Medien und Tonträgerproduzenten so vollständig übergangen werden konnte. Sie war ein Musterbeispiel für dramatische Singdarstellung fast ohne Grenzen – und dem Ideal oft nahe.


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    Schön, dass es Sammler wie Helmut Vetter gibt, meint


    Euer K U S

    " ... diese info lediglich an die Hoppe-Fans weitergegeben".


    Ach ja?


    Was sollte denn dann die oben wörtlich nachlesbare Mitteilung:


    " e r s t m a l s auf CD (oder Tonträger ü b e r h a u p t ) "


    Steht so da. Und ist unzutreffend. Da hilft kein "lediglich".

    .... (Wegen persönlicher Angriffe gekürzt)



    Lieber KUS


    Deine wiederholten persönlichen Angriffe gegen ein anderes Forumsmitglied sind nicht akzeptabel. Insbesondere in diesem Fall. Wenn H.K. den JPC-Kurier zitiert hat, dann bellst du ohnehin den falschen Baum an. Da die Ausgabe des HAfG bei den Werbepartnern nicht gelistet wird, ist sie in der Öffentlichkeit eben so gut wie nicht vorhanden, da kann eine derartige Ungenauigkeit schon passieren. Es muss aber eine einfache Richtigstellung ohne persönlichen Angriff möglich sein.


    Da nach deiner eigenen Aussage die betreffende Favorita schon fast ein Jahr erhältlich ist und du die Zeit findest, hier umfangreiche Artikel zur Verteidigung des HAfG zu posten, fragt man sich, warum du diese Veröffentlichung nicht schon längst selbst präsentiert hast (mit dem entsprechenden Werbeeffekt!). Dann wäre der Fehler gar nie passiert...


    Theophilus

    Die Gesamtaufnahme von Donizettis "Die Favoritin" - in deutscher, leider für den Rundfunksendegebrauch der Nachkriegszeit gekürzter Fassung (besonders die von Heinz Hoppe dargebotene Partie des Fernand betreffend) im übrigen fulminant aufgeführt und mit respektablen Hauptpartien-Interpreten wie Malaniuk, Wolansky und dem fabelhaft sonoren Otto von Rohr unter Stuttgarts universalem Radio-Maestro Hans Müller-Kray 1960 beim Südfunk Stuttgart produziert - ist nun auch in der gewohnten Billigst-Massenprodukte-Fertigung bei LINE auf den Markt gekommen. Aber eben n i c h t "erstmals auf CD (oder Tonträger überhaupt)". Keineswegs!


    Sondern: Wie in mittlerweile Dutzenden bisheriger (und mit Sicherheit auch künftiger) anderer Fälle, zuletzt Gounods "Margarete" mit Eipperle + von Rohr, ist diese "Neuerscheinung" wieder mal aus dem Katalog des Hamburger Archivs für Gesangskunst geklaut. Dort war sie im Frühsommer 2010 erschienen - wie immer sorgfältig ediert, nämlich klangtechnisch perfektioniert, mit philologisch und diskographisch detaillierten Begleitmaterialien, Kommentaren, Bildern, Sängerkurzbiographien. Als der inhaltlich Verantwortliche dieser Erst-Edition kann ich das - ebenfalls: wie schon des öfteren - hier klarstellen.


    Dass die LINE-Programmmacher jedesmal, wenn das HAfG-Dreierteam wieder eine Ausgrabung realisiert, ediert, kommentiert und kommuniziert hat, auf diese Pionier- und Vorarbeit nach kurzer Schamlos-Frist zugreift, daraus ihre notorischen Raub-Ausgaben macht und, damit es billigst wird, dabei auf jede diskographische wie auch werkbezogene Editionsarbeit pfeift, oft genug als "Zugabe" noch ein halbes Dutzend Sachfehler einbringt, das sollte sich herumgesprochen haben. Vor der Frage, ob man aus solchen Erfahrungen nicht in Zukunft darauf verzichten sollte, den Raubkopierern de facto dieses ihr Geschäft vorzubereiten, haben wir mehrmals entschieden: Kommt nicht infrage, im Zweifel hat die seriöse Präsentation aufgrund mühevoller, umfänglicher Recherchen und Beschaffungsmühen weiterhin Priorität - denn die Arbeit des Archivs hat ja keinen vorrangigen Profit-Zweck, sie widmet sich vielmehr der langfristigen Schaffung dauerhafter Dokumentationen zur Gesangs- und Aufführungs-Historie.


    >>> "Bleibt die Frage, wie oft und wie lange sich unsolidarische "Mitteilungen" unrichtigen, ja anscheinend misswilligen Inhalts zu solchen Vorgängen hier im Forum breitmachen können. Nun - sie können. Doch noch gibt es ja zur jeweiligen Korrektur den" <<<


    Bitte keine haltlosen Unterstellungen!


    K U S

    Lieber T-Freund Antalwin!


    Wenn auch ich einen Nachtrag beisteuern darf - hier erstmal drei Akustik-Auftritte, sozusagen Tonbeispiele aus der CD-Edition:


    http://www.youtube.com/watch?v=zRaddBiktsw


    http://www.youtube.com/watch?v=aZXicHn2TQw


    http://www.youtube.com/watch?v=-Sz_LN24m4o



    Und wenn Sie dazu auch was lesen möchten, schicken Sie mir doch Ihre eMail-Anschrift an: KUS@ku-spiegel.de


    Mir scheint, Ihre Besorgnis ist inzwischen durch klingende Fakten auflösbar. Dieser merkwürdig zunächst um ein Nachleben gebrachte bemerkenswerte Tenore drammatico klassischer Schule dürfte vor dem Vergessen bewahrt sein. Und darüber freut sich im Bewusstsein seines kleinen Beitrags dazu


    Ihr KUS

    Das Tamino-Forum erweist seinen Nutzen:


    In weniger als 24 Stunden hat Herr Manfred Krugmann, der sich als nur gelegentlicher Gast des Forums deklariert, meine (nach langen-langen vergeblichen Recherchen schon reichlich verzweifelte) Bitte um Hinweise auf Fotos des Tenors Libero de Luca mit einer großartigen Reaktion bedacht: Nahezu ein Dutzend schöner Zivilportrait- und Rollenfotos - exakt, was ich in nahezu einem Jahr Suche bei Dutzenden Quellen erhoffte, jedoch nicht zutage zu bringen vermochte. Ich danke ganz herzlich dafür. Nun kann es an die LdL-Edition gehen. Ergebnisse in Bälde.


    Herzlich dankt und grüßt:


    KUS

    Hallo Forum-Freunde!


    Ich arbeite an einem größeren Text zu einer CD-Edition des viel zu wenig gewürdigten, der Wiederentdeckung wahrhaft werten Tenors.


    Das zentrale Problem sind nicht die Daten, Fakten, Tonbeispiele - sondern Portraitfotos oder Rollenfotos, auf denen man des Sängers Physiognomie einigermaßen erkennen kann. Ich habe bisher überhaupt nur zwei öffentlich zugängliche Abbildungen finden können, und auf beiden ist er durch Maske, Perücke, Kostümierung praktisch nicht identifizierbar. Wer kann da helfen? Ich wäre sehr dankbar für entweder direkte Koop oder erfolgversprechende Hinweise.


    Bei der DG der 45er-Single-Jahre, als das Gelb-Etikett hin und wieder mal auch mit 2-Arien-Kleinscheiben herauskam, gab es dort mal eine Single mit "Holde Aida" und Don Josés "Blumenarie", geboten von Libero de Luca. Ich hatte sie als Pennäler in der deutschsprachgen Fassung; es soll aber, einer kurzzeitigen DG-Praxis entsprechend, auch eine zweite Version in den Originalsprachen gegeben haben. Diese wiederzufinden, wäre mir ebenfalls eine Freude; bisher habe ich vergeblich gesucht.


    Wer immer helfen kann, möge sich doch bitte melden (wir finden sicher ein Danksage-Äquivalent) --- an: KUS@ku-spiegel.de


    Herzlich dankt & grüßt Euer KUS

    In der Tat: Wenn man bedenkt, dass Josef Greindl in den 1950ern bis etwa Mitte der 1960er Jahre, also in der Ära der Opern-Gesamteinspielungen der großen Schallplattenfirmen in Mono (oft zum zweiten Mal in gleicher oder ähnlicher Besetzung in Stereo), bei DG unter Exklusiv-Vertrag war, dort praktisch in allen großen Produktionen des deutschsprachigen Repertoires und mit vielen Solo-Arien, auch mit ganzen Liedprogrammen und Konzertwerken aufgenommen wurde – als eine Art Gegenstar zu Frick bei EMI, dann überrascht es schon, wie eher schmal im Vergleich zu Fricks Einsätzen die Hinterlassenschaft an Opern-Gesamtaufnahmen mit ihm geblieben ist. Da hat Joseph II schon recht.


    Wir haben Greindl infolge seiner Auftritte bei den Salzburger und seiner fast zwei Jahrzehnte umfassenden Präsenz in sämtlichen Bass-Partien bei den Bayreuther Festspielen in über 30 Live-Mitschnitten von Gesamt-Opern, von Mozart, Gluck, Beethoven, Verdi, R.Strauss, Schoenberg, Schoeck, Orff und in besonderem Ausmaß von Wagner, zusätzlich auch aus dem Berlin der 1940er und ganz frühen 1950er, ferner aus Genf, Köln, Hamburg, Rom. Aber er erscheint in vergleichsweise viel zu wenigen Studioproduktionen – jedenfalls verglichen mit Frick. Allerdings steht er in Zahlen nicht hinter den weiteren Starbassisten seines Fachs, wie Weber, Hofmann, Böhme, Alsen, Koreh, Edelmann, Frantz, Ernster, van Mill, Kreppel plus nächste Generation zurück, allenfalls Weber hat in einer ähnlichen Anzahl Studioproduktionen mitgewirkt, auch er weit mehr durch Livemitschnitte dokumentiert.


    Hier die mir bekannten Studioaufnahmen Greindls in alphabetischer Komponisten-Folge:


    Berg / Lulu / Schigolch unter Böhm / Berlin 1967 (DG)


    Flotow / Martha / Plumkett unter Schüler / Berlin 1944 (Urania u.a.)


    Mozart / Entführung / Osmin unter Fricsay / Berlin 1954 (DG)


    Mozart / Die Zauberflöte / Sarastro unter Fricsay / Berlin 1954 (DG)


    Orff / Prometheus / Kratos unter Leitner / Köln 1973 (RCA)


    Wagner / Fl. Holländer / Daland unter Fricsay / Berlin 1952 (DG)


    Wagner / Lohengrin / König Heinrich unter R. Kraus / Köln 1951 (Myto, MM u.a.)


    Wagner / Tristan und Isolde / König Marke unter Furtwängler / London 1952 (EMI)


    Da unsere Sichtung ja durch Hinweise und Fragen zu Otto von Rohr ausgelöst wurde: Er ist, gemessen an seinem Potential, seiner Individualität und Autorität, auch der Faszination, die von seiner Persönlichkeit ausging (und ausgeht), von der Tonträgerproduktion geradezu lachhaft, wenn nicht skandalös behandelt worden. Das lag und liegt natürlich auch daran, dass (wie der Mannheimer Bassbariton Mazura immer sagte) „Bassisten alles singen müssen“, somit also auch für alles besetzt werden können, daher Individualität und Eigenprofil weniger gefragt sind als Verfügbarkeit und Vermarktbarkeit – und so ein bedeutender Basso wie Frick mit Allem und Jedem eingespielt wurden, gleich ob im Einzelfall unbedingt exakt rollendeckende Eignung vorlag, Vertrag vor Identität.


    Gottlob Frick hatte in allen deutschen Serioso-Partien – vor allem Wagners, auch mit Rocco, Eremit, Pius IV, Jahrhundertrang. Er konnte deutsch gesungenen Verdi überzeugend vorstellen (Beispiele: Banco, Procida, Fiesco, Ramphis) in diversen anderen Fächern und Stilen immerhin eine starke Facette=Möglichkeit präsentieren (Commendatore, Kezal, Abul Hassan, Kontchak, Pimen, Wassermann, Lothario) – aber als Webers Kaspar, Flotows Plumkett, Gounods Méphistophéles oder gar Boris Godunov scheint er mir nicht die Rollenerfüllung zu sein, selbst bei wunderbarstem Einsatz der Mezzavoce und meisterlichster Nutzung der Kopfraumresonanz nicht. Da fehlte ihm der Zugang zur Dämonie, Kälte wie Höllenhitze und zur Bonvivance (ob er deshalb nie den Ochs sang?) – auch lässt sich da die im Grunde freundliche Bonhomie mit schwäbisch verbrämter Kontemplativität persönlichkeitsbedingt nicht völlig ausschalten. Frick-Fans bitte ich, dies als Reverenza an einen Individualisten von Rang zu verstehen.


    Demgegenüber verkörperte Otto von Rohr einen doch sehr anderen Künstlertypus, nicht nur der Zugehörigkeit zur „anderen“, der „körnigen“ Bass-Kategorie à la List, Strienz, Hoffmann, Alsen, Dalberg wegen. Wo man Frick das Attribut „liebenswert“ zuordnen möchte, wirkt OvR (jedenfalls auf mich) strikter, kantiger, autoritativer. Opernfiguren mit besonderer Schroffheit oder Bedrohlichkeit waren seine Domäne, für einige war er eine deutschsprachige Besetzung schlechthin: so für Hagen, Hunding, Großinquisitor, Kardinal Brogny, Sparafucile, Fiesco, Madruscht, Tiresias. Nicht minder starke Identität erreichte er in Partien mit ausgeprägt tiefer Lage und strömend-schwingender Tongebung: Sarastro, Seneca, Ptolomeo, Raimondo, Arkel, Pimen, Gremin, Tommaso, Peneios. Mit extrovertierter Spiellaune gab er Rossinis Don Basilio, Gounods und Boitòs Mephisto, die Strauss-Protagonisten Ochs und Sir Morosus. Und er besaß eine Aura, die ich bei anderen Bassisten, inkl. Frick und Greindl, in dieser Ausprägung nicht erlebt habe: Er betrat die Bühne – und aller Augen und Sinne waren auf ihn gerichtet, ohne dass er schon einen Ton gesungen hätte. Diese Wirkung habe ich live nur von Boris Christoff (als Filippo II) erleben können.


    Doch ihm wurde die Nachruhm stiftende Gelegenheit zu Einspielungen exakt dieser Partien und Figuren nicht zuteil (wenn man von seinem Madruscht in Salzburg 1957 absieht, der die genannten Faktoren ideal vermittelt). Einen Vertrag mit der international agierenden Plattenindustrie hatte er, wie die Mehrheit bedeutender Epochen-Kollegen, auch nicht. So bleibt uns nur, das Glück zu preisen, dass es in den Zeiten, über die wir hier korrespondieren, regionale Rundfunkanstalten gab, die ihren verfassungsgemäßen Kulturauftrag noch wahrnahmen und en suite Eigenproduktionen schufen, auf allen Sektoren der Klassik, zumeist gesamt, doch auch in Solo-Folgen und -Recitals. Dass es davon heute so gut wie nichts mehr gibt, so wenig wie eine offensiv produzierende Tonträgerindustrie, das gehört zu den Traurigkeiten der Globalisierung mit ihren Ursachen und Folgen – Kapitalkonzentration, interkontinentale Vermarktung und also: grenzenlose Nivellierung, Einebnung, Verödung. Man sieht: Kapitalismus ist nicht nur antisozial, inhuman, destruktiv, ökologie- und zukunftsbedrohend, sondern auch kulturfeindlich + kulturvernichtend.


    Gerade darum setzt sich im Unruhestand so leidenschaftlich für die Wiederentdeckung und Sicherung der vokalen Nachkriegsära ein:


    Euer KUS

    Von Gottlob Frick wurde oft berichtet, dass er den Kollegen Karl Christian Kohn ganz besonders geschätzt habe, als Bassisten wie als Mensch und Kollegen. Die beiden Kohn-Söhne bestätigen es: Für die Aufnahme der Kabinett-Szene Philipp II & Großinquisitor aus der deutschen Version von Verdis "Don Carlos" bei EMI Electrola hatte Frick sich ausdrücklich Kohn als Partner ausbedungen. Da Kohn in Münchner Aufführungen steckte, als der Aufnahmetermin mit Frick anberaumt war, sang dieser den Phiilipp-Part auf Band - und Kohn konnte später nach Berlin kommen, um den Gegenpart nachträglich dazu zu geben. Über die Seriosität solchen Vorgehens kann man streiten, doch scheint sie dem entschiedenen Begehren des EMI-Favorites gefolgt zu sein. Eine später gängige Praxis, wenn die Irrsinns-Präsenzen (besser wohl: -Absenzen) solcher World-Wide-Stars wie Domingo aufzufangen waren - das Beispiel "Nabucco" unter Sinopoli bei DG ist unrühmlich bekannt, angeblich auch der ohnehin als reines Marketingprodukt abzuhakende Domingo-"Tannhäuser". Bemerkenswert ist weiter, dass die Aufnahme Frick+Kohn im Februar 1959 stattgefunden hat, also zu einer Zeit, als Kohn noch ganz im Fach "zwischen den Fächern" Karriere zu machen schien, also als eine Art Walter-Berry-Konkurrent mit Figaro, Leporello, Don Alfonso, Kaspar, Escamillo, Schicchi, Ochs - so dass der Inqusitor benahe als Vorgriff auf späteren Fachwechsel aufgefasst werden kann. Die beiden sehr individuellen Timbres und die Fähigkeit beider Sänger, den Ton nach Figuren- und Szenen-Bedarf zu färben, wirkt heute besonders faszinierend: Frick färbte (soweit ihm das möglich war) auf Basso cantante italiano, Kohn (der damals vorrangig in stile italiano brillierte), färbt auf nachtschwarz-dämonisch. Ein markantes Stück Schallplattengeschichte: Ohne die besondere menschliche Sympathie zweier - eigentlich ja eben doch nicht wirklich - Konkurrenten kaum entstanden. Und sicher nicht häufig.


    Grüße, KUS

    Hallo Wolfgang! Hallo Siegfried!


    Ihr seid wirklich auf dem Punkt. Ja: graphit-anthrazit - das ist genau die Farbtönung, die ich in meinem Versuch über OvR im Jahr 2009 ebenfalls verwendet habe. Wenn Ihr's lesen wollt, schickt mir eine Mail: KUS@ku-spiegel.de.


    Die Begleit-Überschrift zur OvR-Hörprobe war natürlich lächelnd-schmunzelnd gemeint. Konkurrenz kann man zwischen zwei beiden deutschen Bassi seriosi-profondi dieses Kalibers ja wirklich nicht (schon gar nicht nachträglich) etablieren. Außer vielleicht: Während Frick auf allen Labels, Kanälen, Wiederveröffentlichungen omnipräsent war und ist und bleiben wird, war OvR 1. während seiner Wirkungszeit nie mit einem Universalvertrag bei einer der "großen" = weltweit distribuierten Plattenfirmen betreut und darum viel-viel weniger im Bewusstsein der Weltvermarktungs-Zielgruppen verankert, 2. darum zumeist nur über Live-Mitschnitte und Raubkopien oder über die Plattenveröffentlichungen von Rundfunkaufnahmen greifbar und 3. nach dem Medienwechsel zur CD zunächst gänzlich historisiert, beinahe auf Abschussfahrt in den Keller des Vergessens.


    Drum hatte ich schon als Neuling im T-Forum angesichts der Spazio-Titulierung "GF, der schwärzeste aller Bässe" gleich die Erwägung geäußert (s. ganz oben), das solche Alleinstellungs-Superlative meist problematisch seien, weil es doch eine Reihe Bassisten der Nachkriegsära gab, die - bei meist völlig anderen Timbres - genauso viel "Schwärze" hatten wie der langlebige Lobl. So Weber, Alsen, Greindl, Roth-Ehrang, Kohn bis zu Talvela - es kommt eben immer (und auch bei Frick) darauf an, in welchen Partien oder Stücken sich Tiefenfärbung "schwarz" ausbreiten lässt, mithin: was man gerade vom Sänger zu hören bekommt.


    Da hört mal Greindls Osmin-Tiefen unter Fricsay oder Webers Ochs-/Gurnemanz-Röhre oder Roth-Ehrangs Fafner oder den geradezu atemberaubend tiefenorgelnden Kohn als Sir Morosus. Zu diesen Erscheinungen möchte ich OvR insofern zählen, als es Beispiele unglaublicher Abisso-Schallentfaltung in furchterregender Schwärze von ihm gibt, so als Hunding (Beispiel: Live-Mitschnitt mit del Monaco 1966 in Stuttgart) oder mit Hagen in allen Mitschnitten. Ungeachtet seiner natürlichen Graphit-Färbung war er - wie nicht viele Sänger - befähigt, seiner Tonbildung wechselnde, jeweils charakteristische Farben und Fakturen zu verleihen.


    So, wie ich finde, auch in dem kleinen Lied von der Waldschenke. Da hören wir einen Schwarzbass, allerdings nicht mit der weichen, nasal-schwingenden, manchmal auch etwas nöligen Charakteristik der Basstypologie von Frick, van Mill, Talvela, Salminen - sondern in der Kategorie kernig-körnig wie Knüpfer, List, Manowarda, Alsen, Christoff, Kreppel etc. Ich find's schön, dass es ein solches Spektrum gibt. Der Rest ist, von gesangskünstlerischen Maßstäben abgesehen, ja immer individuelle Wahrnehmung und persönlicher Geschmack.


    Herzlch grüßt Euch: KUS

    Wie schön, dass dieser nach dem 2. Weltkrieg alleinständige Sänger hier im Forum zur Erinnerung und Würdigung gestellt wird. Mit ihm verbinden mich früheste Hör- und dann Fan-Erinnerungen aus Gymnasiastenjahren. Von der Großmutter mit jeweils 5 Mark Zusatztaschengeld bedacht, kaufte ich mir monatlich eine (meist 25 Upm.)-Schellack, zumeist mit dem DG-Gelbettikett: Anders, Hann, Fehenberger, Kupper, Trötschel, Streich, Uhde, dann Stader, Greindl, Haefliger, Windgassen+Varnay waren meine ersten Plattensänger. Dann kam auf dem roten Electrola-Label der ubiquitäre Schock und, in einem erweiterten Reifestadium Grümmer, FiDi und Frick.


    Als größte Entdeckung, zugleich als frühe Vorahnung dessen, was ich inzwischen über Gesangskunst zu wissen meine, erwies sich eine 25er-Schellack von DG. Die beiden Sarastro-Soli aus der Zauberflöte mit dem auf der Radio- und Westdeutschlandbühnen-Szene kaum bekannten KIM BORG. „Was für eine Orgel!“, war mein erstartikulierter (durch tontechnische Hallverstärkung gesteigerter) Eindruck: Was für eine wunderbare Tonfülle, welch schwarzsamtenes Timbre und breitströmende Klangentfaltung. Heute gesagt: Tonbildung und Legato wie aus dem Lehrbuch der klassischen Schule – nur die ganz Großen Sarastros des Jahrhunderts wie Plançon, Sibirjakov, Andresen, Kipnis können da mithalten. Weil Profondo-Tiefen und Serioso-Timbre zwar die Partie erfüllen, nur den wenigsten – gleich ob Manowarda, Weber, Greindl, Frick, Crass, Talvela, Moll, nicht erst zu reden von Strienz, Böhme, Mill, Adam, Meven, Bracht und Notlösungen sonder Zahl – aber das Quentchen Transzendenz aus dem Klang entströmt wie bei Borg. Grotesker- oder doch richtiger: typischerweise konnte er seine Version der Partie nicht in einer Gesamtaufnahme dokumentieren, wie ihm überhaupt solche Aufgaben nur selten übertragen wurden. Bezeichnend etwa, dass in der ersten DG-Studioproduktion der Zauberflöte unter Ferenc Fricsay der Sarastro, also die dominante Basso-Partie, mit Josef Greindl besetzt war, Kim Borg hingegen den Sprecher gab; seine Szene mit Haefliger als Tamino ist ein Sammelstück erster Kategorie.


    Will man Kim Borg erfahren, muss man sich an die erfreulicherweise zahlreichen und großenteils auch wieder zugänglichen Aufnahmen von Arien, Solostücken und Liedern, Konzert- und Oratoriumsauftritten (Studio und live) halten, vieles davon ist in diesem Spazio schon vorgestellt, s. oben. Da kann man Begeisterndes erleben. Ganz fabelhaft Borgs Interpretationen der Wiener Klassik, souverän in Atem- und Legato-Kunst, etwa Haydns Oratorien und, leider stets Rarität gewesen: Mozarts Konzertarien. Sodann die Verdi-Arien und in faszinierendem darstellerischem (aber nicht sängerischem!) Kontrast dazu die Stücke+Szenen aus russischen und slawischen Werken. Wunderbar die frühen Liedaufnahmen, vor allem Schubert, mit Michael Raucheisen, gut auch die späteren gemischten Programme, vor allem Brahms und Mussorgskij, mit Erik Werba. Wenn man der ganz eigenständigen, samtig sich entfaltenden Färbung der Borg-Stimme erstmal erlegen ist, kann man sich der eigenartig-eigenständigen Suggestion dieses Sängers kaum mehr entziehen: Ein Basso cantante eigentlich, aber mit schallkräftigem Profondo-Tiefenregister u n d Anlagen zu entspanntem Singen in heldenbaritonaler Tessitura.


    Die Tonträger-Industrie hat das kaum genutzt. Zwar hat die DG mit ihren letzten Aufnahmen von Kim Borg zwei Puccini-Baritone, Scarpia und Sharples, gesamt eingespielt, aber in eher lieblosen Schnell-Produktionen, nur aus Anlass der Sándor-Kónya-Vermarktung nach dessen Bayreuther Lohengrin-Erfolg ab 1958. Sonst kommt Borg ausgerechnet in deutscher Spieloper, so mit Nicolais Falstaff, zum Zuge, auch beim Bayerischen Rundfunk. Typisch weiter: bei EMI können wir ihn großartig als Rangoni (aber und nicht Boris oder Pimen) hören, dazu braucht es den Live-Mitschnitt von Karajans Boris Godunov in Salzburg (indem der tolle Diakov den Varlaam gibt). Wir haben Kim Borg dann noch in drei Werken der klassischen Moderne: als schattengrauer Schigolch in Bergs Lulu (unter Leopold Ludwig) und grandios-deklamativ mit dem großen Botenbericht in Orffs Antigonae (unter Ferdinand Leitner), schließlich im Dream Of Gerontius von Elgar – und das ist es schon. Dass er als Don Giovanni, Figaro-Conte, Don Pizarro, Golaud und Amfortas (!) an der Met in NYC auftrat, in den wichtigen Verdi- und Wagner-Basspartien auf der ganzen Welt gastierte, bei den Festspielen in Edinburgh und Glyndebourne glänzte, jahrelang Protagonist der Königlichen Oper Stockholm und der Hamburgischen Staatsoper war, dazu Starsolist an den großen Häusern von Russland und Osteuropa, dazu Frankreich, Schweiz und Skandinavien, all das ist zu Lexikon-Anmerkungen geschrumpft, Tondokumente zeugen kaum davon.


    Kim Borg war auch als Komponist tätig (viele Lied-Orchestrierungen für Basso), hatte eine Professur an der königlichen Musikakademie von Kopenhagen, war Ehrendoktor der Sibelius-Akademie in Helsinki – kurz: einer der großen Sänger der zweiten Jahrhunderthälfte, ist nicht mehr jedem, am wenigsten Opernfans und an Gesangskunst Interessierten der jungen Generation präsent, doch das gilt ja für mehrere Dutzend bedeutender Sänger/innen dieser Epoche ebenso. Wer Kim Borgs Kunst kennenlernen will, muss unbedingt die 2CD-Edition der DG heranziehen – mindestens, und sollte da mit „In diesen heil'gen Hallen“ beginnen. Er wird einen Künstler entdecken, der zum Klassiker werden müsste.


    Meint Euer KUS

    Von interkontinentaler Medienresonanz allzu wenig beachtet, gastierte Anton Diakov seit den 1970er Jahren an großen und größten Opernbühnen. So als Pate im Jahrmarkt von Sarotschinsk und als Varlaam an der Mailänder Scala; als Sarastro, Kaspar und Raimondo an der Wiener Volksoper; als Sparafucile und Guardiano an der Württembergischen Staatsoper; als Méphistophélès an der Bayerischen Staatsoper, als Eremit an LaMonnaie Brüssel; als Varlaam an der Grand-Opéra Paris und am Covent Garden London; als Alvise am Teatro de Liceu in Barcelona; als Rocco und Hunding am São Carlos Lissabon; als Grande-Inquisitore, Guardiano und Don Pizarro in Zürich; mit den Hoffmann-Bösewichtern, Sparafucile und Arkel am Grand-Théâtre de Genève; mit Wagner und deutschen Fachpartien in Rom, Turin, Parma, Lyon, Toulouse, Bordeaux, Nantes, Lille, Marseille; mit gemischtem Repertoire in Graz, Köln, Bremen, Mannheim, Kiel. Einen späten Höhepunkt erreichte seine Gastlaufbahn mit Auftritten im befreiten Südafrika, so 1989 in Johannesburg mit Mozarts Bartolo und Commendatore, Beethovens Rocco und Nicolais Falstaff. Inzwischen wuchs Diakovs Basler Repertoire in allen Fächern auf den vermutlich stärksten Umfang unter den osteuropäischen Fachkollegen seiner Epoche an, vor allem im französischen Fach (so mit Frère Laurent, Conte Des Grieux und Don Quichotte), natürlich russischer Oper (so mit Fürst Gremin und Kotschubej) und in Wagner-Werken (so mit Daland, Landgraf, König Heinrich, Marke, Hagen, Gurnemanz).

    Anton Diakov ist in Produktionen der Schallplattenindustrie spärlich vertreten, in Rundfunkarchiven hingegen gut. Auf Tonträgern, wechselnd in verschiedenen Ländern und Märkten, wird er immer wieder mal greifbar: in Bachs Matthäus-Passion unter Karajan, in Händels Samson unter Markevitch, in Verdis Requiem unter Frühbeck de Burgos, in Dvoráks Stabat Mater unter Dohnanyi, als Varlaam nochmals unter Bertini und Segal, früh auch als Rangoni neben Christoffs Boris, Pimen und Varlaam in dessen zweiter Gesamtaufnahme des Boris Godunov unter André Cluytens, neben Gorr und Vickers als Abimelech und Alter Hebräer in Georges Prêtres Gesamteinspielung von Saint-Saëns’ Samson et Dalila, in Prokofievs Krieg und Frieden (neben Ghiuselev und Petkov) unter Rostropovich, in Wagners Meistersingern unter Kubelik, in Liedzyklen russischer Komponisten und mit osteuropäischer Folklore, sogar mit Loewe-Balladen. Bei europäischen Rundfunkanstalten hat er vielfältig Lieder und Konzertstücke eingespielt. Er arbeitete als Produzent und Moderator für die SRG-Sender Bern und Genf; von ihm stammen die Sendefolgen „Vokalmusik der Süd- und Ostslawen“ und „Die Wurzel der orthodoxen Kirchenmusik“. Der Hinweis, dass er in einer 11CD-Edition beim HAfG dokumentiert ist, wird mir sicher wieder als "Reklame" ausgelegt.


    Man muss Diakov mal mit einem Gustostück gehört haben. Ich bin dabei, eines in YouTube zugänglich zu machen.


    Bis dahin Grüße vom KUS

    Zu den Anfragen und Vermutungen:
    Karl Christian Kohn hatte zwei Söhne. Christian, der Ältere, Jahrgang 1954, ist Kunstschreiner, EH-Unternehmer, Gastronom und als lokal-regionaler Kulturinitiator am Starnberger See Ostufer multiaktiv, dort Teil einer kunstliebenden Clique mit Vicco von Bülow (Loriot), Tilman Spengler, Daphne Wagner, Josef Bierbichler usw. bis zu FiDi+Varady, alle in Berg & Münsing. Nach diesem Christian hatte KCK seinerzeit seinen endgültigen Künstlernamen bestimmt.

    Andreas
    , der Jüngere, Jahrgang 1964 – der ist der angesprochene Sänger, nach eigener Definiton Basso (da schwingt wohl der Bezug auf den Kammersänger-Vater mit), nach meinem Eindruck, synchron mit den hier geäußerten Einschätzungen, aber eigentlich ein Bassbariton, somit mindestens Basso cantante. Er war Schüler beim Vater am Mozarteum Salzburg, dann im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper u.a. beim Staatskapellmeister Heinrich Bender. 1990 gewann er den 1. Preis im Mozart-Gesangswettbewerb in Würzburg. Kurz darauf war er Preisträger beim Bundeswettbewerb in Berlin, wenig später Finalist beim Bertelsmann-Wettbewerb "Neue Stimmen" in Gütersloh. Sein erstes festes Bühnenengagement hatte er 1989 am Staatstheater Wiesbaden, wo er drei Spielzeiten unter Vertrag blieb. Schon zu dieser Zeit konnte er zahlreiche Gastspielauftritte realisieren, zumeist an deutschen Großstadt-Opernhäusern. 1992/93/94 und war er bei den Salzburger Festspielen engagiert. Er kam dann mit Produktionsverpflichtungen ans Grand-Théâtre de Genève und ans La Monnaie in Brüssel, ans Prager Nationaltheater, schließlich an die Berliner Staatsoper Unter den Linden. Dort war er bis 1997 festes Ensemblemitglied und bis 2005 noch häufiger Gast. Während der letzten 10 Jahre war er an der Bayerischen Staatsoper verpflichtet. Nach der Spielzeit 2009/10 gab er diese Bindung auf und übernahm eine Dozentur für Gesang (und Musical-Darstellung) an der August-Everding-Akademie des Freistaats Bayern, der Nachfolgegründung des Studios der Bayerischen Staatsoper. Dieser Aufgabe geht er heute vorrangig nach, doch gastiert er weiterhin – zuletzt international (u.a. Rom, Barcelona, Mauritius), im kommenden Sommer als Bauer in Die Kluge bei den Carl-Orff-Festspielen in Andechs.

    Der Sänger hat also eine beachtliche, eindrucksvolle Laufbahn vorzuweisen. Er wurde zumeist in kleineren oder mittleren, gelegentlich aber auch in größeren Partien beschäftgt (ähnlich wie, um einen präsenten Vergleich zu wählen, etwa der Berliner Bassbariton Ralf Lukas vor seiner merk-, teils auch fragwürdigen Karriere ins Erstfach). Andreas Kohns typische Partien waren und sind: Minister in Fidelio (dieser am La Fenice Venedig und unter Solti in Genf), Masetto in Don Giovanni (dieser in Salzburg unter Barenboim), Zuniga in Carmen, Sprecher in der Zauberflöte, Angelotti in Tosca, Bonze in Butterfly, Baalspriester in Nabucco, Holzhacker in Königskinder, Don Pinto in Webers Drei Pintos usw. bis immerhin zum Kaspar im Freischütz (in Berlin). Er sang unter führenden Dirigenten der Gegenwart, außer den Genannten z.B. Dohnanyi, Sinopoli, Janowski, Luisi, Nagano, Kuhn. Er ist häufig auch als Konzertsänger hervorgetreten, so in Frankreich, Italien, Tschechien, Israel. Man kann ihn in einer Reihe von Opernproduktionen bei Rundfunkanstalten in Berlin und München hören, teilweise auch auf CDs veröffentlicht.

    Ich habe mch beim Bruder nochmal vergewissert: Am Landestheater Flensburg ist Andreas Kohn nie aufgetreten, auch nicht als Gast oder Einspringer.

    Ja, und nun müsste man ihn mal vors Ohr bekommen. Ich bemühe mich darum.


    Saluti cordiali vom KUS




    Ein weiterer markanter Bassist, dessen Vielseitigkeit, ja geradezu Universalität, sich auf „offiziellen“ Tonträgern nur ganz spurenhaft, jedenfalls völlig unzureichend, verfolgen lässt, sei als Nächster der Aufmerksamkeit gesangsbegeisterter T-Forum Mitglieder anempfohlen: ANTON DIAKOV, der absolut gleichrangige letzte Repräsentant im Sextett seiner bulgarischen Landsleute in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Christoff, Arié, Ghiaurov, Petkov, Ghiuselev – und eben Diakov. Als Varlaam in Karajans so opulenter wie spektakulärer „Boris-Godunov“-Produktion in Salzburg 1965-67 trat er (nach Studien und Anfängen in Rom, Milano/Torino, NYC) furios auf die internationale Opernbühne – der Mitschnitt stellt uns eine Art zweiten Boris Christoff vor Ohren; ein Eindruck, der sich später präzisierte und zugleich nivellierte in einer akustischen Profilvielfalt, die für viele Genres, Fächer und Stile jeweils angemessen variable Farben und Ausdrucksgesten bot. Weil die Positionen des italienisch-slawischen Erstfachbasses – profondo und cantante – auf den Spitzenbühnen der Welt, vor allem aber auf den Großlabels, mit den beiden Vermarktungsprotagonisten Christoff und dann Ghiaurov, neben Jahrhundertbässen wie Siepi und Starbesetzungen wie Frick, Talvela, Ridderbusch, Crass + einem Halbdutzend weiteren, gleichsam „besetzt“ war, musste sich Diakov (30 Jahre lang fest an einem Stammhaus, nämlich dem größten Dreispartentheater der Schweiz: Basel) auf international ausgedehntes Gastieren verlegen – und die Reihe seiner Auftrittsbühnen, Gast- und Produktionspräsenzen umfasst das gesamte Musiktheater-Universum auf fünf Kontinenten. Weil er, wie ähnlich u.a. Schlüter, Wegner, Windgassen, Neidlinger, Greindl, von Rohr, Kohn, einem Heimathaus mit festen Terminkontingenten jahrzehntelang treu blieb, konnte er ein Rollenspektrum von enormer Breite erarbeiten und darbieten: italienisches, französisches, selbstverständlich slawisches Repertoire, aber auch Mozart und Wagner. Wo er keine Opernauftritte hatte, wie z.B. in Berlin, kam er als Konzertsänger in Oratorium und Lied umfassend zum Zuge, mit einem Programm von Bach und Händel über die Klassik und Romantik inkl. Raritäten bis zur Moderne, darunter Ur- und Erstaufführungen. Geradezu grandiose Dimensionen nahm seine Befassung mit dem slawischen und russischen Lied an; hier steht seine Leistung in den 1960-1980ern solitär neben der Boris Christoffs, aber in weit varianterer und enzyklopädischer Dokumentation; es gibt an die 1.600 Liedeinspielungen, von Glinka und Borodin bis Vladigerov und Tscherepnin. Diakov war auch als Autor, Musikhistoriker und Rundfunkmoderator tätig. Seine tönende Hinterlassenschaft ist eine Entdeckung wert, will sagen: verlohnt es, endlich multiplikativ rezipiert zu werden. Eine Textarbeit über ihn ist greifbar: KUS@ku-spiegel.de

    Fast schon schien er in Historisierung zu versinken – der 1928 im Saarland geborene und 2006 in München verstorbene Bassist Karl Kohn, der sich nach furiosem Blitz-Start auf die großen Bühnen des deutschen Sprachraums und seinem Münchner Debüt 1958 auf der Bühne des wiedereröffneten Münchner Cuvilliés-Theaters Karl Christian Kohn nannte, als eine Art Wiedergeburt von Schützendorf und Hann profilierte, ein paar Jahre als Spezialist „zwischen den Bassfächern“, also als Basso buffo, Schwerer Spiel- und Charakterbass, dazu als Weltstarbesetzung für Mozarts und der deutschen romantischen Oper Bonvivant- und Schufte-Gestalten etablierte. Nach einem konsequenten Wechsel ins Fach des Basso serioso + profondo (also de facto Basso supremo der Bayerischen Staatsoper) war er nahezu 30 Jahre einer der führender Bassisten in Europa, dazu universaler Konzertsänger, vor allem bei Karl Richters und Rafael Kubeliks Oratorien- und Barockoper-Produktionen, von Bach und Händel bis Pfitzner und Janácek. Nach über 2.500 Aufführungen in allen Genres nahm er 1991 seinen Bühnenabschied und wirkte noch fast ein Jahrzehnt als Professor für Stimmbildung am Mozarteum in Salzburg. Ihn wiederzuentdecken, ist eine Erfahrung voller Überraschungen und Erkenntnisse. Vor allem die – großenteils verschollen oder überhaupt noch nie öffentlich gewesenen – Einspielungen und Mitschnitte zwischen 1958 und ca. 1965 machen mit Zeugnissen alleinständiger sängerischer Professionalität und z.T. überwältigender Klangkunst bekannt. Ein Jammer, dass er in einer Zeitphase zum Aufstieg kam, als auf den größeren deutschsprachigen Bühnen weder die deutsche Spieloper noch die Buffa italiana & francese im Repertoire waren, wie überhaupt noch nichts von der bald darauf manifesten Belcanto-Renaissance zu spüren war. Als Kohn später im Fach des Basso profondo arbeitete, war eine neue Generation von stilsicheren Eleven der „Alten Schule“ am Werk. Dennoch bleibt eine Fülle von Funden aus der ersten Karrierephase Kohns, die uns meisterliches Singen, fabelhafte Gestaltung und ein faszinierend zwischen buffonesk und dämonisch variierendes Stimmtimbre zur Kenntnis bringen. – Für eine Edition dieser Tondokumente habe ich einen größeren Beitrag geschrieben. Wer ihn lesen möchte, möge mir eine Mail schicken: KUS@ku-spiegel.de




    Zu operus, MosesKR1 – und den Timiditäten um Kral & KUS


    “Statt eines Bravo! entsteht eine Urheber- und Konkurrenzdebatte. Warum?“


    Ja warum? Wo war Krals „Bravo“? – Hat ihn irgendwer zu seinen Abwertungen, Verdächtigungen, Unterstellungen provoziert? Hat ihn jemand herausgefordert, die engagierte Arbeit anderer verächtlich zu machen? Und: Dürfen davon Betroffene nicht mal die gröbsten Anwürfe richtigstellen?


    Es handelt sich nicht um eine Konkurrenzdebatte. Wo wäre denn der Konkurrent? Ich habe die so anlasslosen wie unberechtigten Attacken eines Forumteilnehmers zurückgewiesen. Hätte ich vornehm schweigen und der Denunziation, die ja bereits Dankesworte seitens nicht nachprüfender Dritter ausgelöst hatte, Raum lassen sollen? Damit sich derlei auch richtig herumverbreiten kann?


    Bei zwei ähnlichen Anlässen hatte ich in der Vergangenheit in aller Freundlichkeit rückgefragt. Als Kral hier, wieder ohne Faktenprüfung, die Veröffentlichung von Verdis „Falstaff“ mit FiDi und Marcel Cordes als a) von ihm übernommen und b) tontechnisch unakzeptabel deklariert hatte – da musste ich ihm mitteilen, dass nicht er die Fundquelle war und dass die Aufnahme von exzellenter Radioqualität ist (was in der Fachpresse eigens hervorgehoben wurde). Sodann, als Kral die CD-Edition Otto von Rohr als unzureichend abwertete, weil sie zu wenige Lortzing-Titel enthalte, frage ich ihn hier so freundschaftlich wie dringlich danach, welche Titel er denn meine – und erhielt keine Antwort.


    So macht er’s auch diesmal. Er behauptet: „So hatten die Leute von HAfG leichtes Spiel, der Weg war ja bereitet.“ Das enthält die Unterstellung, die Edition habe seine Vorarbeiten genutzt, wenn nicht gar Veröffentlichungen von ihm adaptiert.


    Und weiter: „Wirklich Neues haben die allerdings ... auch nicht zu bieten“. Das behauptet er so. Einen Beleg dafür bleibt er schuldig.


    Und weiter: Mit leichtem Spiel werde offenbar unredlich Beschafftes „für teueres Geld“ vermarktet. Das ist glatte Unwahrheit – wie ich belegt habe.


    Und weiter: „Das, was mir“ (= Kral) „selbst noch in meiner Sammlung fehlt, gibt es da auch nicht“. Was das wohl sein könnte, verrät er wieder nicht.


    Ein einziger Strauß von unbelegter Nachrede also. Und nun die Anstoßnehmer: Dass Kral solches hinschreibt und veröffentlicht, das sei ja nur „kritisch angefügt“. Eine zurückweisende Widerlegung von Unwahrheiten, die aber soll als „auf ihn einprügeln“ gelten – wo er doch ein so kompetenter Kenner der Opernszene sei.


    Ja, welche Maßstäbe gelten denn hier? Von welchen „Grabenkämpfen“, die MosesKR1 „seit einiger Zeit verfolgen konnte“, ist die Rede? Ich war an solchen nicht beteiligt. Ich bin ganz und gar der Meinung, dass wir uns auf „unsere gemeinsame Liebe zur klassischen Musik besinnen“ sollten. Klar doch! Aber ich ersuche sehr darum, die Voraussetzungen dafür nicht aus den Augen zu verlieren: Nämlich – bei aller Lust am Streit über Sachfragen, Vorlieben, Abneigungen, Einschätzungen, Kenntnisse in der Sache – ein Mindestmaß an gegenseitigem Respekt zu wahren, vor allem gegenüber jeweils idealistisch engagierter Arbeit im Dienste dieser Sache. Und eben diesen Respekt beanspruche ich, so wie ich ihn selbst x-mal bekundet habe. Wollen wir doch bitte Ursachen und Wirkungen nicht verwechseln, ja? - Also, lieber (von mir besonders geschätzter) operus & lieber Moses: Weitere Äußerungen dazu erspart Euch und sich


    Euer KUS



    Betrifft: Harald Kral zu Ernst Kozub


    Was immer den Einträger Kral leiten mag: Er sucht sich das falsche Thema, die falschen Adressaten und, entscheidend: die falschen Objekte. Ob er auch das richtige Forum gewählt hat, muss sich klären.
    Meine Frage an Alfred Schmidt lautet deshalb eingangs: Ist dies der Sinn und Zweck der schönen Einrichtung Tamino-Forum, dass sich dort (wie auch immer motivierte) Missgunst und Aggression, mitunter in direkt diffamierender Attacke, an anderen Forum-Teilnehmern ausagieren können? Also deren idealistisches Engagement öffentlich infrage stellen und damit faktisch schädigen können?
    Wie dem auch sei, zur Causa „Kral und Kozub“ ist zu sagen:
    1.
    Es hat diverse private und offiziöse Initiativen gegeben, um das Andenken an den Tenor Ernst Kozub zu erhalten – wunderbar. Es gab auch schon einzelne ausschnitthafte Veröffentlichungen – wunderbar. Aber es gab bisher keine Edition, die sämtliche greifbaren Ressourcen zu einem Gesamtportrait gefügt, gegliedert, archivarisch aufbereitet hat – bis zur CD-Edition des Hamburger Archivs für Gesangskunst. Darüber freuen sich, wie in Zuschriften vielfach bekräftigt, zahlreiche Gesangsinteressenten und Kozub-Verehrer. Klar doch, dass eine Edition mit 9 randvollen CDs auf Vollständigkeit angelegt ist. Nicht so klar aber, dass diese 9 CDs mit exzellenter Klangqualität aufwarten, mithin den Sänger endlich in konkurrenzfähiger, angemessener Form erfahrbar machen.
    2.
    Die Beschaffungen, Sammlungen, philologischen, gesangshistorischen und diskographischen Erträge dazu sind das Ergebnis einer fast ganzjährigen Recherche- und Dokumentationsarbeit, bei der die Ursprungsarchive, dazu die Privatsammlungen der HAfG-Herausgeber und die Bestände der Familie Kozub ausgewertet werden konnten. Die Edition ist die einzige, die mit Supervising und Autorisierung der Erben des Sängers erschienen ist. Die Urheber konnten sich auf Materialien, Dokumente und Berichte der Kozubs stützen. Aus dieser Quelle kommen auch diverse erstverwendete Aufnahmen – ohne dass ein Herr Kral sie hätte „ausgraben“ müssen. Ein Band 72 einer Heftreihe wurde nicht verwendet, eine Prüfung derer etwaiger Inhalte nicht vorgenommen.
    3.
    Es gibt keine Dokumentation der tönenden Hinterlassenschaft des Ernst Kozub, die sich auch in der Quellenklärung, Kommentierung und Präsentation mit der HAfG-Edition messen kann. Allein die historische wie diskographische wie gesangskritische Darstellung der tönenden Hinterlassenschaft des Sängers ist alleinständig. Man zeige uns eine andere Edition, die entfernt daran tippen könnte.
    4.
    Die Dokumentation enthält zahlreiche noch nicht auf CDs veröffentlichte Aufnahmen, dazu einen Bestand mehrerer CDs an Tondokumenten, die überhaupt noch nie im Bereich der alten BRD zu hören waren. Die Behauptung, „die HAfG-Leute“ hätten „leichtes Spiel“ gehabt, nämlich sich aus Vorarbeiten von Herrn Kral bedient, ist so abwegig wie denunziativ. In Wahrheit dürften seine vor offenkundiger Missgunst vibrierenden Attacken aus dem Umstand resultieren, dass die Edition vollständig auf seine Mitwirkung, Zubringerschaft oder Konsultation verzichten konnte. Die tatsächlichen Helfer, Auskunfts- und Materialquellen sind im Booklet aufgezählt. Den Partnern gebührt dauerhafter Dank – denn sie haben ein Stück gesangshistorischer Erbe-Sicherung mit ermöglicht.
    5.
    In einem Punkt reicht die Befassung mit Krals – hier keineswegs erstmaligen – Untergriffen und Obstruktionen über die Grenzen einer Meinungspolemik hinaus ins Justiziable. Sein (ebenfalls nicht erstes) beiläufiges „für teures Geld“ ist eine Lüge in Schädigungsabsicht.
    Denn: Obwohl das Hamburger Archiv- im Gegensatz etwa zu sattsam bekannten Raubkopierern und Schlecht-für-Billig-Machern – kein Profitbetrieb ist, sondern erhebliche Selbstkosten durch Abgabegebühren zu decken sucht, kostet die Einzel-CD jeder HAfG-Edition in der Regel 8 bis 10 Euro. Dafür gibt es nicht nur professionell bearbeitete, technisch optimierte Aufnahmen von großenteils erstmals oder seit Jahrzehnten nicht mehr veröffentlichten Tondokumenten, sondern auch ausführlich kommentierte, bebilderte, diskographisch seriöse Präsentationen. Wer sonst vergleichbar sorgfältig (textlich hingegen zumeist dünn) edierte Aufnahmen erwerben will, muss anderwärts – so etwa bei Preiser Records – einen zwei- bis dreifachen Preis bezahlen.
    --------
    Herr Kral mag sich in Eifersüchten und Denunziationen ausagieren, solange ihm solches in diesem Forum freigestellt wird. Die längst ins Überwältigende gewachsene Resonanz der Editionen des Hamburger Archivs wird er nicht mindern können. Weil: Man merkt die Motive – und ist irgendwann nicht mal mehr verstimmt.


    Zur eigenständigen vergleichenden Bewertung ermutigt ausdrücklich:


    Euer KUS






    ---------


    P.S.
    Dass KUS ein "neuer User" sei, wie am Rand vermerkt, folgt offenbar aus der Neu-Strukturierung des T-Forum-Auftritts. Ich bin seit Langem dabei.

    Lieber Herbert!
    Liebe Kozub-Freunde!


    Aus dem Projekt einer Recital-CD, zu dem ich im Verlauf dieses Spazio mal eine allgemeine Anfrage an die Teilnehmer gerichtet hatte (s.o.), ist nun eine ganze CD-Edition ERNST KOZUB mit neun CDs - je 3 in 3 Boxen - geworden.


    Nächste Woche kommt sie beim Hamburger Archiv für Gesangskunst heraus: http://www.vocal-classics.com. Mit Booklet von mir - und einer Reihe ganz fabelhafter Live-Erstveröffentlichungen/Entdeckungen, vor allem im deutschen Heldenfach, dazu den verschollenen (m.E. nicht so überzeugenden) alten Philips-Studio-Recitals im italienisch-französischen Fach, Verdi- und Wagner-Liveauftritten, bravourösen Operetten-Soli, Radio-Ausgrabungen aus den frühen 1950ern im anderen deutschen Staat (darunter tws. unveröffentlicht gebliebenen Kompositions-Hervorbringungen des "Sozialistischen Realismus" - gar nicht mal schlechte Musik), Fundsachen von Berlioz bis R.Strauss, den Synagoge-Gesängen, als Draufgaben noch Volkslied- und U-Stücken.


    Der Sänger ist rein stimmlich durchwegs in phantastischer Verfassung (gestalterisch nicht immer), und einiges haut den Hörer regelrecht vom Hocker. Ich habe eine Menge über ihn dazugelernt. Seine beiden Kinder, auch schon "hochreife" Semester, haben eine Reihe menschlich-privater Informationen und schöne Fotos beigesteuert.


    Mehr als diese Sammlung wird man am weltweiten Tonträger-Markt auf Dauer wohl kaum finden. Eines ist sicher, ungeachtet beckmesserischer Teil-Einwände: Verglichen mit der Folgegeneration all der Heldentenor-Kompromisslösungen bis -Irrtümer à la René-Peter-Sigi & Cie. war dieser ein letzter Zeuge des versunkenen Standards eines "Golden Age Of Heroic Tenors". Sein Erbe soll nicht vergessen ein.


    Meint Euer KUS

    Gut, gern. Bin ja - rufwidrig - ein Versöhnler.


    Sein wir also lieb zueinander. Bloß mit dem grauenvollen Geschwätzbuch des WoWa, voller Gerüchte, längst widerlegter Verdrehungen, Gedächtnislücken, leider auch Lügen, darfst Du mir nun gerade nicht kommen. Dialektisch beweist es nur zu gründlich, was es bestreiten oder nivellieren möchte. Es stammt eben nicht von einem Geistesriesen. Und genau das - neben den von mir so gesehenen charakterlichen Defiziten - versuche ich ja darzulegen.


    Freilich: Irgendwann ist auch dieses Thema historisiert, und von WoWas Taten wird man nichts mehr wissen, wenn man sich Wielands als Maßstab erinnern und bedienen wird. Bald also wird es - leider nicht weniger unerfreulich - um das Wirken der Nachfolge-Schwestern und ihrer Umfelder gehen. Ich freue mich nicht darauf. Doch wat mut dat mut.


    Amicitia! Gruß, KUS

    Das, lieber operus, überlegen Sie sich nochmal - rate ich.


    Ich müsste Sie sonst sehr nachdrücklich bitten, sich mit der Geschichte der Bayreuther Festspiele, Abteilung Neubeginn 1951 ff., näher zu befassen. Was Sie da kolportieren, wird durch die Fakten in nichts gestützt. Von "Kampfgeist" kann ohnedies kaum die Rede sein, wo Intrige und Kleinlichkeit dominieren.


    Vielmehr gab es einen Dissenz aus politischen Gründen: Wieland brach rigoros mit der Verstrickung der Mutter Winifred in Naziparteistaat und Hitlerei, suchte den nicht nur gesellschaftlichen, sondern vor allem geistigen Neubeginn in Form neuer Kooperationen, Interpretationen, Denkmodelle, Visionen (dabei zunächst noch keineswegs die dirigierende Klasse einbeziehend, dies erst ab Mitte der 1950er mit Boulez , Sawallisch, Maazel, Schippers, Leinsdorf). Wolfgang hingegen blieb mit dem Muttertier verbunden, in die unguten Verbindungen real wie geistig wie atmosphärisch eingebettet, distanzierte sich nie.


    Sodann: Als der unbestritten organisatorisch-ökonomisch Begabtere übernahm WoWa von Anbeginn den administrativen Teil. Die künstlerische Leitung hatten beide paritätisch vereinbart und auch ausgeübt - auf jede Wieland-Inszenierung folgte eine von Wolfgang, in stetem Wechsel bis zu Wielands Tod. Nur der RING und der "Parsifal" liefen in Wielands Inszenierungen zunächst über mehrere Jahre, allerdings um dann durch ebenfalls mehrjährig laufende Deutungen Wolfgangs abgelöst zu werden. Das ist Geschichte. Sie brauchen sich bloß die Statistik der Festspiele seit 1951 anzuschauen.


    Entscheidend war: Die weltweite Kritik setzte sich, ob ablehnend oder zustimmend, stets tiefer, fundamentaler, anspruchsvoller mit dem Schaffen Wielands auseinander, behandelte Wolfgangs Hervorbringungen vom ersten "Lohengrin" an als mittelmäßig, nichtssagend, langweilig, eklektisch, sogar vergeblich nachschaffend = kopierend, qualifizierte ihn als nur bemüht gegenüber dem genialischen Bruder ab. Das kann man auch heute noch in Hunderten von Texten nachlesen. Von einer Zurücksetzung oder Einengung im eigenen Betrieb kann also gar keine Rede sein. Was er galt, schuf er sich selbst. (Niemals aber hat ihn jemand ob seiner Administrations- wie auch Kapitalbeschaffungskünste nicht hochgelobt.)


    Wie sich das psychisch im Wolfgang-Haushalt auswirkte/ausdrückte, das kann man in Gottfried Wagners Buch "Wer nicht mit dem Wolf heult" detailliert erfahren: Eifersucht, Neid, Hass, kleinlichste Affektgeladenheit und reaktionäre Gesinnungsäußerungen inkl. Vergangenheitsverleugnung des Unterlegenen - und das tobte sich dann ein halbes Jahrhundert lang mit kulturellen Folgen aus. Eben das beklage ich ja in meinen Äußerungen zu WoWa und zur m.E. peinlich-verfehlten Lobpreisung seiner Spuren in der Kulturhistorie. Das die wenigen veröffentlichten kritischen Einschätzungen zur WoWa-Ära aber zutreffen, das ergibt sich nicht nur aus dem rückblickenden Vergleich (soweit das Ausgrenzungswüten des dann alleinherrschenden WoWa einen solchen überhaupt noch ermöglicht), sondern auch aus dem Wechsel des Personals, der Partnerschaften, der intellektuellen Orientierungen: Von Adorno-Bloch-Reich-Newman-Habermas-Wapnewski u.a. zu Göring/Hess-Sippschaften, Schwarzgelb, CSU-Staat plus Medien-Gigi mit Gloria T+T, T.Gottschalk etc. Anders gesagt: Als Herr über alles erst zeigte der angeblich so Eingeengte, wer er war und was er vermochte - wie wir jetzt erleben müssen, übers Grab hinaus und in Nach-Verkörperung, Schlimmes befürchten lassend, in seinen nachgeborenen Protektionskindern, etabliert-staatsverbunden, Arm in Arm mit rechter Politik, kapitaler Geldmacht und inferiorer Medienerbärmlichkeit.


    Und Ihr "Ich behaupte ..." (joi, joi, joi!) über familiäre " G e n e aller Nachkommen", das meinen Sie wohl nicht wirklich ernst. Sie wollen doch in diesem Forum weiterhin ernstgenommen werden - oder?


    Grüße, KUS

    Aus der hinteren Reihe, von den mit Gründen freigebliebenen Plätzen:


    Hier also wieder - und bei prominenten Todesfällen anscheinend unvermeidlich (ausgenommen natürlich, wenn es sich um Repräsentanten der Linken handelt) – ergießt sich das große WoWa-Preisen und In-Memoriam-Sülzen. Mir erscheint es umso abgeschmackter und zukünftige diskutable Wertsetzungen verhinderlicher, als der Verstorbene noch übers Grab hinaus die heuchlerisch-verspätete und darum ekle Geschichtsnivellierung R.Wagner/Mendelssohn verordnet und, noch ekler, die bei Lebzeiten hinreichend diskriminierten Familienmitglieder außerhalb seiner Cliquenherrschaft, nämlich den fundamentalkritisch wahrheitsuchenden Sohn Gottfried und die Nachkommen des geistig-künstlerisch in Halbjahrhundertwirkung weit überlegen gewesenen und eben deshalb (erfolglos) der Auslöschung überantworteten Bruders, noch von der Totengedenkfeier kleinlichst-niedrigst ausgegrenzt hatte. Den peinlichen Rest, zugleich üble Erwartungen bestätigend, liefert das Politprotektionskind Katharina im Bunde mit der stets schweigenden, dafür hinter den Kulissen intrigierenden (Nike kann ein Lied dazu singen) Frau Pasquier. Der ganze WoWa-Klüngel auf dem Weg ins Infinitive - gestützt von der politischen wie medialen wie (und darauf kommt's an) industriekapitalen Rechten so schwarzgelber wie nazibrauner Provenienz. Was einmal geistiger Ausweis der Festspiele war, blieb fern wie 40 Jahre lang zuvor zugunsten von Geldmacht und Gigi. Da werfe Blumen, wem solches gefällt. Ich bekräftige meinen Eintrag im Spazio "WoWa zum 90." in diesem Forum am 20. Januar 2010.


    In Memoriam Wieland Wagner grüßt KUS

    Verdis "Falstaff" mit Fidi & Cordes


    Offenbar vagabundier(t)en verschiedene Doku-Versionen der WDR-Aufnahme in Sammlerkreisen. Der Szenenausschnitt für die Marcel-Cordes-Edition musste noch aus einer privaten Überspielung genommen werden, die mir der Berliner Fachjournalist Dr. Geerd Heinsen überlassen hatte. Die jetzt beim HAfG erschienene Gesamtausgabe der Produktion kommt aus anderer Quelle - und wurde komplett von einem erstrangig-kompetenten Sound-Mastering-Experten überprüft bzw. nochmal optimiert. Das Ergebnis ist top: Exzellenter Klang, keine Track-Fehler.


    KUS

    Zu früh gefreut.


    Die Ankündigung des Labels "orfeo" betr. eine Gesamt-Liveaufnahme von Nicolais "Die lustigen Weiber von Windsor", 1957 im Münchner Prinzregententheater, die ich hier freudig avisiert hatte (s.o.), war leider mit einer ärgerlichen Ente behaftet. Inzwischen wird sie in Fachmedien weiter verbreitet, drum sei sie hier korrigiert: Nicht Marcel Cordes, der die Premiere gesungen hatte, stand als Herr Fluth auf der Bühne, sondern der (zu jenem Zeitpunkt, wie man vom Bayreuther Beckmesser 1956 ff. ja weiß) stimmlich schon ziemlich ausgedünnte, wenn auch sängerisch immer noch respektable Karl Schmitt-Walter. Die Aufnahme ist so also zur Hauptsache, wenn nicht zur Gänze, wegen des Dirigenten Hans Knappertsbusch von Repertoire- und Sammlerwert.


    Tja, sorry. So wird es dem HAfG vorbehalten bleiben, auch die nächste Marcel-Cordes-Fundsache zu veröffentlichen: einen Live-Verdi. Näheres in Bälde.


    Grüße, KUS